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Vorsitz im Rat der Europäischen Union – ein Rückblick und ein Ausblick

Seit Beginn dieses Jahres haben die Europawahlen das politische Geschehen in Brüssel dominiert. Während es durch die Wahl auf den Fluren des Europäischen Parlaments zwischen Ende April und Anfang Juni immer ruhiger wurde, haben die Mitgliedstaaten im Rat der EU unter dem Vorsitz Belgiens weiter an der Positionierung zu Gesetzen und der Koordinierung politischer Maßnahmen gearbeitet.

Spanien, Belgien und Ungarn – ein ambitioniertes Trio

Aber was macht eigentlich der Rat der Europäischen Union, der landläufig auch „Rat“ genannt wird? Hier kommen die Ministerinnen und Minister der Mitgliedstaaten zusammen. Sie diskutieren über Gesetzesvorschläge und Initiativen der Europäischen Kommission, ändern sie ab und verabschieden sie – häufig erst nach einer Einigung mit dem Europäischen Parlament. Denn das Europäische Parlament ist gemeinsam mit den Mitgliedstaaten nahezu gleichberechtigter Gesetzgeber. Zumindest in fast allen Kernbereichen. Aber zurück zum Rat: Die Zusammensetzung des Rates variiert je nach Thema der Sitzung. Stehen zum Beispiel sozialpolitische Themen auf der Tagesordnung, werden diese von den Sozialministerinnen und Sozialministern thematisiert. Um die Fäden zusammenzuhalten und die Stabilität und das Funktionieren Europas zu garantieren, nimmt jedes Land abwechselnd für sechs Monate den Vorsitz im Rat wahr. Um die Umsetzung langfristiger Projekte zu gewährleisten, schließen sich die Mitgliedstaaten, die die Präsidentschaft nacheinander ausüben, in Dreiergruppen zusammen. Prioritäten und Ziele werden durch diesen Dreiervorsitz, der oft auch als Triopräsidentschaft bezeichnet wird, in einem gemeinsamen Programm festgelegt, das sich über 18 Monate erstreckt. So haben es auch Spanien, Belgien und Ungarn gemacht, die den momentanen Dreiervorsitz bilden, der zwischen Juli 2023 und Dezember 2024 agiert. Im Mittelpunkt ihres Programms stehen die Stärkung der Resilienz der EU und das Vorantreiben ihrer strategischen Autonomie. Dabei wird unter anderem die Verwirklichung eines klimaneutralen, grünen, fairen und sozialen Europas angestrebt.

Grüner Wandel, sozialer Wohlstand und Sicherheit

Die aktuelle Trio-Ratspräsidentschaft hat sich aber auch auffällig viele sozialpolitische Themen auf die Fahne geschrieben. Spanien hat sich zum Beispiel dafür eingesetzt, dass der Gesetzesvorschlag der Europäischen Kommission zur Absenkung der Grenzwerte zu Asbest noch vor den Europawahlen vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen wird. Darüber hinaus war es Spanien wichtig, im Rat ein Zeichen dafür zu setzen, dass die Digitalisierung im Bereich der Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit vorangebracht wird. Besonders gewürdigt wurde dabei auch das noch laufende Pilotprojekt zum Europäischen Sozialversicherungspass (ESSPASS). Durch das Projekt, an dem auch der GKV-Spitzenverband und die Deutsche Rentenversicherung Bund beteiligt sind, soll die Interaktion zwischen mobilen Bürgerinnen beziehungsweise Bürgern und öffentlichen Stellen vereinfacht werden. Dies zeigt, wie notwendig eine stetige und frühzeitige Einbeziehung der Sozialversicherungsträger für die erfolgreiche Umsetzung der auf europäischer Ebene ins Leben gerufenen Initiativen ist, auch um die Wahrnehmung der Rechte der sozialen Sicherheit in der EU zu erleichtern und den Verwaltungsaufwand zu verringern.

Bedingt durch die Wahlen versuchte die belgische Ratspräsidentschaft, viele Dossiers zum Abschluss zu bringen. Der Fokus lag dabei auf der Grenzwertsetzung für Blei und Diisocyanate sowie der Verabschiedung der Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Plattformbeschäftigten. Des Weiteren nutzten sie das Momentum des Dreiervorsitzes im Bereich der Sozialpolitik. So wurde in Gestalt der „La Hulpe“-Erklärung zur Zukunft des sozialen Europas ein Leitfaden für die Weiterentwicklung der Europäischen Säule sozialer Rechte (ESSR) formuliert, damit diese auch in der nächsten Legislaturperiode weiter vorangebracht werden kann.

Wenig detaillierte Informationen zu den Vorbereitungen der ungarischen Ratspräsidentschaft drangen vor der Übernahme am 1. Juli nach außen. Es bleibt abzuwarten, wie dann bis Ende Dezember die Arbeit im Rat genau gestaltet wird. Klar ist nur, dass vor allem auch die Erweiterung der EU sowie die Umsetzung des Gesetzes zur künstlichen Intelligenz (KI-Gesetz) eine Rolle spielen werden.