Belgien will sozialpolitische Akzente setzen
Belgien hat im ersten Halbjahr 2024 den Vorsitz im Rat der EU übernommen und gestaltet in dieser Rolle aktiv die europäische Agenda. Besonders im Fokus stehen soziale Themen wie Arbeitsbedingungen, Sozialschutz und mentale Gesundheit.

Belgien hat am1. Januar bis zum30. Juni 2024 die EU-Ratspräsidentschaftübernommen. Während diesersechs Monate führtBelgien den Vorsitzin allen Ratsebenen. Das bedeutet,dass das Land die Sitzungen leitet, die Tagesordnungenfestlegt, ein Arbeitsprogramm erstelltund Kompromisse mit der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament zu europäischenInitiativen aushandelt.
Belgien gewinnt in dieser Rolle einen entscheidendenEinfluss, um die politischeAgenda nach seinen eigenen Prioritäten zugestalten. Das Land, in dem sich die meisteneuropäischen Institutionen befinden,hat sich hier viel vorgenommen.
Ein besonders wichtiges Anliegen ist es,eine Vielzahl an Gesetzgebungsentwürfennoch vor Ablauf der derzeitigen Amtszeitder Europäischen Kommission und vorden Europawahlen voranzubringen beziehungsweiseabzuschließen. Viel Zeithat die belgische Ratspräsidentschaft jedochnicht, da bis spätestens März/April2024 die Dossiers im Europäischen Parlament abgeschlossen werden müssen. Dannwerden sich die Europaabgeordneten demWahlkampf für die Europawahlen im Juniwidmen. Im Sozialbereich stehen hier unteranderem das Gesetzgebungsverfahrenfür eine Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Plattformbeschäftigtenund die Überarbeitung der Verordnungüber die Koordinierung der sozialen Sicherungssysteme im Fokus. Es ist jedochunwahrscheinlich, dass hier in den kommendenMonaten eine Einigung erzielt werdenkann. Auch die Digitalisierung der sozialenSicherungssysteme, der EuropäischeAusweis für Menschen mit Behinderungen,eine Verbesserung des europäischen Qualitätsrahmensfür Praktika und ein umfassenderAnsatz zur Verbesserung der mentalenGesundheit sind Themen, die Belgienvoranbringen möchte.
Gleichzeitig möchte das Land aber auchlangfristig die EU-Politik mitgestalten unddie Gelegenheit nutzen, um die politischenPrioritäten der Europäischen Union für diekommenden fünf Jahre zu beeinflussen.
Was können wir im Bereich der Sozialpolitikerwarten? Der belgische Vizepremierministerund Gesundheits- und SozialministerFrank Vandenbroucke ist fest entschlossen, die Errungenschaften derEuropäischen Säule der sozialen Rechtein der nächsten Legislaturperiode weiterzuentwickeln.Belgien plant deswegen, einehrgeiziges soziales Kapitel in die nächste strategische Agenda des Rates 2024–2029aufzunehmen. Vandenbroucke nutzt dabeiauch die Ergebnisse der High-LevelGroup zur Zukunft des Sozialschutzes[1],die die Herausforderungen und Auswirkungenvon Megatrends wie Alterung derBevölkerung, neue Arbeitsformen und dendigitalen und grünen Wandel auf die Sozialversicherungssystemeuntersucht hat.
Um die Notwendigkeit einer langfristigensozialpolitischen Agenda, basierend aufder Europäischen Säule sozialer Rechte,zu unterstreichen, wird Belgien im März 2024 Schlussfolgerungen für eine sozialeAgenda vorschlagen. Sie sollen als Grundlagefür eine interinstitutionelle Erklärungdienen und auf einer High-Level-Konferenzzur Zukunft eines sozialen Europas der belgischenRatspräsidentschaft angenommenwerden. Themen wie Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz einschließlichpsychischer Gesundheit und der Zugangzum Sozialschutz für alle Erwerbstätigensollen in der Erklärung ebenfalls abgesprochen werden.
Belgien hat sich für seine Ratspräsidentschaftalso viel vorgenommen. Wir sind gespannt, welche Akzente das Land in denersten sechs Monaten des kommendenJahres tatsächlich setzen wird.
Fußnoten
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Report of the High-Level Group on thefuture of social protection and of the welfarestate in the EU: https://ec.europa.eu/social/main.jsp?langId=en&catId=88&eventsId=2057&furtherEvents=yes&pk_source=newsletter&pk_medium=email&pk_campaign=eu_social_