Asbest in Putzen, Spachtelmassen und Fliesenklebern
Mit Putzen, Spachtelmassen und Fliesenklebern gibt es eine Gruppe von Materialien, in denen Asbest vorkommen kann und die unsere erhöhte Aufmerksamkeit erfordern. Die gesetzliche Unfallversicherung reagiert und entwickelt Maßnahmen für ein sicheres Arbeiten.
Asbest in Putzen, Spachtelmassen und Fliesenklebern ist ein Problem, das seit Jahren bekannt ist. Leider ist es bei vielen aus dem Fokus geraten, da die Sanierung von sogenanntem schwach gebundenen Asbest, zum Beispiel Spritzasbest, und das Entfernen von Asbestzementdach- und Asbestfassadenelementen im Vordergrund standen.
Durch eine Veranstaltung des Gesamtverbands Schadstoffsanierung (GVSS) im Juni 2015 und die zeitgleiche Veröffentlichung eines Diskussionspapiers[1] gemeinsam mit dem VDI – Verein Deutscher Ingenieure wurden die Putze, Spachtelmassen und Fliesenkleber wieder in den Fokus gerückt. Im Diskussionspapier wird davon ausgegangen, dass bis Mitte der 1990er-Jahre asbesthaltige Materialien eingebaut wurden und in etwa 25 Prozent der Gebäude asbesthaltige Putze, Spachtelmassen oder Fliesenkleber zu finden sind. Somit könnte jedes Gebäude asbestbelastet sein, das vor Herbst 1993 (Asbestverbot) oder gar 1995 (Diskussionspapier) errichtet wurde.
Bei der normalen Nutzung eines solchen asbesthaltigen Gebäudes werden in der Regel keine Asbestfasern freigesetzt. Bei Tätigkeiten an diesen Materialien besteht aber die Gefahr, Asbestfasern freizusetzen, beispielsweise bei Renovierungen (Tapete entfernen, Untergrund anschleifen) oder beim Bohren von Löchern. Solche Tätigkeiten werden von etwa zwei Millionen Beschäftigten ausgeführt, auch „Heimwerkende“ könnten hier betroffen sein.
Initiativen der gesetzlichen Unfallversicherung
Um Expositionsdaten für verschiedene Tätigkeiten auf Baustellen zu erlangen, wurde ein Messprogramm aufgelegt, bei dem die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU), die Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro und Medienerzeugnisse (BG ETEM), die Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM), das Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA) und das Regierungspräsidium Kassel zusammenarbeiten.
Das Messprogramm dient zum einen dazu, Tätigkeiten an Putzen, Spachtelmassen und Fliesenklebern mit möglichst geringer Freisetzung von Stäuben und Asbestfasern zu beschreiben. Dazu werden ausschließlich „abgestimmte staubarme Systeme“ eingesetzt.[2] Trotzdem wird bei vielen Verfahren Staub freigesetzt, was die Analyse bezüglich Asbestfasern erschwert oder gar unmöglich macht. Daher wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und die BG ETEM die Entwicklung eines Messverfahrens gefördert, das Asbestfaseranalytik auch bei höheren Staubbelastungen ermöglichen soll.
Darüber hinaus dient das Messprogramm dazu, frühere Arbeitssituationen nachzustellen, um Expositionen zu ermitteln, die vor zehn, zwanzig oder dreißig Jahren bei Tätigkeiten an Putzen, Spachtelmassen und Fliesenklebern bestanden haben. Die Ergebnisse sollen in den Berufskrankheiten-Report „Faserjahre“ einfließen und eine Hilfe für die Beurteilung zukünftiger Berufskrankheitenverfahren bieten.
Ein weiteres Forschungsprojekt dient der Erkundung von Asbestvorkommen in der Gebäudesubstanz. Damit können der Anteil der Gebäude, in denen asbesthaltige Putze, Spachtelmassen und Fliesenkleber verwendet wurden, sowie die in den Gebäuden anzutreffenden Fundstellen mit größerer Genauigkeit angegeben werden. Auch die Verbreitung von asbesthaltigen Putzen, Spachtelmassen und Fliesenklebern in unterschiedlichen Gebäudetypen kann damit ermittelt werden.
Neue Matrix für emissionsarme Verfahren
Sobald die Ergebnisse aus den Untersuchungen vorliegen, fließen sie direkt in die tägliche Arbeit und das Regelwerk ein, insbesondere in die Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 519 zu „Asbest – Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten“.[3]
Ein erstes Ergebnis ist die Entwicklung einer Exposition-Risiko-Matrix als Teil der Technischen Regel. In dieser Matrix sind Verfahren aufgelistet, bei denen die Akzeptanzkonzentration von 10.000 Fasern je Kubikmeter eingehalten wird. Dabei handelt es sich derzeit vor allem um von den Unfallversicherungsträgern anerkannte emissionsarme Verfahren. Die Matrix soll in Zukunft wachsen und möglichst alle Tätigkeiten enthalten, die in den Anwendungsbereich der Technischen Regel gehören. Gleichzeitig wird die Qualifikation der Beschäftigten neu geregelt. Dabei ist wichtig, dass die Beschäftigten insbesondere gewerke- und verfahrensspezifisch geschult werden können und somit der fachliche Bezug der Qualifizierungen zu den Anforderungen der Praxis sichergestellt wird.
Bis Mitte der 1990er-Jahre wurden asbesthaltige Materialien eingebaut. In etwa 25 Prozent der Gebäude, die vor 1995 errichtet wurden, dürften asbesthaltige Putze, Spachtelmassen oder Fliesenkleber zu finden sein.
Auch der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) hat das Thema aufgegriffen. Viele Tätigkeiten an asbesthaltigen Putzen, Spachtelmassen und Fliesenklebern waren mit dem sehr eng gefassten Begriff der Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten nur schwer in Einklang zu bringen und daher gegebenenfalls nicht erlaubt. Um diese Unsicherheit zu beseitigen, wurde in den Leitlinien zur Gefahrstoffverordnung der Begriff der Instandhaltung um die „funktionale Instandhaltung“ erweitert.
Legales und sicheres Arbeiten ermöglichen
Allerdings bleiben viele Tätigkeiten auch deshalb verboten, weil die Gefahrstoffverordnung vorsieht, bei Instandhaltungsarbeiten mit Oberflächenabtrag ausschließlich anerkannte, emissionsarme Verfahren einzusetzen. Diese Verfahren werden mit dem Ziel entwickelt, dass bei den Tätigkeiten die Akzeptanzkonzentration eingehalten wird. Von den gesetzlichen Unfallversicherungsträgern anerkannte Verfahren werden in der DGUV Information 201-012[4] veröffentlicht. Nur wenige der etwa 50 Verfahren behandeln Tätigkeiten an Putzen, Spachtelmassen und Fliesenklebern. So gibt es unter anderem Verfahren zum Bohren von Löchern bis 12 Millimeter Durchmesser, das Entfernen von Putzen auf Flächen bis circa 20 mal 20 Zentimeter und eines zum großflächigen Entfernen von Putzen an Wänden und Decken. Weitere Verfahren sind in der Entwicklung.
Die gesetzlichen Unfallversicherungsträger und die DGUV tragen mit diesen Aktivitäten dazu bei, dass Tätigkeiten an asbesthaltigen Putzen, Spachtelmassen und Fliesenklebern sicher und rechtskonform durchgeführt werden können.