KI in der Unfallversicherung: Potenziale zur Stärkung des gesetzlichen Kernauftrags

Wie kann KI jetzt und in Zukunft in der sozialen Sicherung eingesetzt werden, um Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten zu vermeiden oder Herausforderungen wie den demografischen Wandel zu bewältigen? Der Artikel gibt einen Überblick über internationale Beispiele und Möglichkeiten der KI-Anwendung in der gesetzlichen Unfallversicherung.

Fragt man ChatGPT nach einer Auswahl von Zitaten von einflussreichen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens für den vorliegenden Artikel, unterstreichen diese allesamt den disruptiven Charakter von KI in allen gesellschaftlichen Bereichen. Nicht selten wird das Potenzial von KI als radikaler „Gamechanger“ beschrieben, der unsere Art zu leben, zu arbeiten und zu kommunizieren fundamental verändern wird.

Der CEO von Google, Sundar Pichai, beschreibt KI beispielsweise als „eine fundamentale Technologie, die wie Elektrizität oder Feuer eine tiefgreifende Transformation in vielen Bereichen ermöglichen wird“.[1] Auch Amazon-Gründer Jeff Bezos sieht in KI eine Technologie, die in ihrer Wirkung auf die Gesellschaft mit der Einführung der Elektrizität verglichen werden kann: „Künstliche Intelligenz wird jede Branche und jeden Aspekt des Lebens verändern. Sie ist die am schnellsten wachsende Technologie der Welt und wird den Fortschritt in einem Tempo vorantreiben, das wir uns heute noch nicht einmal vorstellen können.“[2] Und Reinhard K. Sprenger beschreibt in seinem Buch „Radikal Digital“[3] die disruptive Kraft von Digitalisierung als die Wiedereinführung des Kunden beziehungsweise der Kundin, die Wiedereinführung der Kooperation sowie die Wiedereinführung der Kreativität.

Angesichts dieser Möglichkeiten stellt sich die Frage: Wie kann KI jetzt und in Zukunft in der sozialen Sicherung eingesetzt werden, um Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten zu vermeiden, Herausforderungen wie den demografischen Wandel zu bewältigen und die Effektivität und Innovationskraft der Organisationen der sozialen Sicherung zu steigern?

Globale Perspektiven

Zunächst zeigt der Blick über den Tellerrand der deutschen Unfallversicherung hinaus, wie Länder in Afrika, Amerika und Asien KI zur Lösung spezifischer Herausforderungen in der sozialen Sicherung der jeweiligen Länder einsetzen. Diese Beispiele können – sinnvoll adaptiert – wertvolle Impulse für die Entwicklung innovativer, am Kundennutzen ausgerichteter und effizienter KI-Lösungen für die Unfallversicherung in Deutschland bieten.

Afrika: Betrugserkennung und Bekämpfung von Nahrungsmittelkrisen
In Südafrika hat die Regierung KI-Lösungen entwickeln lassen, die die Verwaltung von Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld und Kindergeld optimieren. Durch den Einsatz von maschinellem Lernen können unrechtmäßige Anträge schneller erkannt und die Verteilung der Gelder effizienter gestaltet werden. Diese Technologien helfen nicht nur, die Verwaltungskosten zu senken, sondern tragen auch zur Minimierung von Betrug und Missbrauch bei. So können Mittel zielgerichteter und schneller an diejenigen verteilt werden, die sie am meisten benötigen, was insbesondere in einem Land mit einer hohen Arbeitslosigkeit und weitverbreiteter Armut wie Südafrika von entscheidender Bedeutung ist.

In Kenia wird KI genutzt, um die Effizienz der Nahrungsmittelhilfe zu steigern und dadurch Hilfe schneller und zielgerichteter an Bedürftige zu verteilen. KI-gestützte Systeme analysieren geografische, klimatische und soziale Daten, um präzise Vorhersagen darüber zu treffen, welche Regionen am dringendsten Unterstützung benötigen. Hierbei werden unter anderem satellitengestützte Bilder verwendet, um die Verteilung von Ressourcen in abgelegene und oft schwer zugängliche Gebirgsgemeinden zu optimieren. Diese technologischen Ansätze helfen auch dabei, Nahrungsmittelkrisen effizient zu bekämpfen.

