Künstliche Intelligenz – Anforderungen und Einsatzmöglichkeiten

Der Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen und es ist zu beobachten, dass bereits heute viele Anwendungen, die uns im privaten Leben, aber auch in der Arbeitswelt begegnen, auf dieser Technologie basieren. Einige dieser Anwendungen werden in diesem Beitrag dargestellt, um die Möglichkeiten dieser Technologie zu veranschaulichen.

Einleitung

Künstliche Intelligenz ist im Allgemeinen als Sammelbegriff für eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden und Algorithmen zu verstehen, deren Gemeinsamkeit darin besteht, dass sie eine Wissensrepräsentation in Form eines Modells erstellen und anwenden können, um eine definierte und vorgegebene Aufgabe zu lösen.

Heute wird dieser Begriff jedoch meist auf die Methoden des maschinellen Lernens und speziell des Deep Learnings bezogen. Diese Methoden basieren auf rechnergestützten Prozessen, die ein System in die Lage versetzen, aus Daten zu lernen, um überwiegend automatisiert das wissensrepräsentierende Modell zur Lösung einer bestimmten Aufgabe zu erstellen.

Dieser Fokus entstand durch die großen Fortschritte auf diesen Gebieten in den vergangenen Jahren, die durch mehrere Faktoren begünstigt wurden. So führte der allgemeine Trend der Digitalisierung nicht nur zu größeren Datenmengen, die es maschinellen Lernverfahren erst ermöglichen, eine Wissensrepräsentation in einer angemessenen Güte zu erstellen, sondern auch zu einem Boom verschiedener Open-Source-Initiativen, woraus Frameworks[1] und Programmbibliotheken[2] wie TensorFlow oder PyTorch entstanden. Hierdurch wurde es einem breiteren Kreis von Anwendern und Anwenderinnen ermöglicht, die entsprechenden Verfahren zu nutzen. Als dritte wichtige Säule für den Erfolg des maschinellen Lernens in den vergangenen Jahren ist der inzwischen relativ preisgünstige Zugang zu hohen Rechenleistungen in Form von Grafikprozessoren sowie die einfache Möglichkeit, Berechnungen auf diese auszulagern, zu nennen. Hierzu hat die Einführung der Compute Unified Device Architecture (CUDA)[3] durch die NVIDIA Corporation im Jahr 2007 wesentlich beigetragen.

Es ist jedoch nicht zu vernachlässigen, dass auch andere Gebiete der KI, wie beispielsweise die symbolische künstliche Intelligenz[4], ebenfalls noch eine starke Bedeutung haben. Gerade das Zusammenspiel verschiedener Methoden erlaubt es oftmals erst, ein System zur Lösung einer komplexen Aufgabe zu entwickeln.

Obgleich KI als eine der wichtigsten Technologien der Zukunft bezeichnet wird, ist sie auch schon heute ein fester Bestandteil im Alltag vieler Menschen. So erfreuen sich beispielsweise intelligente persönliche Assistenten wie Apples HomePod, Alphabets Google Home, Amazons Echo oder Microsofts Smart Speaker einer zunehmend wachsenden Beliebtheit. Auch im Bereich der Navigation und Routenplanung kommt KI schon lange zum Einsatz. Doch auch im Bereich der Arbeitswelt finden wir bereits eine Vielzahl verschiedener Anwendungen der KI. Vollautomatisierte Systeme und Roboter, die mittels smarter Algorithmen Prozesse steuern, oder Systeme zur automatisierten Bearbeitung von trivialen Verwaltungsfällen sind nur zwei Beispiele hierfür.

Obgleich KI als eine der wichtigsten Technologien der Zukunft bezeichnet wird, ist sie jedoch auch schon heute ein fester Bestandteil im Alltag vieler Menschen.

Im Jahr 2020 veröffentlichte das Unternehmen Deloitte das Ergebnis einer global angelegten Befragung von insgesamt 2.737 Organisationen (davon 201 aus Deutschland), die das Ziel hatte herauszufinden, wie stark KI bereits in den Organisationen eingesetzt wird (Ammanath, 2020). Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass bereits 26 Prozent der befragten Organisationen KI intensiv einsetzen und 47 Prozent erste Anwendungen KI im Einsatz haben. Die restlichen 27 Prozent gaben an, zumindest erste Pilotprojekte starten zu wollen.

