„Führung im Fokus“ – Bericht aus der Praxis der DGUV

Führung ist entscheidend für die Zufriedenheit, den Zusammenhalt der Mitarbeitenden und deren Bindung an die Organisation. Deshalb wurde das Thema „Führung“ in der DGUV ins Blickfeld gerückt und 2021 mit dem Prozess „Führung im Fokus“ gestartet.

Führung im Fokus“ steht auch für einen Kulturwandel. Denn es handelt sich nicht um ein einzelnes, terminiertes Projekt, sondern um ein fortlaufendes Angebot. Angesprochen werden Führungskräfte, unabhängig davon, ob sie drei Monate oder 30 Jahre in der Führungsrolle sind. Alle können dazu- und voneinander lernen. Daher sollte das Thema Führung auch regelmäßig in den Fokus gerückt werden.

Der aktuelle Prozess gliedert sich in drei Phasen (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Die Phasen des Prozesses „Führung im Fokus“ | © Eigene Darstellung, DGUV
Abbildung 1: Die Phasen des Prozesses „Führung im Fokus“ ©Eigene Darstellung, DGUV

Im ersten Jahr waren folgende Schritte zentral:

  • Interviews mit Führungskräften
  • Durchführung einer offenen Abfrage (über das Online-Tool „Flinga“) zu Erfahrungen, Werkzeugen und Glaubenssätzen der Führungskräfte
  • Entwicklung eines gemeinsamen Führungsverständnisses

Die Entwicklung des gemeinsamen Führungsverständnisses war ein erster wichtiger Meilenstein. Es beinhaltet wichtige Werte, die mit den Führungskräften zusammen identifiziert und diskutiert wurden. Es sollte kein Dokument werden, das in der Schublade verschwindet, sondern das gelebt, diskutiert und beizeiten auch wieder überarbeitet wird. Beispielsweise können die Hashtags (siehe Abbildung 2), die für zentrale Werte stehen, als Arbeitsgrundlage in Teamsitzungen besprochen werden. Die Anfangsphase wurde durch ein externes Beratungsunternehmen begleitet. 2022 folgte eine weitere Phase, der eine größere Ausschreibung voranging.

Diese Phase beinhaltete unter anderem:

  • eine virtuelle Auftaktveranstaltung
  • Präsenz-Workshops für Führungskräfte aller Ebenen
  • virtuelle Follow-ups für alle Führungskräfte

Die Workshops hatten das Führungsverständnis, den Umgang mit Führung („Wie führe ich?“ – „Wie will ich geführt werden?“) und erste Werkzeuge sowie den Austausch im Fokus. Die Teilnahme war 2022 obligatorisch und die Gruppen gemischt, unter Beachtung des Standorts, der Führungsebene und der Abhängigkeitsverhältnisse. Von Beginn an konnten die Führungskräfte ein Transfercoaching buchen; hierfür stehen nach wie vor fünf Coaches zur Verfügung, virtuell und in Präsenz. Dazu kommen Teambuilding-Angebote.

Diese Phase konzentrierte sich stärker auf persönliche Reflexion und Transfer (siehe Coaching-Angebote) sowie kollegialen Austausch. Auch diese Angebote sind fortlaufend. Seit 2023 werden themenspezifische Workshops in Präsenz angeboten. Themenschwerpunkte sind beispielsweise „Delegation“, „Kommunikation“ sowie „Change-Management“. Die Themen wurden bedarfsgerecht geplant. Sie resultieren aus vorangegangenen Angeboten und einer Abfrage nach Präferenzen. Die Teilnahme ist freiwillig und die Resonanz auf die Angebote ist sehr gut.

Abbildung 2: Hashtags im Führungskräfteprozess | © Eigene Darstellung, DGUV
Abbildung 2: Hashtags im Führungskräfteprozess ©Eigene Darstellung, DGUV

Was ist in Planung?

Um Führung im Fokus zu behalten, werden unterschiedliche praxisnahe Angebote entwickelt und vorbereitet. 

Hierzu gehören:

  • das Befüllen eines „Werkzeugkastens“ mit Handlungshilfen für Führungskräfte
  • Angebote für alle und speziell für neue Führungskräfte
  • neue (kollegiale) Austauschformate im Jahr 2024 und vieles mehr

Während zu Beginn die Inhalte für alle gleich waren, um mit allen Führungskräften an den Start zu gehen, wurde im fortschreitenden Prozess individueller und spezifischer gearbeitet.

