Herausforderungen und Lösungsansätze in der Berufskrankheitenpraxis

Im Rahmen der 8. BK-Qualitätssicherungstage widmeten sich Führungskräfte der Unfallversicherungsträger in einem Workshop häufig auftretenden Problemkonstellationen in der Berufskrankheitenpraxis. Die identifizierten Lösungsansätze sowie der konkrete Bedarf an Handlungshilfen für bestimmte Berufskrankheiten fließen nun in die zukünftige Arbeit der AG "BK-Einwirkung" ein.

Am 21. und 22. November 2019 fanden in Dresden die 8. BK-Qualitätssicherungstage statt. Seit 2001 richtet die DGUV diese Veranstaltung insbesondere für Führungskräfte der Unfallversicherungsträger aus und bietet somit regelmäßig die Möglichkeit zum trägerübergreifenden Erfahrungsaustausch rund um Fragen der Qualitätssicherung im Berufskrankheitenverfahren. 2019 stand unter anderem das Thema "DGUV-Handlungsempfehlung: Ermittlung und Bewertung der Einwirkung im Berufskrankheitenverfahren" im Fokus. Diesem Thema widmete sich ein eigener Workshop, der von Mitgliedern der DGUV-Arbeitsgruppe (AG) "BK-Einwirkung" organisiert und moderiert wurde.

Diese trägerübergreifende AG hat die Aufgabe, Aktivitäten im Zusammenhang mit der "DGUV-Handlungsempfehlung" zur Harmonisierung der Einwirkungsermittlung und -bewertung fortzuführen (sogenannte Projektstufe 2[1]). Die AG orientiert sich hierzu an den Vorschlägen, die die Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie Versicherten in der Selbstverwaltung der gesetzlichen Unfallversicherung erarbeitet haben ("Weißbuch der DGUV") und die in weiten Teilen vom Gesetzgeber bei der aktuellen Reform des BK-Rechts[2] berücksichtigt worden sind. Zu den Aktivitäten zählen unter anderem die Identifizierung von regelmäßig auftretenden Problemen bei der Ermittlung oder Bewertung von Expositionsbedingungen, die Entwicklung von einheitlichen Ermittlungs- und Bewertungsstandards (zum Beispiel zur BK-Nr. 2113 "Carpaltunnelsyndrom") sowie die Erstellung wichtiger Arbeitshilfen wie Expositionskataster (zum Beispiel zur BK-Nr. 2301 "Lärmschwerhörigkeit") oder Handlungsanleitungen (zum Beispiel zur BK-Nr. 2101 "Sehnenscheiden" und "Koxarthrose").

Die trägerübergreifende Arbeitsgruppe 'BK-Einwirkung' hat die Aufgabe, Aktivitäten im Zusammenhang mit der 'DGUV-Handlungsempfehlung' zur Harmonisierung der Einwirkungsermittlung und -bewertung fortzuführen.

Der von der AG gestaltete Workshop sollte genutzt werden, um direkt mit den handelnden Akteurinnen und Akteuren aus der Praxis relevante Probleme zu identifizieren, mögliche Lösungsansätze zu diskutieren und Impulse für die zukünftige Arbeit der AG mitzunehmen – und dies sowohl aus Sicht der BK-Sachbearbeitung als auch der BK-Ermittlung. Ferner sollte der Status quo der Nutzung von BK-Hilfen und BK-Informationen durch die Workshop-Teilnehmenden erfasst und daraus Konsequenzen für die Neu- und Weiterentwicklung von BK-Informationen abgeleitet werden.

Workshop "Ermittlung und Bewertung der schädigenden Einwirkung"

Insgesamt besuchten circa 90 berufserfahrene Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den Bereichen "Verwaltung" (64 Prozent) und "Prävention" (36 Prozent) den Workshop und diskutierten – verteilt auf vier Durchgänge à 45 Minuten – über die teils vorgegebenen, teils selbst gewählten Themen.

