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Kleinbetriebsbetreuung neu orchestriert: zwei Instrumente, drei Klänge

Von der kleinen Schreinerei bis zum großen Automobilhersteller – Arbeitgebende sind für Sicherheit und Gesundheit im Betrieb verantwortlich. Bedarf, Verhältnisse und Ressourcen unterscheiden sich zwischen den Betriebsgrößenklassen grundlegend. Die neue DGUV Vorschrift 2 und der Fachdialog zur alternativen Betreuung von KKU eint ein Ziel: eine wirksame betriebliche Betreuung von KKU.

Kleine Größe, große Relevanz: Laut Daten der Bundesagentur für Arbeit von 2024 machten KKU mit bis zu 50 Beschäftigten rund 96 Prozent der Betriebe in Deutschland aus.[1] In diesen Betrieben arbeiteten mehr als 40 Prozent der Beschäftigten.[2] Zuerst die schlechten Nachrichten: Laut Statistik der DGUV zum Arbeitsunfallgeschehen von 2023 ereignete sich mehr als die Hälfte der schweren Arbeitsunfälle in KKU. Das Risiko eines schweren Arbeitsunfalls ist gemessen an den Arbeitsunfallrenten in KKU etwa zweieinhalb- bis dreimal höher als in den größten Betrieben.[3] Ergebnisse von Befragungen wie der Betriebsbefragung 2015 der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA)[4] und der Europäischen Unternehmenserhebung über neue und aufkommende Risiken (ESENER) 2019 von EU-OSHA[5] zeigen, dass KKU deutlich seltener die Arbeitsbedingungen beurteilen und Betriebsärztinnen oder Betriebsärzte sowie Fachkräfte für Arbeitssicherheit nur in geringem Umfang bestellen im Vergleich zu mittleren oder größeren Betrieben. Dabei weist eine aktuelle Auswertung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) auf einen positiven Zusammenhang zwischen der betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung und dem Umsetzungsgrad der Gefährdungsbeurteilung hin.[6]

Ausgangslage: akuter Fachkräftemangel

Aufgrund der zum Teil beschränkten Aussagekraft abstrakter Aggregatdaten, der Ausgestaltung der verschiedenen Befragungen und der blinden Flecken für die betrieblichen Bedingungen abseits des Unfallgeschehens oder der Erfüllung rechtlicher Pflichten beweisen diese Daten zwar nicht, wie es um Sicherheit und Gesundheit in KKU tatsächlich bestellt ist. Diese Zahlen eignen sich aber zur Hypothesenbildung und zeigen, welche quantitative Reichweite betriebliche Prävention in KKU haben kann und an welchen Ansatzpunkten verstärkter Handlungsbedarf offensichtlich wird. Aus dieser Gesamtschau lässt sich zudem ablesen, wie groß die Herausforderungen für die Unfallversicherungsträger sind, diese Zielgruppe zu erreichen, zumal in Branchen wie beispielsweise der Gastronomie eine starke Fluktuation festzustellen ist, was eine nachhaltige Unterstützung bei Sicherheit und Gesundheit im Betrieb deutlich erschwert.

Ein weiteres Strukturmerkmal der Ausgangslage ist der akute Fachkräftemangel: Bereits 2014 prognostizierte die BAuA einen zukünftigen Mangel an Betriebsärztinnen und Betriebsärzten.[7] Jüngste Hochrechnungen der Unfallversicherungsträger[8] weisen in eine ähnliche Richtung. Aufgrund der unvollständigen Datenlage kann das tatsächliche Ausmaß des Ressourcendefizits nicht exakt beziffert werden. Aussagen des Präsidenten der Bundesärztekammer, wonach der Ärztemangel in Deutschland keine Prognose, sondern bereits bittere Realität sei, sind jedoch ein weiteres Indiz, um zumindest von einer regionalen Versorgungslücke ausgehen zu dürfen.[9] Zudem zeichnen sich laut Erfahrungsberichten der Unfallversicherungsträger allmählich in einigen Regionen und Branchen ähnliche Tendenzen bei Fachkräften für Arbeitssicherheit ab.

