Der neue IVSS-Leitfaden: Proaktive Steuerindikatoren für VISION ZERO

Mithilfe der neuen proaktiven Steuerindikatoren für die VISION ZERO-Präventionsstrategie haben Unternehmen jetzt die Möglichkeit, ihren Reifegrad im Bereich von Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden bei der Arbeit zu bestimmen und weiteren Erfolg systematisch zu planen und proaktiv zu steuern.

Der Weltkongress für Sicherheit und Gesundheit 2017 in Singapur bildete den Auftakt für die erste weltweite Präventionsinitiative der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS): die VISION ZERO-Strategie und die dazugehörigen „7 Goldenen Regeln“ zu deren Umsetzung im Betrieb. Dies war der Beginn einer weltweiten Erfolgsgeschichte, die weiter fortgeschrieben wird. Das jetzt in einem neuen Leitfaden der IVSS vorgestellte Konzept, zeigt mithilfe von 14 proaktiven Indikatoren, was im Bereich Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit schon gut läuft oder wo noch nachgesteuert werden kann. Es ergänzt und komplettiert die erfolgreiche Präventionsstrategie und die verfügbaren Werkzeuge für die unternehmerische Praxis.

Der nächste Schritt zur ganzheitlichen Präventionskultur

Damit trägt die IVSS einem vielfach geäußerten Wunsch aus der Wirtschaft Rechnung, denn in vielen Unternehmen hat sich die Erkenntnis bereits durchgesetzt, dass Fortschritte im Bereich Sicherheit und Gesundheit kaum noch zu erzielen sind, wenn man ausschließlich den traditionellen Weg beschreitet und die aktuelle Situation – oft getrennt nach Sicherheit und Gesundheit – retrospektiv anhand der erfassten Unfall- und Erkrankungszahlen bewertet.

Insofern ergänzen die proaktiven Steuerindikatoren die bisher etablierten zurückblickenden Kennzahlen. Mit dem vorgestellten Konzept macht die IVSS erstmalig den Vorschlag, sich von einer „individuellen“ Vorgehensweise in einzelnen Unternehmen aufeinander zuzubewegen und von den vielfältigen Vorteilen der „harmonisierten“ Steuerindikatoren zu profitieren. Die neuen Indikatoren wurden im Rahmen eines Praxisprojekts durch ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit intensiver Einbindung der Industrie und der Fachöffentlichkeit entwickelt. Sie haben zwar nicht den Anspruch eines verbindlichen Standards oder einer Norm, allerdings ist davon auszugehen, dass faktisch eine breite Wirkung erreicht werden kann.

Etabliert: der Blick zurück

Um Qualität und Erfolg im Arbeitsschutz zu messen und zu bewerten, konzentrierte man sich traditionell auf Arbeitsunfall- und Krankheitsstatistiken – die sogenannten „lagging indicators“. Diese „zurückblickenden Indikatoren“ sind ergebnisorientiert und liefern historische Daten über einen bestimmten Zeitraum. Beispiele hierfür sind gemeldete Unfälle und Verletzungen, krankheitsbedingte Fehlzeiten (zum Beispiel Krankheit, physische und psychische Gesundheitsprobleme), Schadenersatzforderungen, Vorfälle oder Beinaheunfälle, Vorruhestand und durch Fehlzeiten verlorene Produktionstage. Diese rückblickenden Indikatoren können zur Definition von Verbesserungszielen (zum Beispiel weniger Zwischenfälle oder Verringerung der krankheitsbedingten Fehlzeiten) verwendet werden, geben aber in der Regel keine Anhaltspunkte dafür, wie solche Ziele erreicht werden können.

Die Zukunft beeinflussen mit proaktiven Steuerindikatoren

Der folgerichtige nächste Schritt auf dem Weg zu einer ganzheitlichen Präventionskultur sind proaktive Steuerindikatoren (Proactive Leading Indicators, PLIs) für Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Mithilfe solcher nach vorne auf das aktive Tun gerichteten Kennzahlen wird es für Unternehmen und Organisationen möglich, ihr Präventionsmanagement und damit den Präventionserfolg kontinuierlich zu messen, zu steuern und zu verbessern. PLIs ermöglichen ein Benchmarking und die Erzeugung von Synergien zwischen Sicherheit, Gesundheit, Wohlbefinden und Produktivität.

