Gefahrstoffe bei schweißtechnischen Arbeiten
In der Metallbearbeitung werden umfänglich schweißtechnische Arbeiten vorgenommen. Dieser Artikel befasst sich mit den auftretenden Gefahrstoffen und stellt die neugefasste TRGS 528 vor, in der die Anforderungen der Gefahrstoffverordnung konkretisiert werden.
Hintergrund und Einführung in die Thematik
Das Schweißen und die damit verwandten Verfahren wie thermisches Schneiden und thermisches Spritzen sowie Löten umfassen eine große Anzahl von Technologien und Anwendungen. Gemeinsam ist diesen Verfahren ein von außen zugeführter Energieeintrag, der den Grundwerkstoff und/oder den Zusatzwerkstoff aufschmilzt. Als Werkstoffe werden überwiegend Metalle, vor allem Stähle, aber auch Nickelbasis-Werkstoffe und Nichteisen-Metalle wie Aluminiumlegierungen, Messing, Bronzen und andere kupferbasierte Legierungen (zum Beispiel in Löt-Zusatzwerkstoffen) bearbeitet beziehungsweise eingesetzt.
Neue Technologien umfassen insbesondere additive Fertigungsverfahren von metallischen Werkstoffen („3-D-Druck“), wobei häufig Laser eingesetzt werden. Bereits aus dieser kurzen Übersicht wird deutlich, dass eine Gefährdungsbeurteilung differenziert abgeleitet werden muss und Betriebe hier eine Hilfestellung benötigen.
Gesundheitsgefährdungen gegenüber Gefahrstoffen
Im Hinblick auf die Exposition gegenüber Gefahrstoffen bei schweißtechnischen Arbeiten an Metallen steht bei allen Arbeiten mit der Flamme (Autogenverfahren, Brennschneiden und Flammwärmen/-richten) zunächst die Exposition gegenüber Stickstoffoxiden im Vordergrund, die starke Reizgase darstellen und bis zu einem lebensbedrohlichen toxischen Lungenödem führen können. Bei allen Metallschutzgasverfahren (Metallaktivgas- und Metallinertgasschweißen/MAG, MIG) sowie beim Lichtbogenhandschweißen (LBH) mit umhüllten Stabelektroden entstehen erhebliche Partikelemissionen, die fast ausschließlich aus den verwendeten Zusatzwerkstoffen (zum Beispiel Elektroden) stammen und nahezu vollständig der alveolengängigen Staubfraktion angehören. Insbesondere bei Lichtbogenschweißarbeiten an Aluminiumwerkstoffen sowie beim Schweißen mit dem Wolfram-Inertgas-Verfahren (WIG) an Aluminiumwerkstoffen und anderen gut reflektierenden Oberflächen wie zum Beispiel Edelstählen tritt eine bedeutsame Ozonbildung auf.
Bei allen thermischen Schneid- und Spritzverfahren ergeben sich hohe Partikelemissionen. Die zum Teil hohen Schweißrauchkonzentrationen an entsprechenden Arbeitsplätzen können zu chronischer Bronchitis und obstruktiven Atemwegserkrankungen mit Anerkennung einer BK 4302 führen. Darüber hinaus können Schweißrauche spezifische Inhaltstoffe enthalten, die zum Beispiel toxisch oder krebserzeugend sein können. Hinzuweisen ist insbesondere auf Chromate (Cr(VI)-Verbindungen), die in vergleichsweise hohen Anteilen vor allem im Schweißrauch von hochlegierten, chromhaltigen umhüllten Stabelektroden oder von Fülldrähten enthalten sind. Bei schweißtechnischen Arbeiten an nickelhaltigen Werkstoffen beziehungsweise mit nickelhaltigen Zusatzwerkstoffen sind im Schweißrauch nickeloxidische Verbindungen enthalten, die ebenfalls als kanzerogen eingestuft sind. Unter den diesbezüglichen BK-Nummern 1103 und 4109 stellen Schweißer und Schweißerinnen sowie Brennschneiderinnen und Brennschneider einen vergleichsweise hohen Anteil anerkannter Erkrankungen (in der Regel Lungenkarzinome) dar.
