Fokus Qualität – wirksame Qualifizierung mit echtem Mehrwert
Wirksame Qualifizierungen zu Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit sind für Mitgliedsbetriebe und Versicherte der gesetzlichen Unfallversicherung unerlässlich. Hochwertige, ansprechende Angebote der Unfallversicherungsträger helfen, Unfälle sowie arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu vermeiden und können Mehrwert schaffen, wenn die Inhalte im Arbeitsalltag umgesetzt werden.
Key Facts
- Das Rahmenmodell des Qualitätsverbunds Qualifizierung ist die Basis eines gemeinsamen Qualitätsverständnisses der UV-Träger. Es kann an die Strukturen und Ressourcen der Häuser angepasst werden.
- Kontinuierliche Prozesssteuerung, systematische Überprüfungen und flexible Strukturen sichern die Weiterentwicklung der Qualifizierungsangebote und ihren nachhaltigen Nutzen für Mitgliedsbetriebe und Versicherte.
- Nachhaltige Wirkung und höhere Zufriedenheit der Teilnehmenden erfordern mehr als die Erfüllung von Basisanforderungen – auch Leistungs- und Begeisterungsmerkmale sind wichtig.
Qualität und Zufriedenheit am Beispiel des Kano-Modells
Für Unfallversicherungsträger (UV-Träger) ist von zentraler Bedeutung, Versicherte und Mitgliedsbetriebe mit ihren Qualifizierungsangeboten zu erreichen. Dazu müssen die Angebote qualitativ hochwertig und zugleich ansprechend sein. Das Qualitätsrahmenmodell des Qualitätsverbunds Qualifizierung (QVQ)[1]
trägt grundsätzlich dazu bei, die Qualität der Angebote kontinuierlich zu verbessern. Das Kano-Modell[2] zur Kundenzufriedenheit kann zusätzlich helfen, die Bedürfnisse und Erwartungen der Teilnehmenden besser zu verstehen. Dem Modell folgend können die Unfallversicherungsträger durch qualitativ hochwertige Qualifizierungen nicht nur die Erwartungen erfüllen, sondern, wie Kano beschreibt, sogar Begeisterung wecken und damit einen wirklichen Gewinn für die Sicherheit und Gesundheit in den Mitgliedsbetrieben schaffen.
Um Qualität in der beruflichen Weiterbildung zu erreichen, geht es nicht nur um die Eigenschaften der Qualifizierungsangebote, sondern auch um deren nachhaltigen Nutzen, das heißt die spätere Anwendung und das Multiplizieren des Gelernten in den Mitgliedsbetrieben. Besonders wichtig sind dabei die Erwartungen der Teilnehmenden. Noriaki Kano hat sich in den 1980er Jahren damit beschäftigt, wie Kundenzufriedenheit über die Qualität erreicht werden kann.
Er unterscheidet dabei im Wesentlichen folgende Merkmale:
- Basismerkmale sind Erwartungen von Kundinnen und Kunden oder – im Fall der UV-Träger – Erwartungen der Teilnehmenden an Qualifizierungsangebote, die in der Regel selbstverständlich sind. Bei Qualifizierungen bilden sie das Fundament für die Zufriedenheit und sind zwingend zu erfüllen, um negative Rückmeldungen zu vermeiden. Fehlen sie, führt dies zur Unzufriedenheit und zu einer Abkehr von einem Angebot. Beispiele für Basismerkmale aus Evaluationsergebnissen sind:
- relevante Inhalte
- auf das Lernziel abgestimmte Formate
- ansprechende Didaktik und verständliche Seminarunterlagen
- zuverlässige Organisation und funktionierende Technik
- Leistungsmerkmale sind Qualitätsmerkmale, die auf individuellen Anforderungen der Teilnehmenden basieren. Sie werden oft als Erwartungen geäußert und steigern die Zufriedenheit, je besser sie erfüllt werden. Beispiele dafür sind:
- aktuelle, branchenspezifische Seminarinhalte
