Forschen, prüfen und beraten im Zeichen von COVID-19

Die Corona-Pandemie hat dem Thema Arbeitsschutz einen prominenten Platz auf der Tagesordnung von Politik und Medien verschafft. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf Schutzmaßnahmen, insbesondere auf Atemschutzmasken. Der folgende Beitrag beschreibt, mit welchen Aktivitäten und praktischen Hilfen zum Thema das Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA) verschiedenste Zielgruppen unterstützt.

Am 16. April veröffentlichte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) verbindliche Arbeitsschutzstandards im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Im begleitenden Tweet heißt es: "Das wichtigste Signal des heutigen Tages: Arbeitsschutz ist Gesundheitsschutz." Doch bereits lange vor diesem Datum, quasi ab Tag eins der sogenannten Corona-Krise, ging es auch und vor allem um Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten – insbesondere derer, die im Gesundheits- und Pflegesektor mit Erkrankten und Risikogruppen engen, körperlichen Umgang haben. Angesichts begrenzter technischer und organisatorischer Schutzlösungen war dort der persönliche Schutz von Beginn an die Maßnahme der Wahl. Das gilt insbesondere für den Einsatz von Atemschutz, um einer Tröpfchen- und Aerosolübertragung vorzubeugen.

Kompetenz in Sachen Atemschutz

Atemschutzmasken und -geräte gehören zu den persönlichen Schutzausrüstungen (PSA) mit höchsten Anforderungen, denn sie schützen vor irreversiblen Schäden und Tod. Das IFA hat sich bereits in der Vergangenheit – mit Blick auf die damaligen Bedrohungen durch den SARS-Erreger und die Vogelgrippe – mit der Frage nach geeigneten Schutzmaßnahmen gegen luftgetragene Mikroorganismen befasst und seine Erkenntnisse publiziert. 

Innerhalb weniger Tage konnte ein Schnelltest entwickelt werden, der es den zuständigen Behörden in Deutschland ermöglicht, auch Atemschutzmasken ohne CE-Kennzeichnung organisiert zu kaufen.

Das Institut ist außerdem seit knapp 30 Jahren Zertifizierungsstelle und Prüflabor für Atemschutzgeräte und Atemschutzausrüstungen. Zusammen mit der Prüf- und Zertifizierungsstelle des DGUV Fachbereichs Rohstoffe und chemische Industrie und der DEKRA Testing and Certification GmbH gehört es damit zu den drei deutschen Stellen, die über das erforderliche Know-how zur Eignung von Atemschutz im Rahmen der europäischen Verordnung über persönliche Schutzausrüstungen – (EU) 2016/425) – verfügen.

Da lag es nahe, dass die zwei Prüfstellen mit spezieller Kompetenz zu filtrierendem Atemschutz – IFA und DEKRA – sehr zeitnah auf die Veröffentlichung der Kommissionsempfehlung (EU) 2020/403 vom 13. März 2020 über Konformitätsbewertungs- und Marktüberwachungsverfahren im Kontext der COVID-19-Bedrohung reagierten: Innerhalb weniger Tage konnte ein Schnelltest entwickelt werden, der es den zuständigen Behörden in Deutschland seitdem möglich macht, auch Atemschutzmasken ohne CE-Kennzeichnung organisiert zu kaufen oder für verkehrsfähig zu erklären, um sie für die Dauer der akuten Gesundheitsbedrohung zum Schutz der Menschen im Gesundheitswesen einzusetzen.

Ein Schnelltest und seine Folgen

So entstand gemeinsam mit der Befugnis erteilenden Behörde, der Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik (ZLS), bereits in der 12. Kalenderwoche der „Prüfgrundsatz für Corona SARS-CoV-2-Pandemie-Atemschutzmasken“. Er wurde über eine Pressemeldung und flankierende Nachrichten in den sozialen Medien verbreitet. Parallel gingen entsprechende Informationen ins europäische Ausland: durch das IFA an alle europäischen Zertifizierungsstellen für PSA, durch die ZLS an die europäischen Marktüberwachungsbehörden, durch die Europäische Kommission und das PEROSH-Netzwerk an weitere Interessierte in ganz Europa. Heute ist der Prüfgrundsatz eine wichtige Orientierung für die Zulassung von Pandemie-Atemschutzmasken in der EU.