Für jede Führungskraft liegt hierin eine große Chance: neue Möglichkeiten der persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung, gegenseitiger Austausch und in Voneinander-Lernen durch individuelle Entwicklungs- und Unterstützungsangebote. Indem Führungskräfte sich darauf einlassen, ihre Führungsarbeit kontinuierlich weiterzuentwickeln, leisten sie einen wertvollen Beitrag zur Zufriedenheit und Gesundheit ihrer Mitarbeitenden und zum Erreichen der Ziele der DGUV.

Praxiserfahrung und Tipps

„Führung im Fokus“ erzeugte von Anfang an Zustimmung und Widerstand. Das teilt dieser Kulturwandel-Prozess mit allen Veränderungsprozessen. Jedoch überwiegt die positive Haltung, das Thema Führung noch stärker in den Fokus zu nehmen und sich auf diesen Entwicklungsprozess einzulassen.

Führung ist keine leichte Aufgabe. Es ist wichtig, Führungskräfte zu stärken und ihnen wirksame Werkzeuge an die Hand zu geben. Das erkennen und schätzen viele Führungskräfte.

Parallel sind Begleitung und Beratung, intern wie extern, sinnvoll.

Es ist sicherlich immer gut abzuwägen, ob in einem solchen Prozess ein Pflichtprogramm (hier im ersten Jahr Auftakt und Workshops) die Motivation fördert und wirksam ist. In der DGUV arbeiten zahlreiche Führungskräfte stark fachlich; ihnen bleibt oft wenig Zeit für Führung und entsprechend für unterstützende Angebote. Vor diesem Hintergrund war es in dem Moment die richtige Vorgehensweise. Alle sollten gemeinsam starten, ein gemeinsames Verständnis entwickeln, ins Gespräch kommen.

Im nächsten Schritt des Projektes war die Freiwilligkeit richtig. Insbesondere eine persönliche Interaktion wie das Coaching kann nur mit vorhandenem Eigeninteresse und Motivation wirksam sein.

Wesentlich ist, dass der Prozess transparent kommuniziert, zielorientiert und offen begleitet und gestärkt wird. Es war wichtig, dass auch und gerade die oberste Führungsebene ihre Zustimmung und Unterstützung für „Führung im Fokus“ zeigte und selbst an den Terminen teilnahm.

Es zeigt sich, dass die Workshops in Präsenz besser bewertet wurden als die virtuell durchgeführten. Dies ist ein klares Ergebnis der Evaluation. Vor allem der Austausch litt im virtuellen Format. Hier ist eine klare Empfehlung, für vergleichbare Projekte Präsenztermine zu wählen. In diesem Fall gingen die Workshops mittags bis mittags und wurden an einem DGUV Standort durchgeführt.

Beim Führungsverständnis wurde das „Konsentprinzip“ angewendet, die Besonderheit an dem Verfahren: Der Konsent ist ein Format zur Entscheidungsfindung in Gruppen. Im Gegensatz zum Konsens brauchen nicht alle dafür zu sein, tragen die Entscheidung aber mit. Eine Entscheidung gilt, solange niemand einen schwerwiegenden Einspruch hat. Ein spannender Diskussions- und Entscheidungsfindungsprozess.

Das Transfercoaching war und ist das individuell erfolgreichste Element von „Führung im Fokus“. Transfer impliziert, dass es einen roten Faden gibt: Es werden Themen in den Workshops besprochen und im Coaching weitergeführt und individualisiert. Das Angebot wurde bereits von 50 Prozent der Führungskräfte wahrgenommen, teilweise mehrfach, in Präsenz und online. Wesentlich ist hier, dass die Inhalte zwischen Coach und Coachee bleiben. Das Coaching basiert auf Vertrauen und Vertraulichkeit. Die Themen sind nicht vorgegeben und können von den Coaches ohne Rückschluss gesammelt und wieder in Themenworkshops eingebunden werden, wenn sich Ballungen bei verschiedenen Themen zeigen.

Ein verstärkter Bedarf an Unterstützung zeigt sich auch beim Teambuilding – möglicherweise intensiviert durch die Coachings. Alle Führungskräfte, die mit ihrem Team an Themen arbeiten möchten, werden hierbei unterstützt. Weitere Formate sind in Arbeit, interne Angebote kommen hinzu.

Intern sollte jederzeit transparent sein, warum der Prozess angestoßen wurde und was gerade passiert. In der DGUV hat es sich bewährt, den Prozess mit allen Schritten im Intranet nachvollziehbar abzubilden, alle zu informieren und mitzunehmen, auch die Kolleginnen und Kollegen ohne Führungsverantwortung. Eine Anlaufstelle zu bieten, ist ebenfalls sinnvoll.