Eine strukturelle Analyse aktueller Anwendungsbeispiele von KI im Bereich der Arbeitswelt ergibt, dass sich diese meist in einer der folgenden sechs Hauptkategorien bewegen:

  • Natural Language Processing
  • Computer Vision
  • Automated Vehicles
  • Predictive Maintenance
  • Fraud Detection
  • Prediction and Optimization

Im Folgenden werden diese Hauptkategorien näher beschrieben und Beispielanwendungen aus diesen Bereichen genannt, um die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz für die Arbeitswelt exemplarisch zu beleuchten.

Natural Language Processing

Natural Language Processing beschäftigt sich mit der Verarbeitung natürlicher Sprache und kann dazu genutzt werden, übermittelte Sprachinformationen eines Menschen zu analysieren, um daraus Informationen zu extrahieren, auf deren Basis Wissen oder aber künstliche Sprachnachrichten erzeugt werden können, um einem Menschen Informationen auf natürliche Weise zu übermitteln.

Klassische Beispiele für den Einsatz des Natural Language Processing sind somit die Spracherkennung und Sprachsynthese, wie sie beispielsweise für Mensch-Maschine-Schnittstellen zur Ein-, aber auch Ausgabe genutzt werden kann. Weiterhin sind auch simultane maschinelle Übersetzungen von natürlichen Sprachnachrichten möglich, die entweder als Text oder abermals durch künstlich erzeugte Sprache vermittelt werden können.
Ein gutes Beispiel hierfür ist eine Anwendung, die die  Inklusion sprach- und hörgeschädigter Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen am Arbeitsplatz vereinfachen kann. Mithilfe sogenannter Sequenz-zu-Sequenz-Modelle erkennt sie Gebärdensprache, übersetzt diese und gibt sie in natürlicher Sprache wieder aus (Ko, 2019). Ebenso ist der umgekehrte Weg möglich, wobei dann natürliche Sprache in Bilder oder Text umgewandelt wird, was ebenfalls eine nahtlose Konversation über Barrieren hinweg ermöglicht.

Auch der Einsatz in der Kundenbetreuung und im First-Level-Support ist schon heute in Form von Chatbots häufig zu finden und ermöglicht, die Arbeitslast von Callcenter-Beschäftigten zu reduzieren und ihnen mehr Zeit zur Bearbeitung schwierigerer Fälle zu geben. In der Vergangenheit waren diese Systeme jedoch oftmals unbeliebt, weil sie nicht empathisch auf den Kunden oder die Kundin eingehen konnten. Hierzu ist es notwendig, neben der Sprache auch die Emotionen der Kundschaft zu analysieren, um auf Basis dieses erweiterten Informationssatzes eine angemessene und somit zufriedenstellende Antwort formulieren zu können.
Das kann auf Basis adaptierter Convolutional Neural Networks (CNN oder ConvNet) erreicht werden, mit deren Hilfe nun auch die semantische Bedeutung des Kundenausdrucks interpretiert werden kann (Zhou, 2018). Durch diese Maßnahme lässt sich nicht nur die Leistung des Systems bei Spracherkennung verbessern, sondern vor allem auch eine Klassifizierung der Stimmung sowie der Intensität der Sprachnachricht der Kundschaft erreichen. Diese werden dann genutzt, um eine Reaktion zu erzeugen, die insgesamt als menschlicher und freundlicher wahrgenommen wird.

