Regress nach Versicherungsfällen wegen Hantierens mit Brandbeschleuniger
Brandverletzungen gehören je nach Schweregrad zu den potenziell tödlichen Verletzungsbildern. Sie sind nur schwer zu behandeln und führen oftmals zu physischen und psychischen Beschwerden sowie massiven Funktionsbeeinträchtigungen. Es bedarf regelmäßiger Aufklärung der Konsequenzen im Fall des Einsatzes von Brandbeschleunigern.
Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII), §§ 110, 111
Ereignen sich Arbeitsunfälle mit Brandverletzungen nach Explosionen oder Verpuffungen, kann durch technische Expertinnen und Experten und Sachverständige meist relativ zügig ermittelt werden, ob Brandbeschleuniger mitursächlich waren oder nicht. Im ersteren Fall stellt sich die Frage, ob haftungsprivilegierte Personen (wie Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen oder Vorgesetzte) den Versicherungsfall des Brandopfers grob fahrlässig herbeigeführt haben und der den Unfall entschädigende Unfallversicherungsträger bei denjenigen, die mit Brandbeschleunigern hantiert haben, Regress gemäß den §§ 110, 111 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) nehmen kann. Beispielsfälle aus der Praxis sind dann nicht nur die Unfälle beim Grillen auf Betriebsgemeinschaftsveranstaltungen, sondern auch das Ingangsetzen von Öfen und Kaminen in Betriebsstätten oder das Entzünden von Kohle für den Weihrauchkessel bei Religionsgemeinschaften.
Dass das Hantieren mit einem Brandbeschleuniger, insbesondere Brennspiritus, beim Anzünden von Kohle besonders gefährlich ist, zählt zum Allgemeinwissen und wird durch die Medien in Form von Warnungen vor und während der Grillsaison immer wieder verbreitet. Gerade das Gießen oder auch das bloße Träufeln von Brennspiritus auf Holzkohle, die bereits zum Glühen gebracht worden ist, oder, nachdem das Feuer erloschen ist, noch glüht, kann zu explosionsartigen Verpuffungen und dadurch zu erheblichen Schäden führen. Wenn Brennspiritus zum Anzünden von Kohle benutzt wird, gehört es mithin zu den wichtigsten Vorsichtsmaßnahmen, dafür zu sorgen, dass diese nicht mehr glüht oder glimmt (BGH, Urteil vom 06.04.1976 – VI ZR 93/75, Rz. 15). Wer flüssigen Brennspiritus in noch nicht endgültig erloschene und daher wieder entflammbare Kohle bringt, handelt leichtfertig (OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.08.1990 – 10 U 7/19, Rz. 2; OLG Hamm, Urteile vom 15.12.1997 – 6 U 66/96, Rz. 22 und ebenso vom 26.02.2019 – I-9 U 185/17).
Doch nicht etwa nur die unmittelbar handelnden Kolleginnen und Kollegen, sondern auch deren Arbeitgeber oder Arbeitgeberin können gegebenenfalls nach Eintritt eines Versicherungsfalls infolge des Hantierens mit einem Brandbeschleuniger gemäß den §§ 110, 111 SGB VII in Anspruch genommen werden – nämlich dann, wenn sie keine ausreichende Gefährdungsbeurteilung durchgeführt und infolgedessen auch keine konkreten Maßnahmen zur Gefahrbeseitigung oder Gefahrminimierung ergriffen oder/und die betroffenen Beschäftigten nicht ausreichend unterwiesen haben.
Alle können dazu beitragen, dass das Hantieren mit Brandbeschleunigern aus dem Alltag verschwindet. Dazu bedarf es „nur“ einer gewissen Vorbildfunktion beim Umgang mit Feuer. Wer indes gegenteilig handelt, muss im Fall der Fälle mit seiner Inanspruchnahme nach den §§ 110, 111 SGB VII rechnen.
Die Inhalte dieser Rechtskolumne stellen allein die Einschätzungen des Autors/der Autorin dar.