Rechtliche Grundlagen zum Homeoffice und der Telearbeit

Durch COVID-19 hat sich Arbeit in die eigenen vier Wände verlagert und dürfte in vielen Bereichen zum "New Normal" werden. Die rechtlichen Grundlagen der Arbeitszeitgestaltung, des Arbeits-, Daten- und Gesundheitsschutzes im Homeoffice sind nicht immer klar ersichtlich. Dieser Beitrag beleuchtet die aktuellen Herausforderungen insbesondere für die Tätigkeit der Beschäftigten im Homeoffice und welche Pflichten den Arbeitgeber und die Arbeitgeberin treffen.

1.0 Ausgangssituation

Durch die wiederholte Ausbreitung von COVID-19 erlebt die Beschäftigung im Homeoffice eine bislang nicht gekannte Verbreitung in Deutschland. Trotz der derzeit eingeleiteten Exit-Strategien mit Sicherheits- und Hygienekonzepten in Unternehmen und Organisationen hat diese Situation in den letzten sechs Monaten zu einer gewichtigen und wahrscheinlich nachhaltigen Veränderung der Arbeitswelt für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie Beschäftigte geführt. Die Fürsorge- und Schutzpflichten des Arbeitgebers und der Arbeitgeberin den Beschäftigten gegenüber, die Identifizierung und Bewertung von Risikogruppen, von Gefährdungen und Gefahrenquellen im Betrieb und der Einleitung geeigneter Maßnahmen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes, die in Abstimmung mit dem Betriebsrat oder der Betriebsrätin und dem Personalrat oder der Personalrätin erfolgen müssen, bestimmen mittlerweile den betrieblichen Alltag.[1]

Zum Schutz der Beschäftigten können Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen anordnen, dass die Arbeitsleistung von zu Hause zu erbringen ist, wenn dies kollektiv- oder individualvertraglich vereinbart ist. Andernfalls stellt sich hier die Frage, ob diese Weisung vom Direktionsrecht des Arbeitgebers und der Arbeitgeberin umfasst ist. Auch Fragen zur Arbeitszeitgestaltung, des Arbeits-, Daten- und Gesundheitsschutzes im Homeoffice sind meist unscharf geregelt. Eine weitere Herausforderung während der Coronapandemie ist die intensivierte Arbeit in virtuellen Teams sowie Videokonferenzen  und mit flexiblen Arbeitszeitregelungen. Die Vorteile sind schnell erkennbar, die Anzahl der Dienstreisen und die Reisezeiten verringern sich. Unternehmen sparen Kosten im Hinblick auf nicht notwendige Anmietung von Büroraum und die Zahlung von Büromieten. Es gilt auf der anderen Seite, den Datenschutz zu gewährleisten. Personenbezogene und geschäftsrelevante Daten müssen ausreichend vor unbefugtem Zugriff Dritter geschützt werden. Wer trägt im Homeoffice hierfür die Verantwortung? Dieser Beitrag beleuchtet die aktuellen Herausforderungen insbesondere für die Tätigkeit der Beschäftigten im Homeoffice und welche Pflichten den Arbeitgeber und die Arbeitgeberin treffen.

2.0 Arbeiten in flexiblen Arbeitszeitmodellen

In der heutigen Arbeitswelt gehört das Arbeiten in flexiblen Arbeitszeitmodellen mittlerweile für viele Beschäftigte zum betrieblichen Alltag.[2] In einigen Branchen und im öffentlichen Dienst sind Formen der Telearbeit gemäß § 2 Abs. 7 Satz 1 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), mobiles Arbeiten und Homeoffice-Regelungen[3] verbunden mit Vertrauensarbeitszeit inzwischen in arbeitsvertragliche Regelungen oder in Betriebs- und Dienstvereinbarungen integriert. Die Begrifflichkeiten im Zusammenhang mit der Tätigkeit außerhalb der betrieblichen Arbeitsstätte werden uneinheitlich angewandt. Eindeutig abzugrenzen ist die Telearbeit vom mobilen Arbeiten und dem Homeoffice. Während die Legaldefinition der Telearbeit des § 2 Abs. 7 Satz 1 ArbStättV vorgibt, dass Telearbeitsplätze "vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten, für die der Arbeitgeber eine mit dem Beschäftigten vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat" sind, definiert das Gesetz Homeoffice und mobiles Arbeiten nicht. In der Praxis bedeutet diese Nichtregelung für viele Beschäftigte im Homeoffice, die Arbeit mit dem Notebook zu Hause am Küchentisch unter mangelhaften ergonomischen Arbeitsplatzbedingungen zu erledigen. Auch die technische Infrastruktur genügt nicht immer den Anforderungen, weder an das digitale Arbeiten noch an den Datenschutz.

