Statistische Auswertung der 2020 als Berufskrankheit anerkannten COVID-19-Erkrankungen

Die Daten zum Berufskrankheitengeschehen 2020 zeigen, dass sich die Anzahl der anerkannten Berufskrankheiten (BK) insgesamt gegenüber dem Vorjahr verdoppelt hat. Dies ist auf die als Berufskrankheit anerkannten COVID-19-Erkrankungen zurückzuführen. Der folgende Beitrag liefert statistische Hintergrundinformationen.

COVID-19-Erkrankungen als Berufskrankheit

Personen, die infolge ihrer Tätigkeit im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium mit SARS-CoV-2 infiziert werden und deshalb an COVID-19 erkranken, werden von der BK-Nr. 3101 erfasst. Gleiches gilt für Personengruppen, die bei ihrer versicherten Tätigkeit der Infektionsgefahr in einem ähnlichen Maße besonders ausgesetzt sind. Eine Anerkennung als Berufskrankheit setzt zudem voraus, dass nach einer Infektion mindestens geringfügige klinische Symptome auftreten.[1]

In den vergangenen zehn Jahren lag die Zahl der Meldungen eines Berufskrankheitenverdachts im Sinne der BK-Nr. 3101 jeweils unter 2.000 Anzeigen. Im Jahr 2020 wurden dagegen 33.614 Anzeigen auf Verdacht einer BK-Nr. 3101 erstattet. Dadurch hat sich die Zahl der Verdachtsanzeigen bezogen auf alle Berufskrankheiten insgesamt um ein Drittel gegenüber 2019 erhöht.[2]

In den vergangenen zehn Jahren lag die Zahl der Meldungen eines Berufskrankheitenverdachts im Sinne der BK-Nr. 3101 jeweils unter 2.000 Anzeigen. Im Jahr 2020 wurden dagegen 33.614 Anzeigen auf Verdacht einer BK-Nr. 3101 erstattet.

Gemäß einer Sondererhebung der DGUV zu COVID-19[3] wurden von den im Jahr 2020 angezeigten Fällen 22.863 noch im gleichen Jahr entschieden. 18.065 COVID-19-Erkrankungen wurden 2020 als Berufskrankheit nach BK-Nr. 3101 anerkannt[4], dies entspricht 79 Prozent der entschiedenen Fälle. In zwölf Fällen wurde eine neue BK-Rente festgestellt. 13 versicherte Personen sind im Berichtsjahr 2020 an den Folgen ihrer als BK-Nr. 3101 anerkannten COVID-19-Erkrankung verstorben.

Zeitlicher Verlauf

Der vom Robert Koch-Institut (RKI) dargestellte zeitliche Verlauf[5] dokumentiert, wie viel stärker die zweite Welle zum Ende des Jahres 2020 im Vergleich zur ersten Welle im Frühjahr 2020 war. Dies zeigt sich auch in den ‒ zeitlich nachlaufenden ‒ Anerkennungen der beruflich verursachten Erkrankungen an COVID-19 (vgl. Abbildung 1) und erklärt, weshalb noch nicht zu allen Anzeigen aus dem Jahr 2020 eine Entscheidung im gleichen Jahr getroffen werden konnte.

Berufskrankheit COVID-19 | © DGUV Referat Statistik / Grafik: kleonstudio.com
Abbildung 1: Anerkannte Berufskrankheiten COVID-19 im Jahr 2020 nach dem Monat der Anerkennung ©DGUV Referat Statistik / Grafik: kleonstudio.com

Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung

Im Jahr 2020 haben die gewerblichen Berufsgenossenschaften und Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand insgesamt rund 6,4 Millionen Euro für Leistungen der Rehabilitation und für Rentenleistungen in Zusammenhang mit COVID-19 erbracht. Der weit überwiegende Anteil (96 Prozent) entfällt auf Leistungen der medizinischen Rehabilitation. Für die stationäre Behandlung wurden 3,2 Millionen Euro aufgewendet. 315 der 18.065 anerkannten Fälle mussten im Jahr 2020 stationär behandelt werden. Es ergeben sich damit auf Basis der im Jahr 2020 abgerechneten Leistungen bereits durchschnittliche Kosten pro Fall für die stationäre Behandlung von mehr als 10.000 Euro. In zehn der 13 Todesfälle infolge einer als Berufskrankheit anerkannten COVID-19-Erkrankung wurden bereits im Jahr 2020 Leistungen an Hinterbliebene ausgezahlt, obwohl der Tod infolge der Berufskrankheit in sechs der 13 Fälle erst Ende November beziehungsweise im Dezember 2020 festgestellt werden konnte.

Anerkennungen: Wer hat sich wo infiziert?

Rund zwei Drittel der Anerkennungen von COVID-19-Erkrankungen entfallen auf die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) und rund ein Drittel auf die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand. Aufgrund des im Tatbestand der BK-Nr. 3101 definierten Personenkreises erfolgten darüber hinaus nur 66 Anerkennungen bei den anderen gewerblichen Berufsgenossenschaften.

