Aus gutem Grund: 100 Jahre Prüfung und Zertifizierung

Im vorigen Jahrhundert hat Prüfung und Zertifizierung einen wesentlichen Beitrag zur Prävention geleistet. Bis heute bewirkt DGUV Test nachhaltige Veränderungen und erarbeitet in Netzwerken mit Fachleuten Antworten auf drängende Fragen rund um Sicherheit und Gesundheit in der Arbeitswelt.

Vor 100 Jahren wurde die damalige Arbeitsgemeinschaft für Unfallverhütung gegründet – eine Einrichtung der gesetzlichen Unfallversicherung, die erstmals Prüfungen als eine wichtige Basis für die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit erachtete. Dafür steht noch heute DGUV Test.

In den berufsgenossenschaftlichen Fachausschüssen wurden die Prüf- und Zertifizierungsstellen 1965 organisiert. Die erste „Bescheinigung über Beurteilung der Arbeitssicherheit“ eines Fachausschusses wurde am 16. Februar 1965 für eine Dachdeckerauflegeleiter durch den Fachausschuss BAU ausgestellt. Seit 1965 hat DGUV Test mehr als 125.000 Zertifikate für Produkte, Personen und Qualitätsmanagementsysteme vergeben. Dadurch wurden Angestellte und Unternehmen vor Gesundheitsgefährdungen und Unfällen geschützt.

DGUV Test steht dabei in vermittelnder Funktion zwischen den theoretischen Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen und dem praktischen Arbeitsalltag. Die Mitarbeitenden der Prüf- und Zertifizierungsstellen kennen die Praxis in den Unternehmen und das Unfallgeschehen ebenso wie die theoretischen Sicherheitsanforderungen und die Erkenntnisse aus Fachkreisen und Forschung. Dieses Wissen nutzen sie, um gezielt Arbeitsmittel, Maschinen oder persönliche Schutzausrüstungen (PSA) sicherer und gesundheitsgerechter zu gestalten. Denn oberstes Ziel ist immer die Prävention.

Die direkte Wirkung der Prüfung und Zertifizierung ist das Aufzeigen von vorhandenen Schwachstellen an Produkten. Ein Produkt zu prüfen und zu zertifizieren kann mehrere Monate benötigen. Erst wenn alle Anforderungen erfüllt sind, wird das Zertifikat vergeben. 2020 mussten im Rahmen von 188 ausgewerteten Prüfungen insgesamt 134 Produkte (dies entspricht 71 Prozent der Produkte) von den Herstellern nachgebessert werden. Die Prüfungen und Zertifizierungen tragen so dazu bei, dass nur sichere Produkte auf den Markt und somit in die Mitgliedsbetriebe kommen. Der Bereich der Personenzertifizierung zielt auf die Kompetenzen der Mitarbeitenden ab und entwickelt damit die Unternehmen weiter.

Zusammenspiel mit Forschung und Normung

Die indirekte, nachhaltige präventive Wirkung erfolgt unter anderem durch die Beeinflussung der Normung. Ein Beispiel dafür aus der Vergangenheit ist die berührungslos wirkende Schutzeinrichtung: ein Produkt, das durch eine unabhängige Prüf- und Zertifizierungsstelle geprüft und zertifiziert werden muss. Sie wurde 1995 ohne bestehende Norm entwickelt. Im Zusammenspiel mit der Forschung wurden Prüfgrundsätze entwickelt, die die Anforderungen erstmals klar definiert haben. Die ersten Produkte konnten so geprüft und zertifiziert werden. Die Inhalte der Prüfgrundsätze flossen in die 2001 erschienene Norm DIN EN IEC 61496-3 ein. Durch solche entwicklungsbegleitenden Prüfungen kann gewährleistet werden, dass neue Produkte sicher auf den Markt kommen. Ein anderes Beispiel aus der heutigen Zeit ist der Gesichtsschutz für Elektrikerinnen und Elektriker: Hier entwickelte die DGUV Test Prüf- und Zertifizierungsstelle Elektrotechnik (ET) die Prüfgrundsätze GS-ET 29, um Sicherheitslücken in einer geltenden Norm abzudecken. Die Prüfgrundsätze wurden schnell zur nationalen Norm und sind aktuell auf dem Weg, in die internationale Normung einzufließen.

Über all die Jahrzehnte hat DGUV Test ein breites Branchen- und Themenspektrum abgedeckt. Dieses bleibt stets in Entwicklung: Heute nehmen die Expertinnen und Experten von DGUV Test Einfluss auf moderne Technologien wie beispielsweise künstliche Intelligenz (KI). Wie können diese sicher gestaltet werden, welche Anforderungen müssen Produkte erfüllen?