Die technische und digitale Entwicklung sowie die Veränderung der Arbeitswelt scheinen momentan schneller fortzuschreiten, als der Gesetzgeber mit rechtlichen Anpassungen im Arbeitszeitgesetz darauf reagieren kann.

Die Erfordernis für klare Vereinbarungen zum Homeoffice zwischen den Beschäftigten und Arbeitgeberinnen beziehungsweise Arbeitgebern zeigt – nach einer im zweiten Quartal 2020 vom ifo Institut durchgeführten Befragung von Personalleitungen – ein Vergleich des Anteils der Belegschaft, die im Homeoffice vor der COVID-19-Pandemie arbeitete und aktuell arbeitet.[4] Die Befragung von circa 800 Personalleitern und Personalleiterinnen kommt zu dem Ergebnis, dass in der Vor-COVID-19-Zeit rund 40 Prozent der Belegschaften in Unternehmen im Homeoffice gearbeitet haben, während in der Pandemiezeit die Homeoffice-Nutzung auf rund 60 Prozent gestiegen ist.[5] Circa 47 Prozent der Befragten gaben an, Homeoffice in ihrem Unternehmen in Zukunft häufiger zu nutzen.[6]

Von den bisherigen positiven Erfahrungen mit dem Arbeiten im Homeoffice –  Wegfall eines langen Anfahrtsweges zur Arbeitsstätte und bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf – profitieren nicht nur die Beschäftigten, sondern auch die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen.[7] Mit dem Gewinn an Arbeitszeit erwarten die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen eine höhere Arbeitsproduktivität der Beschäftigten.[8] Die Beschäftigten im Homeoffice arbeiten durchaus bis an ihr Limit, die Grenzen zwischen Privatem inklusive Kinderbetreuung auf der einen Seite und Arbeit auf der anderen sind fließend. Eine Studie empfiehlt den Führungskräften, die Arbeitsstunden ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter flexibel zu handhaben.[9] Die Ergebnisse der Studie haben gezeigt, dass Beschäftigte durchaus selbstständig die Prioritäten ihrer Anstrengungen bei flexibler Optimierung ihrer Arbeitszeit setzen können und damit ihre Arbeitsergebnisse erhöhen. Dies ist ein Faktor, der zur Steigerung der Beschäftigtenzufriedenheit beitragen kann.[10]

3.0 Das deutsche Arbeitszeitgesetz

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) von 1994[11], aktualisiert durch die europäische Richtlinie 2003/88/EG[12], gilt auch in Zeiten einer Krise für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie für die Auszubildenden. Im Jahr des Inkrafttretens des Gesetzes stand die Digitalisierung der Arbeitswelt am Anfang und der gewöhnliche Arbeitsort der Beschäftigten war beim Sitz des Unternehmens, wenn keine Einsatzwechseltätigkeit vereinbart worden war. Auch war bei der Umsetzung der europäischen Richtlinie 2003/88/EG an neue Arbeitsformen wie Crowdworking, das Arbeiten im Homeoffice via VPN und/oder über Cloud-Lösungen sowie Videokonferenztools noch nicht zu denken. Die technische und digitale Entwicklung sowie die Veränderung der Arbeitswelt scheinen momentan schneller fortzuschreiten, als der Gesetzgeber mit rechtlichen Anpassungen im Arbeitszeitgesetz darauf reagieren kann. Um mit betrieblichen Anforderungen adäquat umzugehen, sollten die Sozialpartner auf betrieblicher Ebene flexible Lösungen für die Beschäftigten vereinbaren. In Betrieben ohne Arbeitnehmervertretung haben Beschäftigte die Möglichkeit, direkt mit dem Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin, individuelle arbeitsvertragliche Regelungen zur flexiblen Gestaltung der Arbeitszeit beispielsweise im Homeoffice auszuhandeln.