So viel zur quantitativen Beschreibung der Ausgangslage – welche zusätzlichen Informationen liefern qualitative Merkmale, um das Gesamtbild zu vervollständigen? Aus den Ergebnissen des europäischen Gesamtprojekts SESAME von 2018 oder sogenannten Pool-Betreuungsmodellen unter dem Überbegriff AGNES ist bekannt, dass Unternehmerinnen und Unternehmer in KKU eine Vielzahl von Aufgaben zu erledigen haben, die in größeren Betrieben von spezialisierten Organisationseinheiten übernommen werden. Zu beobachten ist, dass Unternehmerinnen und Unternehmer in KKU in der Regel nicht über das erforderliche Hintergrundwissen zu Sicherheit und Gesundheit im Betrieb verfügen. Darüber hinaus fehlen nicht selten der finanzielle Spielraum und die erforderliche Zeit, um sich mit der betrieblichen Prävention auseinanderzusetzen – zumal für den einzelnen Betrieb der Arbeitsunfall ein seltenes Ereignis ist, das aus Sicht der Unternehmerinnen und Unternehmer nicht zwangsläufig offensichtliche Rückschlüsse auf das unternehmerische Handeln nahelegt.[10] Angesichts dieser Ausgangsbedingungen überrascht es nicht, dass laut einer Studie der BAuA vor allem der Präventionstyp des „Do-it-yourselfers“ in KKU zu beobachten ist.[11] Unter Berücksichtigung des moderaten betriebsärztlichen Betreuungsbedarfs und des geringeren finanziellen Spielraums fällt es aber selbst engagierten KKU im Vergleich zu großen Betrieben besonders schwer, Betriebsärztinnen oder Betriebsärzte zu finden. Bei Fachkräften für Arbeitssicherheit sind vergleichbare Entwicklungen zu beobachten.

Ein ausschließlich defizitärer Blickwinkel wäre allerdings verkürzt. Die gute Nachricht kommt zum Schluss: In Branchen mit traditionellem Unternehmerethos besteht für gewöhnlich eine starke soziale Beziehung zwischen Unternehmerinnen und Unternehmern sowie Beschäftigten – das besagt die angesprochene Studie der BAuA ebenfalls.[12] Das Bild des klassischen „Familienbetriebs“ liegt nahe. Andere Untersuchungen, wie beispielsweise von Sczesny, zeichnen außerdem ein anderes Bild von Sicherheit und Gesundheit in KKU: Betriebliche Prävention ist in KKU demnach zu einem geringeren Grad formalisiert, wohingegen durchaus wirksame Maßnahmen getroffen werden, um die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu gewährleisten.[13] Betriebsärztinnen und Betriebsärzte sowie Fachkräfte für Arbeitssicherheit können in diesen Fällen am Bestehenden anknüpfen und darauf aufbauend einen Beitrag dazu leisten, Sicherheit und Gesundheit im Betrieb schrittweise auf ein bedarfsgerechtes Mindestmaß zu heben.

Zusammenfassend kann eine wirksame Verbesserung der Kleinbetriebsbetreuung an zwei Seiten ansetzen: Auf der einen Seite sind Maßnahmen zu betrachten, die die Ausgangsbedingungen für KKU verbessern. Auf der anderen Seite bieten die Stärken von KKU – mit den Unternehmerinnen und Unternehmern im Mittelpunkt – fruchtbaren Boden, um betriebliche Prävention zu kultivieren.

DGUV Vorschrift 2: Zielgerichteter ansprechen

Bei der Anpassung der DGUV Vorschrift 2 stand zunächst die betriebliche Betreuung mittlerer und großer Betriebe im Vordergrund. Einige Überarbeitungen beeinflussen gleichermaßen die Ausgangslage für KKU, andere Neuerungen zielen direkt auf diese Betriebsgrößenklasse ab.