Mit Bekanntgabe der Schnelltestmöglichkeit erhielt das IFA quasi über Nacht bis zu 120 Anfragen täglich zum Test, die es über eine eigene FAQ-Liste abbildete mit wichtigen Details zu Prüfvoraussetzungen und -inhalten. Parallel begannen die Prüfaktivitäten im Referat PSA gegen chemische und biologische Einwirkungen. Das ursprünglich fünfköpfige Atemschutzteam wurde kurzfristig um fünf zusätzliche Personen erweitert, um die Vielzahl der Prüfungen durchzuführen und zu dokumentieren. Im Mai folgte die Erarbeitung weiterer Corona-Pandemie-Schnelltests für Schutzkleidung und Einmalhandschuhe. Auch für diese Produktkategorien ist das Institut seit 1992 Prüf- und Zertifizierungsstelle im Sinne der EU-Verordnung für persönliche Schutzausrüstungen (2016/425). Eine Veröffentlichung der Schnelltests durch die ZLS hat bislang nicht stattgefunden.

Das Schnelltestangebot hat seinen Zweck erfüllt: Inzwischen bietet der Markt ausreichenden Pandemieatemschutz (CPA) und das IFA hat mit Wirkung zum 22. Juni seine Schnelltestaktivitäten eingestellt. Nun stehen wieder Prüfungen von regulärem Atemschutz nach der Europäischen Norm EN 149 im Vordergrund.

Antworten für alle

Schnell wurde in den ersten Wochen der Pandemie klar, dass in allen interessierten Kreisen – Hersteller und Importeure, zulassende Stellen und Aufsichtsbehörden, Führungskräfte, Sicherheitsfachkräfte, Betriebsärztinnen und Betriebsärzte, Arbeitnehmervertretungen – ein großes grundsätzliches Informationsdefizit zum Thema besteht.

Vor diesem Hintergrund wurden auf den Internetseiten des IFA weitere FAQs zur Beschaffung und Benutzung von sogenannter Pandemie-PSA veröffentlicht. Sie sollen den verschiedenen Zielgruppen helfen, die Vielzahl der verfügbaren Pandemie-PSA und deren zulässige Verbreitungswege rechtssicher einzuordnen. Neben diesen detaillierten Informationen mit rechtlichen Verweisen veröffentlichte das Institut eine Servicemeldung für die betriebliche Praxis. Das Ziel: Betriebe über die mögliche Fehlverwendung von Pandemieatemschutz aufzuklären und Handreichungen für die Auswahl des geeigneten Atemschutzes zu geben. Denn: CPA ist aufgrund der reduzierten Prüfanforderungen in puncto Schutzwirkung nicht mit zertifiziertem Atemschutz nach EN 149 gleichzusetzen.

Mehr als Fachinformationen

An eine breitere Öffentlichkeit und die betriebliche Praxis richtete sich auch ein Plakat, das bereits zu Beginn der Pandemiezeit erschien und in einer einfachen Gegenüberstellung die zentralen Unterschiede zwischen professionellem Atemschutz und Mund-Nase-Schutz verdeutlicht. Dieses Plakat wurde im weiteren Verlauf um die sogenannten Mund-Nase-Bedeckungen ergänzt.

Die begleitende Pressearbeit zu den genannten Aktivitäten stößt in den Medien auf ein breites Echo. Regelmäßig erreichen das Institut Anfragen von Journalisten und Journalistinnen, auch aus dem deutschsprachigen Ausland. Am 14. April 2020 war die Arbeit des IFA Gegenstand eines TV-Beitrags in der Sendung "nano" (3sat), am 11. und 12. Mai berichtete Radio Bonn-Rhein-Sieg in verschiedenen Formaten über die Prüfaktivitäten in Sankt Augustin.

Mit seiner Expertise zur Eignung und Prüfung von PSA berät das Institut in der Pandemie zahleiche andere Stellen und Behörden.

Einen neuen Informationskanal nutzt das Institut gemeinsam mit dem Erich Schmidt Verlag in Berlin: In Zusammenarbeit mit der ZLS ist ein Online-Seminar zum Thema "Corona – Beschaffung und Inverkehrbringen von Atemschutzprodukten (PSA) für den professionellen Einsatz im Gesundheitsbereich" in Planung. Die Veranstaltung richtet sich an alle Stellen und Behörden, die in die zentrale Beschaffung, Genehmigung und Überwachung involviert sind. Die Präsentationen des Online-Seminars wird das Institut auf seiner Website anbieten.