Die Bearbeitung der einzelnen Themen und die Abfrage von Meinungen aus dem Kreis der Teilnehmenden erfolgte über eine vom Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV (IAG) zur Verfügung gestellte, smartphone-gestützte Televoting-Technik, die die Ergebnisse jeweils unmittelbar für die Abstimmenden visualisierte. Nach Identifizierung der wichtigsten Themen pro Workshop-Runde wurden diese anschließend in der Gruppe diskutiert und die Ergebnisse auf Charts festgehalten. Die Moderationsteams in den einzelnen Workshop-Runden waren so zusammengestellt, dass die Moderierenden jeweils über Erfahrungen aus den Bereichen physikalischer Einwirkungen und Gefahrstoffe verfügten und flexibel auf die jeweiligen Rückmeldungen der Teilnehmenden reagieren konnten.

Im Folgenden sollen die wichtigsten Workshop-Ergebnisse vorgestellt werden.

Bei welchen Berufskrankheiten treten in der Praxis häufig Probleme auf?

Für die Abfrage "Haben Sie bei einer oder mehreren der folgenden Berufskrankheiten Probleme bei der Bearbeitung?" konnten die Teilnehmenden unter insgesamt 18 vorgeschlagenen Alternativen – einzelne BK-Nummern oder BK-Gruppen – mehrfach auswählen. Die Frage diente jeweils der Identifizierung von drei bis vier Schwerpunktthemen je Workshop-Runde, die in der anschließenden moderierten Diskussion aufgegriffen wurden. In den vier Durchgängen gab es insgesamt etwa 300 Rückmeldungen, die in Abbildung 1 zusammenfassend dargestellt sind.

"Haben Sie bei einer oder mehreren der folgenden Berufskrankheiten Probleme bei der Bearbeitung?" | © DGUV
Abbildung 1: Zusammengefasste Rückmeldungen der Workshop-Teilnehmenden zur Frage "Haben Sie bei einer oder mehreren der folgenden Berufskrankheiten Probleme bei der Bearbeitung?" ©DGUV

Aus den Rückmeldungen der Teilnehmenden ist ersichtlich, dass die BK-Komplexe "Aromatische Amine", "Atemwegserkrankungen", "Carpaltunnelsyndrom (CTS)", "Chrom", "Wirbelsäule", "Sehnenscheiden" und "Benzol" zu den am häufigsten genannten Problemkonstellationen in der BK-Bearbeitung gehören.

Konkrete Probleme und Lösungsvorschläge

Im Anschluss an die Abfrage konnten aus den unmittelbar zur Verfügung stehenden Ergebnissen die drei bis vier am häufigsten genannten Berufskrankheiten beziehungsweise Berufskrankheitengruppen von den Moderierenden aufgegriffen und zur Diskussion gestellt werden. Einleitend standen folgende Fragen im Vordergrund:

  • Welche konkreten Probleme treten in den genannten Fällen in der Praxis auf?
  • Gibt es gegebenenfalls passende Lösungsvorschläge, die trägerübergreifend aufgegriffen werden können?

Die Ergebnisse der anschließenden Diskussionen und die Konsequenzen, die die AG "BK-Einwirkung" daraus gezogen hat, sollen hier exemplarisch vorgestellt werden.

BK-Nr. 1301 (Aromatische Amine) 

Die BK-Nr. 1301 "Aromatische Amine" war die in allen vier Workshop-Runden am häufigsten genannte Berufskrankheit mit Schwierigkeiten in der BK-Ermittlung und der BK-Sachbearbeitung (vgl. Abbildung 1). Da in der Praxis häufig eine kombinierte Ermittlung der BK-Nrn. 1301 und 1321 ("Harnblasenkrebs durch PAK") durchzuführen ist, wurde letztere in die Diskussion mit aufgenommen.

