Selbstverwaltung in der Sozialen Sicherung weiter stärken
Die Soziale Selbstverwaltung gewährleistet, dass nicht der Staat, sondern über die Sozialwahlen legitimierte Vertreter und Vertreterinnen der Versicherten und Arbeitgeber als Beitragszahlende selbst die Sozialversicherungsträger verwalten. Sie hat sich in ihren Grundstrukturen bewährt. Für die ehrenamtlich Tätigen muss sie aber attraktiver gemacht werden.
Die konstituierenden Sitzungen für die kommenden sechs Jahre fanden gerade bei den verschiedenen Sozialversicherungsträgern statt – ein guter Moment, um allen erfahrenen, neuen und vielleicht jetzt auch ehemaligen Ehrenamtlichen einen herzlichen Dank auszusprechen, dass sie sich für die Geschicke „ihres“ Sozialversicherungsträgers eingesetzt haben oder dies jetzt tun!
Die Selbstverwaltungsarbeit ist von großer Bedeutung, auch wenn sie in der Öffentlichkeit oft nicht so prominent wahrgenommen wird. In der praktischen Arbeit können die Selbstverwalterinnen und Selbstverwalter insbesondere über wichtige Personalangelegenheiten sowie Finanzfragen der Sozialversicherungsträger entscheiden, aber auch politische Grundsatzpositionen entwickeln.
Beitrag zum sozialen Frieden
Dass Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitgeber und Versicherten in den Organen der Selbstverwaltung partnerschaftlich zusammenwirken, ist für unsere Gesellschaft von erheblicher Bedeutung.
Die Zusammenarbeit dient der praktischen Verwirklichung unseres Rechtsstaats und dem Erhalt des sozialen Friedens. In der Selbstverwaltung sind Tausende ehrenamtlich tätig. Diese Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitgeber und der Gewerkschaften bringen unterschiedliche Lebens- und Berufserfahrungen mit. Ihre Zusammenarbeit ermöglicht ausgewogene und lebensnahe Sachlösungen, bei denen die sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkte gleichermaßen berücksichtigt werden.
Heterogenität ist ein Trumpf der Sozialen Selbstverwaltung
Damit möglichst viele relevante Aspekte bei den Entscheidungen Berücksichtigung finden, ist es richtig, über die bewusst heterogene Zusammensetzung der Gremien hinaus auch innerhalb der „Bänke“ auf Diversität zu achten. Auf Arbeitgeberseite ist damit zunächst eine Abdeckung verschiedener Branchen verbunden. Darüber hinaus sollten sich erfahrene Selbstverwalterinnen und Selbstverwalter einerseits und neue Kolleginnen und Kollegen andererseits ergänzen. Im Fokus der Aufmerksamkeit stand bei den jetzigen Sozialwahlen neben anderen Aspekten zuletzt die Repräsentation von Frauen in den Selbstverwaltungsgremien. Hier konnten trotz aller Fortschritte einige Hürden identifiziert werden, die es nun zu überwinden gilt.
Gremienarbeit attraktiver gestalten
Damit mehr Frauen und Männer für die ehrenamtliche Arbeit in der Sozialen Selbstverwaltung gewonnen werden können, ist eine attraktive und zeitgemäße Gestaltung der Selbstverwaltungsarbeit, die auch Rücksicht auf die Vereinbarkeit von Familie, Berufstätigkeit und Ehrenamt nimmt, unbedingt erforderlich.
Hybride Sitzungen, wie sie der Gesetzgeber nun auch den Selbstverwaltungsgremien endlich ermöglicht hat, gewährleisten ein sachgerechtes und effizientes Beratungsgeschehen, wenn die Teilnahme an Präsenzsitzungen nicht möglich oder der Aufwand für ihre Durchführung (zum Beispiel An- und Abreisen) unverhältnismäßig ist. Ein reduziertes Reiseaufkommen durch digitale Teilnahmemöglichkeiten ist auch im Interesse von Energieeinsparung sowie Umwelt- und Klimaschutz sinnvoll.
Auch effizientere Gremienstrukturen, wie zum Beispiel die Einführung des Verwaltungsratsmodells (Zusammenlegung von Vertreterversammlung und Vorstand in einem Gremium) in allen Sozialversicherungszweigen, eine Ausweitung der Beauftragtenregelung[1] sowie eine Begrenzung der steuerlichen Belastung der Aufwandsentschädigungen, können darüber hinaus Beiträge leisten. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hat ihre Vorschläge in das Positionspapier „Sozialwahlen entbürokratisieren – Attraktivität der Mitarbeit in Sozialer Selbstverwaltung steigern. Lessons learned aus den Sozialwahlen 2023“ einfließen lassen.[2]