Amerika: Mehr Effizienz und verbesserte Arbeitsmarktintegration
In den Vereinigten Staaten spielt künstliche Intelligenz eine zentrale Rolle in der Modernisierung der Verwaltung von Programmen der sozialen Sicherung wie Medicaid oder SNAP (Supplemental Nutrition Assistance Program). Diese Programme setzen gezielt KI ein, um die Antragsbearbeitung zu beschleunigen und die Berechtigung von Antragstellenden in Echtzeit zu prüfen, beispielsweise um verschiedene Datenquellen abzugleichen und so zu verhindern, dass unberechtigte Personen Sozialhilfeleistungen erhalten. Darüber hinaus helfen KI-Lösungen dabei, den Bedarf an bestimmten Leistungen in verschiedenen Regionen besser vorherzusagen und schneller darauf reagieren zu können.

In Kanada wird KI in der Verwaltung von Arbeitslosenhilfe eingesetzt, um Menschen schneller und gezielter mit passenden Jobangeboten zu verbinden. Hierzu werden Daten aus verschiedenen Quellen wie Arbeitsmarkttrends, Ausbildungsprofilen und individuellen Qualifikationen verarbeitet. KI-basiert können dann personalisierte Vorschläge für Weiterbildungsmöglichkeiten und Jobangebote gemacht werden, die den spezifischen Bedürfnissen und Fähigkeiten der Arbeitslosen besser entsprechen. Dies verbessert nicht nur die Chancen für die Betroffenen, schnell wieder eine Beschäftigung zu finden, sondern sorgt auch dafür, dass Leistungen der sozialen Sicherung effizienter genutzt werden können.

Dass bei KI-Lösungen wie diesen auch der hohen Bedeutung von Diskriminierungsfreiheit und der Verminderung von Bias eine wesentliche Rolle schon früh im Entwicklungsprozess derartiger Lösungen zukommt, dazu geben die „Selbstverpflichtenden Leitlinien für den KI-Einsatz in der behördlichen Praxis der Arbeits- und Sozialverwaltung“[4] des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) einen guten Überblick.

Asien: Proaktive Prävention und Abbau von Sprachbarrieren
Ein weiteres zukunftsweisendes Beispiel kommt aus Singapur, wo KI-basierte Vorhersagemodelle eingesetzt werden, um Armut frühzeitig zu erkennen und gezielt präventive Hilfsangebote bereitzustellen. Dazu setzt die Regierung von Singapur auf „Predictive Analytics“, um zu identifizieren, welche Haushalte oder Einzelpersonen möglicherweise in finanzielle Not geraten könnten. Dabei wird eine Vielzahl von Datenquellen analysiert, darunter Einkommensverhältnisse und soziale Indikatoren, um Risikofaktoren zu ermitteln. So können frühzeitig Unterstützungsmaßnahmen angeboten und eingeleitet werden. Diese proaktiven, KI-basierten Präventionsangebote könnten in Zukunft auch auf andere Bereiche der sozialen Sicherung ausgeweitet werden, etwa zur Vorbeugung von Berufskrankheiten oder zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit.

Im indischen Dorf Biwan, südlich von New Delhi, nutzt die Bevölkerung schon seit einigen Jahren den KI-gesteuerten Chatbot Jugalbandi, um unkompliziert Zugang zu staatlichen Angeboten zu erhalten. Jugalbandi basiert auf modernen KI- und Übersetzungsmodellen und greift auf eine Datenbank von etwa 171 Programmen zurück. Der Chatbot liefert jederzeit und schnell konkrete Antworten auf die Fragen der Nutzenden, erleichtert den Antragsprozess und baut Sprachbarrieren ab. Denn er bietet mehrsprachige Unterstützung und kann sowohl gesprochene als auch geschriebene Anfragen verstehen. In einem Land wie Indien, wo nur ein geringer Teil der Bevölkerung Englisch spricht, überwindet Jugalbandi Sprachbarrieren, indem relevante Informationen und Kommunikation in einer Vielzahl lokaler Sprachen gewährleistet werden. Zudem wurde Jugalbandi mithilfe von Whatsapp aufgrund seiner weiten Verbreitung in Indien einer breiten Bevölkerung zugänglich gemacht.

Das Projekt zeigt das Potenzial von KI, den Zugang zu staatlichen Diensten zu verbessern und bürokratische Hürden zu verringern. In Verbindung mit privatwirtschaftlichen Angeboten mit einer hohen Nutzerzahl wie Whatsapp kann der Zugang zu Angeboten der sozialen Sicherung radikal von dem Kunden oder der Kundin aus designt und umgesetzt werden – und nicht aus den Organisationslogiken der Organisationen der sozialen Sicherung heraus.

All diese Beispiele zeigen, dass die Potenziale von künstlicher Intelligenz nicht nur in neuen technologischen Möglichkeiten liegen, sondern die Vielzahl von neuen, KI-basierten Werkzeugen die Unfallversicherungsträger in die Lage versetzt, neue Services aus der Perspektive der Kundinnen und Kunden zu entwickeln.

