Sicherer Umgang mit krebserzeugenden Gefahrstoffen – das Arbeitsprogramm der GDA

Im Rahmen des GDA-Arbeitsprogramms „Sicherer Umgang mit krebserzeugenden Gefahrstoffen“ sollen die Betriebe für das Thema sensibilisiert werden. Um ihnen die Möglichkeit zu geben, sich über eine Selbsteinschätzung auf die Gefährdungsbeurteilung vorzubereiten, wurde auf Initiative der Unfallversicherungsträger der GDA Gefahrstoff-Check entwickelt.

Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) – Ziel und Arbeitsprogramme

Träger der GDA sind Bund, Länder und Unfallversicherungsträger. Gesteuert wird die GDA durch die Nationale Arbeitsschutzkonferenz (NAK), die sich aus Bund, Arbeitsschutzbehörden der Länder und der Spitzenverbände der gesetzlichen Unfallversicherung sowie – in beratender Funktion – aus Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammensetzt.

In der GDA verpflichten sich Bund, Länder und Unfallversicherungsträger zum gemeinsamen Handeln in der Prävention. Ziel ist es, abgestimmt mit den Sozialpartnern, praktische Verbesserungen für die Beschäftigten im Arbeitsschutz zu erreichen. Die Träger der GDA vereinbaren hierfür vor allem gemeinsame Arbeitsschutzziele, verbesserte Beratungskonzepte und eine abgestimmte Praxis bei der Überwachung.

Umgesetzt werden die gemeinsam entwickelten Arbeitsschutzziele in bundesweiten Arbeitsprogrammen. Das strategische Ziel der 3. GDA-Periode lautet: „Arbeit sicher und gesund gestalten: Prävention mit Hilfe der Gefährdungsbeurteilung. Miteinander und systematisch für

  • gute Arbeitsgestaltung bei Muskel-Skelett-Belastungen,
  • gute Arbeitsgestaltung bei psychischen Belastungen,
  • einen sicheren Umgang mit krebserzeugenden Gefahrstoffen.“

In einem Zeitraum von fünf Jahren werden unter Federführung der Träger der GDA abgestimmte Aktionsschwerpunkte zur Zielerreichung durchgeführt.

Diese Arbeitsprogramme wenden sich an die Betriebe und unterstützen demnach Unternehmerinnen und Unternehmer, Führungskräfte, Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Betriebsärztinnen und Betriebsärzte, betriebliche Interessenvertretungen, Beschäftigte und weitere betriebliche Arbeitsschutzfachleute bei der konkreten Ausgestaltung des Arbeitsschutzes. In der 3. GDA-Periode sollen vor allem kleine und mittlere Unternehmen in den Fokus genommen werden und von den Arbeitsprogrammen profitieren. Auch die Arbeitswissenschaft und andere Fachrichtungen sowie Fachverbände, Innungen und Kammern werden angesprochen.

Dem Aufsichtspersonal der Arbeitsschutzbehörden der Länder sowie der Unfallversicherungsträger (Berufsgenossenschaften, Unfallkassen und Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau) kommt bei der Umsetzung der Arbeitsprogramme in den Betrieben eine zentrale Bedeutung zu.

Exposition durch krebserzeugende Metalle im Schweißrauch | © industrieblick – stock.adobe.com
Exposition durch krebserzeugende Metalle im Schweißrauch ©industrieblick – stock.adobe.com

Das Arbeitsprogramm „Gute Arbeitsgestaltung bei Muskel-Skelett-Belastungen“

Arbeitsbedingte Muskel-Skelett-Belastungen (MSB) treten nach wie vor sehr häufig auf. Mit diesem Arbeitsprogramm sollen Erkrankungen und Belastungen des Muskel-Skelett-Systems bei den Beschäftigten verringert werden. Geplant ist zum Beispiel, tätigkeitsbezogene Informationen zu typischen Muskel-Skelett-Belastungen bereitzustellen.

Führungskräfte sollen darin gestärkt werden, nicht nur eine angemessene Verhältnisprävention zu etablieren, sondern auch das Verhalten der Beschäftigten bei der täglichen Arbeit so zu beeinflussen, dass Maßnahmen der Verhältnisprävention im Betrieb angenommen und auch gelebt werden.