Die neue TRGS 528 „Schweißtechnische Arbeiten“
Bei schweißtechnischen Arbeiten werden Gefahrstoffe ein- und freigesetzt. Damit gilt für diese Arbeiten die Gefahrstoffverordnung. Die Anforderungen der Gefahrstoffverordnung werden in der TRGS 528 „Schweißtechnische Arbeiten“ konkretisiert. Die bisher gültige TRGS 528 Ausgabe Februar 2009 musste dringend überarbeitet werden, insbesondere wegen neuer oder abgesenkter Grenzwerte, die für schweißtechnische Arbeiten relevant sind (zum Beispiel Chrom(VI)-Verbindungen, Nickeloxide, anorganische Manganverbindungen). Die neugefasste TRGS 528 ist strukturiert in Anwendungsbereich, Begriffsbestimmungen, Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung, Schutzmaßnahmen, Wirksamkeitsüberprüfung, arbeitsmedizinische Vorsorge, Betriebsanweisung und Unterweisung sowie insgesamt sieben Anhänge.
Anwendungsbereich
Die TRGS 528 gilt wie bisher für Schweißen, thermisches Schneiden und Ausfugen, thermisches Spritzen, alle Lötverfahren, Flammwärmen und Flammrichten. Neu hinzugekommen ist die additive Fertigung mit Metallen. Wie bisher sind auch Nebenarbeiten wie zum Beispiel das Anschleifen der Elektroden oder das Bearbeiten der Schweißnähte im Geltungsbereich dieser TRGS. Nicht im Geltungsbereich dieser TRGS ist der Bereich der Lagerung von Prozessgasen, hier gilt die TRGS 510.
Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung
Im Kapitel „Informationsermittlung“ wird ausführlich beschrieben, welche Gefahrstoffe bei den betreffenden Verfahren auftreten, also beim Schweißen, Schneiden und Ausfugen, Spritzen, Flammrichten, Löten sowie bei der additiven Fertigung mit Metallen.
Das Kapitel „Gefährdungsbeurteilung“ untergliedert sich in die werkstoff-, verfahrens- sowie arbeitsplatz- und tätigkeitsspezifischen Faktoren, die bei der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen sind. Die einzelnen Faktoren sind dann in einer Zusammenschau zu einer Gefährdungsbeurteilung zusammenzufassen. Bei den „werkstoffspezifischen Faktoren“ geht es um die entstehenden Gefahrstoffe mit ihren gesundheitsschädlichen Wirkungen. Die bei schweißtechnischen Arbeiten auftretenden Gefahrstoffe werden hier nach ihren gesundheitsschädlichen Wirkungen beschrieben und eingeteilt. Einen wichtigen „verfahrensspezifischen Faktor“ stellt die Emissionsrate des jeweiligen Verfahrens dar. In einer Tabelle werden die typischen Emissionsraten (mg/s) der verschiedenen Verfahren beschrieben. Je höher die Emissionsrate, desto mehr Schweißrauche setzt das Verfahren frei. Aus sicherheitstechnischer Sicht sollte die Emissionsrate möglichst niedrig sein. In Hinblick auf die Substitutionsprüfung sollten möglichst Verfahren mit geringer Emissionsrate ausgewählt werden, die erforderlichen Schutzmaßnahmen steigen mit der Emissionsrate. Ein wichtiger „arbeitsplatz- und tätigkeitsspezifischer Faktor“ sind die räumlichen Verhältnisse. Bei Arbeiten in engen Räumen ist in der Regel von einer sehr hohen Exposition auszugehen. Das Gleiche gilt für das Arbeiten in Zwangshaltung, das heißt, wenn sich der Schweißer in die Schweißrauchfahne hineinbeugen muss. Ein weiterer wichtiger arbeitsplatz- und tätigkeitsspezifischer Faktor ist die Lichtbogenbrennzeit. Je länger die Lichtbogenbrennzeit, desto höher wird die Exposition am Arbeitsplatz. Auch die Lüftungssituation an der jeweiligen Schweißstelle spielt eine wichtige Rolle. An Stellen, wo der Absaugschlauch nicht mehr nachgeführt werden kann, liegt dann ebenfalls eine sehr hohe Exposition vor. Neben den Gesundheitsgefahren durch Schweißrauche sind im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung auch die Brand- und Explosionsgefahren durch die eingesetzten Schweiß- und Formiergase zu berücksichtigen. Hier gibt die TRGS 528 eine Reihe von Hinweisen.
