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Mehr Sicherheit dank 3-Zonenprinzip und Handlungsleitfaden zur Gewaltprävention

Im beruflichen Alltag des öffentlichen Diensts kann es immer wieder zu herausfordernden Situationen kommen. Umso wichtiger ist es, dass Arbeitgebende Verantwortung übernehmen und gezielt in den Schutz ihrer Mitarbeitenden investieren. Das Landratsamt Ravensburg zeigt, wie durch innovative Konzepte und moderne Technik ein sicheres Arbeitsumfeld geschaffen werden kann.

Für sein Engagement im Bereich Gewaltprävention wurde das Landratsamt Ravensburg von der Unfallkasse Baden-Württemberg (UKBW) ausgezeichnet. Mit dem Projekt „3-Zonenprinzip“ zählt die Behörde zu den drei prämierten Einrichtungen, die innovative und praxisnahe Konzepte für mehr Sicherheit am Arbeitsplatz entwickelt haben. Die UKBW lobte insbesondere den nachhaltigen und ganzheitlichen Ansatz der Ravensburger Landkreisverwaltung – ein Konzept, das bauliche, technische und organisatorische Maßnahmen miteinander verbindet.

Das 3-Zonenprinzip ist ein innovatives und praxisnahes Konzept für mehr Sicherheit am Arbeitsplatz. | © Markus Kempter
Das 3-Zonenprinzip ist ein innovatives und praxisnahes Konzept für mehr Sicherheit am Arbeitsplatz. ©Markus Kempter

Neue Möglichkeiten durch Digitalisierung und Sanierung

Im Zuge der Sanierung eines Verwaltungsgebäudes verfolgte das Landratsamt baulich ein 3-Zonenprinzip und installierte ein System zur stillen Alarmierung. Die Maßnahmen umfassten die Umsetzung des 3-Zonenprinzips in interne Bereiche, Beratungs- und Kundenzonen sowie die Pilotierung eines Notfall- und Gefahren-Reaktions-Systems (NGR-System). Gemeinsam mit einem Risikomanager wurde ein umfassendes Sicherheitskonzept erarbeitet. „Wir wollten in diesem Gebäude nicht nur moderne, sondern auch sichere Arbeitsplätze schaffen“, sagt Anja Kahle vom Dezernat Organisationsentwicklung, Personal und Kultur des Landratsamts Ravensburg.

Das Ziel des Alarmsystems besteht darin, Beschäftigten die Möglichkeit zu geben, vom Kunden oder von der Kundin unbemerkt Unterstützung anzufordern, wenn sie Beleidigungen oder Bedrohungen ausgesetzt sind. Durch das Mithören im Alarmfall kann die Situation eingeschätzt werden, um sicherzustellen, dass Helfende nicht in eine für sie gefährliche Lage geraten. Zum Konzept gehört, die Hemmschwelle für die Auslösung eines Alarms so gering wie möglich zu halten, sodass bereits bei geringfügigen Gefährdungen Hilfe angefordert wird. Für lebensbedrohliche Situationen wie beispielsweise beim Einsatz von Waffen sieht das Konzept eine direkte Verbindung mit der Polizei vor, um sofortige Unterstützung zu gewährleisten.

„Die Digitalisierung der Ämter hat es uns ermöglicht, Kundentermine ganz neu in die Abläufe der Verwaltung zu integrieren, denn wo die Beschäftigten früher auf ihren Büroarbeitsplatz und Akten angewiesen waren, können wir nun unkompliziert Besprechungsräume buchen. Diese Räume können hinsichtlich der Gefahren durch Gewalt und Belästigung, aber auch hinsichtlich der Kundenfreundlichkeit zielgerichtet ausgestattet und eingerichtet werden“, so Anja Kahle.

Auslösen des Alarms nur durch Beschäftigte

Das neue System zur stillen Alarmierung verwendet eine Serverinfrastruktur und ist unabhängig vom PC funktionsfähig. Das ist eine zukunftsweisende technische Innovation. Beim Drücken des Alarmknopfs wird das Gespräch im Raum an eine ständig besetzte Stelle im Haus (zum Beispiel das Frontoffice) übertragen, die dann entscheidet, ob die Situation durch Beschäftigte im Haus deeskaliert werden kann oder durch die Polizei geklärt werden muss.

Zur Umsetzung ist eine standardmäßige IP-Netzwerkverkabelung erforderlich. Wer heute öffentliche Gebäude saniert, kann NGR-Systeme und Maßnahmen zur stillen Alarmierung direkt baulich mit einplanen. Auch Umbaumaßnahmen in geringerem Umfang ermöglichen zumindest die Einführung der stillen Alarmierung. Der Missbrauch ist nahezu ausgeschlossen, da das Auslösen des Amokalarms nur durch Beschäftigte mit einem Identifikationsmerkmal möglich ist.

Handlungsleitfaden „Gewaltfreier Arbeitsplatz“

Das Landratsamt Ravensburg setzt sich aktiv für die Sicherheit und Gesundheit seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein. Der Schutz der physischen und psychischen Unversehrtheit hat dabei oberste Priorität. Zum Konzept gehört daher auch ein Handlungsleitfaden für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landratsamts, der alle Beschäftigten für potenzielle Risiken und Gefährdungssituationen im täglichen Kontakt mit Kundinnen und Kunden sensibilisiert.

Der Leitfaden bietet eine praktische Orientierungshilfe, um den sicheren Umgang in schwierigen Kundenbeziehungen zu unterstützen und gewaltfördernde Situationen zu vermeiden. Er ergänzt das bestehende Handbuch für Arbeitsschutz, das die grundlegende Organisation, Verantwortlichkeiten sowie die wesentlichen Regelungen und Vorschriften der Arbeitssicherheit umfasst. Im Unterschied dazu konzentriert sich der Handlungsleitfaden speziell auf die Gefahren durch Gewalt am Arbeitsplatz. Neben der Identifikation potenzieller Risikofaktoren enthält er konkrete Präventionsmaßnahmen und beschreibt das empfohlene Vorgehen bei Vorfällen.

Das von der UKBW ausgezeichnete Konzept des Landratsamts Ravensburg zeigt, wie durch innovative technische, organisatorische und persönliche Maßnahmen (TOP-Prinzip) ein sicherer und gewaltfreier Arbeitsplatz geschaffen werden kann.[1] Die lokale Kooperation mit Polizei und Risikomanagement sei vorbildlich und Blaupause für öffentliche Institutionen, so die UKBW in ihrem Jury-Urteil. Die Verbindung von präventivem Risikomanagement, moderner Alarmierungstechnologie und umfassender Sensibilisierung der Mitarbeitenden setze neue Standards. Das Projekt unterstreiche, dass die Sicherheit der Beschäftigten oberste Priorität habe und durch gezielte Maßnahmen nachhaltig gefördert werden könne. Es diene nicht nur als Best-Practice-Beispiel für andere Institutionen, sondern auch als Beleg dafür, wie ein zeitgemäßer Arbeitsschutz in die Zukunft gedacht werden könne.