Mit der Pandemie ergibt sich für das nationale Arbeitszeitgesetz (ArbZG) aufgrund des festgestellten aktuellen außergewöhnlichen Notfalls, des Coronavirus (COVID-19), eine weitere Herausforderung in Bezug auf die derzeit gesetzlich geregelte Arbeitszeit für Beschäftigte in sogenannten "systemrelevanten" Bereichen gemäß §§ 3 und 6 II ArbZG. Hierauf hat der Gesetzgeber kurzfristig mit einer Einfügung des § 14 IV ArbZG[13] und mit dem Erlass einer befristeten COVID-19-Arbeitszeitverordnung – (COVID-19-ArbZV)[14] zur Flexibilisierung der Arbeitszeit reagiert.

4.0 Rechtliche Grundlagen im Homeoffice

Aufgrund des aktuellen Infektionsgeschehens durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 sowie die hierdurch verursachte Krankheit COVID-19 ergab sich die Herausforderung, die damit einhergehenden Ansteckungsrisiken zu vermindern. Infolgedessen wurden seit März 2020 in Unternehmen und Organisationen, wie aufgezeigt,[15] mit den Beschäftigten verstärkt Vereinbarungen getroffen, dass die Arbeitszeit im Homeoffice erbracht werden kann, wenn die Tätigkeit dazu geeignet und die infrastrukturelle Ausstattung vorhanden ist. Die COVID-19-Pandemie verlangt dabei den Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen sowie den Beschäftigten besondere Anstrengungen ab. Welche Überlegungen sind dazu vom Gesetzgeber bereits vorhanden?

4.1 Der Anspruch auf Homeoffice

Überlegungen zum Recht auf mobiles Arbeiten wurden bereits im Koalitionsvertrag von 2018 festgehalten. Es ist das "mobile Arbeiten zu fördern und zu erleichtern"[16]. Den Tarifparteien sollen dabei Freiräume für eine Tariföffnungsklausel zur Vereinbarung von "mehr selbstbestimmter Arbeitszeit der Arbeitnehmer und mehr betriebliche Flexibilisierung in der zunehmend digitalisierten Arbeitswelt"[17] für die Erprobung eingeräumt werden. Damit könnte dann "mittels Betriebsvereinbarungen insbesondere die Höchstarbeitszeit wöchentlich flexibler geregelt werden"[18]. Dazu soll ein rechtlicher Rahmen geschaffen werden. Dieser umfasst auch einen "Auskunftsanspruch der Arbeitnehmer gegenüber ihrem Arbeitgeber über die Entscheidungsgründe der Ablehnung sowie Rechtssicherheit für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber im Umgang mit privat genutzter Firmentechnik". Auch die Tarifpartner sollen Vereinbarungen zu mobiler Arbeit treffen können. Der Rahmen dient dazu, den vielfältigen Wünschen und Anforderungen in der Arbeitszeitgestaltung gerecht zu werden.[19] Bis heute gibt es, außer einem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung im Rahmen der dienstlichen Möglichkeiten gemäß §§ 15, 16 Abs. 1 Satz 2 Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG),[20] keinen individuellen Anspruch der Beschäftigten auf die Einrichtung eines Telearbeitsplatzes oder auf Homeoffice. Schwerbehinderte Menschen können in Einzelfällen unter bestimmten Voraussetzungen eine Beschäftigung in Telearbeit durchsetzen, da sie Anspruch auf eine behinderungsgerechte Einrichtung und Unterhaltung einschließlich Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfelds, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit haben, wenn es für den Arbeitgeber beziehungsweise die Arbeitgeberin zumutbar ist (vgl. § 164 Abs. 4 Nr. 4 SGB IX).[21] Ein allgemeiner Anspruch auf Homeoffice oder Telearbeit besteht nach deutschem Arbeitsrecht nicht.