Sie erfordern und unterstützen ein echtes Engagement des Topmanagements für die langfristigen Ziele der VISION ZERO: eine Produktion frei von Unfällen und arbeitsbedingten Krankheiten.

Proaktive Frühindikatoren spiegeln die umsetzbaren, aktuellen und laufenden Prozesse, Aktivitäten und Leistungen wider. Sie helfen, sich auf das Erkennen, Schaffen, Nutzen und Bewerten von Möglichkeiten zur kontinuierlichen Verbesserung zu konzentrieren. Auf diese Weise haben sie ein größeres Potenzial zur Generierung von Verbesserungen im Bereich von Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden (SGW). Proaktive Steuerindikatoren konzentrieren sich auf die Nutzung von Innovationen und die Beeinflussung des Wandels für eine Verbesserung von Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden. Die frühzeitige Berücksichtigung von SGW-Risiken (beispielsweise in der Konzeptionsphase oder bei der Beschaffung), die Entwicklung arbeitnehmer- und arbeitnehmerinnenfreundlicher Geschäftsmodelle und die Förderung einer lernenden Präventionskultur, in der soziale Unterstützung, Vertrauen, Gerechtigkeit und Offenheit wichtig sind, können sowohl intern zur Verbesserung von Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden als auch bei externen Geschäftsbeziehungen wie in Lieferketten, aber auch zu Benchmarking-Zwecken genutzt werden.

Proaktive Steuerindikatoren

  • haben prädiktiven Wert für die Leistung von SGW,
  • unterstützen beim Erkennen von Stärken und Schwächen,
  • geben Hinweise auf notwendige Verbesserungen,
  • ermöglichen Benchmarking und gegenseitiges Lernen.

Proaktive Steuerindikatoren und zurückblickende Indikatoren können ergänzend zueinander verwendet werden und müssen einander nicht ausschließen. Vergleicht man sie mit dem Autofahren, dann wären Steuerindikatoren das, was man durch die Windschutzscheibe vor dem Fahrzeug sieht, und zurückblickende Indikatoren das Geschehen im Rück- und in den Seitenspiegeln.

Das Fundament: VISION ZERO und die „7 Goldenen Regeln“

Im Rahmen des XXI. Weltkongresses für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2017 in Singapur stellte die IVSS ihre globale Strategie VISION ZERO der Öffentlichkeit vor (http://visionzero.global/).

VISION ZERO ist die erste weltweite Initiative für eine ganzheitliche Präventionskultur zum Wohle aller: der Unternehmen, der Beschäftigten, der Führungskräfte und der Gesellschaft. Wie im VISION ZERO-Logo zum Ausdruck kommt, baut die IVSS in ihrer VISION ZERO-Strategie ganz bewusst auf die drei Säulen Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden.

Sicherheit bei der Arbeit bezieht sich auf die aktive Förderung, Erhaltung und Nachhaltigkeit sicherer Arbeitsbedingungen und sicheren Verhaltens am Arbeitsplatz, damit die Beschäftigten an allen Arbeitsplätzen verletzungsfrei bleiben, sowie auf die aktive Prävention unsicherer Arbeitsbedingungen und plötzlicher und unerwarteter negativer Ereignisse wie Unfälle, Zwischenfälle und Beinaheunfälle.

Gesundheit bei der Arbeit, also die physische Gesundheit, bezieht sich auf die aktive Förderung, Erhaltung und Nachhaltigkeit gesunder Arbeitsbedingungen und gesunden Verhaltens am Arbeitsplatz, damit die physische Gesundheit und die Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten erhalten bleiben.

Wohlbefinden bei der Arbeit, also die psychische Gesundheit, bezieht sich auf die aktive Förderung, Erhaltung und Nachhaltigkeit gesunder psychosozialer Arbeitsbedingungen, damit die geistige Gesundheit der Beschäftigten und ihre Fähigkeit, produktiv und kreativ zu arbeiten, erhalten bleiben.