Computer Vision

Computer Vision oder auch Machine Vision beschäftigt sich mit der Verarbeitung und Analyse digitaler Bilder, um daraus Informationen zu gewinnen. Diese Informationen können von der Extraktion geometrischer Strukturen bis zum Verstehen des Bildinhaltes reichen. Dementsprechend sind die am weitesten verbreiteten Problemstellungen der Computer Vision die Segmentierung und Klassifizierung. Bei der Segmentierung werden inhaltlich zusammenhängende Regionen eines Bildes identifiziert und gekennzeichnet. Insbesondere die semantische Segmentierung, bei der einzelne Objekte erkannt und anschließend alle zu diesem Objekt gehörende Pixel oder Voxel zusammengefasst werden, hat eine große Bedeutung bei allen Aufgabenstellungen, in denen es darum geht, Aussagen über eine Szene treffen zu können. Klassifikationsprobleme beschäftigen sich damit, Objekte einer Klasse, wie beispielsweise Mensch, Tier, Werkzeug, zuzuordnen. Oftmals folgt einer semantischen Segmentierung eine Klassifizierung, die dann schließlich den als inhaltlich ähnlich identifizierten Objekten eine genaue Klasse zuordnen kann. Hiermit werden Objekte nicht nur räumlich, sondern auch inhaltlich klar identifiziert und können somit lokalisiert und benannt werden.

Computer Vision spielt bei vielen Anwendungen eine große Rolle, sei es bei der Gesichtserkennung, der medizinischen Diagnostik oder im Bereich selbstfahrender Fahrzeuge. Sehr beliebt ist jedoch auch der Einsatz bei der Qualitätssicherung in der Produktion. So wird beispielsweise in der Sanitärindustrie ein Supportvektor-Maschinenklassifikationsmodell[5] benutzt, um Fehler auf der Oberfläche von Wasserhähnen zu identifizieren und anschließend zu inspizieren (Kuhlenkötter, 2006). Hierzu wird das Klassifikationsmodell mit einer Kombination von Gabor-Merkmalen[6], statistischen Merkmalen und Graustufenmerkmalen gespeist, um einzelne Fehlertypen zu identifizieren. Mithilfe dieses Bildverarbeitungssystems werden vergleichbare Leistungen zu menschlichen Bewertungen erzeugt, wodurch es möglich ist, den Qualitätskontrollprozess der Produktion ohne menschliches Eingreifen vollständig zu automatisieren. Ebenso ist mit angepassten Modellen natürlich auch eine Qualitätskontrolle anderer Produkte möglich und wird insbesondere im Bereich der Elektronikfertigung schon seit vielen Jahren eingesetzt.

Eine 2020 veröffentlichte Studie des Unternehmens Deloitte kam zu dem Ergebnis, dass bereits 26 Prozent der befragten Organisationen KI intensiv einsetzen und 47 Prozent erste Anwendungen KI im Einsatz haben. Die restlichen 27 Prozent gaben an, zumindest erste Pilotprojekte starten zu wollen.

Weiterhin ist Computer Vision ein hilfreiches Werkzeug, um die Digitalisierung voranzutreiben. So liegen bis heute viele Formulare und Dokumente nur in handschriftlicher Form vor. Diese zu digitalisieren ist oftmals eine sehr eintönige Arbeit oder erfordert den Einsatz von Fachpersonal. So liegen Industrieinspektionsblätter heute oftmals noch immer nur in handschriftlicher beziehungsweise handmarkierter Form vor. Diese Inspektionsblätter werden regelmäßig ausgefüllt, um Mängel zu erkennen und schwere Maschinen zu warten. Die Inspektionsblätter enthalten allerdings viele unstrukturierte Informationen und erfordern daher den Einsatz von Fachleuten, um sie zu lesen und zu digitalisieren. Mithilfe tiefer neuronaler Netze in Form von Convolutional Neural Networks[7] kann jedoch ein Informationsextraktionssystem für Maschineninspektionsblätter umgesetzt werden, das diese automatisiert digitalisiert (Swati, 2017).

