Das deutsche Arbeitszeitgesetz im Spannungsfeld von COVID-19 und der europäischen Rechtsprechung

COVID-19 hat nicht nur dafür gesorgt, dass sich Arbeit in die eigenen vier Wände verlagert, sondern führt in vielen Bereichen auch zu einer Ausweitung der Arbeitszeit.

Mit Urteil vom 14. Mai 2019 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die Mitgliedstaaten die Arbeitgeber verpflichten müssen, ein „objektives, verlässliches und zugängliches System“ einzurichten, um die von jedem Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit zu messen.[1] Der EuGH betont dabei, dass die Aspekte der Arbeitszeitgestaltung entsprechend der Grundrechtecharta der EU (GRCh) im Sinne des Art. 31 Abs. 2 und der Art. 4 Abs. 1, 11 Abs. 3 und Art. 16 Abs. 3 der Arbeitsschutz- Rahmenrichtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989[2] zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit auszulegen sind.[3] Das bedeutet, der jeweilige Gesetzgeber muss eventuellen Anpassungsbedarf für die gesetzlich geregelte Arbeitszeit überprüfen und die nationalen Arbeitsgerichte müssen chartawidriges nationales Recht unangewendet lassen. Anfang dieses Jahres ergab sich für das nationale Arbeitszeitgesetz (ArbZG) aufgrund des festgestellten aktuellen außergewöhnlichen Notfalls wegen des Coronavirus (COVID-19) eine weitere Herausforderung in Bezug auf die derzeit gesetzlich geregelte Arbeitszeit für Beschäftigte in sogenannten „systemrelevanten“ Bereichen gemäß §§ 3 und 6 Abs.  2 ArbZG. Hierauf hat der Gesetzgeber kurzfristig mit einer Einfügung des § 14 Abs. 4 ArbZG[4] und mit dem Erlass einer COVID-19-Arbeitszeitverordnung – (COVID-19-ArbZV)[5] zur Flexibilisierung der Arbeitszeit reagiert. Die Verordnung ist befristet und greift nicht in Arbeitsverträge und Tarifverträge ein. Dieser Beitrag beleuchtet die aktuellen Herausforderungen für die werktägliche Arbeitszeit der Beschäftigten während und nach der Pandemiezeit durch die europäische Rechtsprechung.

1.0 Ausgangssituation

In der heutigen Arbeitswelt gehört das Arbeiten in flexiblen Arbeitszeitmodellen mittlerweile für viele Beschäftigte zum betrieblichen Alltag.[6] In einigen Branchen und im öffentlichen Dienst sind Telearbeit gemäß § 2 Abs. 7 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV),[7] mobiles Arbeiten und Homeoffice-Regelungen[8] verbunden mit Vertrauensarbeitszeit inzwischen in arbeitsvertragliche Regelungen oder in Betriebs- und Dienstvereinbarungen integriert. Nach einer aktuellen Studie hat das Arbeiten im Homeoffice in COVID-19-Zeiten erwartungsgemäß zugenommen.[9] Während von den in dieser Studie Befragten momentan mehr als die Hälfte fünf Tage in der Woche von zu Hause aus arbeitet, waren es vor der Krise lediglich vier Prozent. Es wird verstärkt in virtuellen Teams, Besprechungen, Konferenzen, Webinaren und mobil mit flexiblen Arbeitszeitregelungen gearbeitet. Nach Auswertung der Autoren der Studie passt sich dabei aber der New Culture Index kaum an. Dieser zeigt, wie sich die Beschäftigten fühlen, die in diesen Unternehmen arbeiten. Es werden innerhalb der Unternehmen zwar flexiblere Strukturen ermöglicht, aber die Vertrauenskultur wurde nicht gestärkt.[10] Damit zeigt dieses erhobene Meinungsbild, dass flexibles Arbeiten schnell umsetzbar ist und das Bewusstsein zum Kulturwandel mit der Änderung von Einstellungen einhergehen muss. Nach dem IAB-Betriebspanel 2018 wird als Hinderungsgrund für Homeoffice-Tätigkeiten immer noch die fehlenden Kontrolle und Führung angegeben.[11] Dabei profitieren von den positiven Erfahrungen mit dem Arbeiten im Homeoffice nicht nur die Beschäftigten, sondern auch die Arbeitgeber. Mit dem Gewinn an Arbeitszeit, auch aufgrund des Wegfalls von Anfahrtswegen, erwarten die Arbeitgeber eine höhere Arbeitsproduktivität der Beschäftigten.[12] Die Beschäftigten im Homeoffice arbeiten durchaus bis an ihr Limit, die Grenzen zwischen Privatem inklusive Kinderbetreuung auf der einen und Arbeit auf der anderen Seite sind fließend. Bereits eine Studie (Nadeem & Abbas, 2009) empfiehlt den Führungskräften, die Arbeitsstunden ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter flexibel zu  handhaben.[13] Die Ergebnisse der Studie haben gezeigt, dass Beschäftigte durchaus selbstständig die Prioritäten ihrer Anstrengungen bei flexibler Optimierung ihrer Arbeitszeit setzen können und damit ihre Arbeitsergebnisse erhöhen. Dies ist ein Faktor, der zur Steigerung der Beschäftigtenzufriedenheit beitragen kann.[14] Welche Unterstützung hat der Gesetzgeber bereits gegeben und welche kann er im deutschen Arbeitszeitgesetz unter COVID-19 und der europäischen Rechtsprechung dazu geben?