Das Projekt: Proaktive Steuerindikatoren für VISION ZERO

Heute haben sich bereits mehr als 12.000 Partnerinnen und Partner zu VISION ZERO bekannt, darunter über 8.000 der weltweit führenden Unternehmen. Und täglich werden es mehr. Viele dieser Unternehmen haben das Bedürfnis, ihre Leistungen im Bereich Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz einem Benchmarking zu unterziehen, um zu wissen, wo sie stehen. Allgemein anerkannte Steuerindikatoren zur Bestimmung des Reifegrades standen jedoch bisher nicht zur Verfügung. Folglich definierte jedes Unternehmen seine eigenen Maßzahlen. Dies machte ein Benchmarking unmöglich und behinderte das gegenseitige Lernen. Vielfach äußerten die Unternehmen gegenüber der IVSS den Wunsch, geeignete Steuerindikatoren als Teil der globalen VISION ZERO-Strategie zu entwickeln, um dieses Defizit zu beseitigen. Dieser Umstand war die Geburtsstunde für das neueste VISION ZERO-Werkzeug: die proaktiven Steuerindikatoren.

Wie sind wir bei der Entwicklung der Steuerindikatoren vorgegangen?

Von Anfang an bestand Einvernehmen, dass die proaktiven Steuerindikatoren branchenübergreifend anwendbar sein, auf dem bereits gegossenen VISION ZERO-Fundament aufbauen und mit intensiver Beteiligung der Wissenschaft und der Praxis erarbeitet werden müssen.

Das bedeutete, dass alle 14 Sektionen der IVSS für Prävention bei dem Projekt mitgearbeitet haben – ein echtes Gemeinschaftsprojekt. Im engeren Begleitkreis wirkten die Sektionen für Bauwirtschaft, Erziehung und Ausbildung, Elektrizität, Gas und Wasser, Information, Bergbau, Handel, Warenlogistik und Hafenumschlag sowie Transportwesen mit. Diese sieben Sektionen unterstützten auch die Finanzierung, weshalb ihnen ein besonderer Dank gebührt.

Die wissenschaftliche Projektgruppe

Mit der fundierten Erarbeitung der Steuerindikatoren wurde ein Team renommierter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beauftragt: Professor Gerard Zwetsloot (Niederlande), Dr. Pete Kines (Dänemark) und Professorin Stavroula Leka (Irland) in Zusammenarbeit mit Professor Aditya Jain (UK). Das Projekt wurde in den Jahren 2019 und 2020 umgesetzt.

Der Entwicklungsprozess

Zunächst wurden die wissenschaftliche Literatur und weitere Veröffentlichungen zum Beispiel von Berufsverbänden, nationalen Agenturen und der Industrie ausgewertet. Wie erwartet, konzentrierten sich Praxis und Forschung zu Leitindikatoren bisher stark auf die Sicherheit und viel weniger auf Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz.

Das Fachwissen, die Erfahrung der Projektgruppe und des IVSS-Lenkungsausschusses wurden ebenso genutzt wie Erfahrungen aus der Industrie und von internationalen Organisationen. Im Laufe des Entwicklungsprozesses bestand mehrfach die Möglichkeit, Entwicklungsschritte zu kommentieren und Input zu geben. Außerdem wurden Zwischenergebnisse bei mehreren Konferenzen der Fachöffentlichkeit präsentiert und zur Diskussion gestellt. An einer Online-Umfrage zu den Zwischenergebnissen nahmen Unternehmen und Organisationen aus mehr als 20 Ländern und 20 Branchen teil.

Das Ergebnis: 14 proaktive Steuerindikatoren für VISION ZERO

Nach mehreren Entwurfsstadien liegt das Projektergebnis nunmehr vor und kann über die Website http://visionzero.global/de kostenfrei und bereits in mehreren Sprachen abgerufen werden. Entstanden ist „VISION ZERO –Proaktive Steuerindikatoren – Ein Leitfaden zur Erfassung und zum Management von Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden bei der Arbeit“.

Abbildung 1 Die 14 proaktiven Steuerindikatoren für die „7 Goldenen Regeln“ von VISION ZERO | © Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS)
Abbildung 1 Die 14 proaktiven Steuerindikatoren für die „7 Goldenen Regeln“ von VISION ZERO ©Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS)

Der Leitfaden beschreibt insgesamt 14 proaktive Steuerindikatoren, die nach folgenden Gesichtspunkten ausgewählt wurden:

  • Proaktiver Charakter
  • Nützlich für regulatorische Vorgaben (Compliance)
  • Relevanz für Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden
  • Synergien zu den „7 Goldenen Regeln“ und zu SGW
  • Erwiesene Wirkung in der Praxis
  • Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Wirkung
  • Eignung für die qualitative Nutzung durch kleine Unternehmen
  • Leichte quantitative Erfassung
  • Für eine Quantifizierung der Ergebnisse geeignet
  • Für Kommunikationszwecke geeignet
  • Komplementär und gute Ergänzung zu den zurückblickenden Indikatoren
  • Nützlich für die Planung und strategische Ausrichtung von SGW
  • Gute Mischung von konventionellen und innovativen Indikatoren
  • Nützlich für die Verbesserung von Führungsstrukturen und Präventionskultur

Die Ziele, die Grundidee, gute Praxis, Anwendungsgrenzen und Empfehlungen zur Messung sind für jeden Indikator in einem Datenblatt beschrieben. Jeder Indikator ist für alle drei Bereiche: Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden anwendbar. Es ist zu empfehlen, die drei Bereiche einzeln zu betrachten, um nicht nur Sicherheit, sondern auch Gesundheit und Wohlbefinden angemessen zu berücksichtigen.

Abbildung 2: Zielsetzung der 14 Steuerindikatoren | © Zwetsloot/Kines/Ehnes
Abbildung 2: Zielsetzung der 14 Steuerindikatoren ©Zwetsloot/Kines/Ehnes
Abbildung 3: Datenblatt für den Steuerindikator 1.1 „Sichtbares Engagement der Führung“ | © Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS)
Abbildung 3: Datenblatt für den Steuerindikator 1.1 „Sichtbares Engagement der Führung“ ©Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS)

Für wen sind die proaktiven Steuerindikatoren gedacht?

Die Indikatoren sind für alle Unternehmen und Organisationen gedacht, die VISION ZERO eingeführt haben oder die Einführung in Erwägung ziehen. Sie sind sowohl für die Industrie als auch für Dienstleistungssektoren sowie für große oder mittelgroße Unternehmen nützlich. Auch kleine Betriebe können von den Indikatoren profitieren, weil sowohl die Anzahl als auch die Auswertestrategie flexibel an die Bedürfnisse des Betriebes angepasst werden können.

VISION ZERO erfordert vor allem das Engagement der Führungskräfte und Linienvorgesetzten. Die primäre Zielgruppe sind daher Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen, Führungskräfte sowie das obere und mittlere Management. Weitere Nutzergruppen sind aber auch Vertretungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie SGW-Fachleute.

Drei Optionen für den Einsatz der Steuerindikatoren

Bei der Verwendung der proaktiven Steuerindikatoren gibt es drei Möglichkeiten zur Anwendung:

Option 1: Die Checkliste

Option 1 ist die einfachste Art der Anwendung: Anhand einer einfachen Checkliste wird ermittelt, ob die Aspekte der ausgewählten Indikatoren innerhalb von Prozessen und Vorgehensweisen berücksichtigt werden. Getrennt nach Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden wird gezählt, wie häufig die entsprechenden Fragen mit „Ja“ beantwortet werden können. Aus dem prozentualen Anteil der „Ja“-Antworten wird dann der Reifegrad in Bezug auf VISION ZERO ermittelt. Diese Variante dürfte besonders für kleinere Unternehmen zum Einstieg geeignet sein.

Abbildung 4: Verwendung der Steuerindikatoren als Checkliste | © Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS)
Abbildung 4: Verwendung der Steuerindikatoren als Checkliste ©Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS)

Option 2: Die Häufigkeitsabschätzung

Hier wird die Häufigkeit geschätzt, mit der Maßnahmen von SGW-Prozessen systematisch und konsistent durchgeführt werden. Wie systematisch und wie konsistent bereits vorgegangen wird, wird anhand eines fünfstufigen Bewertungsrasters abgeschätzt. Diese Option kann auch für interne Vergleiche zwischen Abteilungen oder Standorten eines Unternehmens hilfreich sein, um alle Beteiligten einzubinden und Entwicklungsmöglichkeiten zu erörtern.

Option 3: Die quantitative Erfassung

Hierbei handelt sich um den weitgehendsten Ansatz, bei dem die wichtigsten Maßnahmen durch Häufigkeiten oder prozentuale Anteile quantitativ erfasst werden. Die Ergebnisse können für interne und externe Vergleiche, sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene, verwendet werden. Option 3 bedingt mehr Aufwand, was die Sammlung und Aufzeichnung von Daten für die Indikatoren betrifft.

