Gute Evaluationsergebnisse für die Fahrradhelm-Aktion „Looks like shit. But saves my life.“
Am 22. März 2019 startete die Verkehrssicherheitskampagne „Runter vom Gas“ des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) eine Fahrradhelm-Aktion mit prominenter Unterstützung, die für enormes Aufsehen und öffentliche Diskussionen sorgte.
Der Hintergrund: Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Kampagne sind jungen Radfahrenden die Gefahren und das persönliche Risiko eines schweren Fahrradunfalls durchaus bewusst. Trotzdem tragen die Wenigsten immer einen Fahrradhelm, denn er gilt vor allem bei jungen Frauen als unästhetisch. Und auch Verkehrsbeobachtungen der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) zeigten, dass nur acht Prozent der Radfahrenden im Alter zwischen 17 und 30 Jahren einen Helm aufsetzen. Das ist die geringste Helmtragequote aller beobachteten Altersgruppen.
Kooperation mit der TV-Sendung „Germany‘s Next Topmodel“
Um speziell junge Frauen für das Tragen eines Kopfschutzes zu sensibilisieren, setzte „Runter vom Gas“ auf die TV-Show „Germany‘s Next Topmodel“ (GNTM) und inszenierte den Kopfschutz als Fashion-Thema. Der Clou: Zum ersten Mal in der 14-jährigen Geschichte des TV-Formats wurde eine Präventionskampagne rein redaktionell in die Sendung eingebunden. Starfotograf Rankin fotografierte GNTM-Kandidatin Alicija sowie weitere Models mit Fahrradhelmen. Das sahen mehr als 2,5 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer. Die Sendung bildete den Auftakt zu der unkonventionellen Fahrradhelm-Kampagne. Im Anschluss rückten innerstädtische Plakate in fünf Großstädten – unterstützt durch den Kooperationspartner Wall GmbH – sowie Online- und Social-Media-Aktionen die Kampagnenmotive in den Fokus und lieferten sachliche Argumente für das Tragen des lebensrettenden Kopfschutzes.
Die Kooperation mit GNTM und das „Helm-Shooting“ polarisierten und wurden von einigen Menschen und Medien als „sexistisch“ empfunden. Doch gerade Vorbilder aus der eigenen Altersgruppe können am besten für die Botschaft „Sicherheit vor Eitelkeit“ plädieren. Und besonders der Kontrast zwischen Model-Look und leichter Bekleidung in Kombination mit dem Fahrradhelm sorgte für Irritation und vermittelte die wichtige Botschaft zielgruppengerecht, modern und mit einem Augenzwinkern. Gleichzeitig transportierte das selbstbewusste Auftreten der Models den Fahrradhelm selbst im ungewöhnlichen Kontext wie eine ganz natürliche Selbstverständlichkeit.
Christiane Schulz, Präsidentin der Gesellschaft der führenden PR- und Kommunikationsagenturen in Deutschland (GPRA), kommentierte die Aktion auf Facebook folgendermaßen: „Die Kampagne ‚Looks like shit. But saves my life.‘ ist mutig für ein Ministerium und einen Verband. Es wäre ein großer Erfolg, wenn durch die erzielte Aufmerksamkeit junge Menschen tatsächlich in Zukunft einen Helm tragen und bei einem Fahrradunfall ein geringerer Schaden erfolgt. Die aktuelle Sexismus-Diskussion ist überzeichnet. Hier geht es um die Eitelkeit, einen Helm zu tragen, und das ist ein sehr guter Insight, auf dem die Kampagne gearbeitet hat. Wer kennt nicht jemanden, der deshalb keinen Helm trägt?“
In sozialen Netzwerken rief „Runter vom Gas“ unter dem Hashtag #HELMERETTENLEBEN dazu auf, selbst ein Foto mit einem Fahrradhelm zu posten und sich zum Lebensretter Fahrradhelm zu bekennen. Unter allen Teilnehmenden wurden bis Ende Juli 2019 von Rankin und Alicija signierte Fahrradhelme sowie Aktionskalender verlost.
Enorme Medienreichweite schafft Aufmerksamkeit für den Lebensretter Fahrradhelm
Der mediale Erfolg war überwältigend. Die Aktion „Looks like shit. But saves my life.“ erzielte eine Reichweite von mehr als 1,5 Milliarden Kontakten. In manchen Medien zunächst kritisiert, fand sie hingegen in der „Generation Instagram“ größten Beifall. Unabhängige Meinungsumfragen von yougov.de und der Zeitschrift Focus zeigten zudem, dass auch eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung die Aktion sehr gut oder gut fand.
Die enorme Reichweite und Aufmerksamkeit für das Thema waren vor allem auch im Hinblick auf die geringen Kosten beachtlich. Inklusive der Kosten für das Fotoshooting und der Mediakosten für PrintOut-of-Home-Werbung (OoH) und Social Media (Facebook, Instagram, Twitter) betrugen die Gesamtkosten der Aktion rund 400.000 Euro. Mit den mehr als 1,5 Milliarden Kontakten erzielte die Aktion einen Mediaäquivalenzwert von 14,8 Millionen Euro und übertraf die Zielerwartung bei Weitem. Im Vergleich zur Fahrradhelm-Aktion von „Runter vom Gas“ aus dem Jahr 2017 „Du bist mir nicht egal!“ wurde die Gesamtreichweite um das 23-Fache und der Mediaäquivalenzwert um das 22-Fache gesteigert. Die Sichtbarkeit in Social Media erreichte das 49-Fache der Vorgängerkampagne. Eine Auswertung von Google Shopping zeigte, dass das Kaufinteresse für Fahrradhelme im Aktionszeitraum Ende März/April 2019 auf rund das Dreifache anstieg.
