Der Begriff Hitze im Arbeitsschutz und die Auswirkungen von sommerlicher Wärme

Eine Auswirkung des Klimawandels ist das Vorkommen von Extremwetterereignissen und Hitzewellen. In diesem Zusammenhang tauchen immer wieder Begriffe wie „Hitzearbeit“ oder „Hitzearbeit im Büro“ auf, obwohl Hitzearbeit im Sinne des Arbeitsschutzes nicht gemeint ist. Eine Unterscheidung der Begriffe ist aber wichtig.

Unbestritten ist die Zunahme von „heißen Tagen“ in den letzten Jahren. An diesen Tagen liegt nach Definition des Deutschen Wetterdienstes (DWD) das Tagesmaximum der Lufttemperatur bei mindestens +30 Grad Celsius.[1] Solch hohe Außenlufttemperaturen können sich auf Innenraumarbeitsplätze auswirken – sie führen jedoch nicht zu Hitzearbeit. Das Sachgebiet Innenraumklima hat zur Klarstellung der Auswirkung von sommerlicher Wärme auf Arbeitsplätze ein FB AKTUELL „Klimawandel und Hitzearbeit“ eine neue Schrift[2] verfasst.

Sommerliche Wärme und Hitzearbeitsplätze

Unter Hitzearbeit werden Tätigkeiten unter extremer Hitzebelastung bezeichnet, die zu einem Anstieg der Körperkerntemperatur von Beschäftigten führen. Typische Beispiele für Tätigkeiten unter extremer Hitzebelastung sind Arbeiten an vorgewärmten Pfannen in Gießereien, Arbeiten mit glühenden größeren Werkstücken oder Heißreparaturen an Thermoprozessanlagen. An diesen Arbeitsplätzen liegen unabhängig von den Jahreszeiten, Winter wie Sommer, extreme klimatische Bedingungen vor. Ohne Schutzmaßnahmen und eine entsprechende Adaption an den Hitzearbeitsplatz können schwerwiegende gesundheitliche Folgen wie Hitzschlag, Kreislaufkollaps oder Hitzekrämpfe eintreten. Daher ist nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV)[3] eine Pflichtvorsorge nach der Arbeitsmedizinischen Regel „Tätigkeiten mit extremer Hitzebelastung, die zu einer besonderen Gefährdung führen können“ (AMR 13.1)[4] vor Aufnahme der Tätigkeit zu veranlassen. Die für solche Tätigkeiten geeigneten Schutzmaßnahmen sind zum Beispiel eine langsame Gewöhnung an die Extremtemperaturen (Hitzeadaption), eine Reduzierung der Aufenthaltszeit im Hitzebereich, ausreichende Entwärmungsphasen und das Bereitstellen geeigneter Getränke.

Abbildung 1: Typischer Hitzearbeitsplatz im Stahlwerk (aus DGUV Information 213-002) | © industrieblick, stock.adobe.com
Abbildung 1: Typischer Hitzearbeitsplatz im Stahlwerk (aus DGUV Information 213-002) ©industrieblick, stock.adobe.com

Sommerliche Wärme und Innenraumarbeitsplätze

An Innenarbeitsplätzen mit hoher äußerer Wärmebelastung, die allein jahreszeitlich bedingt ist, liegt keine extreme Hitzebelastung im Sinne der AMR 13.1 vor. Üblicherweise befinden sich diese rein klimabelasteten Arbeitsplätze zum Beispiel in Büros, Bildungseinrichtungen oder an Arbeitsplätzen im Lager oder in Werkhallen.

An diesen Arbeitsplätzen ist das Schutzziel nach der ArbStättV eine „gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur“[5]. Was unter gesundheitlich zuträglich zu verstehen ist, wird in der ASR A3.5 „Raumtemperatur“[6] beschrieben. Die Raumtemperatur ist die vom Menschen empfundene Temperatur. Sie wird unter anderem durch die Lufttemperatur und die Wärmestrahlung der umgebenden Flächen bestimmt, insbesondere von Fenstern, Wänden, Decke und Fußboden. Arbeitsräume sind daher zum Beispiel mit Sonnenschutzvorrichtungen auszustatten. Die Lufttemperatur in Arbeitsräumen soll +26 Grad Celsius nicht überschreiten. An Tagen mit Außentemperaturen über +26 Grad Celsius kann die Lufttemperatur in Arbeitsräumen auch über +26 Grad Celsius liegen. Dann sind Maßnahmen zu ergreifen, wie zum Beispiel verstärkte Lüftung in den kühleren Nacht- und Morgenstunden, erhöhte Flüssigkeitsaufnahme oder die Nutzung von Gleitzeitregelungen.

Abbildung 2: Belastete Beschäftigte durch sommerliche Wärme am Arbeitsplatz und beispielhafte Schutzmaßnahmen (Ventilator, Getränke, angepasste Kleidung) | © Fachbereich AKTUELL FBVW-505; New Africa, stock.adobe.com
Abbildung 2: Belastete Beschäftigte durch sommerliche Wärme am Arbeitsplatz und beispielhafte Schutzmaßnahmen (Ventilator, Getränke, angepasste Kleidung) ©Fachbereich AKTUELL FBVW-505; New Africa, stock.adobe.com

Sommerliche Wärme und wärmebelastete Arbeitsplätze

Wärmebelastete Arbeitsplätze, an denen durch einen betriebstechnischen Wärmeeintrag die Raumtemperatur +26 Grad Celsius unabhängig von der Außentemperatur übersteigt, fallen nicht unter den Regelungsbereich der AMR 13.1. An diesen Arbeitsplätzen kann in den Sommermonaten eine zusätzliche Belastung durch einen Wärmeeintrag von außen entstehen. Zur Beurteilung des Raumklimas ist neben der Raumtemperatur insbesondere die relative Luftfeuchte zu betrachten. Denn eine Kombination aus hoher relativer Luftfeuchte und hoher Raumtemperatur wirkt auf Beschäftigte stark belastend. In Schwimmbädern, Großwäschereien oder Küchen können beispielsweise von der sommerlichen Wärme beeinträchtigte wärmebelastete Arbeitsplätze vorliegen. Für diese Arbeitsplätze sind besondere Schutzmaßnahmen in der Gefährdungsbeurteilung festzulegen und umzusetzen.

Mithilfe des Risikographs Klima (Abbildung 3) kann abgeschätzt werden, ob eine Wärmebelastung am Arbeitsplatz gegeben ist (im Beispiel +30 Grad Celsius und 50 Prozent relative Luftfeuchte).[7]

Abbildung 3: Risikograph Klima als Beurteilungshilfe für wärmebelastete Arbeitsplätze | © DGUV Information 215-510
Abbildung 3: Risikograph Klima als Beurteilungshilfe für wärmebelastete Arbeitsplätze ©DGUV Information 215-510

An klima- und an wärmebelasteten Arbeitsplätzen ist eine arbeitsmedizinische Vorsorge nach AMR 13.1 nicht erforderlich. Auf ein Maßnahmenkonzept für heiße Tage im Sommer sollte aber jedes Unternehmen zurückgreifen können, um rechtzeitig auf Hitzewellen zu reagieren. Beim Erstellen solch eines Konzepts sollte die Expertise von der Fachkraft für Arbeitssicherheit und der Betriebsärztin oder dem Betriebsarzt hinzugezogen werden.