Gewalt bei der Arbeit – Ursachen, Folgen und Präventionsmaßnahmen

Gewalt und Aggression stellen für viele Beschäftigte ein zunehmendes Problem dar. Die Folgen für Betroffene sowie Betriebe und Einrichtungen können gravierend sein. Der Artikel beschreibt ein aktuelles Grundverständnis zu Erscheinungsformen und Ursachen von Gewalt sowie die Entwicklung von geeigneten Präventionsmaßnahmen.

Ein Klient versperrt Frau Müller, einer Mitarbeiterin der öffentlichen Verwaltung, den Weg aus ihrem Büro. Er schreit sie an, beleidigt, bedroht sie („Sie haben auch irgendwann Feierabend!“) und wirft mit Gegenständen und Büromobiliar um sich. Der Tacker trifft sie am rechten Auge. Auch wenn sie keine körperlichen Schäden davonträgt, leidet Frau Müller psychisch unter dieser Erfahrung.

Die Situation hatte sich zugespitzt. Der Klient erwartet Leistungen, erfüllt aber seine Pflichten nicht. Immer wieder fehlen Unterlagen oder Termine werden nicht eingehalten. Die Mitarbeiterin arbeitet sowieso schon unter sehr hohem Zeitdruck wegen offener Stellenbesetzungen in ihrem Bereich. Organisatorische Mängel sowie fehlende Kommunikation und Wertschätzung durch Vorgesetzte verschärfen den Zustand. Eigentlich macht Frau Müller ihren Job sehr gern, sie geht darin auf und setzt sich in stressigen Phasen besonders ein. Doch die schwierigen Zeiten hören irgendwie nicht mehr auf. Und als dieser eine schwierige Klient schon wieder seine Unterlagen nicht dabei hat, reagiert auch sie gereizt: „Sie sind ja schon wieder ohne Unterlagen da. Das kann doch nicht sein.“

Wenngleich die beschriebene Situation fiktiv ist, zeigen die Unfallmeldungen und Erfahrungen der Unfallversicherungsträger, dass solche Vorfälle immer wieder passieren. Da es häufig nicht zu körperlicher Gewalt kommt, werden viele Ereignisse nicht gemeldet. Dabei wäre in diesem Beispiel Frau Müller vielleicht von psychischen Folgeschäden betroffen. Vielleicht hätte sie nun Ängste auf dem Arbeitsweg und Sorgen, in ihrem Büro mit einem Klienten allein zu sein. Möglicherweise würde sie Panikattacken entwickeln, Schlafstörungen haben oder von großer Unruhe und fehlender Konzentration geplagt werden. Langfristig fiele sie dann immer häufiger aus und hinterließe beim vorherrschenden Fachkräftemangel eine weitere Lücke. Um genau dies zu vermeiden, braucht es präventive Lösungen, damit Gewaltvorfälle wie diese nicht eskalieren oder gar nicht erst auftreten. Denn mittlerweile wird in vielen Tätigkeitsbereichen, sei es in der Pflege, in der Gastronomie, im öffentlichen Personennahverkehr oder im Rettungsdienst, von Gewalterfahrungen mit negativen Folgen berichtet.

Abbildung 1: Stufenpyramide zur Einordnung von Gewaltereignissen in Anlehnung an das Aachener Modell | © DGUV Fachbereich AKTUELL, 2023 / Grafik: kleonstudio.com
Abbildung 1: Stufenpyramide zur Einordnung von Gewaltereignissen in Anlehnung an das Aachener Modell ©DGUV Fachbereich AKTUELL, 2023 / Grafik: kleonstudio.com

Formen von Gewalt

Im „Gesetz zu dem Übereinkommen Nr. 190 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 21. Juni 2019 über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt“ wird Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt beschrieben als „eine Bandbreite von inakzeptablen Verhaltensweisen und Praktiken oder deren Androhung, gleich ob es sich um ein einmaliges oder ein wiederholtes Vorkommnis handelt, die auf physischen, psychischen, sexuellen oder wirtschaftlichen Schaden abzielen, diesen zur Folge haben oder wahrscheinlich zur Folge haben, und umfasst auch geschlechtsspezifische Gewalt und Belästigung“.

Gewalt bei der Arbeit umfasst folglich verschiedene Dimensionen. Gewaltereignisse können zum einen physische Verletzungen und Schäden verursachen. Zum anderen sind psychische Auswirkungen ebenso relevant und verursachen zum Teil langfristige Folgen.