Die ortsaufgelösten Daten von Bildsensoren können natürlich auch eine wichtige Informationsgrundlage von Steuerungen aller Art darstellen. Insbesondere in der Produktion existieren viele wiederkehrende Aufgaben, die ohne den Einsatz von KI bisher durch Roboter noch nicht automatisiert werden konnten. Hierzu zählen beispielsweise einige auf den ersten Blick vermeintlich einfache Aufgaben in der Montage wie das Zusammenfügen zweier Werkstücke. Hierzu ist es notwendig, zuerst zwei Teile aufeinander abzustimmen und anschließend durch eine gewisse Krafteinwirkung miteinander zu verbinden. Im Idealfall sind diese Teile perfekt geformt, liegen immer in einer vorher definierten Lage vor und können dann mit der spezifizierten Kraft zusammengeführt werden. Aufgrund der Unvollkommenheit einzelner Produktionsschritte, Oberflächentoleranzen und anderen Faktoren wie der Flexibilität der Teile kann dieses Verfahren jedoch komplex und unvorhersehbar werden. In solchen Fällen benötigt ein Roboter sehr detaillierte und umfangreiche Programmanweisungen, um die Aufgabe einschließlich der erforderlichen Anpassung an die physikalische Welt ausführen zu können. Das kann eine Automatisierung der Aufgabe schnell umständlich oder unwirtschaftlich machen. Regelalgorithmen, die auf maschinellem Lernen basieren – insbesondere solche, die das Verstärkungslernen nutzen –, erlauben jedoch alternative Lösungen, mit denen sich der Automatisierungsgrad in der Fertigung einfach erweitern lässt (Vecerik, 2018).

Automated Vehicles

Der Bereich der fahrerlosen Fahrzeuge (englisch: Automated Vehicles) beschäftigt sich damit, Fahrzeuge aller Art zu vollautomatisieren, womit es ihnen möglich ist, ohne eine manuelle Steuerung durch den Menschen unfallfrei ein Ziel anfahren zu können.

Teilautomatisierte Systeme wie Parkassistenten oder Systeme zum automatisierten Fahrspurwechsel existieren schon seit längerer Zeit. Hinzugekommen sind Systeme, die das Fahrzeug in bestimmten Fahrsituationen selbstständig steuern können. Ein Beispiel hierfür ist der von Tesla vertriebene Autopilot, der jedoch lediglich ein teilautomatisiertes System der Stufe 2 darstellt. Ein Fahrsystem der Stufe 2 erwartet, dass sich der Fahrer oder die Fahrerin zu jeder Zeit über die Fahr- und Verkehrssituation im Klaren ist und jederzeit die Kontrolle über das Fahrzeug übernehmen kann. Von einer vollständigen Automatisierung der Stufe 5, bei der das Fahrzeug zu jeder Zeit komplett vom System gesteuert wird und der Fahrer oder die Fahrerin lediglich als Reisende teilnehmen, ist Teslas Autopilot also noch weit entfernt.

Dennoch werden auch auf diesem Gebiet bereits große Fortschritte erzielt. So schaffen es die Testfahrzeuge des Herstellers Waymo inzwischen bereits, durchschnittlich über 17.800 Kilometer zurückzulegen, bis ein Eingriff durch einen Testfahrer oder eine Testfahrerin notwendig wird. Dies liegt zwar aktuell noch hinter der tatsächlichen Leistungsfähigkeit einer menschlichen Person am Steuer, sollte die kontinuierliche Verbesserung der Qualität dieser Systeme jedoch anhalten, dürften sie bereits in den kommenden Jahren ein ähnliches Level erreichen.

Weitere teilautomatisierte Fahrzeuge lassen sich beispielsweise auf Flughäfen in Form von selbstfahrenden Flugzeugschleppfahrzeugen finden (Morris, 2016). Diese Anwendung eignet sich besonders für auf Teilautomation basierende selbstfahrende Fahrzeuge, da die Routen zwischen den Gates zu den Start- und Landebahnen und von den Start- und Landebahnen zu den Gates in der Regel vorgegeben sind. Daher gibt es kaum oder gar keine Möglichkeiten für alternative Routen, was zu einer erheblichen Einschränkung des Einsatzgebietes der Anwendung führt und dessen notwendige Komplexität erheblich verringert. Weiterhin wird der selbstfahrende Flugzeugschlepper von menschlichen Vorfeldkontrollpersonal, Fluglotsen und Fluglotsinnen, Piloten und Pilotinnen sowie dem Bodenpersonal überwacht. Die Lotsen und Lotsinnen stellen den Schleppern Routeninformationen zur Verfügung, wobei sie von einem automatischen Routenplanungssystem unterstützt werden. Das Planungssystem und die Tower- und Bodenlotsen und -lotsinnen arbeiten mit den Schleppern zusammen, um während des Betriebs taktische Entscheidungen treffen zu können, was ein sicheres Fahren gewährleistet.

