Dekarbonisierung und Arbeitsschutz am Beispiel erneuerbarer Energien

Klimaveränderungen infolge der globalen Erwärmung gefährden Ökosysteme und die Sicherheit und Gesundheit von Menschen zunehmend – auch bei der Arbeit. Dekarbonisierung durch erneuerbare Energien wirkt dem Klimawandel entgegen. Welche Herausforderungen dabei für den Arbeitsschutz entstehen und wo er anknüpfen kann, um ihnen zu begegnen, beschreibt dieser Artikel.

Der Klimawandel ist in vollem Gange. Ursachen sind die massive Nutzung und Verbrennung fossiler Energieträger seit Beginn der Industrialisierung und eine intensive Landwirtschaft, gepaart mit der Gefährdung natürlicher Kohlenstoffsenken durch die Abholzung und Rodung von Wäldern und die Trockenlegung von Mooren.[1][2] Europa ist der sich am schnellsten erwärmende Kontinent.[3] Folgen sind schon jetzt spürbar:

Das Jahr 2023 war in Europa das zweitwärmste (nach 2020) seit Beginn der Aufzeichnungen. Süd- und Osteuropa litten unter überdurchschnittlicher Trockenheit; in weiten Teilen Europas kam es zu Hitzewellen – oft ohne nennenswerte nächtliche Abkühlung. Großflächige Waldbrände ereilten Portugal, Spanien, Italien und Griechenland. Im Sommer traten sowohl im Atlantik westlich von Irland und rund um Großbritannien als auch im Mittelmeer Hitzewellen auf, bei denen die Meeresoberflächentemperatur um 5,5 Grad Celsius über dem Durchschnitt lag. Gleichzeitig fiel in Deutschland und im übrigen Nordwesteuropa überdurchschnittlich viel Niederschlag. Hochwasserkatastrophen traten in Italien (540 Quadratkilometer überflutet), Slowenien (1,5 Millionen Menschen betroffen), Norwegen, Schweden, Griechenland (700 Quadratkilometer überflutet), Bulgarien und der Türkei auf. In Deutschland fielen im Dezember des vergangenen Jahres regional 170 bis 218 Prozent mehr Niederschläge als üblich. Die Folge waren regionale Überschwemmungen und Hochwasser.[4]

Dekarbonisierung: Realisierung mit Arbeitsschutzfolgen

Ziel der Dekarbonisierung ist es, die Freisetzung von Treibhausgasen zu reduzieren und bis zum Jahr 2100 eine globale Erderwärmung von mehr als 1,5 Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit (1850 bis 1900) möglichst zu verhindern. Denn die Höhe der aktuellen und zukünftigen globalen Treibhausgasemissionen bestimmt maßgeblich, wie sehr die Klimaveränderungen fortschreiten sowie ob und wann kritische Schwellenwerte erreicht werden, die zu irreversiblen Veränderungen im Klimasystem der Erde führen können.

Die Dekarbonisierung ist ein komplexes Vorhaben, das sich vor allem in den großen Sektoren Strom, Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft vollziehen muss, damit die von der Bundesregierung angestrebte Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 erreicht werden kann.[5] Säulen der Dekarbonisierung sind:

  • der Ausbau erneuerbarer Energien (EE)
  • die Verbrauchsreduktion, zum Beispiel durch Verzicht oder emissionsärmere Alternativen (Energieeffizienz, Ressourceneffizienz, Kreislaufwirtschaft)
  • die Abscheidung und Speicherung von Treibhausgasen und
  • der Schutz und die Wiederherstellung natürlicher Kohlenstoffsenken (zum Beispiel Aufforstung, Wiedervernässung von Mooren)

Der Dekarbonisierung in der Energieerzeugung kommt aufgrund der Abhängigkeiten der anderen Sektoren von grünem Strom eine Schlüsselrolle zu.