Ende 2018 entschied das LAG Berlin-Brandenburg in seinem Leitsatz noch, dass Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen nicht allein aufgrund ihres Weisungsrechts berechtigt sind, Beschäftigten Telearbeit zuzuweisen. In Krisenzeiten muss der Sachverhalt neu bewertet werden.

Auch das niederländische Gesetz über die Flexibilität am Arbeitsplatz, das seit dem 1. Januar 2016 existiert, enthält nach dem Sachstand des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages keine Verpflichtung des Arbeitgebers und der Arbeitgeberin, dem Verlangen auf Telearbeit oder Homeoffice stattzugeben. Der Antrag der Beschäftigten ist ernsthaft unter Berücksichtigung der Interessen zu prüfen.[22] Danach können Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen unter bestimmten Voraussetzungen bei ihrem Arbeitgeber oder ihrer Arbeitgeberin Änderungen der Arbeitszeit, der Lage der Arbeitszeit sowie des Arbeitsplatzes (Telearbeitsplatz) verlangen. Der Antrag ist schriftlich zu stellen. Der Arbeitgeber beziehungsweise die Arbeitgeberin muss diesem zustimmen, wenn nicht schwerwiegende betriebliche oder dienstliche Belange entgegenstehen. Dabei sind sie verpflichtet, das Verlangen ernsthaft zu prüfen und mit der antragstellenden Person zu beraten.[23]

Ende 2019 wurde ein Antrag an den Deutschen Bundestag zur Vorlage eines Gesetzentwurfes "Recht auf Homeoffice einführen – Mobiles Arbeiten erleichtern" mit acht Eckpunkten eingebracht.[24] Mit der vielfältigen Ermöglichung des Arbeitens im Homeoffice für die Beschäftigten in der betrieblichen Praxis in COVID-19-Zeiten wird dieses Thema politisch an Fahrt aufnehmen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat aktuell die Pläne aus dem Koalitionsvertrag[25] wieder aufgegriffen und bereitet zum Herbst einen entsprechenden Gesetzesentwurf vor.[26] Wünschenswert wäre zukünftig eine klare gesetzliche Regelung für die Beschäftigten, unter welchen Bedingungen eine Arbeit im Homeoffice vom Arbeitgeber und der Arbeitgeberin abgelehnt werden kann.

4.2 Das Direktionsrecht

Fraglich ist, ob der Arbeitgeber und die Arbeitgeberin berechtigt sind, einseitig ein Arbeiten im Homeoffice per Direktionsrecht gemäß § 106 Gewerbeordnung (GewO) anzuweisen. Es stellt sich die Frage, ob diese Weisung zur Änderung des Arbeitsortes vom Direktionsrecht des Arbeitgebers und der Arbeitgeberin im Sinne der §§ 611a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), 106 GewO nach billigem Ermessen umfasst ist. Ende 2018 entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg in seinem Leitsatz noch, dass Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen nicht allein aufgrund ihres Weisungsrechts berechtigt sind, Beschäftigten Telearbeit zuzuweisen.[27] In Krisenzeiten muss der Sachverhalt neu bewertet werden. Die Literatur ist sich einig, dass zum Schutz der Beschäftigten, der Arbeitgeber und die Arbeitgeberin anordnen können, dass die Arbeitsleistung zu Hause unter der Voraussetzung einer kollektiv- oder individualvertraglichen Vereinbarung zu erbringen ist.[28] Dies wird während der COVID-19-Pandemie bei einer Interessensabwägung zwischen der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und der Arbeitgeberin und Art. 13 Grundgesetz (GG), der Unverletzlichkeit der Privatwohnung als Rückzugsort der Beschäftigten, wahrscheinlich zu bejahen sein. Etwaige Einschränkungen werden die Beschäftigten zum Schutz ihrer Gesundheit hinzunehmen haben.[29] Es bleibt abzuwarten, wie die Rechtsprechung zukünftig entscheiden wird. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied bereits, dass eine Weisung an Beschäftigte, die Arbeitsleistung außerhalb der Arbeitsstätte im Homeoffice als Arbeitsort zu erbringen, auch ohne eine Änderungskündigung innerhalb individueller arbeitsvertraglicher Vereinbarung oder einschlägiger Kollektivverträge möglich ist.[30] Sollte die individuelle Vereinbarung mangels Formerfordernis bisher nur konkludent getroffen worden sein, sollte im Nachhinein eine klare schriftliche Regelung vereinbart werden.[31] Damit der Arbeitgeber und die Arbeitgeberin die Beschäftigten bei Bedarf wieder an den Arbeitsplatz zurückholen können, bietet sich eine befristete Vereinbarung, mit einem belastbaren sachlichen Grund, an.[32]