Aus Sicht der BK-Ermittlung bestehen konkrete Probleme bei der Frage, ob geringe und geringste Einwirkungen im Sinne der BK-Nr. 1301 relevant sind, da zum einen keine Kriterien für anerkannte Mindestwerte vorliegen und zum anderen die Datenlage – auch wegen der teilweise lange zurückliegenden Einwirkungen – häufig unklar ist. In vielen Fällen sind die Arbeitsstoffe nicht die krebserzeugenden aromatischen Amine selbst, sondern vielfältige Farbsysteme und eingefärbte Zubereitungen, zu denen keine oder kaum wissenschaftliche Informationen zur Hautgängigkeit und Verstoffwechselung vorliegen. Erschwerend kommt hinzu, dass im Einzelfall kaum aufgeklärt werden kann, mit welchen Materialien gearbeitet wurde, ob diese zur Zeit des Umgangs die infrage kommenden Stoffe enthielten beziehungsweise ob Hautkontakt mit diesen Stoffen bestand. Als eine Lösung für diese Fragen kann die zur Zeit der Veranstaltung gerade aktualisierte Auflage des BK-Reports "Aromatische Amine" (BK-Report 1/2019) genannt werden. Der Report unterstützt bei der BK-Ermittlung unter anderem hinsichtlich der Identifizierung relevanter Produkte und Materialien in verschiedenen Branchen über die letzten Jahrzehnte. Bezüglich einer bisher fehlenden "Mindesteinwirkung" wäre dagegen eine Konsensfindung unter Einbindung fachwissenschaftlicher Expertise ein geeigneter Weg. 

Für die BK-Sachbearbeitung ist neben den bereits beschriebenen Schwierigkeiten bei der Quantifizierung und Einordnung der Einwirkung auch der offene BK-Tatbestand auf medizinischer Seite ein Grund, der die Durchführung des Feststellungsverfahrens erschwert. Neben Problemen bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) und möglichen Einwirkungen im Ausland wurde mehrfach die schwierige Ursachenabwägung zu konkurrierenden Faktoren, insbesondere dem Nikotinabusus, genannt. Da bisher keine Mindestdosis für die BK-Nr. 1301 zu verlangen ist, sollte zumindest trägerübergreifend eine einheitliche qualitative Beschreibung der Tätigkeiten mit zugehörigen Zeitanteilen Standard bei der Einwirkungsermittlung sein. Auf diese Weise wären auch Entscheidungen zur Zuständigkeit gemäß Vereinbarung über die Zuständigkeit bei Berufskrankheiten (VbgBK) leichter zu treffen. Hinsichtlich einer Verbesserung der Situation bei der MdE-Einschätzung wurde der Vorschlag unterbreitet, Fachleute aus Urologie oder Arbeitsmedizin hinzuzuziehen.

Die AG "BK-Einwirkung" hat sich inzwischen dieser Thematik angenommen mit dem Ziel, unter Berücksichtigung aktueller Erkenntnisse aus Forschung und Praxis einen trägerübergreifenden Standard zur Ermittlung bei der BK-Nr. 1301 zu entwickeln und in Form einer Handlungsempfehlung zur Verfügung zu stellen.

Die BK-Sachbearbeitung und die BK-Ermittlung wünschten sich einen verstärkten gegenseitigen Austausch. Weiterhin gilt es, das Verständnis füreinander zu fördern: Beide Bereiche sprechen zum Teil eine 'unterschiedliche Sprache', die BK-Sachbearbeitung eher vorschriftenorientiert, die BK-Ermittlung eher wissenschafts- und technikorientiert.

Atemwegserkrankungen BK-Nr. 4301 (allergisch) und BK-Nr. 4302 (toxisch)

Sowohl vonseiten der Prävention als auch der Verwaltung wurden die besonderen Herausforderungen in der Bearbeitung der Atemwegserkrankungen BK-Nr. 4301 ("Durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen …") und BK-Nr. 4302 ("Durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen …") berichtet. Dies wurde teilweise mit dem zum Zeitpunkt der BK-Verdachtsanzeige oftmals noch nicht klar umrissenen Krankheitsbild begründet.

Bei den obstruktiven Atemwegserkrankungen zeigen sich Schwierigkeiten bei der Ermittlung selbst, die viel Erfahrungswissen und teilweise auch chemisch-physikalische Kenntnisse erfordert, um eine zielgerichtete Einwirkungsbeschreibung zu erstellen. Für die irritativ-toxischen Einwirkungen ist es wichtig, ein ganzheitliches Verständnis des Ermittlungsumfangs und des Vorgehens während der Ermittlung sowie der Bewertung der Einwirkung zu entwickeln. Um hierzu weitere Lösungsansätze zu finden, wurde eine Unterarbeitsgruppe „Obstruktive Atemwegserkrankungen BK 4301/4302“ gegründet, um entsprechende Handlungsempfehlungen zu erarbeiten. Dabei sind je nach Zeitpunkt des Auftretens der Erkrankung auch Fragestellungen nach lange zurückliegenden Beschäftigungszeiten und Einwirkungen zu betrachten.