Erneuerbare Energien: Erzeugung

Zu den EE zählen Windenergie, Solarenergie, Biomasse, Wasserkraft und Geothermie.[6] Der Anteil EE am deutschen Endenergieverbrauch betrug im Jahr 2023 sektorübergreifend 22 Prozent (+1,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr). Knapp die Hälfte davon wurde aus Biomasse erzeugt, 28 Prozent aus Wind, 14 Prozent aus Photovoltaik (PV) und Solarthermie, fünf Prozent aus Geothermie und vier Prozent aus Wasserkraft. Bis zum Jahr 2030 soll der Anteil EE am deutschen Endenergieverbrauch auf 40 Prozent steigen.[7]

Im Stromsektor erhöhte sich der Anteil EE am Bruttostromverbrauch im Jahr 2023 durch den Zubau von Erzeugungskapazitäten, bessere Witterungsverhältnisse und einen verminderten Gesamtstromverbrauch auf 51,8 Prozent. Damit lag er 5,6 Prozent über dem Wert des Vorjahres. Bis 2030 will Deutschland einen Anteil von 80 Prozent erreichen.[8][9] Dazu müssen

  • Wind- und Solarenergie dreimal schneller ausgebaut werden als bisher[10];
  • aktuell 20 bis 25 Jahre alte Windenergieanlagen (WEA) und PV-Anlagen erneuert sowie
  • Stromnetze ertüchtigt und ausgebaut werden;
  • biogene Rest- und Abfallstoffe verstärkt zur Energieerzeugung genutzt[11] und
  • Biogasanlagen zu hochflexiblen Spitzenlastkraftwerken umgerüstet werden, die bei Dunkelflaute einspringen[12]

Im Wärmesektor (einschließlich Kälteerzeugung) soll der Anteil EE bis 2030 von knapp 19 auf 27 Prozent steigen.[13] Im Jahr 2045 sollen Gebäude in Deutschland klimaneutral sein durch

  • die flächendeckende Nutzung von EE (zum Beispiel Solarthermie, Power-to-Heat mittels Wärmepumpen, Feuerungsanlagen für feste Brennstoffe),
  • Fernwärme und grünen Wasserstoff im Wärmesektor,
  • Gebäudesanierungen und Verbrauchsreduktion.[14][15]

EE im Wärmesektor stammt bislang fast ausschließlich aus Biomasse. Geothermie, Umweltwärme und Solarthermie spielen mit 17 Prozent eine noch untergeordnete Rolle[16], werden den Ausbau der EE im Wärmesektor aber primär bestimmen.

Im Verkehrssektor lag der Anteil EE im Jahr 2023 bei 7,3 Prozent. Davon entfielen nur 18 Prozent auf Strom aus EE und der gesamte Rest auf Biokraftstoffe.[17] Bis 2030 soll sich der Anteil EE im Verkehrssektor (Straße und Schiene) mehr als vervierfachen[18], im Wesentlichen durch:

  • Elektrifizierung des Straßen- und Schienenverkehrs und Mikromobilität
  • Nutzung alternativer Kraftstoffe (zum Beispiel Wasserstoff, Methan, Ammoniak)

Die Gefährdungen für die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, die durch die Nutzung von Wind- und Solarenergie entstehen, wurden bereits im DGUV Forum 1/2023 dargestellt. Im Umgang mit Biogasen besteht Explosions-, Brand- und Erstickungsgefahr.[19][20][21] Hohe Konzentrationen dieser Gase können zu Vergiftungen, Kopfschmerzen, Schwindel, Reizung des Atemtraktes und der Schleimhäute sowie Erbrechen führen. Körperliche Beeinträchtigungen als Expositionsfolge können Abstürze begünstigen. Weitere Gefahren beim Arbeiten in Biogasanlagen sind Verbrennungen, elektrische Risiken, Lärmbelastungen sowie Kollisionsrisiken im innerbetrieblichen Verkehr.[22]

Feste Biomasse (zu vergärendes Substrat oder Gärreste) enthält Mikroorganismen, die in sehr hohen Konzentrationen sensibilisierend und/oder toxisch wirken und Infektionskrankheiten auslösen können.[23][24] Risiken von Holzpelletlagern sind gesundheitsgefährdende Konzentrationen von Kohlenmonoxid und Explosion durch Staubentwicklung zum Beispiel beim Befüllvorgang.[25][26]

