Das Zusammenspiel der Präventionsleistungen – ein Gewinn für Kindertageseinrichtungen

Die Überwachung in Bildungseinrichtungen durch die Unfallversicherungsträger stellt eine wesentliche Grundlage dar, um sichere Rahmenbedingungen für das tägliche Arbeiten, Lehren und Lernen zu schaffen. Die Bedeutung der weiteren Präventionsleistungen, insbesondere der Beratung, zeigt der Beitrag am Beispiel „Kindertageseinrichtung“ auf.

Was ist erforderlich, damit Kinder sich zu selbstständigen, eigenverantwortlichen Menschen entwickeln? Kindertageseinrichtungen halten vielfältige Angebote bereit, damit Kinder alters- und entwicklungsbezogen spielen, sich bewegen, lernen können, Eltern ihre Kinder verlässlich betreut und beaufsichtigt wissen und die Kindertageseinrichtung selbst ihren gesetzlichen Auftrag erfüllt, der durch die länderspezifischen Bildungspläne[1] konkretisiert wird. Die Unfallversicherungsträger unterstützen auf Grundlage des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) dabei, Kindertageseinrichtungen zu sicheren, gesunden und lebenswerten Lernorten zu gestalten. Besonderer Mehrwert ergibt sich für Kindertageseinrichtungen durch die Gesamtheit der von den Unfallversicherungsträgern angebotenen Präventionsleistungen und ihre sinnvolle Verknüpfung (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Das Angebot der Präventionsleistungen für Kindertageseinrichtungen im Überblick  | © Quelle: KonzeptQuartier GmbH – DGUV
Abbildung 1: Das Angebot der Präventionsleistungen für Kindertageseinrichtungen im Überblick ©Quelle: KonzeptQuartier GmbH – DGUV

Die Überwachung von Kindertageseinrichtungen erfolgt auf Grundlage der DGUV Vorschrift 82 „Kindertageseinrichtungen“. Sie regelt die sicherheitsgerechte bauliche Gestaltung und Ausstattung und berücksichtigt das besondere Schutzbedürfnis von Kindern. Das staatliche Arbeitsschutzrecht bezieht sich auf die Beschäftigten und kann für Kinder nur mithilfe der DGUV Vorschrift 1 herangezogen werden.[2] Hierbei ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. Die zu treffenden Maßnahmen müssen demnach geeignet, erforderlich und angemessen sein.

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen

Eine sichere Gestaltung der Räumlichkeiten und Umgebung reicht jedoch nicht aus, um Kinder vor Unfällen und Verletzungen zu schützen. Kinder haben einen natürlichen Spiel- und Nachahmungstrieb, entscheiden häufig spontan und verfügen noch nicht über ausreichend Bewegungssicherheit. Auch können sie die Folgen ihres Tuns vielfach noch nicht einschätzen. Die Angebote und damit verbunden das Aufstellen von Regeln sollten sich daher an dem Entwicklungsstand der Kinder orientieren und unerwartetes Verhalten miteinbeziehen, da vernünftiges und zielgerichtetes Handeln nicht selbstverständlich vorausgesetzt werden kann. Dies spiegelt sich auch im Unfallgeschehen[3] wider: Ein Großteil der Unfälle ist auf verhaltens- und entwicklungsbedingte Ursachen zurückzuführen.

„Hilf mir, es selbst zu tun“

Dieser Leitsatz der Montessori-Pädagogik unterstreicht, dass das Sammeln von Erfahrungen und die aktive Eroberung der Welt Grundlage des Lernens und der Persönlichkeitsentwicklung sind. Pädagogische Fachkräfte befinden sich in dem Spannungsfeld, auf der einen Seite Rahmenbedingungen vorgeben, Regeln setzen und eine enge Aufsicht führen zu müssen, um Kinder vor Schaden zu bewahren. Dies gilt umso mehr, je jünger die Kinder sind. Auf der anderen Seite müssen sie Situationen schaffen und zulassen, die auch Risiken und Wagnisse beinhalten, damit Kinder sich ausprobieren, aus ihren Erfahrungen und Erlebnissen lernen und Risikokompetenz entwickeln können. Da Freiräume auch immer die Möglichkeit des Scheiterns beinhalten, müssen die Angebote so gestaltet sein, dass sie nicht zu schweren Verletzungen oder bleibenden Schäden führen. Diese Herausforderung verlangt eine hohe Fachkompetenz des pädagogischen Personals und eine entsprechende Abstimmung im Team. Die Unfallversicherungsträger unterstützen mit ihren Qualifizierungsangeboten, indem sie die Inhalte der pädagogischen Arbeit aufgreifen und in den für Sicherheit und Gesundheit relevanten Zusammenhang setzen.