Einsatz von KI in der Unfallversicherung

Der überwiegende Teil der Organisationen der sozialen Sicherung ist bei der Erschließung der Potenziale von KI auf einem sehr guten Weg. Das zeigt nicht nur der Beitrag von Linda Wichman in dieser Ausgabe (Seite 9ff.), sondern auch ein Blick in die Portfoliovorhaben der Träger der sozialen Sicherung sowie die steigende Zahl von strategischen Partnerschaften. So wurde im Oktober 2024 beispielsweise die Partnerschaft der Bundesagentur für Arbeit (BA) mit Aleph Alpha bekannt gegeben.[5]

Und auch das vom BMAS geförderte und von Linda Wichman bereits beschriebene KI-Leuchtturmprojekt der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) zeigt das große Potenzial von KI in der Unfallversicherung. Diese Lösung identifiziert Bauunternehmen mit hohem Unterstützungsbedarf bei Präventionsmaßnahmen. Dadurch werden nicht nur Leben gerettet, sondern in den kommenden Jahren schätzungsweise auch 250 Millionen Euro eingespart – die wiederum in Teilen in neue KI-Lösungen und präventive Lösungen investiert werden können. Zudem stellt dieses Projekt mit einer Dauer von neun Monaten von Projektstart bis Go-live unter Beweis, dass die Einführung neuer digitaler Lösungen auch in Deutschland in einer Geschwindigkeit möglich ist, die mit dem hohen Tempo der Weiterentwicklung von KI-Technologien und internationalen Benchmarks mithalten kann.

Darüber hinaus wurde auf der Basis dieser KI-Anwendung eine KI-Plattform zur Skalierung weiterer KI-Lösungen für die Träger der sozialen Sicherung entwickelt, prinzipiell nutzbar sowohl für deutsche als auch für internationale Kooperationspartner. Der erste Anwendungsfall bildete damit die Grundlage für ein umfassenderes Konzept einer KI-Plattform, die auf den bereits vorhandenen technischen Möglichkeiten aufbaut und auf zusätzliche Anwendungsfälle erweitert werden kann.

So wird beispielsweise das japanische Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Soziales auf der Basis dieser Plattform 2025 eine vergleichbare KI-Lösung für circa 6.000 Aufsichtspersonen in allen Präfekturen des Landes einführen. Ein weiterer Anwendungsfall ist die Entwicklung eines „generativen Inspektionsassistenten“, wie er aktuell von sieben Berufsgenossenschaften im Zusammenspiel mit verschiedenen IT-Dienstleistern in der Unfallversicherung umgesetzt wird – auch als Blaupause für zukünftige KI-Kooperationen in der sozialen Sicherung.

Die Lösung nutzt Sprachaufnahmen und setzt auf künstliche Intelligenz, um die Dokumentation von Inspektionen von beispielsweise Baustellen, Metzgereibetrieben, Raffinerien oder Lagerhallen effizienter zu gestalten. Die KI nimmt die Sprachnotizen der Aufsichtspersonen auf und ordnet in Echtzeit beispielsweise Beschreibungen Mängeltexten zu. Der Bericht wird automatisch erstellt und lässt sich individuell anpassen. Folgeprozesse können direkt eingeleitet werden.

Abbildung 1: KI unterstützt Aufsichtspersonen bei der Dokumentation von Inspektionen von Betrieben | © KI-generierte Grafik der BG BAU
Abbildung 1: KI unterstützt Aufsichtspersonen bei der Dokumentation von Inspektionen von Betrieben ©KI-generierte Grafik der BG BAU

Die Lösung bietet einen Mehrwert in vier wesentlichen Bereichen:

  1. Effizienzsteigerung: Die Dokumentationszeit für Inspektionen und die Erstellung von Berichten kann von 30 Minuten auf nur fünf Minuten reduziert werden.
  2. Fokus auf den Menschen: Längere Dokumentationszeiten entfallen, wodurch mehr Zeit für präventive Maßnahmen und die direkte Kommunikation bleibt.
  3. Erhöhte Qualität: Die Lösung nutzt alle circa 3.000 Mängelcodes, was zu einer erheblichen Verbesserung der Dokumentationsqualität führt.
  4. Signifikante Einsparungen: Jährlich können mehr als 60.000 Stunden für andere Inspektionsaufgaben aufgewendet werden.