Nur bei der Energiegewinnung durch tiefe Geothermie und einem hohen Salzgehalt der Tiefenwässer kann es in Geothermie-Anlagenteilen zu Ablagerungen mit erhöhter Radioaktivität kommen. Persönliche Schutzausrüstung (PSA) kann zur Expositionsminderung beitragen. Da Geothermie eine junge Technologie ist, fehlen zum jetzigen Zeitpunkt Erfahrungswerte über standardisierte Verfahren der Verwertung oder Beseitigung der Ablagerungen.[27]

Erneuerbare Energien: Speicherung

Überschüssiger Wind- und Solarstrom wird durch die Umwandlung in grünen Wasserstoff verwertbar. Dazu benötigt wird Wasser, das per Elektrolyse in sogenannten Power-to-Gas-Anlagen mithilfe elektrischer Energie (der überschüssigen EE) in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird. Voraussetzungen für die Umwandlung von überschüssiger EE in grünen Wasserstoff sind der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur und der Hochlauf des Wasserstoffmarktes. Daher plant die Bundesregierung bis 2030 eine Erhöhung der Elektrolysekapazität von 57 Megawatt auf zehn Gigawatt.[28][29] Zudem soll bis 2027/2028 ein Startnetz von 1.800 Kilometern Länge aus umgestellten oder neu gebauten Wasserstoffleitungen aufgebaut und bis 2030 mit EU-Nachbarstaaten verbunden sein. Bis 2032 soll ein 11.000 Kilometer langes deutsches Wasserstoff-Kernnetz alle großen Wasserstoff-Einspeiser mit allen großen Verbrauchern verbinden.[30] In das Wasserstoffnetz integriert werden sollen bestehende Erdgastransportleitungen, die auf den Wasserstofftransport umgestellt werden. Da Deutschland auch weiterhin auf Importe von Wasserstoff und seinen Derivaten angewiesen bleibt, müssen Importterminals an deutschen Küsten aufgebaut werden, um Schiffstransporte zu empfangen, und leistungsfähige Pipelines in Betrieb genommen werden. Insgesamt braucht es „eine eng abgestimmte sektorübergreifende Planung zwischen Strom-, Gas-, Wasserstoff-, Verkehrs- und Wärmenetzen“[31]. Der elektrolytisch gewonnene grüne Wasserstoff soll als Energieträger in energieintensiven Industrien, bei schweren Nutzfahrzeugen sowie im Luft- und Schiffsverkehr zum Einsatz kommen, da er auch zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe, sogenannter E-Fuels, verwendet werden kann[32]. Die größte Rolle für sicheres Arbeiten beim Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur spielt die Kontrolle von Explosions- und Brandgefahren. Mehr Informationen zu Gefährdungen und Schutzmaßnahmen finden sich im DGUV Forum 6/2022.

Überschüssige EE können auch in Batterien von Elektrofahrzeugen gespeichert werden. Perspektivisch kann der gespeicherte Strom über Vehicle-to-Grid-Technologien (V2G) wieder in das Stromnetz zurückgespeist werden. V2G kann Schwankungen im Netz ausgleichen, befindet sich aber in Deutschland noch im Entwicklungsstadium und bedarf der Zusammenarbeit von Automobilherstellern, Energiewirtschaft und Wissenschaft.[33] Risiken im Zusammenhang mit Lithium-Ionen-Batterien sind Brände, Explosionen, Gefahrstoffexpositionen und elektrische Gefährdungen. Sie sind bereits im Fokus des Arbeitsschutzes.[34]

Speichertechnologien erhöhen die Energieeffizienz und die Flexibilität im Netz. Sie reduzieren den Stromnetzausbau und die damit verbundenen Investitionen.

Erneuerbare Energien und Wasserstoff: Transport

Eine erfolgreiche Energiewende setzt die Ertüchtigung und den Ausbau der Stromnetze voraus:

Im Übertragungsnetz sind neue Stromtrassen erforderlich. Diese sollen steigende Mengen von Strom aus Windenergie, die in Windenergieanlagen in der Nordsee oder nördlichen Landesteilen erzeugt wurde, ins Netz einspeisen und zu den Lastschwerpunkten in den Westen und Süden transportieren. Sie sollen außerdem helfen, Netzengpässe zu vermeiden.[35]