Die technische und digitale Entwicklung sowie die Veränderung der Arbeitswelt schreiten schneller fort, als der Gesetzgeber mit rechtlichen Anpassungen im Arbeitszeitgesetz darauf reagieren kann.

2.0 Das deutsche Arbeitszeitgesetz

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) von 1994[15], aktualisiert durch die europäische Richtlinie 2003/88/EG[16], gilt in Zeiten einer Krise weiterhin. Im Jahr des Inkrafttretens des Gesetzes stand die Durchdringung der Arbeitswelt mit derDigitalisierung am Anfang und der gewöhnliche Arbeitsort der Beschäftigten war am Standort des Unternehmens, wenn keine Einsatzwechseltätigkeit vereinbart worden war. Auch war bei der Umsetzung der europäischen RL 2003/88/EG an neue Arbeitsformen, wie Crowdworking, das Arbeiten im Homeoffice via VPN und/oder über Cloud-Lösungen sowie E-Tools und Konferenztools, noch nicht zu denken. Die technische und digitale Entwicklung sowie die Veränderung der Arbeitswelt scheinen momentan schneller fortzuschreiten, als der Gesetzgeber mit rechtlichen Anpassungen im Arbeitszeitgesetz darauf reagieren kann. Um mit betrieblichen Anforderungen adäquat umzugehen, sollten die Sozialpartner auf betrieblicher Ebene flexible Lösungen für die Beschäftigten vereinbaren. Beim Fehlen der Arbeitnehmervertretung im Betrieb bleibt den Beschäftigten noch die Möglichkeit, direkt mit der Arbeitgeberin, dem Arbeitgeber individuelle arbeitsvertragliche Regelungen zur flexiblen Gestaltung der Arbeitszeit beispielsweise im Homeoffice auszuhandeln.

Das deutsche Arbeitszeitgesetz enthält Regelungen über die werktägliche Arbeitszeit (vgl. § 3 ArbZG) und die tägliche ununterbrochene Ruhezeit (vgl. § 5 ArbZG) sowie Bestimmungen für Ausnahmetatbestände. Das Beschäftigungsverbot an Sonn- und Feiertagen gilt beispielsweise in besonderen Branchen nicht für Tätigkeiten in Krankenhäusern, in Not- und Rettungsdiensten sowie bei der Feuerwehr, sondern auch in Gaststätten, Verkehrsbetrieben, Sport-, Freizeit-, Erholungs- und Vergnügungseinrichtungen, bei Produktionsarbeiten, in Bäckereien und Konditoreien (vgl. §§ 10 ArbZG Abs. 1 Nr. 1 bis 16, Abs. 2 und 3 ArbZG). Von einigen Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes, wie zum Beispiel von der täglichen Arbeitszeit gemäß § 3 ArbZG und der Kürzung der Ruhezeit gemäß § 5 Abs. 2 ArbZG, kann unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen durch „einen Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung“, abgewichen werden. So kann etwa die Arbeitszeit über zehn Stunden werktäglich verlängert oder die Ruhezeit um bis zu zwei Stunden gekürzt werden (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 1 und 3 ArbZG).

