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Ausgabe 4/2025

Die Bedeutung Europas für die deutsche Sozialversicherung

Spitzen der deutschen Sozialversicherung diskutieren in Brüssel über Alterssicherung, Arbeitsschutz und Arzneimittelversorgung – mit dem Ziel, den Dialog zwischen Berlin und Brüssel zu stärken.

Berlin meets Brussels: Let’s talk about social security“ – unter diesem Motto haben sich namhafte Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Sozialversicherung mit Europaabgeordneten sowie Spitzenbeamten und Spitzenbeamtinnen der Europäischen Kommission im Büro der Deutschen Sozialversicherung Europavertretung (DSV) in Brüssel zu einem Austausch getroffen.

Schon der Titel der Veranstaltung hat deutlich gemacht, was wir mit diesem Format erreichen wollten. Es war uns wichtig, den Dialog zwischen den Spitzen der Sozialversicherung in Berlin und den politischen Entscheidungsträgern in Brüssel zu fördern. Gleichzeitig war es uns auch ein Anliegen, unsere Rolle als Europavertretung in Brüssel sichtbar zu machen. In unserer Arbeit treffen die Interessen unserer Mitglieder in Berlin täglich auf die politischen Entscheidungen, die in Brüssel getroffen werden, und umgekehrt. Diese haben in den vergangenen Jahren spürbar zugenommen, trotz der eingeschränkten Kompetenzen der Europäischen Union im Bereich der Gesundheits- und Sozialpolitik. Das haben auch die Themenfelder des Abends gezeigt, sie waren so vielfältig wie die Gäste selbst: von der Alterssicherung über die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit bis hin zur Versorgungssicherheit der Patientinnen und Patienten. Es gab zahlreiche wichtige Fragen, die diskutiert wurden.

Einen besonderen Impuls für die Gäste gab Dr. Edlyn Höller als alternierende Vorsitzende des Vorstands der DSV und stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der DGUV. Sie betonte die stetig wachsende Bedeutung Europas für die deutsche Sozialversicherung und deren Anliegen. Der Dialog zwischen Berlin und Brüssel sei seit Bestehen der DSV wichtiger denn je geworden. Die vergangenen 30 Jahre hätten gezeigt, wie essenziell ein guter Draht zu Entscheidungsträgern in Brüssel ist. Denn von den vielen Partnerschaften und Kooperationen, die aufgebaut wurden, profitieren beide Seiten.

Für die DSV-Europavertretung ist es deshalb auch selbstverständlich, sich bei der Arzneimittelrevision auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die Schutzzeiten für neue Arzneimittel nicht verlängert werden. Denn dieser Schutz kostet die Beitragszahlenden in Deutschland jedes Jahr mehr als eine Milliarde Euro. Ähnlich verhält es sich bei den nationalen Ausgaben für Rehabilitation, Gesundheit und Sicherheit, deren Nutzen nicht nur in der deutschen Hauptstadt oftmals diskutiert wird. Auch in Brüssel ist dies im vergangenen Jahr zu einem Thema geworden, und es wurde die Frage aufgeworfen, ob die Ausgaben der Sozialkassen für Reha und Arbeitsschutz künftig auch als wachstumsfördernde Investitionen betrachtet werden könnten. Aus unserer Sicht ist das längst überfällig, denn jeder Tag, den eine Person aufgrund eines Rehabilitationsprogramms am Arbeitsplatz bleiben kann, ist ein Gewinn für die Wirtschaft, für die Gesellschaft und für die Person selbst.

Umso bedeutender ist der enge Austausch der Europavertretung mit den zuständigen europäischen Stellen und Agenturen, nicht nur, um die Interessen beider Seiten zusammenzubringen, sondern vor allem auch um das Expertenwissen und die Besonderheiten der deutschen Sozialversicherung sowie deren Input aus der Praxis den politischen Entscheidungsträgern näherzubringen.

Wenn es um die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geht, setzen wir uns in Brüssel auch gezielt dafür ein, dass die bereits gesetzten Standards im Arbeitsschutz europaweit weiterentwickelt werden. Auch wenn wir im Bereich des Arbeitsschutzes und der Arbeitssicherheit in vielen Punkten mit den politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern in Brüssel übereinstimmen, erlauben wir uns regelmäßig auch Hinweise darauf, was in der Praxis funktioniert und was nicht. Beispielsweise helfen strengere Grenzwerte für Substanzen am Arbeitsplatz nicht, wenn man sie nicht messen kann. Und vor dem Verbot einer Chemikalie sollte grundsätzlich zuerst die Frage gestellt werden: Wie können wir die Beschäftigten im Umgang mit dieser Chemikalie besser schützen? Denn Verbote bringen häufig wirtschaftliche Konsequenzen für die Betriebe mit sich.

Rückblickend lässt sich sagen, dass die Vielfalt der Themen, die bei „Berlin meets Brussels: Let’s talk about social security“ diskutiert wurden, interessante Konversationen angeregt hat. Ob sich dies auch in den weiteren Aktivitäten und Initiativen der Europaabgeordneten und der Europäischen Kommission widerspiegelt, bleibt abzuwarten. Und wer weiß, vielleicht gibt es ja eine Wiederholung des Formats „Berlin meets Brussels“ in den Räumlichkeiten der Europavertretung.

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