Mit Social-Media-Aktionen gegen die Pandemie

Was hat die gesetzliche Unfallversicherung mit Corona-Schutzimpfungen zu tun? Auf den ersten Blick: nichts. Denn die Impfung ist eine persönliche Entscheidung. Auf den zweiten: sehr viel. Die Impfung ist der beste Schutz gegen eine Ansteckung oder einen schweren Verlauf bei einer COVID-19-Erkrankung. Impfungen machen Arbeit und Bildungswesen deshalb wesentlich sicherer.

„Arbeitsschutz ist Gesundheitsschutz“

Mit dem Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie Anfang des Jahres 2020 stellten sich auch der Präventionskampagne kommmitmensch der gesetzlichen Unfallversicherung neue Herausforderungen. Betriebe, Bildungseinrichtungen und öffentliche Einrichtungen benötigten dringend praxisnahes Informationsmaterial und branchenspezifische Handlungsempfehlungen zum Umgang mit dem Infektionsrisiko. Unter dem Slogan „Arbeitsschutz ist Gesundheitsschutz“ wurden deshalb kurzfristig Materialien, Plakate und Anzeigenmotive entwickelt sowie die „Mini-Kampagne“ #MaskeTragen ins Leben gerufen. Denn über soziale Medien und Internetangebote waren in Zeiten des Lockdowns viele Beschäftigte, Lehrkräfte, Studierende sowie Schülerinnen und Schüler am besten erreichbar. Die erste „Mini-Kampagne“ zum Thema Schutzmasken, die viel Aufmerksamkeit erhielt,  leistete aktuelle Aufklärungsarbeit zu den verschiedenen Maskentypen sowie Schutzwirkungen und gab Empfehlungen zu Tragezeiten. Im Zuge der anhaltenden Pandemie kommunizierte die Kampagne über #LüftenHilft weitere Aufforderungen für ein sicherheitsbewusstes Verhalten und vermittelte Informationen zum infektionsschutzgerechten Lüften.

Impfungen machen Hoffnung

Anfang 2021 versprachen die ersten Impfstoffe gegen das Coronavirus einen wesentlichen Schutz für jeden einzelnen Menschen und zudem durch eine mögliche Immunisierung der gesamten Bevölkerung auch einen Ausweg aus der Pandemie. Wesentlich dafür ist aber eine hohe Impfquote. Aufgrund der zunächst knappen Verfügbarkeit der Impfstoffe wurde in der Coronavirus-Impfverordnung eine Priorisierung festgelegt. Die vulnerable Gruppe der Senioren und Seniorinnen sowie Menschen in medizinischen und pflegerischen Berufen, die einem besonders starken Expositionsrisiko ausgesetzt sind, bekamen zuerst die Möglichkeit, sich impfen zu lassen. Nicht alle Menschen standen den so erstaunlich schnell entwickelten Impfstoffen uneingeschränkt positiv gegenüber. Es gab zunächst viele durchaus berechtigte Fragen, wie die Impfstoffe wirken, welche Nebenwirkungen es gibt und wie sicher sie sind beziehungsweise wie ihre Sicherheit überprüft wurde. Die weltweite Ausbreitung der Infektionskrankheit war dabei sogar ein großer Vorteil. So konnten die Impfstoffe durch Zusammenarbeit von Fachleuten aus der ganzen Welt entwickelt werden. Dank breiter finanzieller Unterstützung wurden Studien parallel und damit viel schneller als gewöhnlich durchgeführt und die Wirkstoffe an so vielen Probandinnen und Probanden wie nie zuvor überprüft. Trotzdem gibt es bis heute sowohl grundsätzliche Impfgegnerinnen und Impfgegner als auch Personen, die Corona hartnäckig leugnen oder an der Sicherheit der speziellen Corona-Impfungen zweifeln.