Im Rahmen des Direktionsrechts nach § 106 GewO können Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen auch verlangen, dass beispielsweise nach der Aufhebung der Gefahrenlage, Beschäftigte an den Arbeitsplatz zurückkehren müssen. Dabei sollten begründete und nachgewiesene Anhaltspunkte, etwa bei Vorlage eines amtsärztlichen Attests durch die Beschäftigten, beachtet und die gegenseitigen Interessen sorgfältig abgewogen werden. Die bei der Ausübung des Direktionsrechts gebotene Interessenabwägung darf nicht offensichtlich rechtswidrig erfolgen.[33]

4.3 Die Arbeitszeit im Homeoffice

Generell ist zunächst festzuhalten, dass für die Arbeitszeit, ihre Erfassung und die Festlegung der zeitlichen Lage der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber und die Arbeitgeberin nach § 106 GewO im Homeoffice keine anderen Regelungen als am betrieblichen Arbeitsplatz gelten. Die Herausforderung für die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen besteht in der eingeschränkten Kontrollmöglichkeit der Einhaltung der Arbeitszeit durch die Beschäftigten. Den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen kann ein häufiger Wechsel zwischen der Arbeitstätigkeit und privaten Angelegenheiten die korrekte Erfassung der Arbeitszeit erschweren.

Von einem möglichen Rechtsanspruch und einer eventuellen Pflicht auf Homeoffice abgesehen, unterliegt die Arbeitszeit gemäß § 3 ArbZG im Homeoffice den gesetzlichen Regelungen nach dem ArbZG. Die Ruhepausen gemäß § 4 ArbZG sind genauso einzuhalten, zu dokumentieren und nicht Teil der Arbeitszeit. Wer während der Arbeitszeit private Sachen erledigt, muss diese Unterbrechung selbstverständlich dokumentieren. Es ist durchaus üblich, von den Beschäftigten in regelmäßigen Abständen Berichte über den Arbeitsfortschritt und/oder Teilarbeitsergebnisse anzufordern.[34] Die Rechtsprechung hat eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht gemäß §§ 241 Abs. 2, 242 BGB in Verbindung mit §§ 611, 611a BGB der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zum Nachweis von Arbeitsergebnissen anerkannt.[35] Vor diesem Hintergrund haben Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen auch die Möglichkeit, von Beschäftigten die Führung und Vorlage von Tätigkeitsnachweisen zu verlangen.

Auch die Regelungen zur Lage der Arbeitszeit im Homeoffice sollten zwischen Arbeitgeber beziehungsweise Arbeitgeberin und Beschäftigten einvernehmlich schriftlich vereinbart werden. Dies gilt beispielsweise für die Fragen, in welchem befristeten Zeitraum und in welchem Zeitkorridor die Arbeitsleistung im Homeoffice inklusive der Pausenregelungen und Erreichbarkeit zu erbringen ist.[36]

