Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

rückblickend auf die vergangenen zwei Jahre gab es einige nennenswerte Neuerungen im Bereich des Berufskrankheitenrechts.

Bis zum 31. Dezember 2020 war es für die Anerkennung einiger Berufskrankheiten – darunter zum Beispiel Haut-, Atemwegs- oder Bandscheibenerkrankungen – notwendig, dass die versicherte Person die gefährdende Tätigkeit aufgab. Auf diese Weise sollten weitere Gesundheitsschäden durch die Fortsetzung der gefährdeten Tätigkeit verhindert und Bagatellerkrankungen ausgeschlossen werden. Zum 1. Januar 2021 ist diese Voraussetzung für eine Anerkennung weggefallen.

Erwartungsgemäß ist daraufhin im vergangenen Jahr die Zahl der Anerkennungen in den ehemals vom Unterlassungszwang betroffenen Berufskrankheiten gestiegen. Bei den durch allergisierende Stoffe verursachten obstruktiven Atemwegserkrankungen (BK-Nummer 4301) zum Beispiel hat sie sich gegenüber 2020 mehr als verfünffacht, bei den Hauterkrankungen (BK-Nummer 5101) hat sich die Zahl der Anerkennungen sogar mehr als verzehnfacht.

Nach dem Wegfall des Unterlassungszwangs wird der ursprünglich damit verbundene Präventionsgedanke auf andere Weise gestärkt. Berufsgenossenschaften und Unfallkassen haben sich darauf vorbereitet: Sie intensivieren ihre Angebote zur Individualprävention – und zwar über die vom Unterlassungszwang betroffenen Berufskrankheiten hinaus. Individualpräventive Maßnahmen können zum Beispiel Atemwegssprechstunden, Hautschutzseminare oder ein gezieltes, berufsspezifisches Rückentraining sein. Solche Angebote können ihre Wirkung natürlich nur dann entfalten, wenn die Versicherten sie annehmen und mitwirken.

Eine Verpflichtung dazu hat der Gesetzgeber zwar in seine Gesetzesänderung aufgenommen, aber wie kann in der Praxis eine erfolgreiche Ansprache der Betroffenen aussehen? Erfahrungen aus dem Reha-Management zeigen: Versicherte aktiv einzubinden, Wissen und Verständnis in einer Begegnung auf Augenhöhe zu vermitteln, macht diese handlungssicher und stärkt die Eigenverantwortung. Mit den betroffenen Versicherten Gespräche zu führen, motiviert sie, etwas für den Erhalt ihrer Gesundheit zu tun.

Ob in der Nachsorge oder in der Prävention von Berufskrankheiten – das zentrale Anliegen der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung ist es, ihre Versicherten bestmöglich dabei zu unterstützen, „länger gesund arbeiten“ zu können. Unabdingbar, um dieses Ziel zu erreichen, ist eine vertrauensvolle Kooperation mit den versicherten Personen und den Arbeitgebern sowie Arbeitgeberinnen.

Ihr

Dr. Stefan Hussy