Diese Bedingungen gelten gleichfalls auch für weitere Fahrzeuge im Bereich der Flughafenlogistik, so lassen sich beispielsweise in ähnlicher Form auch selbstfahrende Gepäckwagen realisieren (Buechel, 2018).

Das Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA) arbeitet an Konzepten, um nicht nur die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit beim Einsatz von Technologien der künstlichen Intelligenz zu erhalten, sondern auch durch deren Einsatz zu fördern.

Ein weiteres Einsatzgebiet mit stark eingeschränkter Streckenführung und somit gut geeignet für teilautomatisierte Fahrzeuge ist der Bahnverkehr. Im Personenverkehr kann mithilfe der künstlichen Intelligenz der unbeaufsichtigte Betrieb von Zügen nach Fahrplan ermöglicht werden. Das System ist dann verantwortlich für die Beschleunigung, das Bremsen, die Geschwindigkeitsregelung, die Abfahrt des Zuges, das Öffnen und Schließen der Türen, die Hinderniserkennung sowie das Management von Gefahrenzuständen und Notfallsituationen. Komplizierte Fälle, die das Bordsystem nicht korrekt verarbeiten kann, werden von der Leitwarte übernommen, die auch den Fahrbetrieb überwacht. Dabei kann jedoch ein Zugführer oder eine Zugführerin der Leitwarte mehrere automatisierter Züge gleichzeitig überwachen und gegebenenfalls kontrollieren. Drei selbstfahrende Rangierlokomotiven sind derzeit beispielsweise auf dem Rangierbahnhof Luzhskaja in Moskau, Russland, in Betrieb und der parallele Einsatz für Personenzüge wird derzeit auf dem Moskauer Zentralring getestet (Smagin, 2018).

Predictive Maintenance

Bei der vorausschauenden Instandhaltung (englisch: Predictive Maintenance) werden Bedingungen identifiziert, die auf einen bevorstehenden Ausfall einer Maschine oder Anlage hindeuten. Es geht somit um die Fähigkeit, bestehende Datenmengen zu nutzen, um potenzielle Probleme zu erkennen und zu beheben, bevor sie zu Ausfällen in Prozessen oder Systemen im Betrieb führen. Im Gegensatz hierzu steht die vorbeugende Instandhaltung (englisch: Preventive Maintenance), bei der die Instandhaltung auf der Lebenserwartung von Komponenten basiert (zum Beispiel die mittlere Zeit zwischen Ausfällen). Beide sind Arten der planmäßigen Wartung. Die vorbeugende Wartung beinhaltet jedoch allgemeine beste Praktiken für die Pflege von Komponenten, ohne dass der genaue Verwendungszweck dieser bekannt sein muss. Die vorausschauende Wartung nutzt die tatsächlich gemessene Nutzung, die Betriebsbedingungen und das Feedback der Anlagen und Komponenten, um individuelle Vorhersagen über bevorstehende Probleme zu erstellen. Die Implementierung von vorausschauenden Wartungsdiensten ermöglicht es Unternehmen, potenziellen Ausfällen oder Störungen einen Schritt voraus zu sein und diese proaktiv anzugehen, anstatt auf Probleme zu reagieren.

Dies führt einerseits zu einer Senkung der Kosten durch weniger ungeplante Ausfallzeiten, weniger redundante Inspektionen und ineffektive präventive Wartungsmaßnahmen und andererseits ergeben sich Einsparungen durch erhöhte Produktivität und geringere Arbeits- und Materialkosten.

Nach Angaben von McKinsey (2017) können vorausschauende Wartungstools die Ausfallzeiten von Fertigungsmaschinen um 30 bis 50 Prozent reduzieren und die Lebensdauer von Maschinen um 20 bis 40 Prozent erhöhen. Somit können Hersteller außerdem ihre Abläufe verbessern und ihre Lieferketten intakt halten.

Fraud Detection

Bei der Erkennung von Täuschungen (englisch: Fraud Detection) geht es um die Analyse von Dokumenten, Nachrichten und Vorgängen, um Fälschungen und betrügerische Absichten frühzeitig erkennen und abwehren zu können. Hierzu zählt die Identifikation von gefälschtem Geld oder gefälschten Dokumenten, gestohlenen Kreditkarten, betrügerischem Schriftverkehr oder gestohlenen Identitäten.

