„BGM stärkt die Gesundheit der Beschäftigten und die Attraktivität des Unternehmens“
Wie steht es um das BGM in Unternehmen und Einrichtungen? Der Check-up Betriebliches Gesundheitsmanagement unterstützt Beratungsfachkräfte und Betriebe bei der Einschätzung ihres Betrieblichen Gesundheitsmanagements. Die Checkliste bietet damit eine strukturierte Grundlage, um die Gesundheit bei der Arbeit weiter auszubauen.
Warum ist ein BGM für Unternehmen wichtig?
Mücklich: Gesundheit ist eine wichtige Voraussetzung für die Arbeits- und Leistungsfähigkeit der Menschen und damit auch ein zentraler Erfolgsfaktor für Unternehmen. Durch Arbeitsunfähigkeit und den Verlust an Arbeitsproduktivität entstehen enorme volkswirtschaftliche Kosten. So lag der Verlust an Bruttowertschöpfung in Deutschland im Jahr 2023 bei 221 Milliarden Euro.[1] Die Werte sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen, besonders der Anteil der Erwerbsunfähigkeit durch psychische Erkrankungen hat zugenommen. Im Jahr 2023 lag die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund von psychischen Erkrankungen bei DAK-versicherten Beschäftigten 52 Prozent über dem Wert von vor zehn Jahren.[2] Hinzu kommen Kosten für die Sozialversicherungen zum Beispiel aufgrund von Frühverrentungen. Ein BGM hilft dabei, die Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit zu erhalten und zu verbessern.
Was macht ein gutes BGM aus?
Mücklich: Für die Beantwortung dieser Frage hat das Sachgebiet BGM des Fachbereichs Gesundheit im Betrieb der DGUV Qualitätskriterien[3] entwickelt. Anhand dieser Qualitätskriterien der gesetzlichen Unfallversicherung kann die Einführung und Umsetzung eines BGM im Unternehmen bewertet werden. Die Grundlage bildet eine systematische Vorgehensweise. Das bedeutet, es werden die entsprechenden Voraussetzungen im Betrieb geschaffen, um Arbeitsbedingungen gesundheitsgerecht zu gestalten und die Beschäftigten dabei zu unterstützen, gesunde Verhaltensweisen auszubauen und beizubehalten.
Wie können Unternehmen ihr BGM gezielt optimieren?
Mücklich: Das Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV hat dafür in Zusammenarbeit mit dem Sachgebiet BGM eine Checkliste entwickelt – kurz: Check-up BGM.[4] Diese Checkliste basiert auf den Qualitätskriterien der gesetzlichen Unfallversicherung und erfasst die wesentlichen Elemente eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements. Wenn Unternehmen wissen möchten, wo sie mit ihren Strukturen und Prozessen im BGM stehen, dann empfehlen wir, diese neu veröffentlichte Checkliste einzusetzen. Beratungsfachkräfte und Unternehmen können so ermitteln, an welchen Stellen sie das BGM fortschreiben können. Damit bietet die Checkliste eine strukturierte Grundlage, um die Gesundheit bei der Arbeit systematisch weiter auszubauen.

Welche konkreten Schritte umfasst die Checkliste?
Mücklich: Die Checkliste umfasst die neun Themenfelder Gesundheitspolitik, strategische Ziele, Strukturen, Ressourcen, Analyse, operative Ziele, Maßnahmen, Evaluation und kontinuierliche Weiterentwicklung.
Die ersten vier Themenfelder beziehen sich auf die strukturellen Voraussetzungen und die weiteren fünf bilden den Handlungszyklus eines BGM ab. In jedem dieser Bereiche werden spezifische Fragen gestellt, um den aktuellen Stand zu erfassen und Verbesserungspotenziale zu identifizieren. In die Themenfelder integriert sind jeweils auch Fragen zu Prozesstreibern und Erfolgsfaktoren. Zudem gibt es Hinweise und zahlreiche Beispiele für die praktische Umsetzung. Entsprechende Materialien sind in der Checkliste direkt verlinkt.
Was ist in diesem Zusammenhang mit strukturellen Voraussetzungen gemeint?
Mücklich: Das meint zunächst, das Thema „Gesundheit bei der Arbeit“ in der Gesundheitspolitik eines Unternehmens oder einer Einrichtung zu verankern. Mithilfe der Checkliste wird zum Beispiel erhoben, ob betriebliche Vereinbarungen oder Regelungen vorliegen und die Gesundheit der Beschäftigten in die Unternehmensziele aufgenommen ist. Die Unternehmensleitung spielt hier eine wesentliche Rolle, indem sie sich zum Thema „Gesundheit bei der Arbeit“ bekennt und betriebliche Regelungen und Vereinbarungen an die Beschäftigten gut kommuniziert. Erfragt wird außerdem, ob gesundheitsorientierte Führungsgrundsätze und grundlegende Vorgaben für das gesundheitsgerechte Führen verankert sind.
