Hochschulen als Vorbilder für gute Arbeit – Integration von Sicherheit und Gesundheit in den Bildungsbereich

Wie können Hochschulen als traditionelle Träger von Innovationen und sozialem Fortschritt den aktuellen Herausforderungen begegnen? Eine internationale Arbeitsgruppe analysiert, wie Hochschulen mit ihren Bildungsprogrammen und ihrer Arbeitsorganisation zu guter Arbeit beitragen können.

Hintergrund

Arbeit und Beschäftigung stehen weltweit vor großen Herausforderungen. Diese betreffen alle Branchen und Bereiche, somit auch die Hochschulen. Eine der Herausforderungen bezieht sich auf die wirtschaftliche Globalisierung. Mit ihren grenzüberschreitenden Aktivitäten eröffnet sie eine ungeahnte Dynamik des Austauschs. Zugleich verschärft sie den transnationalen Wettbewerb um Fortbestand, Wachstum, Macht und Einfluss. Angetrieben wird die ökonomische Globalisierung durch eine Wirtschaftspolitik, die auf Deregulierung abzielt und damit zur Schwächung der sozialen Sicherheit von Beschäftigten beitragen kann. Eine wichtige Rolle spielt hierbei der Prozess der Flexibilisierung von Beschäftigungsverhältnissen. Er führt zu einer weitreichenden Aufweichung des traditionellen arbeitsrechtlichen Typus gesicherter Vollzeitbeschäftigung und leistet der Ausbreitung atypischer und teilweise prekärer Arbeitsbeziehungen Vorschub.

Von diesen Einflüssen der Globalisierung, die die verschiedenen Branchen und gesellschaftlichen Bereiche mit unterschiedlicher Härte treffen, bleiben auch die Hochschulen trotz der Vielfalt länderspezifischer Verfassungen nicht verschont. Dies zeigen auch hier beispielsweise ein wachsender Konkurrenzdruck und eine Intensivierung von Arbeitsprozessen, die Begrenzung öffentlicher Haushaltsmittel und das Vorherrschen von Zeitverträgen, aber auch das Auslagern von Dienstleistungen in Einrichtungen der Lehre und Forschung.

Mit der Digitalisierung ist eine zweite Herausforderung gegeben. Sie bedroht den Fortbestand mancher Berufsfelder und transformiert Inhalte sowie zeitliche und räumliche Rahmenbedingungen des Arbeitens auf radikale Weise. Noch scheint es verfrüht, die Reichweite dieses Prozesses sowie seine positiven und negativen Wirkungen in einzelnen Bereichen zu beurteilen. Sicher ist jedoch, dass mit der Ausbreitung des Onlinelernens und der digitalen Informations- und Kommunikationsflut auch in Hochschulen weitreichende Veränderungen der Beziehungen zwischen Lehrenden und Lernenden, Forschenden und anderweitig Beschäftigten eintreten. Diese Veränderungen werden aktuell durch eine dritte Herausforderung, die pandemische Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2, weiter vorangetrieben. Kontaktbegrenzungen mit definierten Regeln sozialer Distanzierung und virtuelle Lehrveranstaltungen prägen zunehmend den Alltag sämtlicher Bildungseinrichtungen einschließlich der Hochschulen. Zugleich nehmen Risiken der Vereinsamung und der psychischen Belastung zu, zusätzlich zu den Ansteckungsgefahren und dem Verlust an Lebensqualität.

Studierende im Hinblick auf ihre zukünftigen Führungsrollen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft mit den erworbenen Kenntnissen und Kompetenzen zu befähigen, sich für die Schaffung und den Erhalt guter Arbeitsbedingungen in ihren Berufsfeldern einzusetzen, ist eine gewaltige Aufgabe.

Was bedeuten diese Veränderungen und Herausforderungen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit weltweit? Können die Hochschulen, die traditionellerweise Träger von Innovationen und sozialem Fortschritt sind, hierzu neue Antworten finden und neue Impulse setzen? Zur Aufhellung dieser Fragen hat sich vor einigen Monaten eine internationale Arbeitsgruppe gebildet, deren Ziele, erste Ergebnisse und weitere Pläne hier kurz vorgestellt werden sollen.