In der Vergangenheit wurde die Betrugserkennung durch regelbasierte Algorithmen durchgeführt, die typischerweise kompliziert zu konstruieren sind, aber oftmals dennoch keine schwierig zu umgehende Hürde darstellen. Bei diesen Techniken besteht die Gefahr, dass viele betrügerische Aktivitäten übersehen werden oder dass es zu einer übermäßigen Anzahl von falsch Positiven kommt, bei denen die Karten der Kundschaft aufgrund eines falsch identifizierten verdächtigen Verhaltens abgelehnt werden. Traditionelle Modelle sind auch sehr unflexibel, was zu einem Problem in einer Anwendung werden kann, da betrügerische Benutzerinnen und Benutzer ständig neue Wege finden, um das Sicherheitssystem zu umgehen. Maschinen sind wesentlich besser darin, große Datensätze zu verarbeiten, als Menschen. Das Erkennen von Täuschungen durch maschinelles Lernen basiert darauf, mehr Muster aus Daten zu extrahieren, als es durch das Erstellen von Regeln möglich wäre. Das Modell wird anhand historischer Daten beispielsweise zum Verbraucherverhalten trainiert, von denen bekannt ist, dass sie entweder betrügerisch oder normal waren. Ein großer Vorteil von tiefem Lernen ist die Möglichkeit, mehrere Datentypen zu kombinieren. So kann ein Modell beispielsweise den Text analysieren, den ein Kunde oder eine Kundin in einem Versicherungsantrag geschrieben hat, und ihn in Kombination mit einfacheren Eingabedaten verwenden, um eine genaue Vorhersage zu treffen.

Vorhersage und Optimierung

Auf Grundlage der Auswertung großer Datenmengen ist es möglich, Vorhersagen zu verschiedenen Fragestellungen zu treffen. Hierzu werden in der Regel Regressionsmodelle eingesetzt, die auf Basis numerischer Effektvariablen eine numerische Zielvariable vorhersagen. Auf diese Weise können Aussagen zur wahrscheinlichen Entwicklung von Verläufen getroffen und Trends vorhergesagt werden.
Eines der wichtigsten Elemente der heutigen Entscheidungsfindung, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor, ist die Vorhersage. In den letzten Jahrzehnten sind ökonometrische Prognosen auf der Grundlage von Modellen im privaten und öffentlichen Entscheidungsprozess sehr beliebt geworden. Wenn die Vorhersage auf der Grundlage von Zeitreihendaten erfolgt, zum Beispiel von Ereignissen, die sich in einem bestimmten Zeitintervall ereignen, spricht man von Zeitreihenprognosen. Die Zeitreihenprognose ist der Prozess der Vorhersage zukünftiger Ereignisse auf der Grundlage historischer Daten.
Zeitreihenprognosen werden schon seit geraumer Zeit in verschiedenen Branchen eingesetzt. Sie werden verwendet, um künftige Entscheidungen zu treffen; zum Beispiel sind im Einzelhandel Umsatzprognosen sehr wichtig, damit die Rohstoffe entsprechend beschafft werden können. Das bekannteste Beispiel ist die Wettervorhersage, bei der auf der Grundlage der Muster in der Vergangenheit und der jüngsten Veränderungen die Zukunft vorhergesagt werden kann. Diese Vorhersagen sind sehr wichtig und stellen in der Regel den ersten Schritt zur Lösung anderer Probleme dar. Maschinelles Lernen kann aber nicht nur zur Vorhersage, sondern auch zur Optimierung verwendet werden. Optimierungsprobleme erfordern häufig den Einsatz von Optimierungsmethoden, die die Minimierung oder Maximierung bestimmter Zielfunktionen ermöglichen. Gelegentlich sind die zu optimierenden Probleme jedoch weder linear noch polynomial[8] und können nicht genau gelöst werden. In diesen Fällen ist es notwendig, Heuristiken – also analytische Vorgehensweisen – anzuwenden, die in der Lage sind, diese Art von Problemen zu lösen. Insbesondere künstliche neuronale Netze können zur Annäherung der Zielfunktion bei Optimierungsproblemen verwendet werden.