In Anlehnung an das Aachener Modell[1] nimmt das DGUV-Grundverständnis[2] eine Einteilung in verschiedene Stufen vor (siehe Abbildung 1). Die erste Stufe der Pyramide umfasst „normale bzw. kontroverse Gesprächssituationen“. Solche Situationen kommen im Kundenkontakt häufig vor und können zum Beispiel durch geeignete Kommunikation und deeskalierende Gesprächsführung bewältigt werden. Diese Situationen können jedoch auch eskalieren und in der zweiten Stufe münden. Zur zweiten Stufe gehören „verbale Aggression, Sachbeschädigung und unangepasstes Sozialverhalten“. Stalking, Mobbing und ebenso sexuelle Belästigung sind hier eingestuft. Dabei stehen weniger körperliche Schäden als vielmehr gravierende psychische Auswirkungen im Vordergrund. „Körperliche Gewalt, Handgreiflichkeiten, eindeutige Bedrohung und Nötigung“ werden in die dritte Stufe eingeordnet. Neben massiven psychischen Schäden kann es hier auch zu körperlichen Verletzungen kommen. Die letzte Stufe erfasst seltene, aber schwerwiegende und extreme Ereignisse wie beispielsweise der Einsatz von Waffen und Werkzeugen, Geiselnahme, Überfall oder Amok. Dabei gibt es keine eindeutigen Grenzen zwischen den verschiedenen Stufen. Je nach Ausprägung können Ereignisse auch einer höheren Stufe zugeordnet werden.

Neben der Einteilung unterschiedlicher Erscheinungsformen kann Gewalt auch hinsichtlich ihres Ausgangspunkts betrachtet werden. Hier stellt sich die Frage, ob Gewalt von einem Kollegen oder einer Kollegin, von einem Kunden oder einer Kundin oder sogar von dem oder der Beschäftigten selbst ausgeht.

Betroffene Tätigkeiten

Bezogen auf externe Gewalt stellen alle Arbeitstätigkeiten mit Kontakt zu Kundinnen und Kunden oder anderen Menschen während der Tätigkeit eine potenzielle Gefahr für psychische, körperliche und extreme Gewaltereignisse dar.

Beispiele sind:

  • Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte, Therapeutinnen und Therapeuten
  • Einsatzkräfte der Feuerwehr und des Rettungsdienstes
  • Beschäftigte der öffentlichen Verwaltung und Ämter inklusive der Sozialämter, Jugendämter, Ordnungsämter und Jobcenter
  • Mitarbeitende von Straßenreinigungs- und Entsorgungsunternehmen oder Schwimmbädern
  • Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher, pädagogische Mitarbeitende
  • Mitarbeitende im Einzelhandel
  • Mitarbeitende der Presse
  • Mitarbeitende von Banken
  • Beschäftigte in Hotels und Gaststätten
  • Busfahrerinnen und Busfahrer oder Beschäftigte der Bahn

Bei diesen und vielen weiteren Tätigkeiten kann Gewalt bei der Arbeit erlebt werden.

Doch auch außerhalb der Arbeitszeit und unabhängig vom Arbeitsort kann es aufgrund der beruflichen Rolle zu Gewalt kommen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Mitarbeiter des Jobcenters in seiner Freizeit von einer Klientin, der zuvor eine Leistung versagt wurde, angegriffen und bedroht wird.

Abbildung 2: Folgen von Gewalt | © Eigene Abbildung
Abbildung 2: Folgen von Gewalt ©Eigene Abbildung

Potenzielle Folgen von Gewalt

Neben den häufig offensichtlichen körperlichen Verletzungen und Schäden kann Gewalt insbesondere auch zu psychischen Schäden führen. Die Reaktionen sind dabei in ihrer Form und im Ausmaß individuell unterschiedlich.