Im Verteilnetz sind Anpassungen aufgrund der höheren Volatilität der Stromerzeugung aus EE und einer größeren Dezentralität erforderlich. Immer mehr Strom wird dezentral über Photovoltaik-Anlagen erzeugt. Perspektivisch steigt der dezentrale Stromverbrauch durch die Umstellung auf Elektromobilität. Aktuell sind die Verteilnetze noch nicht für die entstehenden neuen Lastvorgänge ausgelegt. Neben dem Bau neuer Leitungen und der Verstärkung von Kabeln und Transformatoren bedarf es in erster Linie einer Ertüchtigung der Ortsnetzstationen, neuralgischer Netzknoten und ausgewählter Einspeiser mit intelligenter Kommunikations-, Mess-, Regel- und Automatisierungstechnik.[36]

Die mit den beschriebenen Maßnahmen einhergehenden elektrischen Gefährdungen oder Absturzrisiken sowie die Gefahren bei Tiefbauarbeiten sind bekannt und Präventionsmöglichkeiten etabliert. Das Forschungsprogramm „Strahlenschutz beim Stromnetzausbau“ des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) soll offene Fragen klären. Diese betreffen etwaige gesundheitliche Auswirkungen durch Exposition unterhalb der bereits bestehenden Grenzwerte gegenüber statischen und niederfrequenten elektrischen und magnetischen Feldern, die von Stromleitungen ausgehen.[37]

Die Einführung eines intelligenten Stromnetzes, Smart Grid, ist ein anspruchsvoller Technologiesprung im Energiesystem, dem teils langwierige Festlegungsverfahren vorausgehen. In den Begleitprozessen spielt die erfolgsorientierte Interaktionsarbeit mit ihren möglicherweise psychisch fordernden Eigenschaften eine besondere Rolle.[38] Zudem gehen mit der Digitalisierung des Netzes zunächst Unsicherheiten und Veränderungen der Arbeitstätigkeiten und Qualifikationsbedarfe aufseiten der Beschäftigten einher. Die immer stärker durch künstliche Intelligenz (KI) übernommene Netz- und Betriebsführung erschwert es, die Zusammenhänge im Stromnetz beziehungsweise in den Anlagen tiefgreifend zu verstehen und zu überblicken.[39] Das kann mit dem Gefühl der Entfremdung, des Kompetenzverlusts und/oder der Überforderung einhergehen.

Nach gelungener Umsetzung ergeben sich jedoch Arbeitserleichterungen:

Mithilfe von intelligenten Messsystemen (Smart Metern), können Netzzustände in Echtzeit erfasst werden. Dies erlaubt eine schnelle Information über Netzstörungen und ermöglicht eine beschleunigte Entstörung durch eine genauere und schnellere Eingrenzung und automatische Umgehung der gestörten Stelle.[40] Der Entstördienst kann zielgerichteter arbeiten. Die automatische Entstörung erfordert weniger Personal im Bereitschaftsdienst. Zudem ergeben sich Möglichkeiten der vorausschauenden Instandhaltung, die Wartungszyklen verlängern sowie Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten reduzieren.[41] Das Smart Grid wirkt damit zu Teilen dem Fachkräfte- und Personalmangel entgegen. Des Weiteren erhalten Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) über das Smart-Meter-Gateway Informationen über die gegenwärtigen und zukünftigen Netzzustände sowie Einspeise- und Verbrauchsdaten. Das trägt zur Stabilisierung des Netzes bei, da die ÜNB die Netzbetriebsführung der kommenden Stunden planen und durch Steuerung und Regelung des Smart Grids kurzfristig Störungen abwehren können.[42]

Wasserstoff ist abseits des Wasserstoffnetzes schwer zu transportieren: Gasförmig benötigt er hohen Druck; flüssig muss er auf –253 Grad Celsius heruntergekühlt werden. Die Umwandlung in Ammoniak oder Methanol ist eine Möglichkeit, Wasserstoff energieeffizienter transportfähig zu machen; eine andere ist die Nutzung flüssiger organischer Wasserstoffträger, sogenannter LOHC (Liquid Organic Hydrogen Carrier). Keine der Möglichkeiten ist unumstritten, insbesondere aufgrund der Gewässer- und Umweltgefährdung im Falle von Leckagen, Austritten und Havarien.[43][44][45] Auch Beschäftigte müssen adäquat geschützt werden, egal welche Art des Transports sich nach weiterer Entwicklungsarbeit durchsetzen wird. Der Arbeitsschutz ist angehalten, seine Perspektive schon jetzt in die Forschung und Infrastrukturplanungen einzubringen.