Am häufigsten wurden die Verdachtsanzeigen, die zu einer Anerkennung von COVID-19 als Berufskrankheit geführt haben, von Unternehmen (56 Prozent) sowie von Ärztinnen und Ärzten (42 Prozent) erstattet (vgl. Abbildung 2).

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Abbildung 2: Anerkannte Berufskrankheiten COVID-19 im Jahr 2020 nach zuerst meldender Stelle ©DGUV Referat Statistik / Grafik: kleonstudio.com

Betrachtet man die Geschlechter- und Altersverteilung, zeigt sich, dass drei Viertel der versicherten Personen mit einer Anerkennung weiblich sind. Die Verteilung auf die Altersgruppen zum Zeitpunkt der Anerkennung ist in Abbildung 3 dargestellt. Da eine Anerkennung als BK-Nr. 3101 eine versicherte Tätigkeit voraussetzt, sind deutlich häufiger jüngere Personen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung, wie sie das RKI[6] für 2020 dokumentiert, betroffen.

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Abbildung 3: Anerkannte Berufskrankheiten COVID-19 im Jahr 2020 nach Alter im Jahr der Anerkennung ©DGUV Referat Statistik / Grafik: kleonstudio.com

Zwei Drittel der Unternehmen, in denen die Infektion stattgefunden hat, haben 500 und mehr abhängig beschäftigte Vollarbeiter[7] (vgl. Abbildung 4). Hier dürfte sich das Infektionsgeschehen in größeren Kliniken und Pflegeeinrichtungen widerspiegeln.[8]

 

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Abbildung 4: Anerkannte Berufskrankheiten COVID-19 im Jahr 2020 nach Betriebsgrößenklasse des Unternehmens ©DGUV Referat Statistik / Grafik: kleonstudio.com

Abbildung 5 enthält die Differenzierung nach dem Bundesland des Sitzes des Unternehmens. Die drei demnach am stärksten betroffenen Bundesländer entsprechen den drei Bundesländern, in denen nach Angaben des RKI im Jahr 2020 die kumulierten Fallzahlen am höchsten waren.[9]

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Abbildung 5: Anerkannte Berufskrankheiten COVID-19 im Jahr 2020 nach Bundesland des Sitzes des Unternehmens ©DGUV Referat Statistik / Grafik: kleonstudio.com

Die Infektionen haben überwiegend in Unternehmen der Wirtschaftszweige "Gesundheitsdienst" (67 Prozent) und "Heime (ohne Erholungs- und Ferienheime)" (29 Prozent) stattgefunden (vgl. Abbildung 6).

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Abbildung 6: Anerkannte Berufskrankheiten COVID-19 im Jahr 2020 nach Wirtschaftszweig des Unternehmens ©DGUV Referat Statistik / Grafik: kleonstudio.com

In knapp 98 Prozent der Fälle hat die Infektion in Bereichen des Gesundheitsdienstes (ohne Laboratorien) stattgefunden. Ein ähnliches Bild zeichnen auch die am häufigsten zum Zeitpunkt der Infektion ausgeübten Tätigkeiten:

  • Assistenzberufe im Gesundheitswesen wie die nicht akademische Krankenpflege (71 Prozent)
  • akademische und verwandte Gesundheitsberufe wie Ärztinnen und Ärzte sowie akademische Krankenpflege (13 Prozent)
  • Betreuungsberufe wie Pflegehelferinnen und Pflegehelfer sowie Kinderbetreuung (8 Prozent)

Zu den acht Prozent übrige Tätigkeiten zählen zum Beispiel andere personenbezogene Dienstleistungen sowie Reinigungstätigkeiten.

Zwei Drittel der Unternehmen, in denen die Infektion stattgefunden hat, haben 500 und mehr abhängig beschäftigte Vollarbeiter. Hier dürfte sich das Infektionsgeschehen in größeren Kliniken und Pflegeeinrichtungen widerspiegeln.

Ausblick

Gemäß DGUV-Sonderhebung sind von Januar bis Ende April 2021 über 89.000 Anzeigen auf Verdacht einer beruflichen COVID-19-Erkrankung bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften und Unfallversicherungsträgern der öffentlichen Hand eingegangen. Im gleichen Zeitraum konnten 63.378 Fälle entschieden werden, wovon 53.204 Fälle (84 Prozent der entschiedenen Fälle) als Berufskrankheit anerkannt wurden. Die Zahl der Verdachtsanzeigen hat im Februar 2021 mit 28.483 ihren aktuellen Höchststand erreicht. Eine Umfrage unter Beschäftigten in Gesundheitsberufen im Auftrag der BGW ergab, dass 62 Prozent der 3.401 Antwortenden bis Ende April 2021 bereits mindestens einmal gegen COVID-19 geimpft worden waren. Weitere 22 Prozent erklärten, sich möglichst schnell impfen lassen zu wollen.[10] Aufgrund des zunehmenden Impfschutzes sowohl in den Personengruppen mit besonderer Infektionsgefahr als auch in der Gesamtbevölkerung[11] ist zu erwarten, dass die Zahl der Infektionen deutlich zurückgehen wird.