„Im Vorstand der DGUV galt mein besonderes Augenmerk den Investitionen“
Klaus Peter Röskes war seit 1998 ehrenamtlich für die Selbstverwaltung in der gesetzlichen Unfallversicherung als Mitglied und Vorsitzender des Vorstands der Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation (BG Verkehr), im Vorstand der DGUV und als Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der BG Kliniken tätig.
Herr Röskes, welche Gründe hatten Sie für Ihr langjähriges Engagement in der Selbstverwaltung der gesetzlichen Unfallversicherung?
Röskes: Um ehrlich zu sein, ich habe mich als Unternehmer anfangs über die hohen Kosten der gesetzlichen Unfallversicherung geärgert und wollte als Mitglied der Selbstverwaltung darauf Einfluss nehmen. Ich habe dann aber festgestellt, dass der maßgebliche Teil des Geldes für Präventions- sowie Reha- und Entschädigungsmaßnahmen ausgegeben wird. Richtig eingesetzt, senken diese Gelder die Beiträge: Durch gute Präventionsarbeit lassen sich teure Unfälle vermeiden. Und die Reha-Leistungen tragen dazu bei, verunfallte Beschäftigte schnellstmöglich wieder in die Arbeitswelt zurückzubringen. Das ist gleichzeitig sozial und kostensparend. Diese Zusammenhänge haben mich immer wieder in meinem Engagement bestärkt.
Welche Themen haben Sie in dieser Zeit besonders bewegt?
Röskes: Als Vorstandsvorsitzender der BG Verkehr habe ich insgesamt drei Fusionen begleitet. Angefangen haben wir mit der Binnenschifffahrts-BG, mit der wir zum 1. Januar 2005 fusionierten. Es war die erste einer ganzen Welle von Fusionen in den gewerblichen Berufsgenossenschaften. Von einstmals 35 sind heute nur noch neun übrig. Für die BG Verkehr folgte im Jahr 2010 die Fusion mit der See-BG und 2016 die Fusion mit der Unfallkasse Post und Telekom, kurz: UK PT. Jede dieser Fusionen war ein Meilenstein auf dem Weg zu einem modernen und zukunftsfähigen Unfallversicherungsträger.
In der Sacharbeit habe ich mich massiv für die Entwicklung und Einführung von Fahrerassistenzsystemen eingesetzt – unter anderem in Gesprächen mit dem damaligen EU-Kommissar Günter Verheugen, der das dann politisch nach vorn gebracht hat. Auf unsere Initiative hin fanden Spurhalteassistenten, Notbremsassistenten und andere Systeme auch im Nutzfahrzeugbereich Eingang. Davon profitieren heute alle.
Ausgangslage meines Vorsitzes der Gesellschafterversammlung der BG Kliniken war, dass aus meiner Sicht die einzelnen BG Kliniken nebeneinanderher arbeiteten. Dieses Nebeneinander ist in der heutigen Kliniklandschaft weder strategisch noch wirtschaftlich haltbar. Es hat mir in den sechs Jahren viel Freude, aber auch viel Kopfzerbrechen bereitet, daran mitzuwirken, einen Klinikverbund zu schmieden, der auch funktioniert. Wir haben das Management der Kliniken weiter professionalisiert – auch personell – und konnten mithilfe eines Benchmarkings bereits in einigen Bereichen die Kosten senken.
Im Vorstand der DGUV galt mein besonderes Augenmerk den Investitionen. Da geht es um Millionenbeträge, die letztlich zunächst von den Mitgliedsunternehmen erwirtschaftet werden müssen. Ich habe es deshalb als meine Aufgabe angesehen, auf eine Investitionspolitik hinzuwirken, die sich eng an den Notwendigkeiten orientiert.
Welches sind nach Ihrer Einschätzung die größten künftigen Herausforderungen für die gesetzliche Unfallversicherung und welche Lösungsansätze sehen Sie?
Röskes: Die größte Herausforderung ist, den Bestand der gesetzlichen Unfallversicherung sicherzustellen. Wenn es uns ähnlich wie den Krankenkassen passiert, dass wir unsere Vertretersammlungen und andere Gremien der Selbstverwaltung verlieren, bekommen wir ein Riesenproblem. Denn damit verlieren wir gleichzeitig die Fachleute der Arbeitnehmer- und der Unternehmerseite. Mit den Fachleuten verlieren wir Expertise und den unerlässlichen Kontakt zur Basis. Wenn das geschieht, können wir die gesetzliche Unfallversicherung, wie sie heute funktioniert, vergessen.
Was möchten Sie den neu gewählten Selbstverwalterinnen und Selbstverwaltern für ihre Tätigkeit in der Sozialen Selbstverwaltung der gesetzlichen Unfallversicherung mitgeben?
Röskes: Ich möchte den Mitgliedern der Selbstverwaltung, aber auch dem Hauptamt in der DGUV insbesondere eines mitgeben: Es ist höchste Zeit, politisch aktiv zu werden! Dazu gehört, dass Fachleute unsere politische Vertretung übernehmen, die auf Bundes- und Länderebene präsent sind und sich überall dort zu Wort melden, wo wir unsere Anliegen einbringen müssen. Dazu muss man speziell in Berlin eine schlagkräftige politische Vertretung aufbauen, die das Ohr überall hat und unsere Anliegen transportiert. Ich wünsche mir für die Zukunft, dass dies noch deutlicher und klarer umgesetzt wird als bisher.
Das Interview führte Dr. Anna Kavvadias.