4.4 Die Feiertagsregelung im Homeoffice

Aus der gesetzlichen Einhaltung der Feiertagsruhe nach § 9 ArbZG auch im Homeoffice, meist am Wohnsitz der Beschäftigten, und des vom Wohnsitz der Beschäftigten abweichenden unterschiedlichen Lage des Stammsitzes des Unternehmens oder der Organisation in unterschiedlichen Bundesländern kann sich die Frage ergeben, welche Feiertagsregelung anzuwenden ist. Hier gilt grundsätzlich die Anzahl der Feiertage am Arbeitsort. Das bedeutet, wenn zum Beispiel der Beschäftigte mit der Homeoffice-Regelung an seinem Wohnsitz in Hamburg, der auch sein tatsächlicher Arbeitsort ist, arbeitet, der Stammsitz des Unternehmens sich aber in München befindet, wird er beispielsweise an Fronleichnam, einem Feiertag in Bayern, in Hamburg seine Arbeitszeit erbringen müssen. Der Beschäftigte mit Homeoffice (Arbeitsort) in Bayern erhält an diesem Feiertag Entgelt nach § 2 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG), ohne die werktägliche Arbeitszeit erbringen zu müssen. Befinden sich der Wohnsitz der oder des Beschäftigten und der Sitz des Unternehmens und der Arbeitsort nicht im selben Bundesland und gibt es in den betroffenen Bundesländern eine unterschiedliche Anzahl an gesetzlichen Feiertagen, so sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse am Arbeitsort maßgebend.[37] Maßgeblich für die Feiertage sind somit weder der Sitz des Unternehmens noch der Wohnsitz der Beschäftigten, sondern der tatsächliche Arbeitsort.

4.5 Der Arbeitsschutz im Homeoffice

Die Grundpflichten hinsichtlich des Arbeitsschutzes gemäß § 3 ArbSchG treffen den Arbeitgeber und die Arbeitgeberin auch dann, wenn der Arbeitnehmer und die Arbeitnehmerin im Homeoffice tätig sind. Während die Einführung, Durchsetzung und Überwachung arbeitsschutzrechtlicher Anforderungen im Homeoffice schon vor der Pandemie eine Herausforderung war, wird dies unter Zeitdruck noch verschärft.[38] Der Kontrollmöglichkeit des Arbeitgebers und der Arbeitgeberin sind hier Grenzen gesetzt. Sie haben kein Zutrittsrecht zur Wohnung der Beschäftigten, vgl. Art. 13 GG, wenn ein solches nicht zwischen den Parteien vereinbart ist. Hier könnten die Regelungen zum Telearbeitsplatz Abhilfe schaffen. Ein Telearbeitsplatz entsteht nach § 2 Abs. 7 Satz 2 ArbStättV erst mit einer individuellen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber oder Arbeitgeberin und den Beschäftigten über "Bedingungen der Telearbeit". Diese kann arbeitsvertraglich oder mit einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag geregelt werden. Die Vereinbarung sollte die Rahmenbedingungen der Telearbeit sowie Details zum Arbeits- und Gesundheitsschutz an Telearbeitsplätzen beinhalten.[39] Analog kann bei der Arbeit im Homeoffice vorgegangen werden.

Im Hinblick auf die Gefährdungsbeurteilung im Homeoffice sind die Gestaltung der Arbeitsaufgaben, der Arbeitszeit und die Integration der im Homeoffice befindlichen Beschäftigten in betriebliche Abläufe sowie die aufgrund der pandemischen Lage zusätzlich zu betrachtenden psychischen Belastungsfaktoren zu berücksichtigen.