Wie kommt man von 14 Indikatoren zu einem Gesamtergebnis?

Neben den Einzelbetrachtungen der Indikatoren interessiert natürlich auch das Gesamtergebnis, um den VISION ZERO-Reifegrad eines Unternehmens oder auch Veränderungen zu den vorherigen Messzeitpunkten beurteilen zu können. Der Leitfaden enthält hierzu verschiedene Vorschläge, die von der Darstellung von Einzelergebnissen bis hin zur komplexen Darstellung in einem Netzdiagramm reichen.

Die proaktiven Steuerindikatoren können nicht nur die Grundlage für wichtige Entscheidungen liefern, um das Ergebnis in den Bereichen Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden zu verbessern, sondern auch für Benchmarking-Zwecke in internen und externen Vergleichen verwendet werden.

Die passenden Indikatoren auswählen

Wenn die Berücksichtigung aller Indikatoren anfänglich zu herausfordernd erscheint, kann auch eine Auswahl getroffen werden. Der Leitfaden enthält hierzu Vorschläge, um für die jeweilige betriebliche Situation die Indikatoren mit dem größten Verbesserungspotenzial für Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden auszuwählen. Eine gute Strategie ist, zunächst den IVSS-Leitfaden zu den „7 Goldenen Regeln“ anzuwenden, um die Situation zu beurteilen. Werden beispielsweise Regel 1 und 5 als am wichtigsten erachtet, sollten die Indikatoren, die zu diesen goldenen Regeln gehören, vorrangig eingesetzt werden.

Beispielhaft werden für bestimmte Unternehmensgrößen und Zielsetzungen, aber auch für weitere Zielgruppen Vorschläge unterbreitet, wie ein Einsatz dieses neuen Instrumentariums für den jeweiligen Zweck gestaltet werden kann.

Gute Praxis für die Anwendung

Die Gesamtverantwortung für das neue Konzept der proaktiven Indikatoren sollte in einer Hand liegen. Die verantwortliche Person kümmert sich dann federführend um die Datenerhebung, um die Organisation des Erfassungsprozesses, um die Berichterstattung an die Führungsebene und um die interne Kommunikation der Ergebnisse.

Die verantwortliche Person sollte auch mit der Kompetenz ausgestattet sein, sicherzustellen, dass die mit dem jeweiligen Indikator verbundenen Maßnahmen, beispielsweise Kurzgespräche vor Arbeitsaufnahme, systematisch durch die Vorgesetzten umgesetzt werden.

Die meisten Indikatoren werden am besten monatlich gemessen. So können Trends und Entwicklungen im Zeitverlauf erkannt sowie Planung und Umsetzungsprozesse frühzeitig angepasst werden.

Welche Chancen bietet der Einsatz der proaktiven Steuerindikatoren für Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden?

Kleine Unternehmen können proaktive Steuerindikatoren einsetzen, um ihre Maßnahmen für Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden stärker ins Bewusstsein zu rücken – auch gegenüber Beschäftigten, Auftraggebenden sowie Kundinnen und Kunden.

Mittlere und große Unternehmen können quantitativ erfassen, welchen Reifegrad sie in Bezug auf VISION ZERO und die „7 Goldenen Regeln“ erreicht haben und wie weit eine Präventionskultur bereits verankert ist. Sie können die Kennzahlen auch für Benchmarking-Zwecke einsetzen, sowohl intern als auch extern.

Ein bekanntes Motto lautet: Was gemessen wird, wird auch erledigt. Obwohl VISION ZERO zu einem Prozess einlädt, der niemals endgültig erledigt ist, können die Indikatoren sicherlich dazu beitragen, dass die wichtigsten Maßnahmen zur Förderung von Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden nachhaltig umgesetzt werden.

Zwetsloot, G. I. J. M.; Leka S.; Kines, P.; Jain, A. (2020), Vision Zero: Developing proactive leading indicators for safety, health and wellbeing at work, in: Safety Science, Bd. 130, Oktober, Nr. 104890. Kostenloser Download unter: https://doi.org/10.1016/j.ssci.2020.104890

Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS): VISION ZERO – Proaktive Steuerindikatoren – Ein Leitfaden zur Erfassung und zum Management von Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden bei der Arbeit, ISBN 978-92-843-4212-9, Download unter: http://visionzero.global/sites/default/files/2020-09/4-VZ_Indicators2020.pdf