Helmtragequote steigt um mehr als das Doppelte in der Zielgruppe
Eindeutig belegen aktuelle Zahlen der BASt den Erfolg von „Looks like shit. But saves my life.“ Während 2018 lediglich acht Prozent der Radfahrenden im Alter zwischen 17 und 30 Jahren einen Helm trugen, sind es nach den neuesten Untersuchungen nun 14 Prozent bei den 17- bis 21-Jährigen, 18 Prozent bei den 22- bis 30-Jährigen (eine Steigerung von 125 Prozent) und 25 Prozent bei den 31- bis 40-Jährigen.
Renommierte Preise und Auszeichnungen für erfolgreiche Kommunikationsstrategie
Die Wirksamkeit beeindruckte auch die Jurymitglieder renommierter Awards der Kommunikationsbranche und so würdigten sie die Aktion mit vielen Preisen. Die aufsehenerregende Fahrradhelm-Aktion wurde am 14. November 2019 in Berlin gleich dreimal ausgezeichnet – mit dem PR Report Award in den Kategorien „Kreative und innovative Kommunikation“ und „Kommunikation im öffentlichen Raum“ sowie der Wahl zur „Kampagne des Jahres“.
Am selben Tag erhielt die Aktion auch einen silbernen Effie-Award des Gesamtverbands Kommunikationsagenturen GWA in der Kategorie „Public Relations“ in Frankfurt am Main.
Anfang 2020 wurde „Looks like shit. But saves my life.“ der Politikaward in der Kategorie „Kampagnen von Bund, Ländern und Kommunen“ verliehen.
Die Kampagneninitiatoren BMVI und DVR freuten sich gemeinsam mit der Agentur Scholz & Friends Berlin sehr darüber, dass diese insbesondere für öffentliche Institutionen mutige Zielgruppenstrategie aufging und ihre Wirksamkeit mit mehrfachen Awards belohnt wurde.
Authentisches Video-Plädoyer eines Unfallopfers
Einen emotionalen und authentischen Aufruf, niemals auf den Fahrradhelm zu verzichten, hat „Runter vom Gas“ im Nachgang unter #HELMERETTENLEBEN mit der Geschichte von Stefan Teschke, einem Radfahrer aus Bremen, veröffentlicht. Stefan berichtet eindrucksvoll, warum es so wichtig ist, beim Fahrradfahren einen Fahrradhelm zu tragen. Das Video startet an einem sonnigen Tag in Bremen. Am Wegesrand steht eine weiße Säule, sie wirkt wie eine Installation aus einem Museum. Vor allem Radfahrende halten an und werfen einen Blick auf das vermeintliche Kunstwerk. Was aussieht wie Kunst, ist bei näherem Betrachten jedoch erschreckend: Ausgestellt ist ein zertrümmerter Fahrradhelm. Die linke Seite ist zerbrochen, der Helm von Schrammen übersät. Verwundert und erschrocken stehen Radfahrer und Radfahrerinnen vor der Installation und lesen die Erklärtafel. Der Text erzählt Stefans Geschichte, dem sein Helm das Leben rettete. Stefan kommt ins Bild. „Das ist mein Helm“, sagt er den Personen, die stehen geblieben sind, und stellt sich vor: „Ich bin Stefan.“ Die reale Szene ist Teil des Dokumentarfilms, der zeigt, warum ein Helm mehr ist als nur ein Stück Kunststoff. „Ich bin das beste Beispiel dafür, dass ein Helm das Leben retten kann. Und dann versuche ich den Leuten auch, das zu vermitteln. Und so Auge in Auge ist das natürlich perfekt“, erklärt Stefan.
Stefan war auf dem Rad unterwegs, als er von einem Fahrzeug angefahren wurde. Der Unfallhergang ist nicht genau bekannt, da der Fahrer oder die Fahrerin flüchtete. Zwar kann sich der Bremer nicht an den Tag des Unfalls erinnern und auch nicht an die Tage danach. Eine Aussage macht ihm jedoch klar, was er seinem Lebensretter Fahrradhelm zu verdanken hat. „Der Arzt hat zu mir gesagt: ‚Hätten Sie an dem Tag den Helm nicht aufgehabt, wären Sie sofort gestorben‘.“
Auch wenn ein Helm keinen Rundumschutz bietet, so bewahrt er doch vor schweren Kopfverletzungen – und damit im Zweifel vor dem Tod. Stefan weiß das wie kaum ein anderer. Das zeigt sich auch an den Reaktionen der Bremer Passantinnen und Passanten. Sie merken: Stefan verkörpert die Botschaft, dass Helme Leben retten können, aus vollem Herzen und ist damit ein Vorbild, das auch andere Menschen zum Umdenken und einem sicherheitsbewussten Verhalten animiert.
Hier finden Sie den „Fahrradhelm-Film“