- qualifizierte Lernbegleitungen mit Praxiserfahrungen
- vielfältige Formate: zum Beispiel Angebote in Präsenz oder digitalisiert zur Wahl
- kompetenz-/handlungsorientierte Übungen
- Begeisterungsmerkmale haben als „Wow-Faktoren“ den größten Einfluss auf die Bewertung durch die Teilnehmenden. Sie werden nicht erwartet und somit auch nicht vorher geäußert. Wenn sie aber vorhanden sind, lösen sie Begeisterung aus, da sie meist mit einem direkten oder gefühlten Nutzen verbunden werden. Sie führen zu überproportional hoher Zufriedenheit. Begeisterungsmerkmale können sein:
- unmittelbarer Transfer des Gelernten im Arbeitskontext
- innovative Formate und individuelle Betreuung
- Networking-Möglichkeiten
- Zugang zu On-Demand-Inhalten auf Lernplattformen
- Wohlfühlfaktoren, wie zum Beispiel Veranstaltungsservice, gutes Essen
Darüber hinaus gibt es nach Kano noch zwei weitere Merkmale:
- Rückweisungsmerkmale können bei Vorhandensein direkt zur Unzufriedenheit führen, je nachdem, wie der Sachverhalt bewertet wird. Sie sind schwer zu erkennen, da sie nur selten offen geäußert werden. Umso wichtiger sind hierfür regelmäßige Evaluationen. Ein Beispiel wäre der Zwang zur Teilnahme an Rollenspielen.
- Indifferente Merkmale stellen Eigenschaften dar, die keinen Einfluss auf die Zufriedenheit beziehungsweise Unzufriedenheit der Teilnehmenden mit den Qualifizierungsinhalten haben (zum Beispiel Dekoration im Eingangsbereich).
Faktoren, die Begeisterung auslösen, sind die “Kür”. Sie machen meist den Unterschied und können neben den Leistungsmerkmalen entscheidungsprägend für oder gegen ein Qualifizierungsangebot sein. Sie sind wichtige Faktoren für die Bindung an unsere Qualifizierungsangebote, also die regelmäßige Fortbildung und die Weiterempfehlung.
Nur auf einer soliden methodisch-didaktischen Basis können innovative Elemente ihre volle Wirkung entfalten. Erst wenn die Grundlagen stimmen, kann echte Begeisterung entstehen – das sollte bei der Veranstaltungsplanung stets berücksichtigt werden.
Mit einem gemeinsamen Qualitätsmanagementsystem begeistern
Damit die Wertschöpfungskette hinsichtlich Konzeption, Organisation und Umsetzung der Formate der UV-Träger auf die Zufriedenheit ihrer Zielgruppen ausgerichtet wird, ist es wichtig, entsprechende Qualitätsanforderungen an Qualifizierungsangebote zugrunde zu legen. Die Merkmale von Kano helfen, die Faktoren zu priorisieren, die den Unterschied ausmachen. Die Beschäftigung mit den Erwartungen der Zielgruppen, der Grad der Erfüllung dieser Erwartungen sowie eine stetige Anpassung der Inhalte und Abläufe sind die Grundlage für gelungene Qualifizierungsangebote.
Ein Qualitätsmanagementsystem bildet den organisatorischen Rahmen, die Erkenntnisse aus dem Kano-Modell strukturiert umzusetzen.
Es sorgt dafür, dass Kundenanforderungen systematisch erfasst, Prozesse darauf ausgerichtet und Verbesserungen kontinuierlich durchgeführt werden. Leistungs- und Begeisterungsmerkmale sollten dabei besonders berücksichtigt werden.
Doch wie können Berufsgenossenschaften und Unfallkassen, trotz ihrer unterschiedlichen Strukturen, Inhalte und Ressourcen die Qualität der Qualifizierungsangebote sicherstellen? Mit dem Qualitätsrahmenmodell des Qualitätsverbundes Qualifizierung haben die Unfallversicherungsträger grundlegende Festlegungen vereinbart, wie wirksame Qualifizierung umgesetzt werden kann.