Skepsis zunächst auch in der Gesundheitsbranche

Die gesetzliche Unfallversicherung versuchte deshalb gezielt, unentschlossene Menschen, die Impfangebote erhielten, durch Informationen zu überzeugen und zu motivieren. So gab es auch in der Gesundheitsbranche Menschen, die einer Impfung negativ gegenüberstanden. Im März 2021 gab noch knapp ein Drittel (rund 29 Prozent) des medizinischen und pflegerischen Personals an, sich aufgrund mangelnder Erfahrung mit den Vakzinen nicht impfen lassen zu wollen. Zu diesem Ergebnis kam eine Umfrage der Medwing, ein auf Personal- und HR-Management für den Gesundheitssektor spezialisiertes Unternehmen, unter mehr als 1.600 Beschäftigten im Gesundheitswesen in Deutschland. Bei der Folge-Umfrage Ende Juni hatten noch rund 20 Prozent dieser Befragten Bedenken.

„Auch Heldinnen und Helden sind verwundbar“

Unter dem Motto #ImpfenSchützt starteten die BG Kliniken, Berufsgenossenschaften und Unfallkassen sowie die DGUV deshalb am 8. März 2021 eine Social-Media-Aktion zur Wahrnehmung der COVID-19-Impfangebote. Mit Textanzeigen sowie persönlichen Fotos und Statements von Menschen, die für die Impfung plädierten, schafften die Kooperationspartner ein Bewusstsein für die Bedeutung der Impfung. Zunächst startete die Aktion mit realen Testimonials aus den BG Kliniken und von Versicherten der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) aus dem Pflegebereich (siehe Abbildung 1: Testimonial Handschuh). Diese Personen trugen ein hohes Ansteckungsrisiko bei der Aufrechterhaltung der dringend notwendigen medizinischen Versorgung am Rande der Kapazitäten. Typoanzeigen wandten sich an die „Heldinnen und Helden“ der Pandemie und machten deutlich, dass es keine gute Alternative zur Impfung gibt. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) unterstützte die Social-Media-Aktion durch die Verbreitung der Motive über die eigenen Kanäle. Für Facebook wurde ein Facebook-Frame für Profilbilder gestaltet. Followerinnen und Follower hatten also die Möglichkeit, ihr eigenes Profilbild mit dem Layout #ImpfenSchützt zu versehen und sich auch persönlich zur Impfung zu bekennen.

Analog zur Impfreihenfolge wurden schrittweise weitere Berufsgruppen angesprochen und für die Wahrnehmung der Impfung sensibilisiert und mobilisiert. Denn die Impfung, so die gemeinsame Überzeugung der Unfallversicherungsträger, kann die Zahl lebensbedrohlicher Erkrankungen vermindern und indirekt auch die pandemiebedingten psychischen Belastungen reduzieren.

Zielgruppenspezifische Aufrufe

Viele Berufsgenossenschaften und Unfallkassen trugen mit authentischen Testimonials aus ihren Branchen zur Kampagne bei. So kamen beispielsweise auch Beschäftigte in Bildungseinrichtungen und Kindertagesstätten sowie Einsatzkräfte der Feuerwehr zu Wort und machten sich für die Impfung stark. Mit der Aufhebung der Priorisierung und besseren Verfügbarkeit der Vakzine wurden Mitte Juli schließlich alle erwachsenen Menschen angesprochen und motiviert, sich für die Impfung zu entscheiden (siehe Abbildung 2: Testimonial Karaca, Abbildung 3: Typomotiv „Zwei kleine Pikser“, Abbildung 4: Testimonials Behindertensport). Dabei betonte die Kampagne folgende Gründe, die für eine Impfung sprechen: den Eigenschutz ebenso wie die Schutzwirkung für die Familie oder die Kollegen und Kolleginnen. Auch an die für fast alle Impfstoffe wichtige Zweitimpfung wurde erinnert, als Studien zeigten, dass weniger Personen zu ihrem Zweitermin als zum Ersttermin erschienen.