Das BMAS hat einen SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard[40] erlassen, der vom Arbeitgeber und der Arbeitgeberin beachtet werden sollte. Dieser Standard ist keine verbindliche Rechtsnorm, stellt aber ein Regelwerk dar, das der Arbeitgeber und die Arbeitgeberin als "Orientierungshilfe" oder "Richtlinie" zur Unterstützung und Empfehlung bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen angemessen einzubeziehen hat.[41] Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) konkretisiert diesen Standard in ihren FAQs zu besonderen technischen, organisatorischen und persönlichen Maßnahmen.[42] Branchenspezifische Konkretisierungen geben die DGUV und die Unfallversicherungsträger.[43] Die Arbeitsschutzausschüsse beim BMAS haben in Zusammenarbeit mit der BAuA die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel (CoVArbSchR) am 20. August 2020 veröffentlicht.[44] Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel beinhaltet Konkretisierungen der Verordnungen nach § 18 ArbSchG. Bei Einhaltung können Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen davon ausgehen, dass die Anforderungen aus den Verordnungen erfüllt sind. Die Regel hat das Ziel, die Gesundheit der Beschäftigten in der Zeit der SARS-CoV-2-Pandemie durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes wirkungsvoll zu schützen. Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel ist gemäß § 5 Infektionsschutzgesetz (IfSG) auf den Zeitraum der Pandemie befristet.[45] In dieser Arbeitsschutzregel wird der Begriff des Homeoffice als eine Form des mobilen Arbeitens beschrieben, die es Beschäftigten ermöglicht, "nach vorheriger Abstimmung mit dem Arbeitgeber und der Arbeitgeberin zeitweilig im Privatbereich, zum Beispiel unter Nutzung tragbarer IT-Systeme (zum Beispiel Notebooks) oder Datenträger, für den Arbeitgeber und die Arbeitgeberin tätig zu sein"[46]. Im Hinblick auf die Gefährdungsbeurteilung im Homeoffice sind die Gestaltung der Arbeitsaufgaben, der Arbeitszeit und die Integration der im Homeoffice befindlichen Beschäftigten in betriebliche Abläufe sowie die aufgrund der pandemischen Lage zusätzlich zu betrachtenden psychischen Belastungsfaktoren zu berücksichtigen.[47] Zum Homeoffice gibt die CoVArbSchR unter Punkt 4.2.4 Abs. 2 Satz 1 explizit vor, dass auch für Tätigkeiten im Homeoffice die Regelungen des ArbSchG und des ArbZG gelten.

Das heißt für die Praxis konkret, dass der Arbeitgeber und die Arbeitgeberin die Beschäftigten im Hinblick auf einzuhaltende Arbeitszeiten, Ruhepausen mit der notwendigen Dokumentation, die ergonomische Arbeitsplatzgestaltung und die Nutzung der Arbeitsmittel, zum Beispiel korrekte Bildschirmposition, möglichst separate Tastatur und Maus, richtige und wechselnde Sitzhaltung und Bewegungspausen zu unterweisen hat.[48] Auffallend ist, dass zur Kostentragungspflicht keine Empfehlungen gegeben werden. Gemäß § 3 Abs. 3 ArbSchG dürfen Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen den Beschäftigten keine Kosten für den Arbeitsschutz auferlegen. Betriebe, die die empfohlenen Schutzmaßnahmen nach der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel umsetzen, können davon ausgehen, dass sie rechtssicher handeln.[49]

4.6 Der Datenschutz im Homeoffice

Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen stellen wie beschrieben den Beschäftigten im Homeoffice notwendige technische Arbeitsmittel wie PC oder Notebook, Dockingstation und Weiteres zur Verfügung. Solange nicht das gesamte private Arbeitszimmer fest vom Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin eingerichtet und keine Vereinbarung dazu getroffen wird, entsteht kein Telearbeitsplatz nach § 2 Abs. 7 Satz 1 ArbStättV.[50] Durch die Einrichtung und Anbindung der Beschäftigten an die Systeme des Arbeitgebers und der Arbeitgeberin und die Verarbeitung personenbezogener Daten im Homeoffice ergeben sich datenschutzrechtliche Herausforderungen. Die Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) sind auch hier zu beachten. Mit der Verarbeitung der Daten im Homeoffice bleiben zunächst der Arbeitgeber und die Arbeitgeberin in der Verantwortung gemäß Art. 4 Nr. 7 DSGVO.[51] Der "Verantwortliche" und der "Auftragsverarbeiter" haben nach § 64 Abs. 1 BDSG "die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen, um bei der Verarbeitung personenbezogener Daten ein dem Risiko angemessenes Schutzniveau zu gewährleisten". Dazu sind beispielsweise Verschlüsselungsverfahren inklusive einer Ablageverschlüsselung auf dem mobilen Gerät nach dem neuesten Stand der Technik geeignet, um personenbezogene Daten vor dem unbefugten Zugriff Dritter zu schützen. Besondere Vorsicht ist bei der Verarbeitung von "sensiblen" Daten nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO, von Beschäftigtendaten nach § 26 BDSG und von Sozialdaten §§ 67 ff. SGB X geboten. Hilfreiche Empfehlungen für die Praxis gibt der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI).[52] Der Arbeitgeber und die Arbeitgeberin haben die Beschäftigten auf das Datengeheimnis nach § 53 BDSG zu verpflichten. Diese Verpflichtung bleibt im Homeoffice bestehen.[53] Die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sollten sorgfältig prüfen, wer während einer Tätigkeit im Homeoffice Zutritt zum Arbeitsplatz hat, um den unbefugten Zugang zu personenbezogenen Daten zu verhindern. Dem Arbeitgeber und der Arbeitgeberin wird empfohlen, Regelungen zum Datenschutz inklusive eines Kontroll- und Zugangsrechts in die Homeoffice-Vereinbarung, aufzunehmen.[54]