Ein detaillierter Blick in das deutsche ArbZG lässt schnell erkennen, dass Flexibilität im Hinblick auf die werktägliche Arbeitszeit der Beschäftigten bis auf die gegebenenfalls abweichenden tarifvertraglichen Regelungen gemäß § 7 ArbZG nur im begrenzten Umfang mit entsprechendem Ausgleich möglich ist. Gemäß Art. 6 lit. b) der Arbeitszeit-Richtlinie (RL 2003/88/EG)[17] haben die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, nach Maßgabe der Erfordernisse der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen bezüglich der durchschnittlichen Arbeitszeit pro Siebentagezeitraum zu regeln. Diese darf 48 Stunden einschließlich der Überstunden nicht überschreiten.[18] Die Richtlinie 2003/88/EG stellt somit auf die wöchentliche Höchstarbeitszeit, nicht aber auf die werktägliche Arbeitszeit ab. Sie sieht für die werktägliche Arbeitszeit unmittelbar keine Höchstgrenzen vor.[19] Ein Werktag ist jeder Kalendertag außer Sonn- und Feiertag (vgl. § 3 Abs. 2 Bundesurlaubsgesetz). Der nationale Gesetzgeber geht somit von der Sechstagewoche aus.[20] § 3 Satz 1 ArbZG legt eine werktägliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden fest, die nur im Ausnahmefall nach Satz 2 und mit einer Ausgleichspflicht auf bis zu zehn Stunden ausgedehnt werden kann. Der Gesetzgeber hat in § 3 Satz 1 ArbZG den seit 1918 geltenden Grundsatz des Achtstundentages aus § 3 Satz 1 Arbeitszeitordnung (AZO) übernommen, verzichtet aber auf das Merkmal der Regelmäßigkeit. Mit § 3 Satz 2 ArbZG wurde eine Regelung zur Flexibilisierung der werktäglichen Arbeitszeit auf zehn Stunden innerhalb eines Arbeitsverhältnisses eingeführt.[21] Trotz dieses eingeräumten Spielraums bleibt das deutsche Arbeitszeitgesetz hinter dem eingeräumten Korridor der wöchentlichen Höchstgrenze zurück. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber das Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag für mehr selbstbestimmte Arbeitszeit der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen aufgreifen und für eine erhöhte Flexibilisierung der Lage der Arbeitszeit in der digitalisierten Arbeitswelt gesetzlich verankern wird.[22]

Ein detaillierter Blick in das deutsche ArbZG lässt schnell erkennen, dass Flexibilität im Hinblick auf die werktägliche Arbeitszeit der Beschäftigten bis auf die abweichenden tarifvertraglichen Regelungen nur im begrenzten Umfang mit entsprechendem Ausgleich möglich ist.

3.0 Die Herausforderung für die werktägliche Arbeitszeit unter COVID-19

Abweichungen von der werktäglichen Arbeitszeit können aufgrund von Notfällen und in außergewöhnlichen Fällen nach § 14 Abs. 1 ArbZG vorgenommen werden. Nach der Literatur ist der Notfall ein „für den Betrieb nachteiliges, ungewöhnliches, unvorhergesehenes und plötzlich eintretendes Ereignis, das die Gefahr eines unverhältnismäßigen Schadens mit sich bringt“.[23] Keine Notfälle sind nach herrschender Meinung Ereignisse, die sich als Folge von Organisationsmängeln einstellen oder die auf fehlerhaften Entscheidungen des Arbeitgebers beruhen.[24] Ein außergewöhnlicher Fall ist eine „besondere Situation, die weder regelmäßig eintritt noch rechtzeitig vorhersehbar ist“ und „die Gefahr von Schäden mit sich bringt“. Das Ereignis muss zudem vorübergehender Art sein.[25] In außergewöhnlichen Fällen, „die unabhängig vom Willen der Betroffenen eintreten und deren Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind,“ darf von den §§ 3 bis 6 Abs. 2, 7, 9 bis 11 ArbZG abgewichen werden. Mit dem am 28. März 2020 in Kraft getretenen Abs. 4 des § 14 ArbZG,[26] wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) zeitlich befristet ermächtigt, „im aktuellen außergewöhnlichen Notfall“, insbesondere in epidemischen Lagen von nationaler Tragweite, gemäß § 5 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) für bestimmte Tätigkeiten der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen bundeseinheitliche Ausnahmen vom Arbeitszeitgesetz zu erlassen. Die Tätigkeiten müssen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, des Gesundheitswesens, der pflegerischen Versorgung, der Daseinsvorsorge oder zur Versorgung der Bevölkerung mit existenziellen Gütern notwendig sein.[27] Die besonderen Arbeitszeitschutzregelungen des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) und des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG) sowie die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates oder des Personalrates nach dem Betriebsverfassungsgesetz oder den Personalvertretungsgesetzen des Bundes und der Länder bleiben unberührt.[28]

Die neue COVID-19-Arbeitszeitverordnung (COVID-19-ArbZV)[29] trat am 10. April 2020 in Kraft und ist vorerst bis zum 31. Juli.2020 befristet. Die Ausnahmen dürfen aber zunächst nur bis zum 30. Juni 2020 angewendet werden. Über eine Verlängerung der ArbZV kann noch entschieden werden.

