Das Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der DGUV (IPA): Forschung für Sicherheit und Gesundheit
Das IPA ist das international anerkannte arbeitsmedizinische Forschungsinstitut der Unfallversicherungsträger und unterstützt diese bei der Erfüllung ihrer Aufgaben. In den vergangenen 20 Jahren hat sich das Aufgabenspektrum des Instituts kontinuierlich am Bedarf der Unfallversicherungsträger erweitert.
Aufgaben und strategische Ausrichtung des IPA
Aufgabe des IPA ist es, Berufskrankheiten, arbeitsbedingte Erkrankungen und deren Ursachen zu erforschen sowie die Entwicklung von Verfahren zu deren Prävention und zur Diagnose auf Basis medizinischer Wissenschaft voranzutreiben. Damit unterstützt das IPA die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, die Berufsgenossenschaften und die Unfallkassen, bei der Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags zur Forschung nach Sozialgesetzbuch (SGB) VII.
Die zentralen Schwerpunkte Forschung, Beratung, Analytik und Qualifizierung sind am unmittelbaren Bedarf der Unfallversicherungsträger ausgerichtet und entsprechend anwendungsorientiert und praxisnah.
Das IPA an seinem Standort Bochum bearbeitet diese Schwerpunkte in fünf Kompetenz-Zentren gegliedert: Medizin, Toxikologie, Allergologie/Immunologie, Molekulare Medizin und Epidemiologie, die sich wechselseitig ergänzen und interdisziplinär eng zusammenarbeiten. Insgesamt sind am IPA rund 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig. Lösungsorientiert greifen sie im kontinuierlichen Dialog mit den Unfallversicherungsträgern Fragestellungen in den Bereichen Prävention und Berufskrankheiten aus der betrieblichen Praxis, den Schulen sowie weiteren Bildungseinrichtungen auf.
Bedarfsgerechte Beratung
Die bedarfsgerechte Beratung der Unfallversicherungsträger auf Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse ist eine wesentliche Aufgabe des IPA. Im breiten Spektrum der Beauftragung des IPA durch die Unfallversicherungsträger stehen die medizinischen Fragestellungen zur Prävention und zu Berufskrankheiten im besonderen Fokus. Dabei werden im direkten Austausch mit den Unfallversicherungsträgern sowohl konkrete als auch übergreifende Fragestellungen bearbeitet. Darüber hinaus ist das IPA maßgeblich bei der Beantwortung von branchenübergreifenden Beratungsanfragen der Unfallversicherungsträger an die DGUV beteiligt. Schwerpunkte sind aktuelle Fragestellungen zu Erkrankungen und gesundheitlichen Gefährdungen durch chemische und biologische Gefahrstoffe (Entzündungen, Krebserkrankungen, Allergien, Kombinationswirkungen), durch physikalische Einwirkungen wie UV-Licht und künstliches UV-Licht (Hautkrebs), durch Partikel und Fasern, durch Gerüche, durch Schichtarbeit mit Störungen des biologischen Tagesrhythmus und gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch besondere Arbeitsformen und psychomentale Belastungen. Mit den beiden Schwesterinstituten, dem Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA) und dem Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV (IAG), stimmt sich das IPA bei Beratung von überschneidenden Themenschwerpunkten ab.
Die aktuellen Herausforderungen an die Unfallversicherungsträger in der Corona-Pandemie führen zu einer Intensivierung der medizinischen Beratung, insbesondere zu den Themen Masken, Impfen, Testen und Vorsorge. Hervorzuheben sind dabei umfassende wissenschaftliche Literaturbewertungen, zum Beispiel zur generellen Wirksamkeit von Gesichtsmasken bei der Verhinderung von Atemwegsinfektionen, sowie Literaturrecherchen beispielsweise zur Epidemiologie von SARS-CoV-2 in Schulen und Bildungseinrichtungen.
Die enge Zusammenarbeit mit den Unfallversicherungsträgern gewährleistet, dass im System der gesetzlichen Unfallversicherung (UV) qualitätsgesicherte Erkenntnisse für die Praxis schnell, effektiv und effizient zur Verfügung gestellt werden. Das in den vergangenen 20 Jahren aufgebaute und etablierte Netzwerk mit den Unfallversicherungsträgern und den anderen national und international in der Wissenschaft und im Arbeitsschutz tätigen Akteurinnen, Akteuren und Forschungseinrichtungen ist für eine optimale Beratung unabdingbar.
Diese gemeinsame Arbeit des etablierten Netzwerks ist heute nachhaltiger als je zuvor geprägt von einer zunehmenden Komplexität am Arbeitsplatz, in den Schulen und den weiteren Bildungseinrichtungen. Gleichzeitig entstehen zusätzliche Herausforderungen und Chancen durch die in Wissenschaft und Forschung herrschende Dynamik.