Abbildung 2: Kinder lernen mit und durch Bewegung | © Quelle: Adobe Stock_365827508, lizenziert durch die DGUV
Abbildung 2: Kinder lernen mit und durch Bewegung ©Quelle: Adobe Stock_365827508, lizenziert durch die DGUV

Beratung als Türöffner

Die Beratung von Kindertageseinrichtungen umfasst in der täglichen Arbeit vielfältige aktuelle Einzelanfragen, zum Beispiel von Einrichtungsträgern, Kitaleitungen oder auch Architektinnen und Architekten. In Bezug auf das Außengelände einer Einrichtung sind das zum Beispiel Fragen nach der richtigen Auswahl von Pflanzen, der Eignung von Spielplatzgeräten für Kinder unter drei Jahren oder der Pflicht zum Helmtragen bei der Nutzung von Laufrädern. Auch die Gestaltung und Modellierung des Geländes selbst sind häufig Thema der Beratung. Welche Spielplatzgeräte sind sinnvoll, um den Kindern möglichst vielfältige Bewegungserfahrungen wie zum Beispiel schaukeln, balancieren, klettern, laufen, rollen zu ermöglichen? Mit welchen Angeboten kann im Schonraum die Vorbereitung auf ein sicheres Verhalten im Straßenverkehr vorbereitet werden? Wie viel Aufsicht ist erforderlich, wenn sich eine bestimmte Anzahl von Kindern im Außengelände aufhält?

Gleichzeitig wird bei der Beratung auch der Blick auf das gesamte System und die Organisation der Abläufe gelenkt. Denn Sicherheit und Gesundheit sollen nicht nur bei Einzelfragen berücksichtigt werden, sondern bestenfalls im pädagogischen Alltag selbstverständlich mitgedacht und gelebt werden. Dies kann gelingen, wenn die Interventionen zu Sicherheit und Gesundheit die Arbeit und den gesetzlichen Auftrag des pädagogischen Personals unterstützen und der Nutzen nicht nur erkennbar, sondern auch spürbar ist.

Vor dem Hintergrund der vielfältigen Themen brauchen die Aufsichtspersonen der Unfallversicherungsträger neben ihrer fachlichen Expertise grundlegendes Wissen von und die Bereitschaft zum Umgang mit pädagogischen Inhalten sowie Kenntnis über Struktur und Konzepte von Kindertageseinrichtungen. Dies ermöglicht in der Beratung einen Dialog auf Augenhöhe, passgenaue Unterstützungsangebote und in der Folge Akzeptanz und Umsetzung der besprochenen Maßnahmen. Hierfür halten die Unfallversicherungsträger interdisziplinär zusammengesetzte Präventionsdienste bereit, die mit ihrer Expertise die Arbeit der Kindertageseinrichtungen unterstützen.

Fazit

Die Überwachung von Kindertageseinrichtungen kann als Voraussetzung für das sichere Arbeiten, Spielen und Lernen angesehen werden. Um im Sinne einer Kultur der Prävention sicherheits- und gesundheitsförderliche Prozesse anzustoßen, Strukturen einer Einrichtung in den Blick zu nehmen und den Zusammenhang von Gesundheits- und Bildungsqualität zu verdeutlichen, braucht es weitere, unterschiedliche Zugänge. Insbesondere die Beratung spielt eine wesentliche Rolle. Sowohl Träger als auch Kitapersonal nehmen die Unfallversicherungsträger als kompetente Partner wahr und nutzen daher auch in hohem Maße deren Beratungsleistungen und Informationsangebote. Mit dem Zusammenspiel der Präventionsleistungen der Unfallversicherungsträger in ihrer Gesamtheit und mit Blick auf die Bedarfe und Besonderheiten können Kindertageseinrichtungen auf ihrem Weg zu guten, gesunden und sicheren Bildungseinrichtungen unterstützt werden.

Literatur

DGUV Information 202-100 „Frühe Bildung mit Sicherheit und Gesundheit fördern“, Hrsg. DGUV, 2018

DGUV Regel 102-602 „Branche Kindertageseinrichtung“, Hrsg. DGUV, 2019

DGUV Statistik Schülerunfallgeschehen 2021, Hrsg. DGUV, 2022

DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“, Hrsg. DGUV, 2013

DGUV Vorschrift 82 „Kindertageseinrichtungen“, Hrsg. DGUV, 2007