Eine Arbeitsgruppe von ENETOSH

Das Europäische Netzwerk Aus- und Weiterbildung in Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (ENETOSH) hat die Integration von Sicherheit und Gesundheit auf allen Bildungsebenen zum Ziel. In den letzten 15 Jahren wurden über 1.000 Beispiele guter Praxis gesammelt, wie eine solche Integration gelingen kann. Dabei hat sich herausgestellt, dass Hochschuleinrichtungen aufgrund ihrer langen Geschichte und besonderen Struktur eine besondere Herausforderung für diese Aufgabe darstellen. Aus diesem Grund bildete sich im April 2018 eine Taskforce innerhalb von ENETOSH, die sich speziell mit dem Thema der Integration von Sicherheit und Gesundheit in die Hochschulbildung befasst. Vermittelt durch Lennart Levi (ehemals Karolinska Institut, Mitglied des Schwedischen Parlaments von 2006 bis 2010) wurde ENETOSH ein Jahr später für die Unterstützung einer Initiative zur Umsetzung des Themas "Menschenwürdige Arbeit und wirtschaftliche Entwicklung" an Hochschulen angefragt. Hieraus entstand im Januar 2020 eine Arbeitsgruppe, die im Juni 2020 offiziell in die Globale Koalition für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit aufgenommen wurde.[1]

Für die Entwicklung ihres konzeptionellen Rahmens hat sich die Arbeitsgruppe an den strategischen Zielen für eine nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals – SDG) der Vereinten Nationen (UN) orientiert.[2] Drei Ziele stehen dabei für die Arbeitsgruppe im Vordergund: SDG 8, 3 und 4. Mit dem achten Ziel mahnt die UN die Förderung eines umwelt- und ressourcenschonenden wirtschaftlichen Wachstums, produktiver Beschäftigungsverhältnisse und menschenwürdiger beziehungsweise guter Arbeit für alle an. Mit Blick auf den letztgenannten Gesichtspunkt stellt sich für Hochschulen die folgende Frage: Wie können sie mit ihren Bildungsprogrammen und dem Umfeld ihrer Tätigkeiten zu guter Arbeit beitragen? Das dritte UN-Ziel bezieht sich auf die Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden in allen Altersgruppen, und hier speziell in den Altersgruppen der Lernenden und Lehrenden. Mit dem vierten Ziel wird ein inklusives, gerechtes und lebenslanges Lernen anhand einer guten Bildungsqualität gefordert.

Auf dieser Basis hat sich die Arbeitsgruppe die folgenden Aufgaben gestellt: Erstens untersucht sie die Frage, wie Hochschulen ihre Absolventinnen und Absolventen auf die Aufgabe vorbereiten, sich in ihren zukünftigen Führungsrollen in Wirtschaft und Gesellschaft für die erwähnten UN-Ziele, und besonders für die Schaffung guter Arbeit, einzusetzen. Mit welchem Wissen und mit Blick auf welche Kompetenzen werden sie auf diese Aufgabe vorbereitet? Damit stellt sich eine zweite Frage: Bietet der Lernort Hochschule genügend Gelegenheiten, gute Arbeit im unmittelbaren Lern- und Tätigkeitsumfeld zu erfahren und zu erproben? Mit anderen Worten: Welche Möglichkeiten der aktiven Gestaltung ihrer Lern- und Arbeitskultur haben Studierende an Hochschulen? Werden hierbei die Anforderungen an die Entwicklung eines nachhaltigen Arbeitsschutzes und eines gesundheitsfördernden Umfeldes, die sich angesichts der eingangs erwähnten Herausforderungen stellen, berücksichtigt?

Mit ihren Bemühungen, Lern- und Arbeitsbedingungen im Hochschulbereich am UN-Ziel der Förderung guter Arbeit auszurichten und damit zugleich den Austausch mit betrieblicher Praxis und politischen Entscheidungsträgern zu intensivieren, hat die Arbeitsgruppe bereits ein wichtiges Teilziel erreicht.

Um diese Fragen bearbeiten zu können, hat die Arbeitsgruppe als Erstes ein internationales Netzwerk von Expertinnen und Experten aus den Bereichen Sicherheit, Gesundheit und Bildung aufgebaut. Die Mitglieder der Arbeitsgruppe kommen aktuell aus Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden, Spanien, Schweden, Simbabwe und den USA. Mit den hierüber verfügbaren vielfältigen Erfahrungen und Erkenntnissen wird der aktuelle Entwicklungsstand zu den erwähnten Fragen an ausgewählten Hochschulen erkundet, die bereits mit ihren Bildungsprogrammen und ihrer Arbeitsorganisation zu guter Arbeit beitragen, hierbei auf Gesundheit und Wohlbefinden von Studierenden und Beschäftigten achten und hierüber eine höhere Bildungsqualität anstreben. Dabei interessiert zum einen der Aspekt der Berücksichtigung der UN-Ziele in den Curricula relevanter Studiengänge. Diese betreffen neben den technischen Studiengängen auch die Fächer in den Geistes- und Sozialwissenschaften (inklusive Bildung, Politik, Wirtschaft, Recht, Kunst, Architektur) sowie Medizin und Pharmakologie. Darüber hinaus sind fakultätsübergreifende, gesamtuniversitäre Programme sowie universitätsübergreifende Partnerschaftsprogramme zu berücksichtigen.