Gefährdungsbeurteilung: Fokus schärfen

Manchmal steckt der Teufel im Detail: Die DGUV Vorschrift 2 unterschied bei der betrieblichen Betreuung zwischen Grundbetreuung, betriebsspezifischer Betreuung, anlassbezogener Betreuung und bedarfsorientierter Betreuung. Zukünftig umfasst die Betreuung von KKU zunächst die Unterstützung bei der Gefährdungsbeurteilung. Darauf aufbauend beanspruchen KKU bei festgelegten Anlässen zusätzliche betriebsärztliche oder sicherheitstechnische Expertise. Was zunächst wie eine redaktionelle Fußnote wirken mag, kann in der betrieblichen Praxis einen entscheidenden Unterschied ausmachen. Die bereits skizzierten Studien- und Befragungsergebnisse zeigen, wie wichtig eine klare Zielsetzung und ein unmittelbarer Praxisbezug für die betriebliche Betreuung von KKU sind. In diesem Sinne betont die neue DGUV Vorschrift 2 den Prozesszyklus der Gefährdungsbeurteilung bewusst als Dreh- und Angelpunkt der betrieblichen Betreuung. Das Verständnis der Unternehmerinnen und Unternehmer für die Ausrichtung der betrieblichen Betreuung soll auf diese Weise geschärft und der Dialog mit den betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Fachleuten gefördert werden.

IKT: Digitalisierung ausschöpfen

In der Regelbetreuung – also Anlage 1 und 2 der DGUV Vorschrift 2 – können zukünftig bis zu einem Drittel der Betreuungsleistungen mithilfe von digitalen IKT erbracht werden. Sind die betrieblichen Verhältnisse durch eine Erstbegehung bekannt, können Unternehmerinnen und Unternehmer betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Rat beispielsweise auch telefonisch oder online beanspruchen. Arbeitsmedizinische Vorsorge oder anlassbezogene Betreuungsleistungen können ebenfalls durch den Einsatz von IKT unterstützt werden. In den alternativen Betreuungsformen nach Anlage 3 oder 4 der DGUV Vorschrift 2 entscheiden Unternehmerinnen und Unternehmer auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung selbstständig über den IKT-Einsatz der beauftragten Fachleute, wenn die betrieblichen Verhältnisse bekannt sind.

Lange Fahrzeiten, geringe Einsatzzeiten – dieses Grundproblem der betrieblichen Betreuung von KKU in ländlichen Regionen könnte durch gezielten IKT-Einsatz verringert werden. Vor dem skizzierten Hintergrund, dass selbst engagierte Unternehmerinnen und Unternehmer in KKU oftmals keine Betriebsärztinnen oder Betriebsärzte in der Nähe finden, verstärkt der Einsatz von IKT die Verbreitung der betrieblichen Betreuung. Ähnliches gilt in einigen Regionen und Branchen auch für die sicherheitstechnische Betreuung. Dass die betriebliche Betreuung in KKU noch stärker auf die Gefährdungsbeurteilung ausgerichtet wird, könnte möglicherweise dazu führen, dass folgerichtig die Unterstützung bei konkreten Anlässen eine stärkere Rolle für Präventionsfachleute einnimmt. Mithilfe von IKT sind Betreuungsleistungen mit Blick auf Zeit und Ort flexibler. Auch kurzfristige Beratungen dürften auf diese Weise leichter umsetzbar sein, was ein förderlicher Faktor für die Realisierung der anlassbezogenen Betreuung sein kann.

Professionen: Blickwinkel erweitern

Die Ausgangsqualifikation für die sicherheitstechnische Fachkunde wird in Zukunft für weitere Professionen geöffnet. Neben Ingenieurinnen und Ingenieuren, Meisterinnen und Meistern sowie Technikerinnen und Technikern können zum Beispiel auch Personen mit Abschlüssen in Arbeits- und Organisationspsychologie oder Arbeitswissenschaft die Funktion einer Fachkraft für Arbeitssicherheit übernehmen, wenn sie über die erforderliche Berufserfahrung verfügen und einen anerkannten Qualifizierungslehrgang absolviert haben.