4.7 Pflicht zur Kostenübernahme des Arbeitgebers und der Arbeitgeberin im Homeoffice

Der Arbeitgeber und die Arbeitgeberin sind verpflichtet, den Beschäftigten für eine ordnungsgemäße Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung, die erforderlichen Arbeitsmittel wie beispielsweise den PC oder das Notebook zur Verfügung zu stellen. Dies gilt grundsätzlich auch bei Tätigkeiten im Homeoffice.[55] Beschäftigte sollten darauf achten, mit dem Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin vorab eine klare Kostenregelung über weitere Anschaffungen zu treffen. Um Streitigkeiten zu vermeiden, ist die Übernahme einer monatlichen Kostenpauschale für laufende Internet-, Telefonkosten und anteilige Mietkosten durch den Arbeitgeber und die Arbeitgeberin hilfreich.[56] Zur einmaligen Anschaffung beispielsweise eines ergonomischen Bürostuhls und Schreibtisches zu Hause bedarf es einer individuellen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber oder Arbeitgeberin und den Beschäftigten. Für die Kosten, die die Beschäftigten allein übernehmen, sollte geprüft werden, inwieweit sie steuerlich absetzbar sind.

5 Fazit und Ausblick

Mit Eintritt des aktuellen außergewöhnlichen Notfalls und dessen Auswirkungen auf die betriebliche Praxis werden die Diskussionen zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung von anderen wichtigen Regelungsthemen bezüglich des Infektionsschutzes in Unternehmen und Organisationen und den Ausgestaltungen der Tätigkeit im Homeoffice überlagert. Gerade in dieser Zeit ist nochmals deutlich geworden, dass teilweise aufgrund fehlender gesetzlicher Regelungen zum Homeoffice klare individuelle oder kollektive Vereinbarungen notwendig sind, um den Bedürfnissen der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Homeoffice und den Anforderungen an die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen gerecht zu werden.

Die Chancen der Digitalisierung eröffnen eine Gelegenheit, das Arbeitszeit- und Arbeitsschutzrecht beweglicher und die Bedingungen für das Arbeiten im Homeoffice nachhaltig und rechtssicher zu gestalten.

Letztendlich bleibt festzuhalten, dass klare schriftliche individuelle Vereinbarungen zwischen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern sowie Beschäftigten getroffen werden müssen, um bei sich schnell ändernden Bedingungen, wie einer Pandemie, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu gewährleisten und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und Organisationen zu erhalten. Mittlerweile hat der Gesetzgeber den Arbeitsschutzstandard bereits teilweise an die Anforderungen des Homeoffice angepasst. Viele Unternehmen und Organisationen werden auch nach der Pandemie ihren Beschäftigten flexible Arbeitszeitmodelle gewähren. Der deutsche Gesetzgeber hat mit den Erfahrungen der aktuellen Herausforderungen die Möglichkeit, die bereits vorhandenen Pläne für eine moderne Arbeitswelt an die tatsächliche Situation anzupassen. Die Chancen der Digitalisierung eröffnen eine Gelegenheit, das Arbeitszeit- und Arbeitsschutzrecht beweglicher und die Bedingungen für das Arbeiten im Homeoffice nachhaltig und rechtssicher zu gestalten.

 

Anmerkung: Dieser Text ist teilweise ein Exzerpt des Beitrags "Das deutsche Arbeitszeitgesetz im Spannungsfeld von COVID-19 und der europäischen Rechtsprechung" von Prof. Dr. Katrin Kanzenbach in der Ausgabe DGUV-Forum 5/2020.