Zum anderen sucht die Arbeitsgruppe – dem allgemeinen Ansatz von ENETOSH folgend – nach konkreten Beispielen, wie Sicherheit und Gesundheit in das tägliche Leben auf dem Campus integriert werden und eine Kultur der Fairness, des Vertrauens und des Respekts bei der Arbeit unterstützt wird. Es geht um die Identifizierung von Modellen guter Praxis zur Entwicklung einer Kultur der Prävention in Hochschuleinrichtungen. Das im Expertennetzwerk zusammengetragene Wissen wird durch eine Onlinebefragung ergänzt, die gezielt an tertiäre Bildungseinrichtungen, das heißt an Universitäten, Fachhochschulen, Berufsakademien und Fachschulen gerichtet wird.

Innovative Konzepte

Neben diesen Erkundungs- und Dokumentationsaufgaben richtet sich das Interesse der Arbeitsgruppe auf eine kritische Prüfung vorliegender Konzepte, an denen sich weitere Entwicklungen orientieren sollen. Diese Prüfung betrifft vor allem die folgenden drei Aspekte.

Erstens wird untersucht, wie sich der grundlegende Begriff der guten Arbeit ("decent work") auf überzeugende Art präzisieren lässt – ein Begriff, der in vielen politischen Verlautbarungen ohne nähere Beschreibung verwendet wird. Zweitens geht es um den curricularen Rahmen, der den Bildungsprogrammen, die sich mit dem achten und gegebenenfalls dem dritten Nachhaltigkeitsziel befassen, zugrunde liegt. Dabei sind alle drei von der UNESCO herausgestellten Bereiche von gleicher Bedeutung, die kognitive, die sozio-emotionale und die verhaltensbezogene Domäne.[3] Drittens stellt sich die Frage, ob zur Überprüfung der Kluft, die sich möglicherweise zwischen der Forderung, "gute Arbeit" in die Hochschulen zu integrieren, und der Realität an den Hochschulen auftut, ein angemessenes Evaluationskonzept zur Verfügung steht. Hierzu wurde ein erstes Prozessmodell entwickelt, das mit der Sammlung bereits bestehender curricularer Ansätze und organisationaler Maßnahmen beginnt, systematisch die Differenz zwischen dem realen und idealen Zustand ermittelt und schließlich Empfehlungen zu guten Modellen der Integration formuliert und international verbreitet.

Das Konzept guter Arbeit

Wie kann es gelingen, eine konsensfähige Beschreibung wesentlicher Merkmale guter Arbeit zu erreichen, die auch den eingangs beschriebenen Herausforderungen der Globalisierung, Digitalisierung und pandemischen Gefährdung Rechnung trägt? Die Arbeitsgruppe hat hierzu den Versuch unternommen, evidenzbasierte Kriterien aus der Forschungsliteratur zu führenden Einflussfaktoren von Arbeit und Beschäftigung auf die Gesundheit und das Wohlbefinden arbeitender Menschen herauszufiltern. Die folgenden zehn Merkmale werden dabei als zentral betrachtet:

Gute Arbeit

1. ... ist frei von Gesundheitsrisiken und Verletzungsrisiken, stärkt Sicherheit und Gesundheit als Menschenrecht

2. ... verhindert überlange Arbeitszeiten und gesundheitsschädliche Belastungen durch Schichtarbeit

3. ... bietet eine soziale Grundsicherung (Krankheit, Verletzung, Arbeitsplatzverlust, Ruhestand, Pflege) und angemessene Dienstleistungen im Bereich Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit

4. ... sorgt für faire Arbeitsverträge (gerechte Bezahlung, Erholung, Arbeitsplatzsicherheit)

5. ... bietet Optionen der Beteiligung, des Zugangs zu relevanten Informationen, der Kommunikation und der Entscheidungsfindung und ermöglicht eine kritische Reflexion über die Arbeit und die ihr zugrunde liegenden sozialen Werte

6. ... verhindert Diskriminierung und Belästigung und ermöglicht es den Menschen, nach einer Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren

7. ... stärkt gute Führung, Zusammenarbeit, angemessenes Feedback einschließlich der Anerkennung von Leistungen und vermittelt so die Erfahrung von Zugehörigkeit