Diese Lösung revolutioniert die Inspektionsdokumentation und trägt zur Effizienz und Qualitätssicherung der Präventionsarbeit bei. Zugleich lassen sich Lösungen wie diese in viele Richtungen skalieren und für das jeweilige spezifische Umfeld adaptieren, zum Beispiel für die Dokumentation in den BG Kliniken, für die Arbeit der Landesaufsichten oder für die Präventionsarbeit in anderen Ländern wie Japan, Brasilien oder Indien.

Die angeführten Beispiele deuten an, wie der Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Unfallversicherung den digitalen Wandel widerspiegeln und in mehrwertstiftende Lösungen für Beschäftigte sowie Kunden und Kundinnen überführen kann.

In seinem Buch „Radikal Digital“ hebt Sprenger hervor, dass digitale Transformation nicht isoliert, sondern durch Kooperationen und den Aufbau von Ökosystemen erfolgen sollte. Und auch die Ideen aus Dr. Atul Buttes Buch „The Role of Artificial Intelligence in Personalized Medicine“[6] lassen sich auf die Unfallversicherung übertragen. KI kann demnach genutzt werden, um personalisierte Präventionsstrategien für Versicherte zu entwickeln, basierend auf deren individuellen Risikoprofilen und Gesundheitsdaten. KI-basierte Assistenten als strategisches Kernelement einer neuen Generation von Portalen der Unfallversicherung könnten unter anderem dabei helfen, frühzeitig Unfallgefahren zu erkennen und maßgeschneiderte Empfehlungen zur Risikominimierung zu geben – ein Paradigmenwechsel hin zu proaktiver, datengestützter Prävention.

Abbildung 2: KI-Assistenten werden Versicherten in Zukunft maßgeschneiderte Empfehlungen zur Risikominimierung geben können. | © BG BAU
Abbildung 2: KI-Assistenten werden Versicherten in Zukunft maßgeschneiderte Empfehlungen zur Risikominimierung geben können. ©BG BAU

Ebenso wie in der personalisierten Medizin könnten KI-Systeme in der Unfallversicherung Daten aus verschiedenen Quellen analysieren, um präzise Vorhersagen über mögliche Unfälle zu treffen und gezielte Präventionsmaßnahmen zu initiieren. Darüber hinaus könnte KI die Nachuntersuchung und Dokumentation von Unfällen automatisieren, den Verwaltungsaufwand reduzieren und auch Rehabilitationsprozesse durch eine KI-basierte Heilverfahrenssteuerung verkürzen.

Eine derartige KI-basierte Portallösung könnte, ähnlich wie digitale Plattformen in anderen Branchen, nicht nur Unfallversicherungsträger miteinander verbinden, sondern auch eine enge Zusammenarbeit mit Gesundheitsdienstleistern, Arbeitgebenden sowie weiteren Akteurinnen und Akteuren ermöglichen. Dies würde die Effizienz und Prävention in der Unfallversicherung deutlich steigern. Denn durch eine gemeinsame Nutzung und Analyse von Daten aus unterschiedlichsten Quellen könnten ganzheitliche präventive Maßnahmen zur Unfallverhütung und Vermeidung von Berufskrankheiten realisiert werden. Dazu wäre eine enge Kooperation zwischen Versicherungen, Arbeitgebenden, staatlichen Stellen, Gesundheitsdiensten und Technologieanbietern förderlich.

Ein internationaler KI-Store für die soziale Sicherung
Aufbauend auf diesen Grundüberlegungen denkt die gesetzliche Unfallversicherung aktuell zusammen mit internationalen Partnern wie der Internationalen Vereinigung für soziale Sicherheit (IVSS), der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) oder der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) darüber nach, wie sich Synergien beim Einsatz von KI in der sozialen Sicherung auch länderübergreifend herstellen lassen.

Ein wesentlicher Ansatz orientiert sich dabei an Grundprinzipien, wie wir sie von ökosystembasierten Plattformlösungen wie beispielsweise dem Apple Store kennen, und hat zum Ziel, eine internationale Plattform für KI-Lösungen für die Organisationen der sozialen Sicherung aufzubauen.

