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Ausgabe 5/2023

Wesentliche Neuerungen des 8. SGB IV-Änderungsgesetzes für die gesetzliche Unfallversicherung

Das Vierte Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) enthält gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung, die regelmäßig nach Anpassungsbedarf aktualisiert werden. Das 8. SGB IV-Änderungsgesetz soll bestehende Verfahren in der Sozialversicherung im Sinne der Digitalisierung und Entbürokratisierung verbessern. 

Key Facts

  • Verbesserung der Verfahren in der Sozialversicherung durch Digitalisierung und Entbürokratisierung
  • Steigerung von Effektivität und Effizienz in der Betreuung und Überwachung von Unternehmen durch Einführung eines zentralen Betriebsstättenverzeichnisses
  • Umfassende Modernisierung des Vermögensrechts

Konkreter tangiert das im Dezember 2022 erlassene Gesetz das Gebiet der Prävention mit einem Auftrag zur Konzipierung einer Einführung eines Betriebsstättenverzeichnisses. Es werden darüber hinaus übergeordnete Bereiche wie die umfassende Modernisierung des Vermögensrechts sowie der Selbstverwaltung geregelt.

Betriebsstättenverzeichnis

Mit dem neu eingeführten § 135 SGB IV wird die DGUV verpflichtet, dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) bis zum 31.Dezember 2023 einen „Bericht zur möglichen Konzeption eines Verzeichnisses zur bundeseinheitlichen Erfassung von Betriebsstätten für die Zwecke der Prävention und der Kontrolle durch den Arbeitsschutz“ vorzulegen. Bei der Konzeptentwicklung sollen die Arbeitsschutzbehörden der Länder, die Bundesagentur für Arbeit (BA) und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) in geeigneter Weise eingebunden werden.

In der Begründung zum Gesetzesentwurf heißt es: „Der Datenaustausch zwischen Arbeitgebern und den Trägern der sozialen Sicherung, aber auch der Sozialversicherungsträger untereinander entwickelt sich im Rahmen der voranschreitenden Digitalisierung ständig fort. […] Diese Fortentwicklungen dienen der Kernzielsetzung des Sozialgesetzbuchs, dass Leistungsberechtigte die ihnen zustehenden Leistungen umfassend und rechtzeitig erhalten.“[1] Insbesondere in der Prävention liegt es in der Natur der Sache, dass diese Leistungen umfassend, zielgruppenadäquat und rechtzeitig zu erbringen sind, um Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten gar nicht erst entstehen zu lassen und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu minimieren.

Der Wortlaut des § 135 SGB IV definiert bereits den Zweck des Verzeichnisses zur Prävention und Kontrolle durch die Aufsichtsdienste der Unfallversicherungsträger und der Arbeitsschutzverwaltungen der Länder. Damit einher geht ein interinstitutioneller Nutzen sowohl für die Präventionsbereiche der Unfallversicherungsträger als auch für die Arbeitsschutzbehörden der Länder. Denn mit einem gemeinsamen Zugriff auf ein zentrales Betriebsstättenverzeichnis können Effektivität und Effizienz in der Betreuung und Überwachung von Unternehmen im Hinblick auf die Prävention von Unfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gesteigert werden.

Vermögensrecht

Mit dem 8. SGB IV-Änderungsgesetz wurde das Vermögensrecht erstmals seit seiner Verabschiedung im Jahr 1976 umfassend modernisiert. So wurden die mit dem Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz (UVMG) ab 2010 für die Unfallversicherungsträger geänderten vermögensrechtlichen Vorschriften des SGB VII, die mit der Einführung eines Verwaltungsvermögens und der Verpflichtung zur Bildung von Altersrückstellungsvermögen sowie der hierfür eingeführten Möglichkeit der Beimischung von Aktien einhergingen, nunmehr in das SGBIV übernommen. Der Anlagenkatalog des §83 SGB IV wurde entsprechend dem Zweck der unterschiedlichen Vermögenskategorien neu strukturiert.

Hinzu kam Handlungsdruck durch das zum 1. Januar 2023 geänderte Statut des freiwilligen Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken, wodurch der Umfang der gesicherten Einlagen betragsmäßig, zeitlich und inhaltlich enger begrenzt wird. Dem wird im Gesetz mit der Vorgabe für die Installation eines qualifizierten Anlagen- und Risikomanagements und weiterer risikobezogener Vorgaben begegnet. Ferner wurden der Anlageraum um Anlagen bei Nicht-Kreditinstituten in ausgewählten OECD-Staaten und das Sicherungsinstrumentarium um solche für Ausfall-, Kurs- oder Zinsänderungsrisiken erweitert. Für die Mittelanlage der Altersrückstellungen wurde der zulässige Aktienanteil auf 30 Prozent angehoben und der Erwerb von Anteilen an Immobilien-Sondervermögen nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) ermöglicht. Für Rechnung von Sondervermögen gemäß § 83 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 SGB IV können Kredite bis zur Höhe von 30 Prozent aufgenommen werden. Für Rechnung von Sondervermögen gemäß § 83 Abs. 1 Nr. 5 SGB IV gilt dies für kurzfristige Kredite bis zur Höhe von 10 Prozent.

Schließlich wurde die Möglichkeit der Anlage unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten geschaffen und der Begriff Gemeinnützigkeit gestrichen. Daneben wurden die Bedingungen für die Wahl der Finanzierungsform von Gemeinschaftsinvestitionen der Sozialversicherungsträger neu geregelt und in der Begründung zu §83 Abs. 1a Nr. 2 SGB IV erstmals spezifiziert. Abschließend soll auf die vereinfachte, auf eine Million Euro hinaufgesetzte Genehmigungsfreigrenze hingewiesen werden.

Selbstverwaltungsrecht

Zudem enthält das 8.SGBIV-Änderungsgesetz eine Änderung im Selbstverwaltungsrecht. Es geht dabei um die Regelung über die schriftliche Beschlussfassung. Bislang konnten nach §64 Abs.3 SGBIV nur die Selbstverwaltungsorgane ohne Sitzung schriftlich abstimmen: der Vorstand in eiligen Fällen und die Vertreterversammlung, soweit die Satzung es zulässt. Wenn ein Fünftel der Mitglieder des Selbstverwaltungsorgans der schriftlichen Abstimmung widerspricht, ist über die Angelegenheit in der nächsten Sitzung zu beraten und abzustimmen.

Mit der Änderung in §64 Abs.3 Satz2 SGBIV wird den Sozialversicherungsträgern nun ermöglicht, in der Satzung auch eine Regelung über schriftliche Beschlussfassungen der besonderen Ausschüsse nach § 36aSGBIV aufzunehmen. Mit der Änderung in §64 Abs.3 Satz3 SGBIV wird geregelt, dass über die Angelegenheit in der nächsten Sitzung beraten und abgestimmt werden muss, wenn mindestens ein Mitglied des besonderen Ausschusses der schriftlichen Abstimmung widerspricht. Die Entscheidung, dass schriftlich Beschluss gefasst werden soll, muss also einstimmig ergehen.

Für die während der Coronapandemie eingeführte Regelung des §64 Abs.3a SGBIV bedarf es dagegen keiner Satzungsregelung. Nach dieser nur befristet geltenden Regelung können abweichend von §64 Abs.3 SGBIV die Selbstverwaltungsorgane und besonderen Ausschüsse nach §36a SGBIV aus wichtigen Gründen ohne Sitzung schriftlich abstimmen.

Fußnoten

  1. Bundesrat-Drucksache 422/22

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