Weiterhin sollen immer wiederkehrende Fragen wie die Aussagekraft und Verwendung von Messergebnissen, das Bewerten von Stoffgemischen sowie die mögliche Relevanz von Arbeitsplatzgrenzwerten als Best-Practice-Empfehlungen miteinbezogen werden, um etwa den speziellen Anforderungen medizinischer Gutachten sachgerecht, aber auch einheitlich begegnen zu können.

Nicht zuletzt werfen die besonderen Herausforderungen, die durch die Reform des BK-Rechts und den Wegfall des Unterlassungszwangs für die zukünftige Prävention am Arbeitsplatz erforderlich sein werden, vielfältige neue Fragestellungen auf, für die aktuell in unterschiedlichen Arbeitsgruppen der DGUV nach konkreten Lösungen gesucht wird. Hier bietet sich insbesondere eine verstärkte Information über die bislang schon vorhandenen Angebote an Maßnahmen der Individualprävention (IP) wie den Atemwegssprechstunden sowie eine stärkere Vernetzung dieser Angebote an.

BK-Nr. 2113 (Carpaltunnelsyndrom, CTS)

Auch die Bearbeitung der BK-Nr. 2113 wurde von beiden Gruppen der Teilnehmenden als problematisch beschrieben. Aus Sicht der BK-Ermittlung wurden die sehr aufwendige Tätigkeitsanamnese und die komplexe Bewertung der Einwirkung mittels verschiedener Verfahren gemäß Handlungsanleitung und Anamnese-Software als Gründe für diese Einschätzung genannt. Darüber hinaus zählten auch Unklarheiten bei der Wahl des Ermittlungszeitraums sowie ein Mangel an geeigneten Katasterdaten und Branchenbeispielen zu Problemen in der Praxis. Als geeignete Lösungsansätze wurden der Ausbau an Katasterdaten sowie branchenbezogene Beispiele gefährdender Tätigkeiten angesehen.

Von der BK-Sachbearbeitung wurde zusätzlich die ungenaue Definition des geforderten engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen gefährdender Tätigkeit und Beginn der Erkrankung als Problem ergänzt. Die Festlegung von Konventionen und die Entwicklung eines verkürzten Ermittlungsverfahrens wären nach Meinung der Teilnehmenden wichtige Schritte, um die Situation deutlich zu verbessern.

Im Falle der BK-Nr. 2113 bestätigte der Workshop die Überlegungen der AG "BK-Einwirkung", die sich bereits zuvor mit dieser Berufskrankheit intensiv beschäftigt hatte. Als Ergebnis werden den Unfallversicherungsträgern eine auf aktuellen Forschungsergebnissen beruhende Handlungsempfehlung zum Carpaltunnelsyndrom (CTS) und eine neu konzipierte Anamnese-Software des Instituts für Arbeitsschutz der DGUV (IFA) zur Verfügung gestellt.

Berufskrankheiten-Wissen: Informationsquellen und Erfahrungsaustausch

Zum Abschluss jeder Workshop-Runde wurden die Teilnehmenden gebeten, die aus ihrer Sicht wichtigsten Informationsquellen für ihre tägliche Arbeit im BK-Verfahren anzugeben. Zur Auswahl standen 27 Alternativvorschläge, aus denen mehrfach per Smartphone-Voting ausgewählt werden konnte – von BK-Merkblättern und BK-Reporten über Fachtagungen und Seminare bis hin zum direkten Austausch mit Kolleginnen und Kollegen (siehe Abbildung 2). Im Ergebnis zeigt sich, dass der direkte Erfahrungsaustausch mit Kolleginnen und Kollegen als häufigste Informationsquelle angesehen wird – noch vor "offiziellen" Dokumenten wie der DGUV-Handlungsempfehlung, den BK-Merkblättern oder BK-Reporten. Auch trägerinterne Handlungshilfen wurden häufig genannt. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zu beachten, dass die Workshop-Teilnehmenden zu etwa zwei Dritteln der BK-Sachbearbeitung und etwa einem Drittel der BK-Ermittlung zuzuordnen waren und diese Gruppen durchaus unterschiedliche Informationsquellen nutzen. Weiterhin sind die vorgeschlagenen Alternativen nicht als gleichberechtigte Angebote zu verstehen, da sie unterschiedliche Zielgruppen ansprechen.

