Gesunde und produktive Arbeit im Homeoffice

Gesund und sicher im Homeoffice arbeiten: Das ist kein Selbstläufer, sondern eine verantwortungsvolle Aufgabe für Arbeitgebende und Beschäftigte. Chancen und Risiken der Arbeitsform Homeoffice sollten nun, auf Basis der Erfahrungen während der Coronapandemie, neu bewertet werden.

Dynamik durch Corona: Plötzlich mussten Betriebe in ganz Deutschland einen Großteil ihrer Beschäftigten ins Homeoffice schicken, um Infektionsrisiken zu vermeiden und die eigene Belegschaft zu schützen. Eine Entwicklung, die die Digitalisierung und damit auch das Arbeiten im Homeoffice beflügelt hat.

Begriffsklärung und Verbreitung von Homeoffice

Für das Arbeiten von zu Hause aus gibt es keine einheitliche Definition, sodass hierfür mehrere Begriffe verwendet werden: Homeoffice, Telearbeit, Heimarbeit, Arbeit von zu Hause oder mobiles Arbeiten. Im Folgenden wird der Begriff "Homeoffice" als Oberbegriff verwendet (siehe Abbildung).

Klassifikation Homeoffice | © Grafik: eigene Darstellung, veröffentlicht in: Wessels et al. 2019, S. 271
Abbildung: Klassifikation Homeoffice ©Grafik: eigene Darstellung, veröffentlicht in: Wessels et al. 2019, S. 271

Im April/Mai 2020 waren laut Beschäftigtenbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit fast 50 Prozent, zumindest zeitweise, im Homeoffice. 20 Prozent derjenigen, die vor der Pandemie ausschließlich im Betrieb arbeiteten, waren nun ganz oder teilweise im Homeoffice.[1]

Herausforderungen für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz

Den Vorteilen von Homeoffice – eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Einsparung von Pendelzeiten – steht eine veränderte Arbeitsweise gegenüber, die auch als herausfordernd empfunden werden kann. So kann ein gesunder und produktiver Arbeitsalltag erschwert werden, etwa durch ungünstige ergonomische Bedingungen vom Arbeitsmittel bis zum Arbeitsplatz oder andere Störfaktoren wie Lärm. DAK-Gesundheit führte eine repräsentative Befragung von 7.000 Beschäftigten durch, die zeigte, dass bei nahezu der Hälfte der Beschäftigten im Homeoffice eine klare Trennung zwischen Arbeit und Privatleben fehlt.[2] Der Studie zufolge vermissen 75 Prozent der Befragten den persönlichen Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen. Weitere Studien belegen inzwischen, dass Beschäftigte im Homeoffice länger arbeiten und sich weniger an empfohlene Pausen halten.

Gesundheitsförderliche Gestaltung des Homeoffice

Ohne feste Arbeitsstrukturen sind Beschäftigte im Homeoffice verstärkt gefordert, ihren Arbeitsalltag zu strukturieren und selbst zu managen. Ziel ist es, die Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeitenden durch Maßnahmen der Verhaltens- und Verhältnisprävention sowie Förderung der individuellen Gesundheitskompetenz zu sichern und ihre Mitwirkungsverantwortung zu unterstützen. „Gesundheitskompetent“ verhält sich eine Person, die mit gesundheitsrelevanten Informationen angemessen umgeht, um die eigene Gesundheit zu erhalten und zu verbessern. Hierzu braucht es Unterstützung bestehender Strukturen und Akteuren der betrieblichen Arbeitsschutzorganisation sowie aus dem Betrieblichen Gesundheitsmanagement. Für betriebliche Akteurinnen und Akteure hat das Landesinstitut für Arbeitsgestaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (LIA.nrw) folgende Empfehlungen erarbeitet:

 

Zehn Impulse zur gesundheitsförderlichen Gestaltung des Homeoffice

1.      Gute räumliche Rahmenbedingungen: gemeinsam den Arbeitsplatz bewerten (Licht, Luftfeuchtigkeit, Raumklima, Lärm und andere Störquellen), sich von der Fachkraft beraten lassen.

2.      Geeignete Arbeitsmittel: Technische Ausstattung und Mobiliar im Homeoffice sollten genauso ergonomisch sein wie im Büro.

3.      Planung des Arbeitsalltags: am besten am Vortag strukturieren und auf Puffer achten.

4.      Trennung zwischen Arbeits- und Privatleben: eine Balance zwischen Berufs- und Privatleben finden, damit sich beide nicht zu sehr vermischen und private Ablenkungen im Rahmen bleiben. Gegebenenfalls mit Partnerinnen und Partnern oder Familienmitgliedern feste Zeiten für Ansprechbarkeit vereinbaren.

5.      Gesunde Arbeitszeiten: die Höchstdauer der täglichen Arbeitszeit im Blick behalten und eine Tätigkeit zu arbeitsuntypischen Zeiten vermeiden.

6.      Pausengestaltung: feste Arbeitspausen planen und einhalten, dabei auf Bewegung achten.

7.      Kontaktpflege zu Kolleginnen und Kollegen: regelmäßige Telefonate, Videokonferenzen anregen und Teamgespräche an Präsenztagen im Betrieb planen, um den fehlenden persönlichen Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen auszugleichen.

8.      Sichtbarkeit und Anerkennung: weiterhin durch Bürotage sichtbar und bei relevanten Terminen präsent sein.

9.      Absprachen und Routinen zwischen Beschäftigten und Vorgesetzten: neue Kommunikationsformen – zum Beispiel eine regelmäßige "Morgenrunde" – und Feedbackgespräche einführen.

10.   Arbeit im Homeoffice reflektieren: Ablauf, Arbeitsmittel und Kompetenzen zum gesundheitsgerechten Arbeiten kritisch überprüfen und mit Vorgesetzten diskutieren.

Homeoffice als Arbeitsform wird von Beschäftigten insgesamt positiv bewertet. Neben den Chancen sollten aber auch die Risiken in den Blick genommen werden: Wichtig ist es, dass Akteurinnen und Akteure aus dem Bereich Sicherheit und Gesundheit den Beschäftigten beratend zur Seite stehen und die Beschäftigten qualifiziert werden, damit sie die Möglichkeiten des Homeoffice produktiv nutzen und sich gesundheitskompetent verhalten können.

Literatur

DAK-Gesundheit (2020): Digitalisierung und Homeoffice in der Corona-Krise. Sonderanalyse zur Situation in der Arbeitswelt vor und während der Pandemie. Online verfügbar: https://www.dak.de/dak/download/folien-2295280.pdf (abgerufen am 30.07.2020)

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit (Hrsg.): Wie Corona den Arbeitsalltag verändert hat. Online-Befragung von Beschäftigten. In: IAB-Kurzbericht, Heft 13/2020, Nürnberg

Landesinstitut für Arbeitsgestaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (LIA.nrw): Arbeit, Leben und Erholung. Ergebnisse einer Repräsentativbefragung in Nordrhein-Westfalen. transfer 3, Düsseldorf 2013

Schaeffer, D.; Hurrelmann, K.; Bauer, U. ;Kolpatzik, K. (Hrsg.): Nationaler Aktionsplan Gesundheitskompetenz. Die Gesundheitskompetenz in Deutschland stärken. KomPart, Berlin 2018

Wessels, C.; Füsers, F. ; Krauss-Hoffmann, P.: "Arbeitsschutz 4.0": Arbeitsschutz in Zeiten von Homeoffice wirksam gestalten. In: sicher ist sicher, Ausgabe 06/2019, Berlin, S. 270–275