8. ... fördert Optionen der Ausübung von Autonomie, Kontrolle und Verantwortung und stärkt so die Erfahrung der Selbstwirksamkeit

9. ... ermöglicht es den Beschäftigten, ihre Fähigkeiten durch Bildung, Training und berufliche Weiterbildung zu entfalten und dadurch das Selbstwert- und Erfolgserleben zu stärken

10. ... bietet eine nachhaltige, vertrauensvolle und verlässliche Beschäftigungssituation an und ermöglicht eine dauerhaft ausgeglichene Balance zwischen Arbeits- und Privatleben

Der curriculare Rahmen

Die UNESCO hat für jedes – und damit auch für das achte – Nachhaltigkeitsziel  einen speziellen Lernzielkatalog entwickelt, der sich an alle Bildungsebenen richtet. Die Arbeitsgruppe hat damit begonnen, entsprechende Kompetenzen von Hochschulabsolventen und -absolventinnen in Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu beschreiben. Hierzu gehören auf der Ebene des Wissens zum Beispiel die Fähigkeit zur Beurteilung grundlegender Merkmale des wirtschaftlichen Globalisierungsprozesses mit seinen Folgen für Umwelt und Beschäftigung, zur Einschätzung zentraler Auswirkungen der Digitalisierung und zur Abschätzung wirtschaftlicher, sozialer und gesundheitlicher Folgen der neuen Pandemiegefährdung. Ferner sollten Erkenntnisse zu den Zusammenhängen zwischen Arbeitsbedingungen und gesundheitlichen Risiken vorliegen und Verfahren der Gefährdungsbeurteilung sowie der Entwicklung und Implementation verhaltens- und verhältnisbezogener Programme gesundheitsförderdernder Arbeit bekannt sein.

Im sozio-emotionalen Bereich geht es zum Beispiel um die Fähigkeit zu gutem Führungsverhalten, um Teamfähigkeit sowie den vertrauens- und respektvollen Umgang mit Mitarbeitenden, die selbstkritische Überprüfung des eigenen Verhaltens einschließlich Offenheit gegenüber Kritik und die Bereitschaft zu einem produktiven Umgang mit Fehlern. Die Motivation, Sicherheit, Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden als ständiges Ziel im Arbeitsalltag zu berücksichtigen, sollte vorhanden sein. Die sechs Handlungsfelder der DGUV-Kampagne zur Kultur der Prävention in Betrieben und Bildungseinrichtungen stellen für diese Ebene eine gute Orientierungshilfe dar. Eng verbunden damit ist auf der Verhaltensebene die Fähigkeit, klar zu kommunizieren und zu kooperieren, arbeitsbezogene Gesundheitsuntersuchungen durchzuführen und zu bewerten sowie präventive Programme zur Förderung guter Gesundheit, unter besonderer Berücksichtigung von Anforderungen des Infektionsschutzes und seiner direkten und indirekten Folgen, zu entwickeln und umzusetzen.

Es ist ermutigend zu sehen, dass sich weltweit bereits mehr als 2.000 tertiäre Bildungseinrichtungen zu aktiver Arbeit an der Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele der UN in ihrem Wirkungsbereich verpflichtet haben.

Um die Nachhaltigkeitsziele in der Praxis Wirklichkeit werden zu lassen, sind zudem spezielle Schlüsselkompetenzen von Bedeutung: So müssen die Studierenden von heute und die Entscheidungsträger von morgen lernen, kritisch und ethisch zu denken, mit ethischen Dilemmata umzugehen und systemische Ansätze anzuwenden.[4][5] Letzeres bezieht sich auf die Fähigkeit, Beziehungen zu erkennen und zu verstehen und komplexe Systeme zu analysieren. Hierzu gehört auch darüber nachzudenken, wie Systeme in verschiedene Domänen eingebettet und an verschiedenen Maßstäben gemessen werden, sowie die Fähigkeit, Ungewissheit auszuhalten.[6]

Nächste Schritte

Mit ihren Bemühungen, Lern- und Arbeitsbedingungen im Hochschulbereich am UN-Ziel der Förderung guter Arbeit auszurichten und damit zugleich den Austausch mit betrieblicher Praxis und politischen Entscheidungsträgern zu intensivieren, hat die Arbeitsgruppe bereits ein wichtiges Teilziel erreicht. Im nächsten Schritt wird die Arbeitsgruppe direkten Kontakt zu ausgewählten Universitäten aufnehmen, die bereits über Erfahrungen mit der Implementation des SDG 8 und SDG 3 in disziplinäre, interdisziplinäre oder co-curriculare Programme verfügen oder Programme auf der organisationalen Ebene gestartet haben, die zur Entwicklung einer Kultur der Prävention beitragen und die Bildungsqualität an der Hochschule verbessern helfen. Hierfür wird ENETOSH mit weiteren Netzwerken, wie der IAU – International Association of Universities, dem Netzwerk der Internationalen Vereinigung der Universitäten der UNESCO, und dem Sustainable Development Solutions Network (SDSN), dem Netzwerk für nachhaltige Entwicklungslösungen, kooperieren. 