Gremienarbeit wichtig für die Umsetzung von Forschungserkenntnissen in die Praxis
Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt ist das Einbringen der Expertise des IPA in die entscheidungsrelevanten Arbeitsschutzgremien (aktuell auch in die SARS-CoV-2-Arbeitskreise), um hier die Anliegen der UV wissenschaftlich zu vertreten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des IPA sind aufgrund ihrer wissenschaftlichen Reputation sehr gut in den für die UV relevanten Arbeitsschutzgremien vertreten. Dadurch ist gewährleistet, dass die Ergebnisse und Erkenntnisse aus der Forschung des IPA nachhaltig über regulatorische Prozesse in die Praxis umgesetzt werden. Dies erfolgt in den zahlreichen Gremien der gesetzlichen Unfallversicherung, aber auch in Gremien des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS), des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).
Zu umfangreichen Berufskrankheiten-Fragestellungen berät das IPA die Unfallversicherungsträger konkret, aber auch übergreifend und gibt ergänzend eine Vielzahl gutachterlicher Stellungnahmen ab.
Im Ergebnis ist die umfassende Beratung zu den dargestellten Gefährdungen durch ihre rasche Umsetzbarkeit und unmittelbare Verfügbarkeit innerhalb des Netzwerks ein wesentlicher Bestandteil in der internen Beratungsstrategie der UV. Denn: Qualifizierte wissenschaftliche Beratung führt letztendlich zur Vermeidung erheblicher krankheitsbedingter Therapiekosten.
Praxisorientierte Forschung
Um den gesetzlichen Auftrag der Unfallversicherungsträger erfüllen zu können, ist eine eigene Forschung mit qualifizierter Expertise für alle medizinisch-wissenschaftlichen Belange unter dem Dach der DGUV unverzichtbar und dementsprechend im IPA effizient implementiert.
Forschungsschwerpunkte sind unter anderem die Epidemiologie beruflich bedingter Erkrankungen, experimentelle Humanstudien sowie das Human-Biomonitoring, die Entwicklung von Biomarkern zur Krebsfrüherkennung, die Allergiediagnostik und die Berufsdermatologie. Das Expositionslabor für experimentelle Humanstudien ist eine spezifische Ergänzung zu epidemiologischen Feldstudien in Betrieben. Unter standardisierten Bedingungen werden die Wirkungen gas- und partikelförmiger Expositionen wie Aerosole und Stäube auf den Menschen untersucht, um Erkenntnisse zu Dosis-Wirkungs-Beziehungen für die qualitätsgesicherte Festlegung von Grenzwerten für Gefahrstoffe zu generieren.
Von zentralem Stellenwert ist die institutsübergreifende Biobank mit angeschlossener Datenbank, die eine sichere Lagerung wertvollen Probenmaterials über Jahrzehnte gewährleistet. Diese langfristig gelagerten Proben von exponierten Beschäftigten bilden ein wichtiges Fundament für die Beantwortung zukünftiger Fragestellungen der Unfallversicherungsträger. Das hilft, aufwendige neue epidemiologische Studien zu vermeiden und so erhebliche Kosten einzusparen.
Unter gezielter Ausnutzung von Synergien sind die Forschungsschwerpunkte thematisch deckungsgleich mit den dargestellten umfangreichen Beratungsinhalten. Dem vielfältigen Anforderungsspektrum entsprechend ist auch das Methodenspektrum breit ausgelegt und auf den Bedarf der UV abgestimmt. Moderne arbeitsmedizinische, pneumologische, dermatologische, allergologische und toxikologische Verfahren inklusive Human-Biomonitoring sind am IPA etabliert und werden im Rahmen der Weiterentwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse fortlaufend aktualisiert.
Die Expertise des IPA bewährt sich aktuell auch bei der Bewältigung existenzieller Herausforderungen durch das Coronavirus, wie die Maskenstudie zur Erforschung möglicher gesundheitlicher Beeinträchtigungen, die Erforschung und Umsetzbarkeit coronaspezifischer Sicherheitsstandards und branchenspezifischer Unterschiede psychischer Belastungen sowie die Validierung und Entwicklung von kommerziellen SARS-CoV-2-Antikörpertests. Mit solchen Tests kann die Frage nach der Durchseuchung der Bevölkerung und gegebenenfalls der Schutzdauer vor einer Infektion oder erneuten Infektion nach Impfung oder Vorerkrankung beantwortet werden.
Die vorhandene Expertise unterstützt gleichermaßen die Entwicklung einer effektiven Individualprävention als Konsequenz aus dem Wegfall des Unterlassungszwangs bei bestimmten Berufskrankheiten, bei der weiteren Entwicklung des Berufskrankheitenrechts und bei der Neuordnung der betriebsärztlichen Betreuung.
Die gesamte Forschungstätigkeit des IPA ist durch zwei Besonderheiten geprägt. Erstens ist die Forschungsmethodik langfristig auf die Bedürfnisse der Unfallversicherungsträger ausgerichtet. Die Forschung im IPA baut auf den bisherigen Ergebnissen früherer Studien auf. Neue Fragestellungen der Unfallversicherungsträger zu aktuellen Themen können dementsprechend kosteneffektiv in laufende Projekte integriert und zeitnah beantwortet werden, zum Beispiel in der Biomarker-Forschung zur Krebsfrüherkennung.