Erstens ist diese Öffnung eine Reaktion auf den Fachkräftemangel: Sicherheitstechnische Ressourcen sollen ausgebaut werden, damit KKU eine geeignete Fachkraft für Arbeitssicherheit finden, auch in ländlichen Regionen. Zweitens dürfte von dieser Neuerung erwartet werden, dass der Blick auf Sicherheit und Gesundheit im Betrieb differenzierter wird. Insbesondere in Branchen wie beispielsweise dem Gesundheitswesen, in denen psychische Belastungen eine vergleichsweise große Rolle spielen, könnten mithilfe dieser neuen Gruppe von Fachkräften für Arbeitssicherheit die Arbeitsbedingungen gezielter beurteilt werden. Unternehmerinnen und Unternehmer können bewusst eine Fachkraft für Arbeitssicherheit bestellen, die zu ihrem betrieblichen Bedarf und zu ihrem individuellen Präventionstypus passt – sozusagen ein „perfect match“ für mehr Sicherheit und Gesundheit im Betrieb.

KPZ: Betreuungsangebote ausgebaut

Auf Basis der neuen DGUV Vorschrift 2 bauen die Berufsgenossenschaften ihre KPZ auf Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten aus – das betrifft die alternative Betreuung nach Anlage 4 der DGUV Vorschrift 2. Bisher konnten ausschließlich Kleinstbetriebe mit bis zu zehn Beschäftigten diese Betreuungsform wählen. Die Berufsgenossenschaften bieten über das KPZ betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuungsleistungen an – die langwierige Suche nach geeigneten Dienstleistern, aufwendige Angebotsvergleiche und anspruchsvolle Qualitätssicherung entfallen für die KKU.

Fachdialog zur Kleinbetriebsbetreuung

Angesichts der Herausforderungen und Potenziale von KKU bei der betrieblichen Prävention bauen die Berufsgenossenschaften ihre Unterstützung für KKU auch abseits des regulatorischen Rahmens aus. Angeleitet durch den Dreiklang „Beraten. Begleiten. Betreuen.“ richten die Berufsgenossenschaften perspektivisch Anlaufstellen für KKU ein – das sind die Ergebnisse eines Fachdialogs zwischen Berufsgenossenschaften und Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Dabei wird direkt an den Potenzialen von KKU angesetzt nach dem Motto: „Commitment vor Compliance“.

Beraten: Informieren und Sensibilisieren

Die Anlaufstellen sprechen neu gegründete KKU flächendeckend an, indem sie nach der Organisation von Sicherheit und Gesundheit fragen und ein Beratungsangebot zur betrieblichen Betreuung unterbreiten. Mit diesem ersten Schritt sollen KKU über die trägerspezifischen Angebote informiert und grundsätzlich dazu motiviert werden, eine Betreuungsform zu wählen. Warum muss ich die betriebliche Betreuung organisieren? Welchen Nutzen habe ich davon? Welche Möglichkeiten gibt es und welche Leistungen bieten die Berufsgenossenschaften an? Diese grundlegenden Fragen beantworten die Anlaufstellen, um KKU zu sensibilisieren und Wege zu einer bedarfsgerechten Betreuung aufzuzeigen. Auch bereits bestehende KKU können dieses Beratungsangebot in Anspruch nehmen.

Begleiten: Qualifizieren und Praktizieren

Entscheiden sich Unternehmer oder Unternehmerinnen bewusst für eine alternative Betreuungsform nach Anlage 3 oder 4 der DGUV Vorschrift 2, begleiten die Anlaufstellen die KKU nachhaltig auf dem Weg zu mehr Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten. Zuerst nehmen die Unternehmerinnen und Unternehmer an Informations- und Motivationsmaßnahmen teil. Dort erwerben sie die Kompetenz, um Sicherheit und Gesundheit selbstständig zu organisieren und die Arbeitsbedingungen zu beurteilen. Dieser Baustein der alternativen Betreuung ist bereits seit Jahren etabliert. Zuletzt wies eine Sonderauswertung der Betriebsbefragung der GDA durch die BAuA nach, dass die bestehenden Angebote die Unternehmerinnen und Unternehmer wirksam informieren, motivieren und qualifizieren. Entwicklungspotenzial wurde bei der praktischen Umsetzung diagnostiziert.[14]