Schutzmaßnahmen – Substitution
An erster Stelle der Schutzmaßnahmen steht die Substitution. Die TRGS 528 gibt hier vor zu prüfen, ob auf schweißtechnische Arbeiten verzichtet werden kann, zum Beispiel indem man emissionsfreie Verfahren wie Clinchen, Pressen, Nieten oder Schrauben verwendet oder die Fertigungsverfahren in geschlossenen Systemen, wie zum Beispiel automatisiertes Schweißen in Schweißkabinen, durchführt. Wenn diese Substitution nicht möglich ist, steht an zweiter Stelle die Anwendung von Verfahren mit geringer Gefahrstofffreisetzung. Ein Beispiel ist hier das Wolfram-Inertgas-Schweißen (WIG). Mit einer Optimierung der Schweißparameter, zum Beispiel durch eine Wellenformsteuerung beim Lichtbogenschweißen, also beim MIG- und MAG-Schweißen, kann eine erhebliche Verringerung der Expositionen erreicht werden.
Schutzmaßnahmen – lüftungstechnische und bauliche Maßnahmen
Die lüftungstechnischen und baulichen Maßnahmen verfolgen das Schutzziel, dass der Schutz des Schweißers und der sonstigen Beschäftigten gewährleistet ist und eine Ausbreitung der Schweißrauche und -gase aus dem Arbeitsbereich vermieden wird, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich ist. Für den Schutz des Schweißers ist konkret eine geeignete Absaugung im Entstehungsbereich einzurichten. Der Schutz der anderen Beschäftigten soll durch Verhinderung der Ausbreitung der Schweißrauche und –gase vorrangig durch bauliche Maßnahmen gewährleistet werden. Wenn die baulichen Maßnahmen nicht möglich oder ausreichend sind, kann als technische Maßnahme in Abhängigkeit von den Randbedingungen für die anderen Beschäftigten eine technische Raumlüftung erforderlich sein, die für die Problemstellung ausgelegt ist.
Schutzmaßnahmen – Handschweißen
Beim Handschweißen muss an der Entstehungsstelle abgesaugt werden. Technische Lösungen sind hier zum Beispiel eine brennerintegrierte Absaugung oder eine Absauganlage mit Absaugarm und Absaugflansch. Welche dieser Schutzmaßnahmen die beste technische Lösung darstellt, muss im Einzelfall entschieden werden. Die TRGS 528 gibt hierzu eine Fülle an Informationen und Hilfestellungen.
Schutzmaßnahmen – Luftrückführung
Ein wichtiges Thema ist die Luftrückführung der abgesaugten und gereinigten Luft. Geeignete Schweißrauchabsauggeräte erfüllen die Anforderungen der Norm DIN EN ISO 15012-4. Bei Emission von krebserzeugenden Stoffen der Kategorien 1A oder 1B müssen geeignete Schweißrauchabsauggeräte zusätzlich der Schweißrauchabscheideklasse W3 nach DIN EN ISO 15012-1 entsprechen.
Schutzmaßnahmen – vollmechanisiertes und automatisiertes Schweißen
Bei vollmechanisierten und automatisierten Schweißverfahren kann in der Regel in vollständig eingehausten Roboterzellen oder zumindest mit halboffenen Erfassungssystemen gearbeitet werden.
Schutzmaßnahmen – organisatorische Maßnahmen
Eine wichtige organisatorische Maßnahme ist die Minimierung der Anzahl der exponierten Beschäftigten und der Expositionsdauer. Entsprechende individuelle Regelungen zur maximalen Expositionszeit können eine unterstützende Maßnahme sein, um die Grenzwerte einzuhalten. Außerdem spielt das Thema Ergonomie beim Handschweißen eine große Rolle. Die Werkstoffe sind möglichst so zu positionieren, dass sich der die schweißende Person nicht in die Schweißrauchfahne hineinbeugen muss. Weitere wichtige organisatorische Maßnahmen sind die regelmäßige Reinigung der Arbeitsbereiche mit geeigneten Reinigungsgeräten (geprüfte Industriestaubsauger) und die Durchführung der Arbeiten mit hoher Exposition möglichst am Ende der täglichen Arbeitszeit.
