UV-Bestrahlung in Zeiten des Klimawandels

In den vergangenen Jahren hat sich das Wissen um die UV-Bestrahlung in Beruf und Freizeit deutlich vergrößert. Große Datenmengen geben Aufschluss über gefährdende Tätigkeiten. Doch welchen Effekt wird der Klimawandel auf die UV-Bestrahlung haben? Dieser Frage ist das Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA) nachgegangen.

Auf ihrem Weg durch die Erdatmosphäre wird die UV-Strahlung wellenlängenabhängig absorbiert. Insbesondere das Ozon in der Stratosphäre und der Troposphäre übt dabei eine starke Filterfunktion aus. Im Wellenlängenbereich unterhalb von 330 Nanometern (nm) kommt es zu einer deutlichen Abnahme der UV-Bestrahlungsstärke, man spricht von der sogenannten UV-B-Kante. Interessant dabei ist, dass etwas unterhalb dieser Kante die Wirkung der UV-Strahlung auf die Haut drastisch zunimmt – der Mensch ist offensichtlich gut an die natürlichen Verhältnisse angepasst, aber auch vulnerabel gegenüber Änderungen besonders in diesem Teil des Spektrums der Sonne.

Solare Strahlung mit Wellenlängen unter 290 nm ist messtechnisch schon nicht mehr nachweisbar, sodass demnach UV-C-Strahlung[1]die Erdoberfläche nicht erreicht und schon relativ weit oben in der Atmosphäre absorbiert wird.

Die UV-A-Strahlung wird ähnlich wie die sichtbare Strahlung von der Erdatmosphäre zu großen Anteilen transmittiert. Wolken, Dunst, Spurengase und Luftverunreinigung führen zu einer Streuung und Absorption der einfallenden Strahlung. Das Ausmaß ist von Größe, Typ und Höhe über dem Erdboden der Teilchen oder Teilchenansammlungen abhängig. Insgesamt kann die Schwächung der UV-Strahlungsintensität beim Durchgang durch die Atmosphäre bis zur Erdoberfläche bis zu 90 Prozent betragen. Steigt man hingegen im Gebirge auf, dann steigt die Bestrahlungsstärke etwa mit acht Prozent bis zehn Prozent alle 1.000 Höhenmeter an.

Einfluss des Klimawandels

Was versteht man eigentlich unter Klimawandel? Jede und jeder kann sich zwar etwas darunter vorstellen, doch eine genaue Definition haben die wenigsten. Klimawandel ist die durch den Menschen verursachte globale Erwärmung, die sich durch einen Anstieg der Durchschnittstemperatur der erdnahen Atmosphäre und der Meere manifestiert. Es stimmt, dass sich dies in der erdgeschichtlichen Vergangenheit oft schon zugetragen hat, jedoch auf deutlich größeren Zeitskalen und nicht immer mit großem Temperaturanstieg. Wenn sich das menschliche Verhalten nicht ändert, dann ist ein noch nie da gewesener Temperaturanstieg wahrscheinlich.

Die geologischen und atmosphärenphysikalischen Zusammenhänge auf unserem Heimatplaneten sind äußerst komplex und werden nicht bis in alle Details verstanden. Sicher ist aber, dass ein einzelner Effekt eine Reihe anderer Effekte triggert, mit denen man im Laienbewusstsein gar nicht gerechnet hat. Am Beispiel der Ozonschicht sei das verdeutlicht: Die Abnahme der Ozonschicht führt nicht nur zur Zunahme der UV-Bestrahlung, die uns allen bewusst ist, sondern eben auch zu einer Änderung in der Temperaturverteilung der Atmosphäre. Die obere Atmosphäre kühlt sich stark ab, durch den größer werdenden Temperaturunterschied entstehen deutlich stärkere Winde, die wiederum zu einer erhöhten Durchmischung der Meere führen. Dadurch gelangt in der Folge kohlendioxidreiches Tiefenwasser an die Oberfläche, das ausgast und zu einer weiteren Verstärkung und Beschleunigung des Treibhauseffektes führt.

Dementsprechend können die in diesem Artikel beschriebenen Effekte nicht als singuläre Effekte verstanden werden, die man einzeln behandeln kann. Jeder Effekt hat andere Effekte zur Folge, die auch Teile einer Kaskade sein können, die am Ende sogar selbstverstärkend sein kann. Das „System Erde“, das grundsätzlich in einem eher metastabilen Zustand ist, verträgt nur leichte Auslenkungen aus dieser Gleichgewichtslage. Große Auslenkungen führen auch immer zu großen Änderungen, die auf die Lebenswelt der Menschen keine Rücksicht nehmen.

Durch die übermäßige Abnahme der Ozonschicht durch Einflüsse des Menschen kommt es zu einer Verschiebung der UV-B-Kante in den kürzerwelligen Bereich, gleichbedeutend mit einer Zunahme der kanzerogenen UV-B-Bestrahlungsstärke. Eine dauerhafte Schädigung der Ozonschicht, deren mögliche Regeneration Dekaden dauern wird, führt auch zu einer dauerhaften Erhöhung der Bestrahlungsstärke über das gesamte Jahr.