Bei besonders schwerwiegenden, traumatischen Ereignissen können betroffene Personen nach einem Vorfall akute Reaktionen wie Angst, innere Unruhe, Nervosität, Schlaflosigkeit oder Gefühle der Unsicherheit zeigen. Diese meist kurzfristigen Symptome werden als normale Reaktionen auf ein unnormales Ereignis betrachtet. Hier ist die soziale Unterstützung der Betroffenen entscheidend. Viele Menschen können das erlebte Ereignis anschließend gut verarbeiten und haben keine langfristigen gesundheitlichen Probleme. Bei einigen Vorfällen von besonderer Schwere und erlebter Angst und Bedrohung für das eigene Leben oder beim wiederholten Erleben von schwierigen Gewaltereignissen kann es jedoch zu behandlungsbedürftigen Traumafolgestörungen kommen. Neben der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) können zeitverzögert auch Depressionen, Suchterkrankungen oder andere psychische Erkrankungen auftreten. Diese wirken dann beeinträchtigend und können zu Arbeitsunfähigkeit oder sogar zur Frühverrentung führen.

Wenn belastende Gewaltereignisse, wie zum Beispiel bei Mobbing oder Stalking, wiederholt auftreten, können diese ebenso zu psychischer Beanspruchung führen. Langfristig kann dies wie bei einmaligen, extremen Ereignissen Störungsbilder wie Depressionen, Ängste, Alkohol- oder Medikamentenabhängigkeit hervorrufen.

Erfahren Beschäftigte Gewalt bei der Arbeit, können Unsicherheit und negative Erwartungshaltungen auch die Zusammenarbeit oder die Kundenbeziehung beeinträchtigen. Hier werden die Konsequenzen auf betrieblicher Ebene deutlich. Motivation, Zufriedenheit und Kommunikationsbereitschaft können durch grenzüberschreitende und frustrierende Erlebnisse leiden und sich erheblich auf die Arbeitsbeziehung zu den Kundinnen und Kunden, Patientinnen und Patienten und ähnlichen Gruppen auswirken. Die Bereitschaft, sich auf einen Kontakt zu schwierigen Menschen einzulassen, ist unter Umständen verringert. So kann eine von Misstrauen und verringerter Empathie geprägte Grundstimmung entstehen, in der Konfliktsituationen leichter eskalieren. Darunter leidet vermutlich auch das Arbeitsklima: verminderte Leistungsfähigkeit, Fehlzeiten, hohe Personalfluktuation oder eine hohe Zahl frühzeitiger Berufsaufgaben können Begleiterscheinungen sein.[3]

Ursachen von Gewalt

Die Ursachen von Gewalt sind komplex und vielfältig. Zum einen kann die Ursache in der persönlichen Situation, Verfassung und Persönlichkeit der Person, von der Gewalt ausgeht, liegen. Der Klient, der gegenüber der Mitarbeiterin der Verwaltung aggressiv wird, hat vielleicht negative Erfahrungen aus der Vergangenheit im Umgang mit Regelungen, eine familiär schwierige Situation und nimmt Medikamente ein, die seinen Zustand beeinflussen. Unterschiedliche Auslösebedingungen können dann aggressives Verhalten begünstigen. Zum anderen kann die Ursache von Gewalt in der betroffenen Mitarbeiterin liegen. Vielleicht ist sie einer hohen Belastung bei der Arbeit ausgesetzt, arbeitet in einem beengten und lauten Büro, betreut kleine Kinder zu Hause und versucht alles unter einen Hut zu bekommen. Solche Randbedingungen können dazu führen, dass sie schneller die Geduld verliert, gereizter reagiert und zur Eskalation einer Situation beiträgt. Die daraus resultierende Interaktion mit dem Klienten kann sich zu einer eskalierenden Gesprächsatmosphäre entwickeln und Gewalt begünstigen. Ursachen von Gewalt existieren demnach nicht nur in der Person, von der Gewalt ausgeht, sondern können auch in der betroffenen Person sowie in der Interaktion beider Personen begründet sein.

Nicht zu vernachlässigen und ebenso bedeutsam sind dabei Auslösebedingungen der Umgebung (zum Beispiel Lärm, Dunkelheit, Enge und Hitze), der Organisation (zum Beispiel fehlende Informationen, störende Abläufe und Prozesse, Wartezeiten) und der Kultur und Stimmung (zum Beispiel schlechtes Betriebsklima, nicht wertschätzende Kommunikation).

Bei der Findung von geeigneten Präventionsmaßnahmen im Betrieb sollten idealerweise diese Bereiche und weitere spezifische Ursachen analysiert werden.