Schutzmaßnahmen – Atemschutz
Wenn die vorgenannten Schutzmaßnahmen nicht ausreichen, muss geeigneter Atemschutz bereitgestellt und getragen werden. Diese Forderung gilt sowohl für Schweißer und Schweißerinnen als auch für alle anderen Beschäftigten im Gefahrenbereich. Die TRGS 528 empfiehlt hier bei Schweißrauchen ohne krebserzeugende Inhaltsstoffe die Verwendung von gebläseunterstützten Schweißerhelmen mit Filter der Klasse TH2P, bei Schweißrauchen mit krebserzeugenden Inhaltsstoffen Filter der Klasse TH3P. Diese erhöhen den Atemwiderstand nicht und können damit in der Regel ohne zeitliche Begrenzung getragen werden. Weitere Lösungen sind fremdbelüftete Schweißerhelme, Viertel-, Halb- oder Vollmasken mit P2- oder P3-Filter oder bei kurzen Einsatzzeiten auch Atemschutzmasken FFP2 oder FFP3.
Schutzmaßnahmen – Wirksamkeitsüberprüfung
Die Wirksamkeitsüberprüfung der getroffenen Maßnahmen muss vor Inbetriebnahme, nach wesentlichen Änderungen und in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden. Hier geht es darum zu prüfen, ob relevante Grenzwerte eingehalten werden. Die Wirksamkeitsüberprüfung kann anhand von Expositionsmessungen durchgeführt werden. Die TRGS 528 enthält eine ganze Reihe von Hilfestellungen zur Durchführung von Messungen. Unter bestimmten Randbedingungen, die in der TRGS benannt werden, sind anstelle von wiederkehrenden Messungen auch einfache Methoden der Wirksamkeitsüberprüfung möglich, zum Beispiel die Überprüfung der lufttechnischen Parameter.
Arbeitsmedizinische Prävention
Zur arbeitsmedizinischen Prävention gehören die Beteiligung des Betriebsarztes oder der Betriebsärztin an der Gefährdungsbeurteilung, die Beteiligung des Arztes oder der Ärztin, der oder die für die arbeitsmedizinische Vorsorge zuständig ist, an der arbeitsmedizinisch-toxikologischen Beratung sowie die arbeitsmedizinische Vorsorge. Der Schwerpunkt der Beteiligung der Betriebsärztin oder des Betriebsarztes an der Gefährdungsbeurteilung liegt in der Einbringung des arbeitsmedizinischen Sachverstandes bei der Beurteilung der Stoffeigenschaften und Stoffwirkungen. Die TRGS 528 geht hier konkret auf Einzelheiten ein. Der inhaltliche Schwerpunkt der ärztlichen Beteiligung an der arbeitsmedizinisch-toxikologischen Beratung liegt in der Information über Aufnahmewege, Hauptkomponenten der Schweißrauche, Krankheitsbilder und präventive Maßnahmen wie zum Beispiel arbeitsmedizinische Vorsorge.
Die arbeitsmedizinische Vorsorge umfasst Pflichtvorsorge, Angebotsvorsorge und nachgehende Vorsorge. Die TRGS 528 beschreibt konkret, in welchen Fällen bei schweißtechnischen Arbeiten eine arbeitsmedizinische Vorsorge anzubieten, eine Pflichtvorsorge durchzuführen und nach Beendigung der Tätigkeiten eine nachgehende Vorsorge einzuleiten ist.
Anhänge
Die TRGS 528 enthält insgesamt sieben Anhänge. „Anhang 1“ enthält ein umfangreiches Glossar mit einschlägigen Fachbegriffen aus der Schweißtechnik. Der neue „Anhang 2“ umfasst Entscheidungshilfen für die Auswahl von Schutzmaßnahmen, Kernstück ist hier ein entsprechendes Fließdiagramm. Außerdem finden sich in der „Anhang 2“ Hinweise, wann welche Absaugung beim Handschweißen verwendet werden soll. Der neue „Anhang 3“ umfasst spezifische Informationen zu den Sparten Schiffbau, Automobilbau, Anlagen-, Behälter- und Rohrleitungsbau, Stahlbau, Metallbau, handwerklicher Nutzfahrzeugbau mit Instandsetzung sowie die additive Fertigung mit Metallen. „Anhang 4“ bietet Hinweise für Messungen, also Angaben zur Messstrategie und zu den repräsentativen Messgrößen. „Anhang 5“ enthält Musterbetriebsanweisungen, „Anhang 6“ ein Muster des Rauchdatenblatts nach DIN EN ISO 15011-4 und „Anhang 7“ die verwendete Literatur.
Literatur
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), TRGS 528 "Schweißtechnische Arbeiten" (Ausgabe Februar 2020), GMBl 2020 S. 236–276 (Nr. 12-13)