Nach der ArbZV kann abweichend von den §§ 3 und 6 Abs. 2 ArbZG die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auf bis zu zwölf Stunden verlängert und die Mindestruhezeit zwischen zwei Arbeitstagen des 5 Abs. 1 und § 7 Abs. 9 ArbZG von elf auf neun Stunden verkürzt werden. Wird von diesen ermöglichten Abweichungen Gebrauch gemacht, darf die Arbeitszeit von 60 Stunden wöchentlich nicht überschritten werden und jede Verkürzung der Ruhezeit ist innerhalb von vier Wochen auszugleichen (vgl. §§ 1 Abs. 3, 2 COVID-19-ArbZV). Die Arbeitszeit kann nur in dringenden Ausnahmefällen auf über 60 Wochenstunden verlängert werden, nämlich dann, wenn sich diese Verlängerung nicht durch vorausschauende organisatorische Maßnahmen, durch Einstellung von Personal oder sonstige personalwirtschaftliche Maßnahmen vermeiden lässt. Diese Ausnahmen gelten nach § 1 Abs. 2 COVID-19-ArbZV beispielsweise  für Tätigkeiten in Not- und Rettungsdiensten, der Feuerwehr sowie beim Zivilschutz, für das Herstellen, Verpacken, Abfüllen, Kommissionieren, Be- und Entladen sowie für das Einräumen der aufgeführten Produkte sowie für das Liefern an Unternehmen vor allem im Einzelhandel. Betroffen sind hier im Wesentlichen Lebensmittel, Waren des täglichen Bedarfs, Arzneimittel, Medizinprodukte und apothekenübliche Waren, Produkte, die zur Eingrenzung, Bekämpfung und Bewältigung der COVID-19-Pandemie eingesetzt werden sowie dazugehörige Stoffe, Materialien, Behältnisse und Verpackungsmaterialien.

Eine weitere Modifikation wurde für die Sonn- und Feiertagsbeschäftigung geschaffen. In den aufgelisteten Tätigkeiten des § 1 Abs. 2 COVID-19-ArbZV dürfen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auch an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden, sofern die Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden konnten und Ladenschlusszeiten dem nicht entgegenstehen. Sollte dieser Fall eintreten, kann der Ersatzruhetag für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die an einem Sonntag beschäftigt werden, innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von acht Wochen gewährt werden. Der Ersatzruhetag ist aber spätestens bis zum 31. Juli 2020 zu gewähren.

Die Arbeitszeit kann nur auf über 60 Wochenstunden verlängert werden, wenn sich dies nicht durch vorausschauende organisatorische Maßnahmen vermeiden lässt.

4.0 Arbeitszeit und Homeoffice unter COVID-19

Aufgrund des momentanen aktuellen Infektionsgeschehen durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 sowie die hierdurch verursachte Krankheit COVID-19 und der Herausforderung, die damit einhergehenden Ansteckungsrisiken zu vermindern, wurde seit März 2020 in Unternehmen und Organisationen zwischen den Beschäftigten sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern verstärkt vereinbart, dass die Arbeitszeit im Homeoffice erbracht werden kann, wenn die Tätigkeit dazu geeignet und die infrastrukturelle Ausstattung vorhanden ist. Die COVID-19-Epidemie verlangt dabei den Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen sowie den Beschäftigten besondere Anstrengungen ab.

4.1 Das Direktionsrecht des Arbeitgebers

Zum Schutz der Beschäftigten kann der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin anordnen, dass die Arbeitsleistung zu Hause zu erbringen ist, wenn dies kollektiv- oder individualvertraglich vereinbart ist. Andernfalls stellt sich hier die Frage, ob diese Weisung vom Direktionsrecht des Arbeitgebers im Sinne des § 106 Abs. 1 Gewerbeordnung (GewO) umfasst ist. Dies wird bei einer Interessensabwägung während der COVID-19-Epidemie wahrscheinlich zu bejahen sein. Etwaige Einschränkungen werden die Beschäftigten zum Schutz ihrer Gesundheit hinzunehmen haben.[30]