Abbildung 3: Ziel ist es, eine internationale Plattform für KI-Lösungen für die Organisationen der sozialen Sicherung aufzubauen. | © BG BAU
Abbildung 3: Ziel ist es, eine internationale Plattform für KI-Lösungen für die Organisationen der sozialen Sicherung aufzubauen. ©BG BAU

Ein solcher KI-Store würde es ermöglichen, KI-Modelle, Daten, Best Practices und Erfahrungen direkt über diese Plattform auszutauschen und zugänglich zu machen, um soziale Sicherungssysteme weltweit effizienter und kundenorientierter zu gestalten:

  1. Kostensenkung: Das Teilen und Wiederverwenden von KI-Lösungen würde die Entwicklungskosten senken und fortschrittliche Technologien auch für kleinere Institutionen mit begrenzten Budgets zugänglich machen.
  2. Effizienzsteigerung: Durch die Reduzierung doppelter Anstrengungen würde der AI-Store Zeit und Ressourcen sparen, wodurch bessere und mehr Lösungen in kürzerer Zeit zur Verfügung gestellt würden.
  3. Skalierbarkeit: Der Aufbau einer globalen Plattform würde die Skalierung von Lösungen radikal vereinfachen, da nicht jedes Mal das Rad neu erfunden werden muss und eine gut funktionierende Lösung zum Beispiel aus Deutschland in vielen Ländern Mehrwert schaffen könnte.
  4. Förderung der globalen Zusammenarbeit: Eine gemeinsame KI-Plattform würde die Zusammenarbeit internationaler Organisationen stärken – dadurch würde es einfacher, digitale Errungenschaften anderer Länder auch in Deutschland einzusetzen.
  5. Länderspezifische Adaption: Die Plattform könnte KI-basiert so ausgestaltet werden, dass eine Adaption an länderspezifische Erfordernisse (zum Beispiel mehrere Landessprachen wie in Indien) einfach möglich wäre, während zugleich Fortschrittspotenziale global genutzt werden könnten.

Das Hauptziel eines solchen KI-Stores für die soziale Sicherung besteht somit darin, KI-Lösungen aus verschiedenen Ländern über eine geteilte Plattform zugänglich zu machen und Grundlagen für eine gemeinsame Entwicklung in neuen Kooperationsmodellen zu schaffen – ähnlich wie bei dem weiter oben erwähnten „generativen Inspektionsassistenten“. Mit diesem KI-Store würde die Grundlage geschaffen, länderübergreifend in innovative Lösungen zu investieren, diese in den jeweiligen länderspezifischen Kontexten zu adaptieren und damit weltweit einzusetzen. So können Ressourcen effizient geteilt, voneinander gelernt und die sozialen Sicherungssysteme nachhaltig gestärkt werden.

Etablierung einer globalen Vision-Zero-Plattform
Denkt man die weiter oben skizzierten Ansätze zur Entwicklung eines KI-Assistenten für die Unfallversicherung als strategischen Anker einer neuen Generation von Portalen weiter, so ließen sich diese Überlegungen ebenfalls international übertragen. Zumal das Beispiel Jugalbandi aus Indien zeigt, dass derartige Lösungen ergänzt um entsprechende KI-Sprachmodelle in vielen Ländern einsetzbar wären.

Ein wesentlicher Vorteil einer solchen KI-basierten „Vision-Zero-Plattform“ wäre die globale Zugänglichkeit, die es ermöglichen würde, einen weltweit einsetzbaren KI-Assistenten zur Vermeidung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten zu entwickeln. Weitere Angebote könnten auf die jeweiligen Kundengruppen zugeschnittene Präventionsvideos sowie virtuelle Präventionsschulungen sein, die über eine solche Plattform einem großen Kundenkreis zugänglich gemacht werden könnten. Auch hierbei würden Kooperationen mit marktdurchdringenden Tech-Anbietern wie die zwischen Jugalbandi und Whatsapp dabei helfen, eine große Kundenzahl zu erreichen. Die Entwicklung von KI-basierten Videos schreitet derzeit so rasant voran, dass in ein bis zwei Jahren auch die Erstellung von GenAI-basierten Präventionsvideos denkbar wäre, sodass automatisch Videos erstellt werden könnten, die auf die jeweiligen Nutzer und Nutzerinnen zugeschnitten sind – ob auf einer Tiefbaustelle in Deutschland, einem Neubau in Abu Dhabi oder einem Infrastrukturprojekt in Indien.

Fazit

Schaut man abschließend ins Siebte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII)[7], so ist dort in § 14 der gesetzliche Auftrag der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung seit Ende des 19. Jahrhunderts zeitlos auf den Punkt gebracht: „Die Unfallversicherungsträger haben mit allen geeigneten Mitteln für die Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und für eine wirksame Erste Hilfe zu sorgen.“ Verbunden mit den Mitteln der künstlichen Intelligenz, interpretiert aus den digitalen Potenzialen des 21. Jahrhunderts heraus, eröffnen sich ganz neue Wege, diesen Auftrag im Sinne unserer Kundinnen und Kunden sicherzustellen. Und damit auch das System der gesetzlichen Unfallversicherung für die kommenden Dekaden zu stärken.