Assistenzsysteme

Auch für den Bereich der Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit bieten Verfahren der KI viele Möglichkeiten. Insbesondere die technische Unfallprävention profitiert von der Fähigkeit der KI, auch komplexe Aufgabenstellungen in nicht vollständig definierbaren Umgebungen lösen zu können. Das ermöglicht beispielsweise innovative Assistenzsysteme, die neue Funktionalitäten mit sich bringen oder bestimmte Funktionen erst ermöglichen.
Rückfahrassistenten, die Hindernisse hinter einem Fahrzeug erkennen und bei einer Annährung ein akustisches Warnsignal ausgeben, oder Rückfahrkameras sind schon lange auf Fahrzeugen verschiedener Art im Einsatz. Für die besonderen Anforderungen der Arbeitswelt sind diese Systeme jedoch nicht ausgelegt und bieten daher dort oftmals keinen Vorteil. So erzeugt ein Rückfahrassistenzsystem auf einem Flurförderfahrzeug durch die beengten Raumverhältnisse in den schmalen Korridoren von Warenlagern fast fortwährend Warnungen, die folglich nach kurzer Zeit vom Bedienpersonal ignoriert werden. Hierfür bieten KI-basierte Systeme, wie das Assistenzsystem Blaxtair des französischen Herstellers Arcure eine einfache Lösung. Dieses System führt eine Klassifikation seiner Umgebung durch und kann so zwischen Objekten und Personen unterscheiden. Dies ermöglicht die Definition zweier Schutzbereiche. Im weiter gefassten Schutzbereich werden nur Warnungen erzeugt, wenn es sich beim Hindernis um eine Person handelt, im enger gefassten Schutzbereich erzeugen jedoch auch Objekte einen Warnhinweis. Hierdurch lässt sich die Häufigkeit der Warnmeldungen wesentlich verringern, wodurch diese ihre Wirksamkeit beibehalten.

Es wird eine gesellschaftliche Debatte darüber zu führen sein, wie das Arbeiten mit KI-basierten Systemen wie beispielsweise kollaborierenden Robotern genau ausgestaltet werden muss und ob alles, was theoretisch technisch umsetzbar wäre, auch ethisch gewünscht beziehungsweise legitim ist.

Weiterhin existieren auch heute noch Tätigkeiten, die sich durch herkömmliche technische Schutzeinrichtungen wie beispielsweise Lichtschranken nicht absichern lassen. Ein Beispiel hierfür ist die Arbeit an Formatkreissägen. Die normale Tätigkeit an diesen Maschinen verlangt, dass ein Werkstück mit der Hand zum Sägeblatt geführt und mit diesem in Kontakt gebracht werden muss. Um diese Tätigkeit absichern zu können, müssen abermals verschiedene Objekte voneinander unterschieden werden können. In diesem Fall das Werkstück, welches das Sägeblatt berühren darf, und die menschliche Hand, bei der ein Kontakt verhindert werden muss. Dies ist durch eine Klassifikation auf Basis tiefer neuronaler Netze möglich. Wurde die Hand erkannt, muss jedoch auch unterschieden werden, ob es sich bei der Bewegung dieses Körperteils um eine normale der Aufgabe entsprechende Bewegung handelt oder diese anormal ist, wie es beispielsweise bei einem Abrutschen der Hand der Fall wäre. Nur so kann ein rechtzeitiges Stillsetzen und Absenken des Sägeblatts eingeleitet werden, um Verletzungen zu verhindern. Zur Vorhersage der Bewegung kann abermals ein tiefes neuronales Netz verwendet werden.

Ausblick

Obgleich bereits viele Beispiele für den Einsatz von KI im Bereich der Arbeitswelt existieren, wird der Sektor in den kommenden Jahren auch weiterhin schnell an Bedeutung für verschiedene Branchen und somit insbesondere für den Bereich der Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit gewinnen – und damit auch für die gesetzliche Unfallversicherung.

