Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

die tätlichen Angriffe auf Rettungskräfte in der Silvesternacht haben ein Schlaglicht auf ein bekanntes Problem geworfen. Bereits 2020 gab bei einer Umfrage der Feuerwehr-Unfallkasse Niedersachsen mehr als ein Drittel der Befragten an, in den beiden Jahren zuvor Gewalt in Form von Beleidigungen, Bedrohungen oder tätlichen Angriffen in ihrem Feuerwehrdienst erlebt zu haben.


Gewalterfahrungen sind leider keine Seltenheit in der Arbeitswelt und es sind nicht nur Rettungskräfte betroffen. Auch Beschäftigte im Pflegebereich, im öffentlichen Nahverkehr oder im öffentlichen Dienst erleben häufiger Übergriffe. Das Risiko ist überall dort erhöht, wo Menschen bei ihrer Tätigkeit mit Menschen umgehen müssen – seien es Kunden und Kundinnen, Klienten und Klientinnen oder Patienten und Patientinnen. Berufsgenossenschaften und Unfallkassen geben deshalb allgemeine und branchenspezifische Empfehlungen, wie Unternehmen und öffentliche Einrichtungen ihre Beschäftigten durch Prävention besser schützen können. Die empfohlenen Maßnahmen sind so vielfältig wie die Situationen, in denen der Schutz greifen soll. Das reicht vom Notfallknopf in einem Amt mit Publikumsverkehr bis hin zum Deeskalationstraining für Pflegepersonal im Krankenhaus.
Gewalterlebnisse sind für die Betroffenen eine große psychische Belastung. Manche zweifeln danach an sich und ihrer Arbeit, sind verunsichert, verängstigt oder anders beeinträchtigt. Nach einem Vorfall ist es deshalb essenziell, dass das Umfeld den Betroffenen die nötige Unterstützung zukommen lässt. Verantwortliche in einem Unternehmen oder einer Organisation müssen eine „Null-Toleranz-Politik“ gegenüber Gewalt deutlich machen, darüber hinaus sind klar definierte Kommunikationswege notwendig und feste Vertrauenspersonen, an die Betroffene sich wenden können.


Hilfreich bei der Bearbeitung des Themas, das zeigt ein Beispiel in dieser Ausgabe, ist auch die Kooperation mit anderen. So haben sich mehr als 850 Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus allen Berufsgruppen des öffentlichen Dienstes in einem Präventionsnetzwerk zusammengeschlossen. Dies bietet die Möglichkeit, Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig zu unterstützen im Umgang mit Gewalt am Arbeitsplatz.

Ihr

Dr. Stefan Hussy