Testen macht den Alltag sicherer

Parallel wurde mit #TestenHilft auch für die Testmöglichkeiten geworben. Ob als Selbsttest vor der Arbeit oder als Schnelltest zum Arbeitsbeginn im Betrieb oder in der Schule: Sie helfen gegen die Ausbreitung des Virus und machen damit auch das Arbeiten und Lernen unter den Bedingungen der Pandemie sicherer. Insbesondere Reiserückkehrende wurden Anfang August 2021 adressiert, zum Beispiel mit der Botschaft: „Corona macht keinen Urlaub. Schnelltests und AHA+L nicht vergessen.“ (siehe Abbildung 5: Typomotiv „Testen, AHA+L, Gutes Gefühl“).

Die Aktionsmotive wurden nicht nur über die sozialen Medien gepostet, sondern von Beginn an mit weiteren Hintergrundinformationen auf der Landingpage www.dguv.de/impfenschuetzt  sowie auf der Website www.kommmitmensch.de veröffentlicht. Auf der Landingpage erhielten Interessierte über die entsprechenden Links zu offiziellen Informationsquellen nähere Informationen zum Beispiel über die verschiedenen Impfstoffe und ihre Wirkungsweisen. Auch auf Informationsquellen in Leichter Sprache oder Gebärdensprache wurde verwiesen.

Alle Unfallversicherungsträger konnten die Motive tagesaktuell für die sozialen Medien übernehmen oder auch die dazugehörigen Anzeigen- und Postermotive über das interne UV-NET nutzen. Zudem wurden die Vorlagen über die öffentliche Publikationsdatenbank der DGUV zum Download und/oder zur Bestellung als Printausdruck für alle interessierten Personen angeboten.

Abbildungen 1 bis 5: Einige Motive der verschiedenen Social-Media-Aktionen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz während der Pandemie | © kommmitmensch
©kommmitmensch

Wenig Kritik dank sensibler Ansprache und guter Argumente

Die Evaluationsergebnisse zeigen eine hohe Reichweite der Aktionen und vor allem auch gute Interaktionswerte. In rund sieben Monaten (8. März bis 4. Oktober 2021) wurden mehr als 8.122.000 Seitenaufrufe gezählt (siehe Abbildung 6: Evaluation). Es gab selbstverständlich auch kritische Stimmen zur Impfung im Allgemeinen, Ärger über die zunächst schleppend anlaufenden Impfungen und negative Kommentare zur Sicherheit von Impfungen oder Testergebnissen. Doch hielten sich die kritischen Äußerungen insgesamt sehr in Grenzen. Dazu trug sicherlich die sensible und authentische Ansprache bei – ebenso wie die guten Argumente und Verweise auf die wissenschaftlichen Fakten durch die Moderation der Social-Media-Portale.

Evaluation Social Media #ImpfenSchützt/#Testenhilft | © DGUV
Evaluation Social Media #ImpfenSchützt/#Testenhilft ©DGUV

Die Aktionen haben sich bewährt, weil Sorgen und Zweifel ernst genommen und manchmal auch ausgeräumt werden konnten und das gemeinsame Vorgehen der gesetzlichen Unfallversicherung viele Versicherte zielgenau und praxisnah im beruflichen Kontext erreicht hat. So lässt sich eine sehr gute Bilanz ziehen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die Fürsprache für die Corona-Impfung durchaus ein gewisses „Shitstorm-Potenzial“ bereithält. Einige Menschen, die die Pandemie nicht für real halten, Verschwörungserzählungen anhängen oder Impfungen kategorisch ablehnen, äußern ihre Ansichten oft sehr rabiat und jenseits jeder Netiquette. Außerdem vernetzen sie sich oft gut.

Die Appelle für eine Impfung als bestmöglichen Schutz gegen eine Ansteckung oder einen schweren Verlauf der Krankheit wurden auch im Herbst entsprechend der aktuellen pandemischen Lage fortgesetzt. Mit der Ansprache von Lehrkräften, Beschäftigten in Kindertagesstätten und Auszubildenden unterstützte die gesetzliche Unfallversicherung die Aktionswoche #HierWirdGeimpft des BMG im September 2021. Auch auf die Einhaltung der AHA+L-Regel und eine größere Sicherheit durch Tests wurde weiterhin aufmerksam gemacht.