Abbildung 3: Beispiele für Maßnahmen gegen Gewalt | © Eigene Abbildung
Abbildung 3: Beispiele für Maßnahmen gegen Gewalt ©Eigene Abbildung

Geeignete Präventionsmaßnahmen

Voraussetzung für den guten Umgang mit Gewalt ist, dass die Unternehmensleitung und Führungskräfte das Thema für sich annehmen. Es sollte eine Kultur geschaffen werden, in der offen über Gewaltvorfälle gesprochen werden kann. Das Ziel ist, Gewalt zu verhindern oder ihre Folgen abzumildern. Um dies zu erreichen, haben sich auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung (§ 5 Arbeitsschutzgesetz, ArbSchG) verschiedene Schritte zur Umsetzung von Maßnahmen vor und nach einem Ereignis bewährt. Die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA)[4] beschreibt in ihrer Empfehlung, wie die psychische Belastung in der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt werden kann. Beim ganzheitlichen und systematischen Vorgehen zu Gewaltprävention ist ein dokumentiertes, betriebsspezifisches Konzept hilfreich. Dieses sollte folgende Punkte des Prozesses beinhalten.

Gemeinsames Verständnis finden
Da die Erscheinungsformen von Gewalt und ihr Erleben unterschiedlich sind, ist es empfehlenswert, im Betrieb oder in der Einrichtung unter Verantwortlichen, in Teams und mit Mitarbeitenden über Gewaltvorkommnisse zu sprechen. Das schafft eine Einordnung, ein gemeinsames Verständnis sowie eine Sensibilisierung im Umgang mit dem Thema. Hierzu kann eine betriebsspezifische Einsortierung von Ereignissen – zum Beispiel anhand der Stufenpyramide (siehe Abbildung 1) – vorgenommen werden.

Tipp: Hier eignen sich beispielsweise die in den folgenden Publikationen der DGUV beschriebenen Methoden:

  • „So geht’s mit Ideen-Treffen – Für Wirtschaft, Verwaltung und Handwerk“[5] oder
  • „Kulturdialoge: Prävention – Dialogkarten zum Thema Gewalt“[6]

Um die Bereitschaft zu erhöhen, über Gewalt zu sprechen, kann eine Grundsatzerklärung gegen Gewalt durch die Geschäftsführung/Leitung hilfreich sein. Hierin wird eine klare Haltung gegen Gewalt und für ein respektvolles Miteinander beschrieben. So haben Beschäftigte Handlungssicherheit und es wird eine Präventionskultur des Betriebs beziehungsweise der Einrichtung gefördert.

Vorfälle erfassen
Wichtig ist es, dass Gewaltereignisse erfasst werden. Wie häufig kommen welche Formen von Gewalt vor? Welche Tätigkeiten oder Bereiche eines Betriebs/einer Einrichtung sind besonders betroffen?

Zur Erfassung können Befragungen der Belegschaft mittels schriftlicher Fragebogenverfahren oder moderierter Gruppendiskussionen eingesetzt werden. Es können darüber hinaus Daten von Unfallanzeigen oder der Meldungen von Gewaltereignissen herangezogen werden. Idealerweise sollte ein Meldesystem eingeführt werden, damit betroffene Personen Vorfälle einfach dokumentieren und an entsprechende Stellen weitergeben können.

Gefährdungen analysieren und beurteilen
Nachdem Vorfälle erfasst sind, sollten sie genauer unter die Lupe genommen werden. Fragen, die hier gestellt werden können, sind unter anderem diese:

  • Von welcher Art, Schwere und Häufigkeit sind die bereits aufgetretenen Ereignisse?
  • Welche Ereignisse mit schwerwiegenden Folgen sind vorstellbar und können auftreten?
  • Von welchem Risiko für die physische und psychische Gesundheit der Beschäftigten ist auszugehen?
  • Wo besteht Handlungsbedarf?

Maßnahmen ableiten und Wirksamkeit prüfen
Aufbauend auf dem gemeinsamen Verständnis, der Erfassung und Beurteilung der Gewaltereignisse sind bedingungs- und zielgruppenspezifische Maßnahmen abzuleiten und umzusetzen. Die Maßnahmen können sich dabei auf die Phase vor dem Eintritt eines Ereignisses, auf die Phase während des Ereignisses und nach dem Ereignis beziehen.