4.2 Der Anspruch auf Homeoffice/Telearbeit

Überlegungen zum Recht auf mobiles Arbeiten wurden im Koalitionsvertrag von 2018 festgehalten. Es ist das „mobile Arbeiten zu fördern und zu erleichtern.“[31] Den Tarifparteien sollen dabei Freiräume für eine Tariföffnungsklausel zur Vereinbarung von „mehr selbstbestimmter Arbeitszeit der Arbeitnehmer und mehr betriebliche Flexibilisierung in der zunehmend digitalisierten Arbeitswelt“[32] für die Erprobung eingeräumt werden. Damit könnte dann „mittels Betriebsvereinbarungen insbesondere die Höchstarbeitszeit wöchentlich flexibler geregelt werden.“[33] Dazu soll ein rechtlicher Rahmen geschaffen werden. Dieser umfasst auch einen „Auskunftsanspruch der Arbeitnehmer gegenüber ihrem Arbeitgeber über die Entscheidungsgründe der Ablehnung sowie Rechtssicherheit für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber im Umgang mit privat genutzter Firmentechnik“. Auch die Tarifpartner sollen Vereinbarungen zu mobiler Arbeit treffen können. Der Rahmen dient dazu, den vielfältigen Wünschen und Anforderungen in der Arbeitszeitgestaltung gerecht zu werden.[34] Bis heute gibt es, außer einem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung im Rahmen der dienstlichen Möglichkeiten gemäß §§ 15, 16 Abs. 1 Satz 2 Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG),[35] keinen individuellen Anspruch der Beschäftigten auf die Einrichtung eines Telearbeitsplatzes oder auf Homeoffice. Schwerbehinderte Menschen können in Einzelfällen unter bestimmten Voraussetzungen eine Beschäftigung in Telearbeit durchsetzen, da sie Anspruch auf eine behinderungsgerechte Einrichtung und Unterhaltung sowie Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfelds, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit haben, wenn es für den Arbeitgeber zumutbar ist. (vgl. § 164 Abs. 4 Nr. 4 SGB IX).[36] Ein allgemeiner Anspruch auf Homeoffice oder Telearbeit besteht nach deutschem Arbeitsrecht nicht.

Auch das niederländische Gesetz über die Flexibilität am Arbeitsplatz der Arbeitnehmer auf Telearbeit, das seit dem 1. Januar 2016 existiert, enthält nach dem Sachstand des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages keine Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Verlangen auf Telearbeit oder Homeoffice stattzugeben. Der Antrag der Beschäftigten ist ernsthaft unter Berücksichtigung der Interessen zu prüfen.[37] Danach können unter bestimmten Voraussetzungen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen bei ihrem Arbeitgeber Änderungen der Arbeitszeit, der Lage der Arbeitszeit sowie des Arbeitsplatzes (Telearbeitsplatz) verlangen. Der Antrag ist schriftlich zu stellen. Der Arbeitgeber muss diesen zustimmen, wenn nicht schwerwiegende betriebliche oder dienstliche Belange entgegenstehen. Der Arbeitgeber ist dabei verpflichtet, das Verlangen ernsthaft zu prüfen und mit dem Antragsteller zu beraten.[38]

Ende 2019 wurde ein Antrag an den Deutschen Bundestag zur Vorlage eines Gesetzentwurfs „Recht auf Homeoffice einführen – Mobiles Arbeiten erleichtern“ mit acht Eckpunkten eingebracht.[39] Mit der vielfältigen Ermöglichung des Arbeitens im Homeoffice für die Beschäftigten in der betrieblichen Praxis in COVID-19-Zeiten wird dieses Thema politisch an Fahrt aufnehmen. Das BMAS hat aktuell die Pläne aus dem Koalitionsvertrag[40] wieder aufgegriffen und bereitet zum Herbst einen entsprechenden Gesetzesentwurf vor.[41]

Schwerbehinderte Menschen können in Einzelfällen unter bestimmten Voraussetzungen eine Beschäftigung in Telearbeit durchsetzen.

4.3 Die Arbeitszeit im Homeoffice

Von einem möglichen „Recht auf Homeoffice“ abgesehen, unterliegt die Arbeitszeit gemäß § 3 ArbZG im Homeoffice den gesetzlichen Regelungen nach dem ArbZG. Die Ruhepausen gemäß § 4 ArbZG sind genauso einzuhalten und zu dokumentieren und sind nicht Teil der Arbeitszeit. Wer während der Arbeitszeit private Sachen erledigt, muss diese Unterbrechung selbstverständlich dokumentieren. Es ist durchaus üblich, von den Beschäftigten in regelmäßigen Abständen Berichte über den Arbeitsfortschritt und/oder Teilarbeitsergebnisse anzufordern.[42] Die Rechtsprechung hat eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht gemäß §§ 241 Abs. 2, 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit §§ 611, 611a BGB der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zum Nachweis von Arbeitsergebnissen anerkannt.[43] Vor diesem Hintergrund hat der Arbeitgeber auch die Möglichkeit, von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen die Führung und Vorlage von Tätigkeitsnachweisen zu verlangen.