Beratung auf allen Ebenen

Mit seiner Expertise zur Eignung und Prüfung von PSA berät das Institut in der Pandemie zahleiche andere Stellen und Behörden:

  • Deutsches Netzwerk Gesundheitskompetenz: ein Zusammenschluss von rund 20 wissenschaftlichen Fachgesellschaften und Verbänden aus dem Bereich Public Health, der die epidemiologisch-statistischen, sozialwissensschaftlichen, medizinischen und methodischen Fachkenntnisse zu Corona bündelt.
  • deutscher Erfahrungsaustauschkreis der PSA-Zertifizierungsstellen des Zentralen Erfahrungsaustauschkreises der ZLS
  • Horizontal Committee of Notified Bodies PPE
  • Europäische Kommission
  • europäische Marktüberwachungsbehörden PPE-ADCO
  • Bundesarbeitsministerium
  • staatliche Arbeitsschutzausschüsse des BMAS (Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe)

Post-Corona-Projekte

Manche Frage, insbesondere zu Atemschutz und Mund-Nase-Bedeckungen, die das IFA im Laufe der letzten Monate pandemiebezogen erreichte, musste zunächst unbeantwortet bleiben. Für eine solide, wissenschaftliche Antwort hätte es aufwendiger Untersuchungen bedurft, die hinter den zahlreichen Schnelltests zurückstehen mussten, die die personellen und apparativen Kapazitäten in Sankt Augustin vollständig ausgelastet haben. Für die Zeit "danach" sind diese Fragen jedoch nicht vergessen und bilden die Grundlage für zukünftige Forschungsprojekte zu Themen wie:

  • Wirksamkeitsprüfung von Mund-Nase-Bedeckungen (Community-Masken, Do-it-Yourself-[DIY-]Masken) und Definition entsprechender Leistungskriterien auch im Hinblick auf mögliche Atmungseinschränkungen durch solche Produkte
  • Untersuchung von Aufbereitungsmethoden zur Wiederverwendung von Atemschutzmasken unter Berücksichtigung von Effekten auf die Filterleistung
  • Wirksamkeitsuntersuchungen von Gesichtsschutz (Visieren) im Zusammenhang mit mikrobiologischen Belastungen im Vergleich zu textilen Mund-Nase-Bedeckungen

Darüber hinaus wird sich das IFA über sein Fachnetzwerk für eine einheitliche Kennzeichnung von Pandemie-PSA einsetzen, um möglichen Verwechslungen mit zertifizierter PSA und daraus resultierender Fehlanwendung zukünftig vorzubeugen. Noch stecken wir mitten in der Pandemie. Folglich kann dieser Überblick nur eine Momentaufnahme sein. Das Institut wird auch weiterhin mit seiner ganzen Fachkompetenz einen Beitrag zu mehr Sicherheit und Gesundheit bei Arbeit in Corona-Zeiten leisten.

IFA-Informationen und Hilfen auf einen Blick

Beschaffung und Benutzung von Pandemie-PSA – häufig gestellte Fragen:
https://www.dguv.de/ifa/fachinfos/persoenliche-schutzausruestungen-(psa)/covid-19-und-psa/index.jsp

Plakat "Schutzmasken – Wo liegt der Unterschied?":
https://publikationen.dguv.de/forschung/ifa/allgemeine-informationen/3788/plakat-schutzmasken-wo-liegt-der-unterschied

Meldung "Schnelltest für Pandemieatemschutz":
https://www.dguv.de/de/mediencenter/pm/pressearchiv/2020/quartal_1/details_1_386240.jsp

Meldung "Fehlanwendung von Pandemieatemschutz in Betrieben vermeiden":
https://www.dguv.de/de/mediencenter/pm/pressearchiv/2020/quartal_2/details_2_392071.jsp

Veröffentlichung "(Atem-)Schutzmasken und SARS-CoV-2: Verwirrung durch Vielfalt":
DGUV Forum, Ausgabe 5-6/2020