Wirksam qualifizieren mit dem QVQ-Rahmenmodell
Das Qualitätsrahmenmodell bietet für die jeweiligen branchenspezifischen Qualitätsanforderungen, für die vorhandenen personellen Ressourcen und die jeweiligen Angebotsstrukturen einen flexiblen Gestaltungsrahmen – ohne starre Vorgaben zu machen. Es umfasst Management-, Kern- und Unterstützungsprozesse mit klaren Qualitätsanforderungen. Statt einheitlicher Festlegungen setzt es auf praxisnahe Handlungshilfen, Checklisten und Gestaltungsoptionen. Die Instrumente werden in Arbeitsgruppen entwickelt, aktualisiert und berücksichtigen die Vielfalt in den einzelnen Häusern.
Durch eine systematische Prozesssteuerung werden alle relevanten Prozesse klar definiert, dokumentiert und regelmäßig überprüft. Dies dient der zuverlässigen Erfüllung von Basisanforderungen und der Sicherung der Qualitätsstandards. Gleichzeitig unterstützen standardisierte Abläufe und klare Verantwortlichkeiten die Effizienz und Fehlervermeidung. Rückweisungsmerkmale werden erkannt und vermieden. Dies setzt Ressourcen für die Entwicklung von Begeisterungsmerkmalen frei.
Durch regelmäßige Evaluation durch die Unfallversicherungsträger werden Leistungs- und Begeisterungsmerkmale identifiziert und die Qualifizierungsangebote kontinuierlich an die Erwartungen der Teilnehmenden angepasst. Das Qualitätsmanagementsystem deckt Verbesserungspotenziale auf und unterstützt Innovationen, etwa bei der Entwicklung neuer Formate. Die Dokumentation und Analyse von Prozessen und Ergebnissen sorgt für Transparenz und ermöglicht es, Ressourcen gezielt auf Merkmale mit echtem Mehrwert für die Teilnehmenden zu lenken.
Vorteile für die Mitgliedsbetriebe
Die Mitgliedsbetriebe und Versicherten der gesetzlichen Unfallversicherung profitieren davon, dass sie sich auf hohe Qualitätsstandards bei ihren jeweiligen Unfallversicherungsträgern verlassen können. Sie wissen: Planung, Organisation und Durchführung orientieren sich an klaren, nachvollziehbaren Qualitätskriterien, die kontinuierlich trägerspezifisch weiterentwickelt werden. Das schafft Vertrauen und ist eine Stellschraube für die Verbesserung der Sicherheit und Gesundheit in den Betrieben durch nachhaltige Qualifizierung von Mitarbeitenden.
Qualitätsverbund Qualifizierung (QVQ)
Der Qualitätsverbund Qualifizierung (QVQ) ist ein freiwilliger Zusammenschluss von Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung. Er hat derzeit 23 Mitglieder: 14 Unfallkassen und 8 Berufsgenossenschaften sowie das Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV (IAG). Ein Lenkungskreis, in den jedes Mitglied eine autorisierte Person entsendet, steuert die Arbeit des QVQ.
Das Qualitätsrahmenmodell
Das an der DIN EN ISO 9001 orientierte Qualitätsrahmenmodell bildet die Grundlage für ein einheitliches Qualitätsverständnis der Unfallversicherungsträger. Dieses beinhaltet das in der Praxis bewährte und stetig weiterentwickelte gemeinsame Qualitätsverständnis, das allen Qualifizierungsangeboten sowohl organisatorisch als auch methodisch-didaktisch zugrunde liegt. Zu den Kernaufgaben des QVQ zählen die Weiterentwicklung und die Unterstützung der Mitglieder bei deren Umsetzung. Die Anwendung des Qualitätsrahmenmodells fördert die Harmonisierung von Prozessen und Leistungen sowie das Schaffen eines einheitlichen Bezugsrahmens für Statistik und Berichterstattung. Als Orientierungsrahmen selbstbestimmter Weiterentwicklung erweist es sich dabei als stimmig für Träger jedweder Größe.

Fußnoten
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QVQ - Qualitätsverbund Qualifizierung, www.dguv.de, Suchbegriffe Qualitätsverbund Qualifizierung. (abgerufen am 08.07.2025) | https://www.dguv.de/de/praevention/aus-weiterbildung/qvq/index.jsp
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N. Kano, N. Seraku, F. Takahashi, S. Tsuji: Attractive Quality and Must-be Quality. In: Journal of the Japanese Society for Quality Control. 14(2) 1984, S. 147–156.