Die Arbeit im Homeoffice sollte zwischen Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen schriftlich vereinbart, die wichtigsten Rahmenbedingungen einvernehmlich geregelt werden. Dies gilt beispielsweise für die Fragen, in welchem befristeten Zeitraum die Arbeitsleistung im Homeoffice zu erbringen ist und wann diese automatisch endet, wie Pausen geregelt sind,  wer die Hardware und Software stellt und welche Bedingungen für die Anbindung an den Betriebsrechner und an den Datenschutz vorliegen müssen.[44] Im Rahmen seines Direktionsrechts nach § 106 Abs. 1 GewO kann der Arbeitgeber verlangen, dass beispielsweise nach der Aufhebung der Gefahrenlage, der oder die Beschäftigte an den Arbeitsplatz zurückkehren muss. Dabei sollten begründete und nachgewiesene Anhaltspunkte, etwa bei Vorlage eines amtsärztlichen Attests durch den Beschäftigten, beachtet und die gegenseitigen Interessen sorgfältig abgewogen werden. Die bei der Ausübung des Direktionsrechts gebotene Interessenabwägung darf nicht offensichtlich rechtswidrig erfolgen.[45]

4.4 Die Feiertagsregelung im Homeoffice

Aus der gesetzlichen Einhaltung der Feiertagsruhe nach § 9 ArbZG auch im Homeoffice, meist am Wohnsitz der Beschäftigten, und des vom Wohnsitz der Beschäftigten abweichenden unterschiedlichen Lage des Stammsitzes des Unternehmens oder der Organisation in unterschiedlichen Bundesländern kann sich durchaus die Frage ergeben, welche Feiertagsregelung anzuwenden ist. Hier gilt grundsätzlich die Anzahl der Feiertage am Arbeitsort. Das bedeutet, wenn der oder die Beschäftigte mit der Homeoffice-Regelung an seinen Wohnsitz in Hamburg, der auch sein tatsächlicher Arbeitsort ist, arbeitet, der Stammsitz des Unternehmens sich aber in München befindet, wird er beispielsweise an Fronleichnam, einem Feiertag in Bayern, in Hamburg seine Arbeitszeit erbringen müssen. Ein Beschäftigter mit Homeoffice (Arbeitsort) in Bayern erhält an diesem Feiertag Entgelt nach § 2 Abs. 1 EFZG, ohne die werktägliche Arbeitszeit erbringen zu müssen. Befinden sich Wohnsitz des Beschäftigten und der Sitz des Unternehmens und der Arbeitsort nicht im selben Bundesland und gibt es in den betroffenen Bundesländern eine unterschiedliche Anzahl an gesetzlichen Feiertagen, so sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse am Arbeitsort maßgebend.[46] Maßgeblich für die Feiertage sind somit weder der Sitz des Unternehmens noch der Wohnsitz des Beschäftigten, sondern der tatsächliche Arbeitsort.

Mit der schnellen Einführung des neuen § 14 Abs. 4 ArbZG und der befristeten COVID-19-ArbZV durch den Gesetzgeber und den vielfältigen, zügigen und einvernehmlichen betrieblichen Regelungen zwischen Arbeitgeber sowie Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen im Zusammenspiel mit den Beschäftigtenvertretungen zum Homeoffice in COVID-19-Zeiten hat sich gezeigt, dass das nationale Arbeitszeitgesetz durchaus im gewissen Rahmen flexibel im aktuellen außergewöhnlichen Notfall angepasst und ausgelegt werden kann. Wünschenswert wäre zukünftig eine klare gesetzliche Regelung für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, unter welchen Bedingungen eine Arbeit im Homeoffice vom Arbeitgeber abgelehnt werden kann.

Das EuGH-Urteil fordert die Mitgliedstaaten auf, die konkreten Bedingungen zur Umsetzung eines Systems der Arbeitszeiterfassung zu bestimmen.

5.0 Die europäische Herausforderung – Die CCOO-Entscheidung

Große Beachtung und Diskussionen rief das EuGH-Urteil vom Mai 2019, die sogenannte „CCOO-Entscheidung“[47] zur Erfassung der Arbeitszeit von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen mittels eines „objektiven, verlässlichen und zugänglichen Systems“ durch den Arbeitgeber, hervor. Im Grundsatz ging es darum, dass die Mitgliedstaaten gewährleisten müssen, die geleistete tägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen vom Arbeitgeber messen und aufzeichnen zu lassen sowie um die Prüfung der Auslegung, ob nationale Regelungen dem entgegenstehen.[48] Im Tenor fordert dieses Urteil die Mitgliedstaaten auf, die konkreten Bedingungen zur Umsetzung eines Systems der Arbeitszeiterfassung zu bestimmen. Der EuGH betont, dass das Recht der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit und auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten nicht nur eine besonders wichtige Regel des Sozialrechts der Union ist, sondern auch ausdrücklich in Art. 31 Abs. 2 der europäischen Grundrechtecharta (GRCh) verankert ist, in dessen Licht die RL 2003/88/EG auszulegen ist, wobei eine unmittelbare Geltung in die Arbeitsverhältnisse ausscheidet.[49]