Vor diesem Hintergrund systematisieren die Berufsgenossenschaften die Begleitung der KKU in der alternativen Betreuung. Sie organisieren die Teilnahme von KKU an den Einstiegsqualifizierungen und erinnern über die Anlaufstellen in regelmäßigen Abständen an die erforderlichen Fortbildungen – mit direkten Empfehlungen aus dem trägereigenen Fortbildungsangebot. Zudem soll die Gefährdungsbeurteilung noch stärker in den Mittelpunkt des Qualifizierungsangebots rücken. Neben Abschlussgesprächen oder Wissenstests weisen Unternehmerinnen und Unternehmer ihren Lernerfolg zukünftig durch eine Selbstauskunft nach: Sie bestätigen spätestens in einem geeigneten Zeitraum nach Abschluss der letzten Lerneinheit, dass sie über aktuelle Unterlagen über die im Betrieb durchgeführte Gefährdungsbeurteilung verfügen. Vergleichbare Instrumente sind bereits bei Berufsgenossenschaften wie der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) und der Berufsgenossenschaft Elektro Textil Energie und Medienerzeugnisse (BG ETEM) im Einsatz. Zukünftig werden sie bei allen Berufsgenossenschaften zum neuen Mindeststandard.

Betreuen: Navigieren und Unterstützen

Die Betreuungsangebote der Berufsgenossenschaften sind vielfältig: arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Dienste (ASD), KPZ oder vergleichbare Kooperationsmöglichkeiten. Darüber können KKU direkt betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung bei ihrem Unfallversicherungsträger abrufen – und zwar kostengünstig, qualitätsgesichert und kurzfristig. Aufgrund des bereits angesprochenen Fachkräftemangels und des sensiblen trägerspezifischen Gleichgewichts der zehn Präventionsleistungen sind diese Angebote nicht uneingeschränkt übertragbar oder beliebig ausbaufähig. Stattdessen unterstützen die Anlaufstellen alternativ betreute KKU aktiv bei der Suche nach geeigneten Dienstleistern für betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuungsleistungen.

Zusammenfassung und Ausblick

Die Kleinbetriebsbetreuung ist eine komplexe Partitur, das Arrangement der einzelnen Instrumente herausfordernd: Unternehmerinnen und Unternehmer müssen mit geringer Zeit, begrenztem finanziellen Spielraum und fehlendem Vorwissen einen Berg an Aufgaben bearbeiten. Die Masse der KKU ist überwältigend. Die endemische Verbreitung – auch in ländlichen Gebieten – und der geringe Betreuungsumfang erschweren Fachleuten den direkten Zugang zu dieser Betriebsgrößenklasse. Hinzu kommt in einigen Branchen eine starke Fluktuation. Zudem schlägt der Fachkräftemangel in der Arbeitsmedizin deutlich durch und macht sich auch bei Fachkräften für Arbeitssicherheit allmählich bemerkbar.

Um die Zukunft der Kleinbetriebsbetreuung dennoch in der gewünschten Klangfarbe ertönen zu lassen, ist die Perspektive der entscheidende Faktor: Nicht der Blick auf die Defizite, sondern der Blick auf das Potenzial von KKU – mit Unternehmerinnen und Unternehmern im Mittelpunkt – ermöglicht neue Impulse für die betriebliche Praxis. Anstelle des einzelnen großen Wurfs zeigen die Anpassung der DGUV Vorschrift 2 und die Ergebnisse des Fachdialogs, wie verschiedene Projekte im Zusammenwirken zu schrittweisen Verbesserungen beitragen können. Eine vielversprechende Perspektive könnte darin bestehen, diesen Weg weiterzuverfolgen, dass nicht komplexe Regelungskontexte, sondern wirksame Maßnahmen im Betrieb in den Vordergrund gestellt werden. Dazu sind drei Kriterien für alle Beteiligten handlungsleitend: Kooperationsbereitschaft, Transparenz, Einfallsreichtum.