"Welche dieser Quellen zu BK-Informationen halten Sie für besonders wichtig?" | © DGUV
Abbildung 2: Rückmeldungen der Workshop-Teilnehmenden zur Frage "Welche dieser Quellen zu BK-Informationen halten Sie für besonders wichtig?"; Mehrfachnennungen waren möglich. ©DGUV

Da die Abfrage vorhandener Angebote nicht ausreicht, um eventuelle Informationsdefizite zu erkennen, wurden die Workshop-Teilnehmenden auch gefragt, welche zusätzlichen Informationsangebote sie sich wünschten. Die Abfrage erfolgte wiederum per Smartphone, Mehrfachnennungen waren möglich. Die Ergebnisse wurden unmittelbar visualisiert, wobei die Schriftgröße jeweils durch die Häufigkeit der Meldungen bestimmt wurde (siehe Abbildung 3).

"Welche zusätzlichen Informationsangebote wünschen Sie sich?" | © DGUV
Abbildung 3: Rückmeldungen der Workshop-Teilnehmenden zur Frage "Welche zusätzlichen Informationsangebote wünschen Sie sich?"; Beispiel aus einem Workshop-Durchlauf ©DGUV

Nach Auswertung der Rückmeldungen aus allen Workshopdurchläufen und dem Clustern ähnlicher Forderungen ließen sich verschiedene Schwerpunkte identifizieren, die zur gezielten Ausweitung des BK-Informationsangebots beachtet werden sollten: Stärkung des trägerübergreifenden Erfahrungsaustauschs, Ausbau einer zentralen Informationsplattform, Stärkung des Austauschs zwischen BK-Sachbearbeitung und BK-Ermittlung sowie ein verbessertes Angebot zu BK-spezifischen Themen in der trägerübergreifenden Aus- und Weiterbildung.

Einzelne Rückmeldungen sowie Anregungen zu diesen vier Themenkomplexen sollen im Folgenden dargestellt werden.

Trägerübergreifender Erfahrungsaustausch

Die Rückmeldungen der Teilnehmenden sprechen eindeutig dafür, Möglichkeiten des trägerübergreifenden Austauschs verstärkt anzubieten. Der auf diese Weise geförderte Erfahrungsaustausch bietet viele Möglichkeiten, die tägliche BK-Praxis zu erleichtern, indem beispielsweise bewährte Verfahrensabläufe übernommen oder Erfahrungen zu selten vorkommenden Berufskrankheiten weitergegeben werden können. Die Teilnehmenden fanden es auch wichtig, diesen Austausch nicht nur auf der Ebene der Führungskräfte zu fördern, sondern direkt auf der Ebene der BK-Bearbeitenden entsprechende Netzwerke zu bilden. Um den dabei anfallenden Reiseaufwand zu minimieren, könnte dieser Austausch zum Beispiel in Form regionaler "Stammtische" oder moderierter Chatangebote im UV-Net oder anderen geeigneten Plattformen organisiert werden. Mögliche Schwerpunktthemen sind einzelne BK-Nummern, Verfahrensabläufe, Einwirkungen an branchenfremden, aber gleichartigen Arbeitsplätzen oder die Anwendung der IFA-Anamnese-Software. Auf diese Weise könnte eine trägerübergreifende Plattform zum Erfahrungsaustausch entstehen, die sich durch das „Schwarmwissen“ der einzelnen Teilnehmenden auszeichnet.

Zentrale Informationsquelle(n) und Expositionskataster

Wie oben gezeigt, wurde die Frage, welche Informationsquellen von den Teilnehmenden als besonders wichtig erachtet werden, sehr vielfältig beantwortet. Einigkeit bestand hingegen bei den Vorstellungen und Wünschen für die zukünftige Arbeit.