Im Weiteren erfasst die Checkliste, ob und wie das Unternehmen gesundheitsbezogene strategische Ziele festgelegt und kommuniziert hat. Dazu kann beispielsweise gehören, dass Führungskräfte sich Zeit für die Sicherheit und Gesundheit ihrer Beschäftigten nehmen oder Sicherheit und Gesundheit im Führungsleitbild verankert werden.
Auf dieser Grundlage können Unternehmen spezifische Strukturen aufbauen sowie Ressourcen und passende Analysemethoden festlegen. Die Checkliste erfasst unter anderem, ob es eine für das BGM verantwortliche Person, ein Steuergremium sowie finanzielle und personelle Ressourcen gibt. Gefragt wird auch, ob Qualifikationen zur Steuerung des BGM vorhanden sind und ob interne Schnittstellen und externe Kooperationsmöglichkeiten beachtet werden.[5]
Was wird in den weiteren Handlungsfeldern erfragt?
Mücklich: Die Auswahl der Methoden für die regelmäßige Analyse der Arbeitsbedingungen und der gesundheitlichen Situation der Beschäftigten erfolgt in Anlehnung an die strategischen Ziele. Die Checkliste stellt dafür Möglichkeiten der Analyse vor und nennt Beispiele für Gesundheitskennzahlen.
Auf Grundlage der Analyseergebnisse formuliert das Steuergremium operative Ziele und leitet partizipativ bedarfsbezogene Maßnahmen ab. Die Checkliste zeigt Maßnahmen auf, die zum Erreichen der operativen Ziele beitragen könnten, und erfragt wesentliche Punkte, die für die Umsetzung der Maßnahmen wichtig sind.
Zur Überprüfung des Erfolgs gehört vor allem eine Evaluation des BGM in Bezug auf die angestrebten Ziele. Die Fragen dazu beziehen sich auf die Praktikabilität der geschaffenen Strukturen, die Umsetzbarkeit und Bekanntheit der Maßnahmen sowie die Zufriedenheit mit den Maßnahmen wie auch das Erreichen der damit verbundenen Ziele.
Für eine kontinuierliche Weiterentwicklung des BGM leitet das Steuergremium Verbesserungen aus den Evaluationsergebnissen ab, überprüft die strategischen sowie operativen Ziele und passt diese gegebenenfalls an.[6]
Wer kann die Checkliste nutzen?
Mücklich: Die Checkliste richtet sich in erster Linie an Präventionsexpertinnen und -experten der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen, die Mitgliedsbetriebe beraten, sowie an Verantwortliche in Unternehmen, die das BGM umsetzen. BGM-Verantwortliche können die Checkliste auch im Rahmen der Evaluation der Strukturen und Prozesse im BGM einsetzen.
Die Checkliste ist besonders für Unternehmen ab 50 Beschäftigten geeignet. Aber auch Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten können die Checkliste heranziehen. Sie sollten dann jedoch bestimmte Fragen für sich adaptieren und insbesondere den Aufwand und Nutzen der vorgeschlagenen Instrumente abwägen. Für kleine und mittlere Unternehmen reichen meist sehr schlanke Vorgehensweisen aus.
Wie wird die Checkliste eingesetzt?
Mücklich: Die Checkliste kann Basis für Interviews mit betrieblichen Expertinnen und Experten sein, zum Beispiel Unternehmensleitungen, BGM-Verantwortlichen oder Personalvertretungen. Auch im Steuergremium kann das BGM mithilfe der Checkliste eingeschätzt werden. Zudem können BGM-Verantwortliche die Checkliste im Rahmen der Evaluation einsetzen. Die Checkliste kann sowohl für einen ersten Überblick genutzt werden als auch für eine ausgiebige Betrachtung des Status quo eines BGM im Unternehmen.
Aus den Ergebnissen lassen sich Handlungsfelder für Interventionen ableiten, die der Weiterentwicklung eines systematischen und nachhaltigen BGM dienen. Die rechte Spalte der Checkliste zeigt Anhaltspunkte, Beispiele und Vorschläge für die praktische Umsetzung der jeweiligen Kriterien auf. Bei Bedarf bieten die Präventionsfachkräfte des jeweiligen Unfallversicherungsträgers dabei Unterstützung an.
Abschließend, welche Vorteile bietet die Checkliste?
Mücklich: Die Checkliste schafft Transparenz über den aktuellen Stand des BGM und fördert die Weiterentwicklung hin zu einem systematischen BGM. Für die Unfallversicherungsträger ist sie ein hilfreiches Instrument, um Unternehmen fundiert zu beraten. Für die Betriebe trägt ein gut implementiertes BGM nicht nur zur Gesundheit der Beschäftigten bei, sondern stärkt auch das Employer Branding und die Attraktivität des Unternehmens für Beschäftigte.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Susan Haustein.