Weitere geplante Maßnahmen sind die Erarbeitung eines Fachdatenbogens und einer Handlungsanleitung für die Schulung des Aufsichtspersonals.

Die GDA-Träger wollen in dieser GDA-Periode eine systematische Erhöhung der Umsetzung von Gefährdungsbeurteilungen im Hinblick auf krebserzeugende Gefahrstoffe erreichen.

Das Arbeitsprogramm „Gute Arbeitsgestaltung bei psychischen Belastungen“

Die GDA-Träger wollen in dieser GDA-Periode eine systematische Erhöhung der Umsetzung von Gefährdungsbeurteilungen im Hinblick auf psychische Belastungen erreichen. Im Fokus steht dabei die Arbeitsgestaltung unter dem Titel „Miteinander und systematisch für gute Arbeitsgestaltung bei psychischer Belastung – Faktoren erkennen, Potenziale nutzen". Es soll darauf hingewirkt werden, dass Betriebe ihrer gesetzlichen Verpflichtung, eine Gefährdungsbeurteilung zur psychischen Belastung zu erstellen, nachkommen. Mithilfe der Gefährdungsbeurteilung sollen Gefährdungen erkannt und geeignete Maßnahmen veranlasst werden.

Exposition durch krebserzeugende Hartholzstäube bei der Holzbearbeitung | © ANNA BERDNIK – stock.adobe.com
Exposition durch krebserzeugende Hartholzstäube bei der Holzbearbeitung ©ANNA BERDNIK – stock.adobe.com

Das Arbeitsprogramm „Sicherer Umgang mit krebserzeugenden Gefahrstoffen“

Die berufsbedingte Krebserkrankung ist die arbeitsbedingte Todesursache Nummer eins in Deutschland. Jährlich sterben mehr als 1.500 Menschen an den Folgen einer berufsbedingten Krebserkrankung, wobei die Expositionen gegenüber diesen Stoffen Jahre und Jahrzehnte zurückliegen. Krebserzeugende Gefahrstoffe am Arbeitsplatz stellen trotz ständiger Fortschritte im Bereich des Arbeitsschutzes noch heute ein Gefährdungsrisiko für Beschäftigte dar.[1] So besteht beim Schweißen beispielsweise eine erhöhte Gefährdung durch Exposition gegenüber chrom(VI)oxid- und nickeloxidhaltigen Schweißrauchen, beim Schreinern gegenüber krebserzeugenden Buchen- und Eichenholzstäuben, in der Kraftfahrzeuginstandsetzung gegenüber Benzol und in der Gebäudesanierung gegenüber Asbest.

Mit dem Arbeitsprogramm „Sicherer Umgang mit krebserzeugenden Gefahrstoffen“ wollen die Träger der GDA ein starkes Zeichen gegen berufsbedingte Krebserkrankungen setzen und die Beschäftigten nachhaltig vor krebserzeugenden Gefahrstoffen am Arbeitsplatz schützen. Das Ziel dieses Arbeitsprogramms ist es, solche Gefährdungen zu minimieren und möglichst zu verhindern. Dabei ist es besonders wichtig, betriebliche Zielgruppen einzubeziehen, um sie für den Umgang mit krebserzeugenden Gefahrstoffen zu sensibilisieren.

Betriebe, in denen Beschäftigte krebserzeugenden Gefahrstoffen ausgesetzt sind oder Tätigkeiten mit diesen ausüben, werden von den Aufsichtsdiensten der Länder und der Unfallversicherungsträger besichtigt. Hierfür werden Handlungsanleitungen für die Aufsichtsbeamtinnen und Aufsichtsbeamten der Länder und für die Aufsichtspersonen der Unfallversicherungsträger zur Verfügung gestellt, um ein abgestimmtes Handeln zu gewährleisten.