5.1 Das „objektive, verlässliche und zugängliche System“ zur Arbeitszeiterfassung

Der EuGH formuliert die Anforderungen mittels dreier Adjektive. Das Arbeitszeiterfassungssystem soll „objektiv“, „verlässlich“ und „zugänglich“ sein. Wie ein „zugängliches“ System in der Praxis ausgestaltet sein soll, lässt das Gericht weitestgehend offen. Denkbar ist die Auslegung, dass alle Beschäftigten einerseits Zugang zur Nutzung des Erfassungssystems haben und anderseits das Recht zur Einsicht in die persönlichen Erfassungsdaten erhalten. Ein solcher Anspruch der Beschäftigten könnte sich aus §§ 611a, 241 Abs. 2, 242, 618 BGB, §§ 7, 12 und 14 ArbSchG ergeben.[50] Die Zugänglichkeit des Systems kann auch die Kontrollmöglichkeit von Aufsichtsbehörden umfassen. Ein System kann „objektiv“, also sachlich korrekt, und „verlässlich“ sein, wenn es richtig minutengerecht und nachvollziehbar die Daten der Arbeitszeit dokumentiert und jederzeit einsatzbereit ist. Schätzungen, Pauschalisierungen oder ungefähre Angaben erfüllen diese Anforderungen nicht.[51] In der betrieblichen Praxis dürften die meisten elektronischen Zeiterfassungssysteme diesen drei Anforderungen, mit Einrichtung der entsprechenden Berechtigungen und datenschutzrechtlicher konformer Ausgestaltung, bereits gerecht werden. Die Frage bleibt offen, wie der Gesetzgeber das ArbZG an diese Anforderungen anpassen wird.

5.2 Die nationalen Aufzeichnungspflichten im Arbeitszeitgesetz

Das deutsche Arbeitszeitrecht kennt mit der Regelung des § 16 Abs. 2 ArbZG bereits eine Pflicht zur Aufzeichnung bestimmter Arbeitszeiten von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen. Die besonderen Nachweis- und Dokumentationspflichten für bestimmten Arbeitsverhältnisse nach § 17 Abs. 1 Mindestlohngesetz (MiLOG) und § 19 Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) sollen hier nicht Gegenstand der Betrachtung sein. Nach der Regelung des deutschen Arbeitszeitgesetzes ist der Arbeitgeber schon jetzt verpflichtet, „die über die werktägliche Arbeitszeit des § 3 Satz 1 hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen und ein Verzeichnis der Arbeitnehmer zu führen“, die in eine Verlängerung schriftlich eingewilligt haben. Die entsprechenden Nachweise sind nach der gesetzlichen Vorgabe mindestens zwei Jahre aufzubewahren. Verstöße können mit einem Bußgeld geahndet werden (vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 9 ArbZG). Die herrschende Meinung vertritt in der Auslegung des Gesetzestextes die Ansicht, dass nur bei Überschreitung der werktäglichen Arbeitszeit nach § 3 Abs. 1 ArbZG von acht Stunden, die gesamte tägliche Arbeitszeit des Arbeitnehmers und der Arbeitnehmerin zu erfassen ist.[52] Arbeitet der Arbeitnehmer an einem Werktag länger als acht Stunden, löst dies die Aufzeichnungspflicht, an diesem Tag, aus. Auch an Sonn- und Feiertagen ist die gesamte Arbeitszeit aufzuzeichnen.[53] Für eine Dokumentationspflicht, die das Aufzeichnen der Arbeitsstunden innerhalb der acht werktäglichen Arbeitszeitstunden verlangt, findet sich im Arbeitszeitgesetz keine Regelung.[54] Damit lässt die Auslegung der Regelung des § 16 Abs. 2 ArbZG ein Defizit erkennen. Die Limitierung der Aufzeichnungspflicht auf die über die werktägliche Arbeitszeit des § 3 Satz 1 ArbZG hinausgehende Arbeitszeit verstößt in der Auslegung durch den EuGH gegen die Arbeitszeit-RL 2003/88/EG.[55] Die Intention des Gesetzgebers war es damals, unnötigen Verwaltungsaufwand zu vermeiden.[56] Die Literatur vertritt überwiegend die Ansicht, dass der Wortlaut des § 16 Abs. 2 ArbZG der Anforderung des EuGH, dass der Arbeitgeber die tägliche Arbeitszeit eines Beschäftigten aufzuzeichnen hat, nicht genügt.[57]