Neben der bereits genannten Plattform für einen trägerübergreifenden Erfahrungsaustausch sollte das Angebot einer zentralen Informationsplattform mit dem gebündelten Wissen zu BK-Themen – ähnlich einer Wissenslandkarte – weiter ausgebaut werden. Auf diese Weise sollten zu einzelnen BK-Nummern beziehungsweise -Gruppen aktuelle Informationen und Verlinkungen abgerufen werden können. Insbesondere auf eine Zusammenführung der verschiedenen Informationsquellen sowie die Möglichkeit des Austauschs von technischen Erkenntnissen wurde großer Wert gelegt.

Darüber hinaus wurde im Workshop insbesondere die Wichtigkeit trägerübergreifender Expositionskataster betont. Die bisher existierenden Kataster werden als wertvolle Hilfe angesehen, sollten aber weiter ausgebaut und verbessert werden, so beispielsweise im Hinblick auf geeignete Recherchemöglichkeiten. Auch sollten alle Unfallversicherungsträger freien Zugriff auf diese Kataster haben.

Die AG "BK-Einwirkung" hat diese beiden Aspekte bereits aufgegriffen: In Zusammenarbeit mit dem IFA werden aktuell in der AG entwickelte oder überarbeitete Empfehlungen, Best-Practice-Beispiele oder Katastersammlungen im IFA-Ringbuch (UV-Net) trägerübergreifend zur Verfügung gestellt. Dazu wurde das IFA-Ringbuch überarbeitet und aktuelle Informationen lassen sich einfach unter der jeweiligen BK-Nummer abrufen.

Eine von den Teilnehmenden gewünschte trägerübergreifende Expertengruppe für Berufskrankheiten ist mit der AG „BK-Einwirkung“ bereits heute eingerichtet. Hintergrund der AG-Bildung war der Wunsch nach einer über alle Unfallversicherungsträger hinweg einheitlichen Vorgehensweise sowohl in der Ermittlung als auch in der Bewertung der verschiedenen Einwirkungen im BK-Verfahren. Somit ist auch die Forderung nach Ansprechpersonen zu bei einzelnen Unfallversicherungsträgern selten vorkommenden Berufskrankheiten oder nach einer Anlaufstelle für schwierige Sachverhalte heute schon teilweise erfüllt. Es ist derzeit geplant, dies in Zukunft zu verstärken und im Rahmen eines standardisierten Erfahrungs- und Wissensaustauschs eine derartige Anlaufstelle zentral anzubieten.

Schließlich bestand auch der Wunsch nach einer (anonymisierten) Fallsammlung für einzelne BK-Nummern. Dies könnte in Kombination mit der oben genannten Plattform für den Erfahrungsaustausch verwirklicht werden.

Aus dem von der AG 'BK-Einwirkung' organisierten Workshop auf den BK-Qualitätssicherungstagen 2019 ließen sich konkrete Anforderungen für zukünftige AG-Aktivitäten ableiten. In einem ersten Schritt wurden die Arbeitspakete "Aromatische Amine' und 'Atemwegserkrankungen' initiiert.

Verstärkter Austausch zwischen BK-Sachbearbeitung und BK-Ermittlung

Sowohl vonseiten der BK-Sachbearbeitung als auch der BK-Ermittlung wurde auch bei diesen BK-Qualitätssicherungstagen ein verstärkter gegenseitiger Austausch gewünscht. Weiterhin gilt es, das Verständnis füreinander zu fördern: Beide Bereiche sprechen zum Teil eine durchaus "unterschiedliche Sprache", die BK-Sachbearbeitung eher vorschriftenorientiert, die BK-Ermittlung eher wissenschafts- und technikorientiert.

Sicherlich gibt es verschiedene Ansätze, wie man die Zusammenarbeit von BK-Ermittlung und BK-Sachbearbeitung fördern und beide Bereiche stärker verzahnen kann. So wurden von den Teilnehmenden verschiedene Beispiele der Zusammenarbeit genannt, unter anderem:

  • regelmäßiger Erfahrungsaustausch zwischen beiden Bereichen, zum Beispiel in monatlich oder quartalsweise stattfindenden regionalen „Stammtisch“-Gesprächen
  • gemeinsame Schulungen beider Bereiche zu den einzelnen BK-Nummern, unter anderem mit Klärung von Problemen bei der abschließenden technischen Beurteilung
  • gemeinsame Fallbesprechungen zwischen beiden Bereichen
  • regelmäße gemeinsame (Fach-)Veranstaltungen beider Bereiche sowie
  • mehr direkter Austausch unter den Kolleginnen und Kollegen

Die Teilnehmenden waren sich einig, dass der kontinuierliche Austausch zwischen BK-Sachbearbeitung und BK-Ermittlung das Verfahren effizienter und freier von Missverständnissen werden lässt und somit zur Qualitätsverbesserung sowie Verkürzung von Laufzeiten beiträgt.