Ein wesentliches Instrument wird der sogenannte Fachdatenbogen „Sicherer Umgang mit krebserzeugenden Gefahrstoffen“ darstellen. Damit wird das Aufsichtspersonal eine systematische Bestandsaufnahme in den Betrieben vornehmen. So erfolgt eine konkrete Nachfrage, mit welchen krebserzeugenden Gefahrstoffen Tätigkeiten durchgeführt werden. Neben den schon genannten krebserzeugenden Gefahrstoffen liegt der Fokus beispielsweise auf quarzhaltigem Staub, Benzo(a)pyren, Formaldehyd oder Cobalt. Aufgrund der Vielzahl der an Arbeitsplätzen verwendeten krebserzeugenden Gefahrstoffe – nach einer Erhebung des Länderausschusses für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) sind derzeit mehr als 60 Einzelstoffe als krebserzeugend in die Kategorien 1A und 1B der CLP-Verordnung[2] eingestuft[3] – ist es aus Praktikabilitätsgründen erforderlich, dass sich das Arbeitsprogramm auf eine Auswahl von zwölf besonders verbreiteten oder bedeutsamen konzentriert.

Das Arbeitsprogramm „Organisation“ der 2. GDA-Periode hat aufgezeigt, dass der Anteil der Betriebe, die den gesetzlichen Anforderungen des Arbeitsschutzes in vollem Umfang gerecht werden, noch nicht als ausreichend zu bewerten ist. Auch mehr als 20 Jahre nach der gesetzlichen Verpflichtung zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung verfügt lediglich rund die Hälfte aller Betriebe in Deutschland über eine Gefährdungsbeurteilung.[4] Ein Aufgreifen des Thema ist auch zukünftig erforderlich. Es wird daher im Fachdatenbogen nachgefragt, ob die Betriebe ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachgekommen sind. Dies betrifft das Führen eines Gefahrstoffverzeichnisses und des Expositionsverzeichnisses, die Durchführung einer arbeitsmedizinischen Vorsorge, das Unterweisen der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen wie auch die Einhaltung von Grenzwerten.

Um insbesondere kleine und mittlere Betriebe für diese Themen zu sensibilisieren und über die Selbsteinschätzung an die einzelnen Anforderungen der Gefährdungsbeurteilung in unterschiedlicher Detailtiefe schrittweise heranzuführen, ist die Erstellung und Anwendung eines GDA Gefahrstoff-Checks ein weiteres Element des Arbeitsprogramms „Sicherer Umgang mit krebserzeugenden Gefahrstoffen“. Beispielsweise kann über die Verknüpfung einer Frage des Fachdatenbogens mit einer Frage des GDA Gefahrstoff-Checks eine direkte Verbindung hergestellt werden, um dieses Werkzeug bei einer Besichtigung einzuführen und bekannt zu machen.

Der GDA Gefahrstoff-Check

Dieser Check ist ein von Bund, Ländern, Unfallversicherungsträgern und Sozialpartnern im Rahmen der GDA bereitgestelltes Werkzeug und wurde unter der Federführung der Unfallversicherungsträger erarbeitet.

Mit dem GDA Gefahrstoff-Check wird ein niederschwelliges Angebot an alle Beteiligten im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz eines Unternehmens bereitgestellt, um die Gefährdungen für die Beschäftigten durch krebserzeugende Gefahrstoffe am Arbeitsplatz vorausschauend und effektiv zu erkennen, wirkungsvolle Maßnahmen zu treffen und um die Beschäftigten nachhaltig vor krebserzeugenden Gefahrstoffen zu schützen. Dies erfolgt, indem der Check hilft zu erkennen, welche der folgenden Schritte der Gefährdungsbeurteilung bereits umgesetzt sind:

  • Bekanntheit der Gefahrstoffe, die im Betrieb verwendet, hergestellt oder bei Tätigkeiten entstehen oder freigesetzt werden
  • Erfassung von (krebserzeugenden) Gefahrstoffen und Gemischen in einem Gefahrstoffverzeichnis und Substitutionsprüfung
  • Wissen über Expositionen gegenüber Gefahrstoffen in der Atemluft oder über Hautkontakt
  • Festlegung von Schutzmaßnahmen
  • Verpflichtung der Information der Beschäftigten sowie Einbindung und Mitwirkung deren Vertretungen zu bestimmten Fragen
  • Durchführung von Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen der Kategorie 1A und 1B nur von Personen, die fachkundig und besonders unterwiesen sind
  • Dokumentation der Ergebnisse sowie Auswahl und Überprüfung der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen
  • Minimierung der Gefährdung oder frühzeitige Erkennung von Berufskrankheiten durch arbeitsmedizinische Vorsorge während und nach Ende der Tätigkeit
  • Führung eines personenbezogenen Expositionsverzeichnisses, wenn Beschäftigte krebserzeugenden Gefahrstoffen der Kategorie 1A oder 1B in gefährdendem Maße ausgesetzt sind

Aufbau des GDA Gefahrstoff-Checks

Der Check besteht aus insgesamt neun Bausteinen mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten, die jeweils drei bis fünf Fragen enthalten. Die Schwerpunkte der Bausteine sind:

  • Betroffenheit
  • Informationsermittlung Gefahren
  • Informationsermittlung Exposition (qualitativ)
  • Informationsermittlung Exposition (quantitativ)
  • Maßnahmen
  • Unterweisung
  • Arbeitsmedizinische Vorsorge und sicherheitstechnische Betreuung
  • Expositionsverzeichnis
  • Dokumentation

Jeder dieser Bausteine des Checks startet unmittelbar mit einer übergeordneten, allgemein formulierten Frage zu dem jeweiligen Thema, sodass die bearbeitende Person direkt einen Einstieg findet. Im Baustein „Betroffenheit“ erfolgt der Einstieg zum Beispiel über:

„WISSEN SIE, OB ES IN IHREM BETRIEB KREBSERZEUGENDE GEFAHRSTOFFE GIBT UND OB EINE GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNG DURCHGEFÜHRT WURDE?“

Die weiteren Fragen des GDA Gefahrstoff-Checks können anhand eines Ampelmodells beantwortet werden, wodurch die Selbsteinschätzung der einzelnen Punkte ermöglicht wird (siehe Grafik 1).

Der GDA Gefahrstoff-Check wird auf unterschiedlichen Wegen zur Verfügung stehen: zum einen als Printversion, die die Fragen, kurze Informationen und ein Glossar mit allen notwendigen Begriffserklärungen enthält, zum anderen als Web- und mobile Version.

Bei den elektronischen Versionen werden zusätzliche Inhalte zu jeder einzelnen Frage bereitgestellt: eine weiterführende Erläuterung unter der Rubrik „Was ist damit gemeint?“ und Handlungsvorschläge unter „Was ist zu tun?“. Zusätzlich gibt es die Rubriken „Weitere Informationen“ und „Praxishilfen“, in denen vertiefende oder themenverwandte Informationen, nützliche Verlinkungen, praxisbezogene Arbeitshilfen, Mustervorlagen und Ähnliches zu finden sind, sowie die Rubrik „Rechtliche Grundlagen“, in der auf die entsprechenden Rechtstexte, Technischen Regeln und Verordnungen verwiesen wird. Je nachdem, wie die Fragen beantwortet wurden, wird darüber hinaus am Ende des Checks eine Ergebnisausgabe generiert, in der die noch nicht erfüllten Anforderungen zusammengetragen sind.

Mit dem Arbeitsprogramm „Sicherer Umgang mit krebserzeugenden Gefahrstoffen“ wollen die Träger der GDA ein starkes Zeichen gegen berufsbedingte Krebserkrankungen setzen.

Ausschnitt aus der im Aufbau befindlichen Webversion des GDA Gefahrstoff-Checks

Ausblick

Vor Beginn der operativen Phase der 3. GDA-Periode werden alle Instrumente im Rahmen einer Pilotierung in den Betrieben erprobt.

Da der GDA Gefahrstoff-Check modular aufgebaut ist, wird es in Zukunft möglich sein, jeden einzelnen Baustein zu verändern oder auch weitere Bausteine hinzuzufügen. Somit wäre es auch möglich, eine Ausweitung auf weitere Gefahrstoffe durchzuführen und das Instrument nicht auf krebserzeugende Gefahrstoffe zu begrenzen.