Anknüpfungspunkte für den Arbeitsschutz

Viele der dargestellten Risiken für Unfälle und Gefährdungen sind bekannt und entsprechende Präventionsmaßnahmen etabliert. Allerdings verschieben sich diese bekannten Risiken durch die grüne Transformation in andere Branchen. Hierdurch wird ein Wissenstransfer hinsichtlich sicherer und gesunder Arbeit zwischen den betroffenen Branchen wichtiger. Bisher weniger beleuchtete Aspekte, deren Risikopotenzial weiterer Beobachtung und Forschung bedarf, sind zum Beispiel:

  • die radioaktive Kontaminierung von Anlagenteilen in der tiefen Geothermie
  • zunehmend komplexere und multifrequente elektromagnetische Felder
  • potenzielle Gefahren im Zusammenhang mit dem Transport von Wasserstoff-Derivaten sowie
  • Expositionen gegenüber Gefahrstoffen beim zukünftigen Recycling von Solarpaneelen und Rotorblättern von Windenergieanlagen

Insgesamt müssen neue oder veränderte Technologien, Verfahren, Berufe und Arbeitsplätze mit ihren Gefährdungen und Qualifizierungsbedarfen antizipiert, identifiziert und aus Arbeitsschutzsicht bewertet werden.

Neben Unfall- und Verletzungsrisiken kommt es im Zuge der Dekarbonisierung durch EE zu einem hohen Umsetzungsdruck, insbesondere für die Beschäftigten in der Energiewirtschaft, im Handwerk, in den Zulieferbranchen und im Tiefbau. Energieintensive Industrien müssen ihre Produktionsprozesse umstellen; die Abfallwirtschaft muss Recyclinginfrastrukturen für Solarpaneele und Rotorblätter von Windenergieanlagen aufbauen. Zeitdruck, Arbeitsverdichtung und Mehrarbeit erhöhen psychische und physische Belastungen. Verstärkt werden psychische Belastungen durch Planungs-, Abstimmungs-, Kooperations- und Koordinationsanforderungen im Zuge der Dekarbonisierung sowie durch berufliche Anpassungserfordernisse infolge des zunehmenden Einsatzes von KI. Einerseits können berufliche Veränderungen oder Weiterqualifizierungen Stressoren sein und mit Überforderung, Zukunfts- und Existenzängsten einhergehen. Andererseits erleichtern Digitalisierung, KI und smarte Technologien die Arbeit, unterstützen die Umsetzung der Dekarbonisierung und puffern den Personal- und Fachkräftemangel ab. Angebote zur Stärkung von Digital- und KI-Kompetenzen können Überforderung im Sinne der Prävention vorbeugen.[46]

Dass die dringliche Transformation von einem weitreichenden Fachkräftemangel begleitet wird, erhöht die Wahrscheinlichkeit arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren sowie von Unfällen zusätzlich. Der Fachkräftemangel kann dazu führen, dass Personal zur Erledigung von Aufgaben eingesetzt wird, dem die nötige Sach- und Fachkunde zumindest in Teilen fehlt. Fehlende Unternehmensnachfolgen können zur Folge haben, dass bis ins hohe Alter und trotz nachlassender körperlicher Eignung weitergearbeitet wird.[47] Der hohe Umsetzungsdruck kann insbesondere bei Fachkräftemangel nicht nur mit Arbeitsverdichtung, sondern auch mit Überforderung und Resignation einhergehen. Für den Arbeitsschutz rücken daher Fragen psychischer Gesundheit und Maßnahmen zur Fachkräftesicherung stärker in den Fokus.

Die Energiewirtschaft stellt die kritischen Infrastrukturen für das staatliche Gemeinwesen bereit. Die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung in der Energiewirtschaft lassen das Risiko für Cyberangriffe steigen und erhöhen die Anforderungen an die Industrial Security und die Datensicherheit.[48]