Es ist ermutigend zu sehen, dass sich weltweit bereits mehr als 2.000 tertiäre Bildungseinrichtungen (mehrheitlich Universitäten) zu aktiver Arbeit an der Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele der UN in ihrem Wirkungsbereich verpflichtet haben. Diese Aktivitäten werden von der IAU koordiniert, die unter anderem für jedes der 17 Ziele eine Mitgliedsuniversität ausgewählt hat, die die spezifischen Entwicklungen dokumentiert und den Austausch unter den Beteiligten fördert.[7][8] Nicht zuletzt kann die Globale Koalition für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, deren Mitglied die Arbeitsgruppe ist, insbesondere zur Verbreitung dieser Initiative in den Entwicklungs- und Schwellenländern beitragen und solche Hochschuleinrichtungen fördern, die sich um gute Arbeit verdient machen. 

Studierende im Hinblick auf ihre zukünftigen Führungsrollen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft mit den erworbenen Kenntnissen und Kompetenzen zu befähigen, sich für die Schaffung und den Erhalt guter Arbeitsbedingungen in ihren Berufsfeldern einzusetzen, ist eine gewaltige Aufgabe, bedenkt man die eingangs erwähnten ökonomischen, ökologischen und technologischen Herausforderungen an die Schaffung guter Arbeit für möglichst viele erwerbstätige und erwerbsfähige Menschen – Herausforderungen, die durch die COVID-19-Pandemie zusätzlich verschärft werden. Andererseits sind die positiven Wirkungen, die von Trägern des gesellschaftlichen Fortschritts ausgehen können, nicht zu unterschätzen – bedenkt man beispielsweise, dass gegenwärtig weltweit über 215 Millionen junge Leute an Universitäten studieren und bis zum Jahr 2040 ein Zuwachs auf über 500 Millionen Studierende vorausgesagt wird[9]. Mit ihrem Wissen und Handeln werden sie weitreichende Einflusschancen haben, eine nachhaltige Entwicklung zu gestalten. Zugleich werden in Gesellschaften, in denen der Wissensproduktion und -diffusion eine führende Rolle zukommt, die an den Hochschulen entwickelten Leitbilder und Praktiken kooperativer und respektvoller Arbeit in ihrer Vorbildfunktion gestärkt. Damit besteht die Hoffnung, dass sich eine Kultur der Prävention und der Sicherung guter Arbeit, ausgehend von diesem privilegierten tertiären Bildungsbereich, in weitere Domänen der Arbeitwelt ausbreitet.

Literatur

UN – United Nations: Transforming our world: the 2030 Agenda for Sustainable Development, New York 2015: https://sustainabledevelopment.un.org/content/documents/21252030%20Agenda%20for%20Sustainable%20Development%20web.pdf (abgerufen am 05.10.2020)

UNESCO – United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization: Education for Sustainable Development Goals – Learning Objectives, Paris 2017: https://www.unesco.de/sites/default/files/2018-08/unesco_education_for_sustainable_development_goals.pdf (abgerufen am 05.10.2020)

Levi, L.; Rothstein, B.: To Cope with Present and Future Catastrophic Risks, Higher Education Must Train Future Decision Makers to Think Critically, Ethically and in Systems. In: World Academy of Arts and Sciences Rome Conference Proceedings, Rome 2018, S. 13–15: http://worldacademy.org/files/rome2017/papers/RCP-complied-papers.pdf (Zugriff am 05.10.2020)

Levi, L.: Stressors at Work and Elsewhere – A Global Survival Approach. In: The European Journal of Workplace Innovation, Agder/Norwegen 2020 (im Druck)

Toman, J.: The IAU’s Cluster on Higher Education and Research for Sustainable Development, Paris 2020: https://www.iau-aiu.net/IMG/pdf/iauhesdcluster_july2020.pdf (abgerufen am 07.10.2020)

Calderon, A. J.: Massification of Higher Education Revisited, Melbourne 2018: http://cdn02.pucp.education/academico/2018/08/23165810/na_mass_revis_230818.pdf (abgerufen am 07.10.2020)