Dieser Effekt ist nicht zu verwechseln mit den jahreszeitlichen Schwankungen des atmosphärischen Ozongehalts, der auch zu einer kurzzeitigen Erhöhung der UV-Bestrahlungsstärke führt (sogenannte „Low Ozone Events“), aber schon nach einigen Tagen wieder auf das normale Niveau zurückkehrt. Diese Low Ozone Events entstehen ebenso aufgrund atmosphärischer Dynamik besonders im Frühjahr. Der Klimawandel führt dazu, dass die Anzahl und die Dauer dieser Events zunehmen werden. Für die nach dem Winter ungeschützte Haut in Verbindung mit dem Wunsch der Menschen, gerade im Frühjahr viel Sonne zu erleben, stellt dies eine besondere Gefährdung dar. Abbildung 1 zeigt ein Low Ozone Event aus dem April 2017, das das IFA messtechnisch erfassen konnte. Die Zunahme der UV-Bestrahlung betrug 20 Prozent und damit auch entsprechend die Belastung der Haut.

Stratosphärisches Gesamt-Ozon über den Britischen Inseln, 6. April und 7. April 2017 | © https://ozonewatch.gsfc.nasa.gov/NH.htm
Abbildung 1: Stratosphärisches Gesamt-Ozon über den Britischen Inseln, 6. April (links) und 7. April (rechts) 2017. Die Pfeile zeigen das Gebiet um Didcot, in dem die Messungen stattfanden. Je „blauer“ die Darstellung, desto weniger Ozon war an dieser Stelle in der Atmosphäre enthalten / Quelle: Kelbch, A.; Wittlich, M.; Bott, A.: Quantifying the effects of a low-ozone event and shallow stratocumulus clouds on ultraviolet erythemal radiation exposure. In: Int J Biometeorol. 2019 Mar;63(3):359–369. doi: 10.1007/s00484-018-01669-8. Epub 2019 Jan 26. PMID: 30685788 ©https://ozonewatch.gsfc.nasa.gov/NH.htm

Der Klimawandel hat mit Blick auf die UV-Bestrahlung nicht nur ozonbezogene Effekte. Durch die globale Erwärmung verändern sich auch die bekannten Bewölkungslagen, für Deutschland wird eine Abnahme der Bewölkungsrate prognostiziert. Das bedeutet aber im Umkehrschluss, dass sich die Anzahl klarer Sonnentage erhöhen wird, was sich tendenziell auch schon jetzt in den Daten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) zeigt. Damit erhöht sich die UV-Bestrahlung der Haut, verbunden mit erhöhtem Hautkrebsrisiko. Hinzu kommt, dass sich Menschen bei höheren Temperaturen zunehmend im Freien aufhalten und damit ebenso eine erhöhte UV-Bestrahlung erleiden.

Blickt man auf die globale Situation, so sind alle Klimazonen betroffen. Bewegt man sich in Richtung des Äquators, dann steigt die Bestrahlung stark an. Innerhalb der Wendekreise (< 23,5° N/S) wechselt dann das uns bekannte Jahreszeitenklima auf das Tageszeitenklima – die UV-Bestrahlung ist dann täglich auf sehr hohem Niveau. Abbildung 2 zeigt dies beispielhaft im Vergleich Deutschland zu Kolumbien.[2]

Tagesmittelwerte der UV-Bestrahlung für Straßenbauarbeitende in Deutschland (links) und Kolumbien (rechts). Da Deutschland in den gemäßigten Breiten liegt, schwankt die solare UV-Bestrahlungsstärke über das ganze Jahr (rote Linie). In Kolumbien herrscht Tageszeitenklima, daher ändert sich der Tagesmittelwert nur geringfügig (rote Linie, Standardfehler grün eingefärbt) | © verändert nach [2]
Abbildung 2: Tagesmittelwerte der UV-Bestrahlung für Straßenbauarbeitende in Deutschland (links) und Kolumbien (rechts). Da Deutschland in den gemäßigten Breiten liegt, schwankt die solare UV-Bestrahlungsstärke über das ganze Jahr (rote Linie). In Kolumbien herrscht Tageszeitenklima, daher ändert sich der Tagesmittelwert nur geringfügig (rote Linie, Standardfehler grün eingefärbt) ©verändert nach [2]

Bewertung in Bezug auf den Arbeitsschutz

Alle Akteurinnen und Akteure im Arbeitsschutz müssen sich auf die Folgen des Klimawandels einstellen. Dabei ist es mit Blick auf die hier gezeigten Zusammenhänge sinnvoll, Themen wie Hitze und UV-Strahlung – obwohl fachlich nicht verbunden – zusammen anzugehen. Es muss unbedingt vermieden werden, dass sich Maßnahmen bei Schutzkonzepten konkurrierend gegenüberstehen. Denn während zum Schutz vor UV-Strahlung ein möglichst hoher Körperbedeckungsgrad wünschenswert ist, sollte zum Schutz vor den Auswirkungen von Hitze möglichst wenig Hitzestau durch Kleidung entstehen.