Darüber hinaus wurde auch ein verstärkter Austausch innerhalb der BK-Ermittlung beziehungsweise BK-Sachbearbeitung gefordert, sowohl trägerintern als auch trägerübergreifend. Dieser könnte beispielsweise über Chatangebote im Intranet oder UV-Net sowie über moderierte Internetforen erfolgen.

Verbesserte Aus- und Weiterbildung in BK-Themen

Es wurde übereinstimmend festgestellt, dass sich die Ausbildung von BK-Ermittelnden bei den einzelnen Unfallversicherungsträgern sehr unterschiedlich gestaltet. Auch in der Ausbildung der Aufsichtspersonen kommt der Themenschwerpunkt Berufskrankheiten, insbesondere die Ermittlungspraxis, aufgrund der Fülle der Ausbildungsinhalte häufig zu kurz. Dieser Aspekt wird noch dadurch verstärkt, dass stetig neue Berufskrankheiten in die Berufskrankheitenverordnung (BKV) aufgenommen werden. Neben der trägerübergreifenden Ausbildung findet die weitere BK-spezifische Ausbildung im Regelfall trägerintern statt, was im Hinblick auf die Spezifika bei einzelnen Unfallversicherungsträgern sinnvoll ist. Jedoch fehlen für die vertiefende trägerübergreifende Weiterbildung der BK-Ermittelnden derzeit adäquate und ausreichende Fortbildungsangebote. Zwar werden die Seminarangebote des IAG und die Anamneseschulungen des IFA häufig in Anspruch genommen, der Grundtenor im Workshop war jedoch, dass diese Angebote bei Weitem nicht ausreichen, insbesondere vor dem Hintergrund der Forderung nach einer trägerübergreifenden einheitlichen Ermittlung und Bewertung der Einwirkung.

Zur Verbesserung der Situation wurde vorgeschlagen, die trägerübergreifende Aus- und Weiterbildung der BK-Ermittelnden – analog zur Ausbildung von BK-Sachbearbeitenden – zu verstärken. Parallel dazu sollte der kontinuierliche Erfahrungsaustausch der BK-Ermittelnden trägerintern und übergreifend auf eine breitere Basis gestellt werden.

Zusammenfassung und Ausblick

Aus dem von der AG "BK-Einwirkung" organisierten Workshop auf den BK-Qualitätssicherungstagen 2019 ließen sich konkrete Anforderungen für zukünftige AG-Aktivitäten ableiten. Aufgrund der gesammelten Rückmeldungen wurden in einem ersten Schritt die Arbeitspakete "Aromatische Amine" und „Atemwegserkrankungen“ initiiert. Gleichzeitig konnten sich die Mitglieder der AG in der Wahl ihrer bisherigen Schwerpunkte wie der Entwicklung von Handlungshilfen für die BK-Nrn. 2101 ("Sehnenscheiden") und 2113 ("CTS") bestätigt sehen.

Neben spezifischen Problemen bei einzelnen Berufskrankheiten wurden auch Handlungsbedarfe bei allgemeinen BK-Themen im Workshop genannt, insbesondere zu den vier Themenkomplexen trägerübergreifender Erfahrungsaustausch, zentrale Informationsquellen und Expositionskataster, Erfahrungsaustausch zwischen BK-Sachbearbeitung und BK-Ermittlung sowie der trägerübergreifenden Aus- und Weiterbildung in BK-Themen. Aus diesen Hinweisen lassen sich weitere Anregungen für die Arbeit der AG "BK-Einwirkung", aber auch weiterer zuständiger Institutionen und Gremien aufnehmen.