Nutzen von Prüfung und Zertifizierung | © DGUV Test
Die bei der Prüf- und Zertifizierungstätigkeit gewonnenen Erkenntnisse sind ein hilfreicher Input für andere Präventionsleistungen. Insbesondere Forschung und Entwicklung sowie Normungsmitarbeit wirken eng damit zusammen. In Verbindung mit Überwachung und Beratung entsteht ein Regelkreis zugunsten sicherer und gesundheitsgerechter Produkte. ©DGUV Test

Aktuelle Themen und Trends

Im April 2021 hat das Prüf- und Zertifizierungssystem daher eine DGUV Test Information mit Grundsätzen für die sicherheitstechnische Bewertung von KI-Technologien veröffentlicht. Die Grundsätze beschreiben Anforderungen in Bezug auf Sicherheit und Gesundheit und dienen als Hilfestellung für die Erarbeitung von produktspezifischen Prüfanforderungen. Diese Grundsätze basieren unter anderem auf Erfahrungen aus Konzeptprüfungen zu diversen Assistenzsystemen, bei denen künstliche Intelligenz eine wichtige Rolle spielt. Als Beispiel sei hier ein Assistenzsystem einer Formatkreissäge genannt, das die Gefahr bringende Bewegung der Hand erkennt und somit rechtzeitig Gegenmaßnahmen einleiten kann, um Unfälle zu verhindern. Hierzu musste ein Modell anhand von Beispielbildern von Händen trainiert werden. Insbesondere der Grundsatz 5 der DGUV Test Information 05 „Allgemeine Grundsätze für die sicher­heitstechnische Bewertung von Künst­licher Intelligenz (KI) DGUV Test Information KI kam dabei zum Tragen: Die Datenqualität spielte eine entscheidende Rolle. Damit das System alle Hände als solche erkennt, wurden Fotos mit möglichst unterschiedlichen Händen verwendet. Hautfarbe, Anzahl der Finger, Tätowierungen und andere Besonderheiten wurden dabei beachtet.

Auch das Thema Security gehört zu den aktuellen Trends. Seit 2020 legen die DGUV Test Prüfgrundsätze Security die Anforderungen für die Prüfung und Zertifizierung der IT-Sicherheit von Komponenten industrieller Automatisierungssysteme fest. Als nächster Schritt findet als Pilotprojekt eine erste Prüfung und Zertifizierung nach den Prüfgrundsätzen Security statt.

Herausforderung Pandemie

Gleichzeitig begegnete DGUV Test den Herausforderungen von COVID-19. Die Nachfrage nach Atemschutzmasken stieg im März 2020 sprunghaft an. Mit Beginn der Corona-Krise in Deutschland mussten daher alternative und EU-konforme Wege gefunden werden, um den Mangel an persönlicher Schutzausrüstung  für das medizinische Personal zu beseitigen.

Zu diesem Zeitpunkt war die DGUV Test Prüf- und Zertifizierungsstelle des Instituts für Arbeitsschutz der DGUV (IFA) eine von nur zwei Atemschutzprüfstellen in Deutschland, die gemeinsam mit der Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik (ZLS) den „Prüfgrundsatz für Corona SARS-Cov-2 Pandemie Atemschutzmasken (CPA)“ als Schnelltest erarbeitet haben.

So konnten Atemschutzmasken, die vielerorts im Eilverfahren produziert wurden, geprüft und zertifiziert und das Angebot an sicheren Atemschutzmasken in Deutschland rasch erweitert werden. Hersteller und Importeure hatten bis Ende September 2020 die Möglichkeit, nach dem Prüfgrundsatz in Deutschland von den zuständigen Behörden eine befristete Zulassung für ihre Atemschutzmasken zu erhalten. Innerhalb von rund drei Monaten wurden von der DGUV Test Prüf- und Zertifizierungsstelle IFA rund 500 Produkte geprüft. Auftraggeber waren vor allem Unfallversicherungsträger, Landesministerien, Bund, Staatsanwaltschaften und Marktaufsichtsbehörden, aber auch neue Hersteller.

Anlässlich des Jubiläums „100 Jahre Prüfung und Zertifizierung“ hat DGUV Test die eigene Mission neu formuliert und sich mit einem eigenen Claim klar positioniert:

DGUV Test – das Kompetenz-Netzwerk für eine sichere und gesunde Arbeitswelt. Wir verbinden Wissenschaft, Anforderungen und Praxis für innovative Entwicklungen.

Wir prüfen für Sie. Mit Sicherheit.

Prüfung und Zertifizierung wird 100 Jahre alt | © DGUV Test
Prüfung und Zertifizierung wird 100 Jahre alt ©DGUV Test