Adäquates Sonnen(schutz)verhalten ist keine neue Erfindung und schon seit Jahrhunderten bekannt. Analysiert man das Sonnenverhalten von Menschen, die schon seit jeher in Klimazonen mit hoher UV-Bestrahlung leben, und vergleicht dies mit dem Verhalten der deutschen Bevölkerung, dann kommt man zwangsläufig zu dem Schluss, dass letzteres nicht an die Notwendigkeiten angepasst ist.

Schutzmaßnahmen – auch gegen höhere Strahlungsniveaus – sind nach dem TOP-Prinzip schon lange bekannt und auch wirksam, die Akzeptanz fehlt jedoch weitestgehend. Dies belegt auch die nur in geringem Maße in Anspruch genommene Angebotsvorsorge bei UV-Strahlungsexposition. Daher wird der größte Hebel bei der Verhaltensprävention zu finden sein. Nach wie vor ist den wenigsten bewusst, dass heute erlittene Schäden der Haut erst nach Jahren zu einem irreversiblen Problem werden können. Kampagnen zu sonnensicherem Verhalten, schon im Kindesalter begonnen, können dazu beitragen, dass sich Menschen grundsätzlich sonnensicher verhalten. Es darf dabei aber nicht der Eindruck entstehen, dass der Aufenthalt im Freien etwas Schlechtes oder Schädliches ist – Prävention mit Augenmaß heißt die Devise, das gilt insbesondere für die Kommunikation von Schutzmaßnahmen.

Technische Maßnahmen müssen zukünftig konsequenter umgesetzt werden, beispielsweise in der Stadtplanung. Dort können schon gestalterisch UV- und Hitzeschutz berücksichtigt werden, auch für Arbeitsplätze. Künstliche und natürliche Verschattung sowie Möglichkeiten für mobile/temporäre Verschattung sollten zum Standardgebrauch zählen, so wie andere Schutzmaßnahmen wie zum Beispiel Straßenschilder und Absperrungen dies auch tun. Als organisatorische Maßnahme wird oft die „Siesta“ oder lange Mittagspause vorgeschlagen. Dies ist sicherlich wegen der Lebensrealitäten vieler Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nicht möglich, zudem lassen sich nicht alle Tätigkeiten beliebig schieben. Dort, wo möglich, ist eine Verlegung der Arbeiten in den Innenraum in der Mittagszeit aber sinnvoll. Bei den persönlichen Maßnahmen bleibt die körperbedeckende Kleidung oberste Prämisse, muss zukünftig aber insbesondere in Verbindung mit Hitzeprävention gedacht werden. Für die unbedeckten Körperregionen empfiehlt sich die Verwendung von UV-Schutzcreme. Das IFA entwickelt derzeit zusammen mit den Unfallversicherungsträgern einen Prüfgrundsatz, nach dem Hersteller ein UV-Schutzmittel für den besonderen beruflichen Einsatz zertifizieren lassen können. Die dadurch abgeprüften Eigenschaften erleichtern den Einsatz im beruflichen Umfeld deutlich.

Fazit

Der Mensch benötigt eine gewisse Menge an UV-B-Strahlung zur Bildung des lebenswichtigen Vitamins D3. Durch die erhöhte UV-B-Bestrahlung wird der Wellenlängenbereich, der allein für 60 Prozent der Vitamin D3-Produktion verantwortlich ist (290 nm bis 300 nm), „besser“ bedient. Es sind also kürzere Expositionszeiten ausreichend, um den nötigen Level an Vitamin D3 im Blut zu halten. Damit enden aber schon die positiven Auswirkungen des Klimawandels mit Blick auf die UV-Bestrahlung.

UV-Strahlung bleibt für die Haut ein nicht zu unterschätzendes Risiko, das sich durch den Klimawandel weiter erhöhen wird. Die an sich schon stetig steigenden Inzidenzen werden noch einmal deutlich schneller steigen. Damit kommt sowohl auf Ärztinnen und Ärzte in der Diagnostik und Behandlung, aber auch auf die sozialen Sicherungssysteme eine hohe Last zu.

Die Vorbereitungen auf die Effekte des Klimawandels müssen jetzt beginnen. Gerade die zuvor beschriebenen Effekte, die sich auf eine Beeinträchtigung der Ozonschicht beziehen, lassen sich nicht mehr verhindern. Die Ozonschicht ist bereits geschädigt, eine Regeneration wird noch viele Jahrzehnte dauern, obwohl sich der Eintrag schädigender Agenzien deutlich verringert hat. Unbedingt verhindert werden muss der Temperaturanstieg in der Atmosphäre und in den Ozeanen.

Auch der Arbeitsschutz wird sich an den Klimawandel anpassen müssen. Kreative und zielgerichtete Schutzmaßnahmen sind notwendig, insbesondere aber auch die wichtige Verhaltensanpassung. Die Gesunderhaltung im Berufsleben hängt wesentlich von der eigenen Einstellung diesbezüglich ab.

Die gesteckten Ziele können alle erreicht werden. Die Mittel dazu sind vorhanden, sie müssen nur genutzt werden und der Wille muss da sein, dies zu tun. Daran müssen wir gemeinsam arbeiten.