So geht beispielsweise eine Studie davon aus, dass sich 2025 die Wirtschaftskraft dieses Sektors (automatisierte Roboter und Fahrzeuge sowie Datenanalyse) zwischen 6,5 und 12 Billionen Euro pro Jahr bewegen, dürfte.[9] Eine weitere Studie, basierend auf einem makroökonomischen Modell für 12 Länder und 16 Wirtschaftszweige mit künstlicher Intelligenz als zusätzlichem Produktionsfaktor, untersuchte den möglichen Einfluss auf das Bruttoinlandsprodukt (Purdy & Daugherty, 2017). Diese Studie prognostiziert für das Jahr 2035 eine zusätzliche Bruttowertschöpfung durch KI von 1,6 Prozent pro Jahr für Deutschland. Zum Vergleich: Die Steigerung der globalen Bruttowertschöpfung durch den Einsatz von Industrierobotern lag bei gerade einmal 0,4 Prozent.

Es wird eine gesellschaftliche Debatte darüber zu führen sein, wie das Arbeiten mit KI-basierten Systemen wie beispielsweise kollaborierenden Robotern genau ausgestaltet werden muss und ob alles, was theoretisch technisch umsetzbar wäre, auch ethisch gewünscht beziehungsweise legitim ist.

Das Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA) arbeitet daher an Konzepten, um nicht nur die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit beim Einsatz von Technologien der künstlichen Intelligenz zu erhalten, sondern auch durch deren Einsatz zu fördern. In diesem Rahmen beteiligt sich das IFA an der internationalen Normung zu KI auf europäischer und globaler Ebene und führt eigene Forschungsarbeiten in diesem Bereich durch.

Weitere Informationen:

Vertrauenswürdige künstliche Intelligenz

www.dguv.de/ifa/fachinfos/kuenstliche-intelligenz

Literatur:

Ammanath, B.; Hupfer, S.; Jarvis, D.: Thriving in the era of pervasive AI, Deloitte Insights, 2020

Buechel, M.; Knoll, A.: Deep Reinforcement Learning for Predictive Longitudinal Control of Automated Vehicles, 21th IEEE International Conference on Intelligent Transportation, 2018

Daugman, J. G.: Vollständige diskrete 2-D-Gabor-Transformationen durch neuronale Netze zur Bildanalyse und -komprimierung. In: IEEE-Transaktionen zu Akustik, Sprache und Signalverarbeitung 36 (7), S. 1169–1179, 1988

Dilda, V.; Mori, L.; Noterdaeme, O.; Schmitz, C.: Manufacturing: Analytics unleashes productivity and profitability, McKinsey Corp., 2017

Ko, S. K.; Kim, C; J., Jung, H.; Cho, C.: Neural Sign Language Translation Based on Human Keypoint Estimation. In: Applied Sciences Volume 9/2019, S. 2683 ff.

Kuhlenkötter, B.; Zhang, X.; Krewet, C.: Quality Control in Automated Manufac-turing Processes – Combined Features for Image Processing. In: Acta Polytechnica Volume 46 No. 5/2006

Morris, R.: Planning, Scheduling and Monitoring for Airport Surface Operations, Workshop of the 13th AAAI Conference on Artificial Intelligence: Planning for Hybrid Systems, 2016

Purdy, M.; Daugherty, P.: Why AI is the future of growth, Accenture Plc., 2016

Purdy, M.; Daugherty, P.: How AI boosts industry profits and innovation, Accenture Plc., 2017

Smagin Y.; Popov, P.: The technology and operating concept for driverless shunting locomotives at Luzhskaya Marshalling Yard. In: Signalling Datacommunication, Eurail Press, DVV Media Group, no. 12/2018 (110), S. 30–38

Swati, G. G.; Sharma, M.; Vig, L.: Information Extraction from Hand-Marked Industrial Inspection Sheets, 14th IAPR International Conference on Document Analysis and Recognition (ICDAR), S. 33–38, 2017

Vecerik, M.; Sushkov, O.; Barker, D.; Rothörl, T.; Hester, T.; Scholz, J.: A Practical Approach to Insertion with Variable Socket Position Using Deep Reinforcement Learning, arXiv:1810.01531v2, 2018

Zhou, L.; Gao, J.; Li, D.; Shum, H.: The Design and Implementation of XiaoIce, an Empathetic Social Chatbot, arXiv:1812.08989, 2018