Eine zweite Besonderheit der Forschung im IPA im Auftrag der Unfallversicherungsträger ist die Entwicklung, Etablierung, Standardisierung und Validierung von Methoden zur nachhaltigen Diagnostik beruflich bedingter Allergien und Krebserkrankungen. Hier kann das IPA den Versicherten kostengünstige Methoden anbieten, die von kommerziellen Anbietern oder anderen wissenschaftlichen Einrichtungen nicht angeboten werden.
Im Rahmen einer Gesamtstrategie ergänzen sich die Arbeitsschwerpunkte des IPA thematisch und methodisch mit denen der beiden Schwesterinstitute IFA und IAG, was für die Unfallversicherungsträger einen hohen Mehrwert hat. Beispielhaft ist hier die Kooperation der drei Institute zur Erforschung gesundheitlicher Auswirkungen der Schichtarbeit und zur Wirkung von Gerüchen in Innenräumen hervorzuheben. Für die vom IPA durchgeführten epidemiologischen Studien ist die Kooperation mit dem IFA unter Nutzung der wertvollen Expositionsdaten der MEGA-Datenbank von erheblichem Mehrwert. Die Luftanalysen des IFA (Ambient-Monitoring) ermöglichen zusammen mit dem Human-Biomonitoring des IPA eine bessere Charakterisierung der Exposition und gewährleisten dadurch bestmögliche Erkenntnisse zu Expositions-Risiko-Analysen. Die Vernetzung zwischen der Biobank des IPA und der MEGA-Datenbank des IFA ist eine bedeutsame Forschungsressource der UV für zukünftige Fragestellungen aus der Praxis.
Konkrete Dienstleistungen und Qualifizierung
Die Unfallversicherungsträger profitieren vom breiten Spektrum der oftmals nur im IPA vorhandenen qualitativ hochwertigen medizinischen Diagnostik und der spezifischen Analytik zur Erfassung von Gefahrstoffexpositionen in Blut- und Urinproben von Versicherten sowie der Allergenquantifizierung an Arbeitsplätzen und Bildungseinrichtungen.
Die medizinische Poliklinik am IPA stellt die Verbindung zwischen arbeitsmedizinischer Präventionsforschung, ihrer praktischen Anwendung in der Arbeits- und Betriebsmedizin sowie der Aus-, Fort- und Weiterbildung dar. Das Angebot umfasst die medizinische Begutachtung mit breitem wissenschaftlichem Spektrum, die wissenschaftliche Arbeit mit Probandinnen und Probanden, die betriebsmedizinische Betreuung sowie die arbeitsmedizinische Vorsorge. Hierdurch wird die Aus- und Weiterbildungsmöglichkeit von Arbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmedizinern sichergestellt. Die in das IPA integrierte Weiterbildungsakademie für Arbeits-und Betriebsmedizin der Ärztekammer Westfalen-Lippe trägt dazu bei, dem aktuellen Mangel in diesem Bereich entgegenzuwirken. Das IPA wirkt auch bei der Qualifizierung von Technischen Aufsichtspersonen und anderen Fachleuten mit. Die Kooperation mit dem benachbarten BG Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum und der Ruhr-Universität Bochum (RUB) ist von entscheidender Bedeutung für Fragestellungen der Unfallversicherungsträger, die nur im Netzwerk beantwortet werden können. Da das IPA für die universitäre Lehre und Ausbildung im Fach Arbeitsmedizin zuständig ist, gelingt es, exzellenten Nachwuchs für das Institut zu rekrutieren.
Zukunftsorientierte Positionierung
Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz sind ohne medizinische Wissenschaft nicht möglich. Das IPA als unabhängige wissenschaftliche Einrichtung im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung hat in dieser Form ein Alleinstellungsmerkmal. Es füllt die Schnittstelle zwischen arbeitsmedizinischer Forschung, betrieblicher Praxis und der Sicherheit und Gesundheit der Versicherten aus. Die zentralen Schwerpunkte Beratung, Forschung, Dienstleistung/Qualifizierung sind auf den unmittelbaren Bedarf der Unfallversicherungsträger ausgerichtet. Das IPA stellt den Unfallversicherungsträgern qualitätsgesicherte Erkenntnisse für die Praxis schnell, effektiv und effizient zur Verfügung. Eine erhöhte Akzeptanz und Durchsetzungskraft bei der Umsetzung von Anliegen der gesetzlichen Unfallversicherung ergeben sich aus der Einbindung an die Ruhr-Universität Bochum und der hohen wissenschaftlichen Reputation. Aufgrund seiner nachhaltig etablierten Strukturen verfügt es über eine Expertise, mit der auch neue Fragestellungen schnell aufgegriffen werden können. Damit ist das IPA zukunftsorientiert positioniert und leistet einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung des Systems der gesetzlichen Unfallversicherung.