Bei der Entwicklung von Maßnahmen sollte auch reflektiert werden, ob die Handlungsweise von Beschäftigten bedingt durch die Art ihrer Tätigkeit Gewalt bei anderen befördern kann. Gemeint sind hier zum Beispiel das Versagen von Leistungen, die Ablehnung einer Genehmigung, die Fixierung von Patientinnen und Patienten oder Festnahmen durch die Polizei. Gegebenenfalls ergeben sich auch daraus Ansatzpunkte für geeignete Präventionsmaßnahmen.

Dem Arbeitsschutzprinzip folgend, sollten sich die Maßnahmen aus den Bereichen „technische/bauliche Maßnahmen“, „organisatorische Maßnahmen“ und „personenbezogene Maßnahmen“ speisen. Diese können dann jeweils bei unterschiedlichen Formen von Gewalt betrachtet werden.[7] Abbildung 3 zeigt Beispiele für Maßnahmen.

Anhand der Einteilung der dargestellten Pyramide (Abbildung 1) können zudem gezielte Präventionsmaßnahmen pro Stufe oder Erscheinungsform von Gewalt bestimmt werden. Dabei sind für alle Stufen Maßnahmen abzuleiten. Wichtig ist, dass für die Umsetzung der Maßnahmen Verantwortliche festgelegt werden. Die durchgeführten Maßnahmen müssen regelmäßig auf ihre Wirksamkeit überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.

Viele weitere Beispiele für Maßnahmen zu Gewaltprävention finden sich in der DGUV Information 206-013 „Stress, Mobbing & Co.“[8] sowie in branchenspezifischen Schriften der Unfallversicherungsträger.

Nachsorge planen und durchführen
Ist ein Gewaltereignis eingetreten, stellen die Handlungen und Aktivitäten im Umgang mit den betroffenen Personen sekundärpräventive Maßnahmen dar. Das bedeutet, dass die Maßnahmen darauf abzielen, eine Erkrankung oder Verschlimmerung des Zustands der Person zu verhindern. Ein unterstützender Umgang mit Betroffenen und die Vermeidung von Bagatellisierung ist für deren Bewältigung entscheidend. Eine Sensibilität sollte dabei sowohl in der Mitarbeiterschaft als auch bei Führungskräften entwickelt werden.

Beschäftigte, die zu „betrieblichen psychologischen Erstbetreuenden“[9] ausgebildet worden sind, können sich ereignisnah um die Betroffenen kümmern. In Akutsituationen unterstützen gegebenenfalls auch die Notfallseelsorge und Kriseninterventionsteams. In den Tagen und Wochen nach einem Ereignis kann weitere psychologische Unterstützung zum Beispiel durch soziale Ansprechpersonen, (Notfall-)Psychologinnen und -Psychologen oder Betriebsärztinnen und Betriebsärzte angeboten werden. Auch Unfallversicherungsträger unterstützen, wenn ihnen der Vorfall bekannt ist, gegebenenfalls mit Frühintervention beziehungsweise langfristiger Psychotherapie im Rahmen ihres Psychotherapeutenverfahrens. Deshalb sollten traumatische Gewaltereignisse dem Unfallversicherungsträger über eine Unfallanzeige gemeldet werden.

Fachliche Expertinnen und Experten einbinden
Bei den Schritten zu einer erfolgreichen Gewaltprävention ist es empfehlenswert, bewährte Strukturen zu Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit wie zum Beispiel den Arbeitsschutzausschuss (ASA) zu nutzen. Bei der Analyse und Maßnahmenfindung können und sollten betriebliche und fachliche Expertinnen und Experten (zum Beispiel Betriebsärztin oder Betriebsarzt, Fachkraft für Arbeitssicherheit) unterstützen. Den zuständigen Unfallversicherungsträger oder die Polizei hinzuzuziehen, kann gegebenenfalls auch sinnvoll sein.

Fazit

Gewalt bei der Arbeit wird ein zunehmend wichtiges Thema und stellt viele Herausforderungen für die Betroffenen, die Betriebe und Einrichtungen sowie die Gesellschaft dar. Die Formen und Auswirkungen von Gewalt sind sehr vielfältig. Nur gut darauf abgestimmte Maßnahmen können ihre Wirkung entfalten. So können Betriebe viele präventive Maßnahmen ergreifen, um Gewaltvorkommnisse zu reduzieren oder Folgen von Gewalt gut zu begegnen. Damit fördern sie die Sicherheit und Gesundheit ihrer Beschäftigten.