Sicherheitsbeauftragte: DGUV-Grundsatz für einheitliche Qualifizierungsstandards
Sicherheitsbeauftragte leisten einen entscheidenden Beitrag zum Arbeits- und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Bislang fehlten klare Standards für ihre Grundqualifizierung – ein Umstand, der zu inhaltlich und didaktisch unterschiedlichen Qualifizierungsansätzen führte. Der neue DGUV-Grundsatz 311-004 schafft eine einheitliche Basis für mehr Qualität und Vergleichbarkeit.
Key Facts
- Der DGUV-Grundsatz 311-004 definiert erstmals einheitliche Standards für die Grundqualifizierung von Sicherheitsbeauftragten
- Er schafft einen flexiblen Rahmen, der sich am Outcome und klaren Lernzielen orientiert
- Der Grundsatz verbessert die Vergleichbarkeit und Qualität der Grundqualifizierungen von Sicherheitsbeauftragten
Sicherheitsbeauftragte (Sibe) unterstützen ehrenamtlich bei der Prävention von Arbeitsunfällen und gesundheitlichen Gefahren und agieren als Multiplikatoren sicherheitsbewussten Verhaltens. Ihre Rolle ist unverzichtbar, um betriebliche Arbeitsschutzmaßnahmen wirkungsvoll umzusetzen und das sicherheitsbewusste Miteinander im Unternehmen zu stärken. Um für ihre Grundqualifizierung einen einheitlichen und zugleich flexiblen Rahmen zu schaffen, wurde der neue DGUV-Grundsatz 311-004 entwickelt. Er setzt einen zentralen Qualitätsmaßstab, der Orientierung und Entwicklungsimpulse für alle Qualifizierungsanbieter bietet.
Ausgangssituation: Heterogene Qualifizierungspraxis
Die Verantwortung für die Qualifizierung von Sicherheitsbeauftragten liegt gemäß § 23 SGB VII bei den Unfallversicherungsträgern (UV-Träger). Zusätzlich bieten freie Bildungsträger Qualifizierungen an – mit inhaltlich und methodisch teils sehr unterschiedlichen Konzepten. Bislang fehlte ein übergreifender Bezugsrahmen, der Inhalte, Kompetenzen und Ziele einheitlich beschreibt. Der neue DGUV-Grundsatz 311-004 begegnet dieser Vielfalt mit einem gemeinsamen Referenzrahmen, der keine starren Vorgaben macht, aber klare Zielsetzungen und Qualitätsmerkmale definiert.
Zielbild: Kompetenzorientierung und Outcome-Fokus
Im Mittelpunkt steht das Ergebnis der Lernprozesse – das sogenannte Outcome. Es beschreibt, welche Kompetenzen Sicherheitsbeauftragte nach Abschluss ihrer Grundqualifizierung im betrieblichen Kontext besitzen sollen. Dabei geht es nicht nur um Fachwissen, sondern auch um persönliche Haltung, Motivation und Handlungsfähigkeit:
- Sicherheitsbeauftragte sind kompetente Ansprechpersonen für Sicherheit und Gesundheit in Unternehmen und Einrichtungen und verstehen ihre Rolle.
- Sie sind motiviert, übernehmen Verantwortung im eigenen Handlungsbereich und wirken aktiv auf ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld hin.
- Sie erleben Arbeitsschutz als sinnstiftende Aufgabe und erfahren Wertschätzung für ihr Engagement.
Ziel des neuen DGUV-Grundsatzes ist, den Lernprozess ganzheitlich zu fördern, den Transfer in den Arbeitsalltag zu sichern und das individuelle Potenzial der Teilnehmenden zu aktivieren.
Das Outcome wird im Grundsatz durch ein differenziertes Kompetenzprofil konkretisiert. Es umfasst vier Kompetenzfelder: Fachkompetenz, Methodenkompetenz, Sozialkompetenz sowie Personal- und Selbstkompetenz. Diese bilden das Fundament für eine praxisnahe und nachhaltige Qualifizierung. Darüber hinaus beschreibt der Grundsatz typische Handlungssituationen und gibt damit Anbietern praxisbezogene Anhaltspunkte für die Ausgestaltung ihrer Lernangebote.
Didaktisches Rahmenkonzept: Lernen ermöglichen
Der neue DGUV-Grundsatz unterstützt Qualifizierungsanbieter mit einem didaktischen Rahmenkonzept, das auf aktives, erfahrungsbasiertes Lernen setzt. Die vier Phasen des Lernens – Aneignen, Erleben, Anwenden und Reflektieren – dienen als Leitlinie für die methodische Gestaltung der Grundqualifizierung. Ziel ist es, den Lernprozess ganzheitlich zu fördern, den Transfer in den Arbeitsalltag zu sichern und das individuelle Potenzial der Teilnehmenden zu aktivieren. Dabei bewährt sich insbesondere eine Lernbegleitung im Team, die unterschiedliche Perspektiven und Impulse ermöglicht.
Der Grundsatz stellt zudem im Anhang konkrete Lernziele sowie typische Handlungssituationen bereit. Diese lassen sich bei der Konzeption neuer Qualifizierungsangebote oder der Weiterentwicklung bestehender Maßnahmen zielgerichtet nutzen. Sie verdeutlichen, welche praktischen Anforderungen in der Rolle der Sibe relevant sind und wie Qualifizierungsangebote praxisnah und kompetenzorientiert ausgerichtet werden können. Damit unterstützt der Grundsatz nicht nur konzeptionell, sondern auch ganz konkret bei der Umsetzung in der Bildungsarbeit.
Instrumente zur Unterstützung und Selbstreflexion
Der Sibe-Kompetenzcheck als Selbsteinschätzungsinstrument und der Sibe-Qualifizierungspass zur Dokumentation der eigenen Lernbiografie ergänzen den DGUV-Grundsatz inhaltlich. Beide Instrumente bieten praxisnahe Möglichkeiten zur Reflexion individueller Kompetenzen und zur systematischen Planung des eigenen Lernweges. Sie fördern die Kompetenzentwicklung und unterstützen den Transfer der Inhalte in den Berufsalltag.
Kontinuierliche Fortbildung als Qualitätssicherung
Der DGUV-Grundsatz versteht die Grundqualifizierung als Ausgangspunkt eines längerfristigen Lernprozesses. Daher enthält er auch Empfehlungen zur Fort- und Weiterbildung. Diese tragen dazu bei, die Handlungskompetenz von Sicherheitsbeauftragten kontinuierlich auszubauen und langfristig zu sichern. Besonders in dynamischen Arbeitswelten mit neuen Technologien, veränderten Arbeitsformen oder spezifischen Gefährdungslagen ist es entscheidend, fachlich und methodisch auf dem aktuellen Stand zu bleiben.
Fortbildungen ermöglichen nicht nur die Vertiefung von Fachwissen, sondern auch den kollegialen Austausch und die Weiterentwicklung der eigenen Rolle. Der Grundsatz verweist in diesem Zusammenhang auf geeignete Formate – von unternehmensinternen Schulungen bis hin zu Angeboten der Unfallversicherungsträger und freien Bildungsträger. Darüber hinaus fördern auch informelle Lernprozesse – etwa durch digitale Medien oder Netzwerke – die nachhaltige Wirksamkeit der Sicherheitsbeauftragten im Betrieb.
Weitere Informationen zum DGUV Grundsatz 311-004
Den vollständigen DGUV- Grundsatz „Rahmenkonzept zur Grundqualifizierung von Sicherheitsbeauftragten (DGUV Grundsatz 311-004)“ finden Sie zum Download unter:
www.dguv.de/publikationen → Webcode: p311004