Dieser Auslegung ist im Ergebnis zuzustimmen, da die Intention der europäischen Arbeitszeitrichtlinie an die Mitgliedstaaten vorgibt, erforderliche Maßnahmen zur Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu treffen. Das beinhaltet durchaus, eine Überschreitung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit nach Art. 6 lit b) RL 2003/88/EG für die Beschäftigten zu verhindern. Dies ist nur möglich, wenn die wöchentliche Höchstarbeitszeit zuvor täglich korrekt gemessen wurde. Bei Nichtmessung der täglichen Überstunden des Arbeitnehmers und Einforderung der Vergütung obliegt diesem momentan die Darlegungslast.[58]

6.0 Das Spannungsfeld der Herausforderungen unter COVID-19 und der CCOO-Entscheidung

Mit Eintritt des aktuellen außergewöhnlichen Notfalls und dessen Auswirkung auf die betriebliche Praxis wurde die Diskussion im Jahr 2019 über die Arbeitszeiterfassung  von anderen wichtigen Regelungsthemen bezüglich des Infektionsschutzes in Unternehmen und Organisationen überlagert. Gerade während dieser Zeit ist nochmals deutlich geworden, wie flexibel Arbeitszeit gestaltet werden muss, um den Anforderungen der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und der Arbeitgeber gerecht zu werden. Die geführte Diskussion zur vollständigen Erfassung der Arbeitszeit bezog sich auf das Nichtübereinkommen von Vertrauenszeit und eine Dokumentation als Nachweis sowie den Aufwand, den diese mit sich bringt.[59] Eine gesetzliche Verpflichtung zur Aufzeichnung der Arbeitszeit würde auch zunächst Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen miteinbeziehen, die Vertrauensarbeitszeit leisten.[60] Eine Lösung könnte sein, bestimmte Ausnahmetatbestände gesetzlich zu regeln.

In einer zunehmend digitalen Arbeitswelt muss es im Interesse des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten praktikabel möglich sein, mit einem elektronischen datenschutzkonformen Zeiterfassungssystem, das objektiv, verlässlich und zugänglich ist, die tägliche Arbeitszeit der Beschäftigten relativ unkompliziert zu erfassen. Der Verwaltungsaufwand wird in der Beschaffung, einer rechtskonformen Einrichtung und der Sicherstellung der Nutzung des Systems liegen. Die flexible Arbeitszeitgestaltung kann erhalten bleiben, indem die Arbeitszeit der  Beschäftigten ihren individuellen Bedürfnissen je nach betrieblicher Machbarkeit angepasst wird. Durch eine Anpassung des ArbZG zur täglichen Erfassung der Arbeitszeit wäre weiterhin eine flexiblere Arbeitswelt gewährleistet bei gleichzeitigem Schutz der Gesundheit der Beschäftigten.

7.0 Fazit und Ausblick

Letztendlich bleibt festzuhalten, dass das langjährig beständige Arbeitszeitrecht an aktuelle Gegebenheiten in der heutigen Arbeitswelt und deren Rahmenbedingungen der Digitalisierung angepasst werden muss, um der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen gerecht zu werden und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und Organisationen zu erhalten. Viele Unternehmen und Organisationen haben auf die neuen Herausforderungen zur Arbeitszeit in den vergangenen Jahren und in COVID-19-Zeiten bereits mit betrieblich flexiblen Arbeitszeitmodellen, wie Gleitzeit, flexible Arbeitszeitrahmen, Arbeitszeitkonten, Sabbaticals und Blockfreizeiten, reagiert.[61] Der deutsche Gesetzgeber hat mit den Erfahrungen der aktuellen Herausforderungen die Möglichkeit, die bereits vorhandenen Pläne für eine moderne Arbeitswelt  an die tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen. Die Chancen der Digitalisierung eröffnen eine Gelegenheit, das Arbeitszeitrecht beweglicher zu gestalten und trotzdem den Gesundheitsschutz der Beschäftigten zu gewährleisten. Das wäre gleichzeitig eine Möglichkeit, die Vertrauenskultur im Unternehmen zu stärken, da die flexible Arbeitszeit nachvollziehbar gemessen würde und sich so weniger Anlässe für Rechtsstreitigkeiten ergäben.