Drohne am Bau – Bewahrerin vor Gefahren?

Drohnen begegnen uns im Privaten und noch selten im beruflichen Alltag. Die kommerzielle Nutzung von Drohnen bietet viele Möglichkeiten, bringt aber auch Herausforderungen mit sich. Damit befasst sich derzeit auch die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU).

Enorme Wachstumsraten für Drohnen prognostiziert

Fakt ist: Drohnen, wie unbemannte Luftfahrtsysteme meist genannt werden, fliegen immer öfter durch die Luft. Sie sind bekannt, werden aber überwiegend negativ assoziiert. Das ergibt eine Studie im Auftrag des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) aus dem Jahr 2018.[1] Demnach sind die Erfahrungen mit Drohnen noch selten und eher passiv als aktiv. Die Technik wurde ursprünglich überwiegend für militärische Zwecke entwickelt, erfreut sich aber zunehmender Beliebtheit im privaten Sektor. Hier werden Drohnen meist genutzt, um Bilder oder Videos aus der Luft zu machen und so völlig neue Perspektiven zu eröffnen.

Aber auch der kommerzielle Einsatz nimmt stetig zu und ermöglicht neue Arbeitsweisen. Eine Analyse des Verbands Unbemannte Luftfahrt vom Februar 2019 stellt in Deutschland die private Nutzung von circa 455.000 Drohnen der kommerziellen Nutzung von zu diesem Zeitpunkt nur etwa 19.000 Drohnen gegenüber.[2] Die Analyse erwartet Wachstumsraten in den nächsten zehn Jahren von 58 Prozent in der privaten, aber 563 Prozent in der kommerziellen Nutzung.

Bauwirtschaft entdeckt zunehmend die technischen Möglichkeiten

Am weitesten verbreitet ist die Verwendung zur Wahrnehmung visueller Aufgaben. Die Drohne dient als Lastenträger für optische Erfassungssysteme unterschiedlicher Qualität. Damit lassen sich Aufnahmen für Filmproduktionen, Vermessungsarbeiten, aber auch Inspektionen von Bauwerken oder Maschinen durchführen. Das System liefert das Bildmaterial, das zusammen mit anderen Daten aufbereitet und ausgewertet wird. Auch die Baubranche entdeckt diese Anwendungsmöglichkeiten zunehmend für sich. Die Analyse erwartet, dass Drohnen sich im Sektor Energie und Infrastruktur im Vergleich zum Einsatz bei Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), der Landwirtschaft oder dem Energiesektor aber erst spät durchsetzen werden. Diese verzögerte Adaption der Technologie steht in Zusammenhang mit regulatorischen Hindernissen.

Drohnen ermöglichen eine Entkopplung von Mensch und Gefahrenort – nicht nur bei Arbeitsplätzen in der Höhe, auch in engen und schwer zugänglichen Räumen, in Bereichen mit hoher Gefahrstoffkonzentration oder in einsturzgefährdeten Gebäuden.

Nachdem anfangs überwiegend Marketinggedanken zur Visualisierung fertiger Bauobjekte und zur Dokumentation des Baufortschritts gegenüber Kundinnen und Kunden maßgeblicher Antrieb waren, unterstützen Drohnen zunehmend technische Anwendungen im eigentlichen Bauprozess. Mithilfe von Drohnen werden Brücken- und Straßenbauwerke überprüft, Dächer inspiziert, Geländeaufnahmen gemacht und Vermessungsaufgaben unterstützt. Die Einhaltung der rechtlichen Randbedingungen tritt dabei oft hinter den offensichtlichen Vorteilen der Nutzung zurück.

Die Bauwirtschaft nutzt bisher überwiegend visuell erfasste Daten. Inspektionen, Schadensfeststellung, Beweissicherung und die Dokumentation des Bauablaufs und des Baufortschritts sind die am weitesten verbreiteten Einsatzgebiete. Dachdeckerinnen und Dachdecker nutzen die Technik, um Beschädigungen an Dächern oder Schornsteinen beispielsweise bei einem Sturmschaden zu eruieren. Aufmaße der Dachflächen lassen sich zentimetergenau vom Boden aus erstellen. Zum Teil werden hier professionelle Drohnendienstleister beauftragt, oft aber auch eigene Geräte angeschafft und eingesetzt.

Nicht nur im Hoch- und Ingenieurbau kommen die fliegenden Assistenten zum Einsatz, auch im Erd- und Straßenbau sind sie nutzbar. Hier kommt zunehmend die Erfassung des Geländes und der Bauwerke für Dokumentation und Abrechnung zur Anwendung. Die Drohnen sammeln beim Überfliegen Messdaten in Form von Punktwolken für die gesamte überflogene Fläche. Diese werden zusammen mit den erstellten Fotos und der dazugehörigen Software so verarbeitet, dass Ingenieurinnen und Ingenieure in der Lage sind, mit den Daten zu arbeiten. Die Kombination kann genutzt werden, um Schichtdicken einer Fahrbahn zu ermitteln oder einen dreidimensionalen Lageplan zu erstellen. Digitale Geländemodelle ermöglichen die Darstellung von einzelnen Schichten, Querprofilen, Bruchkanten oder Begrenzungslinien. So lässt sich die Einbausituation detailliert dokumentieren und eine eindeutige Grundlage für Abrechnungen erstellen.

Mithilfe von Drohnen werden Brücken- und Straßenbauwerke überprüft, Dächer inspiziert, Geländeaufnahmen gemacht und Vermessungsaufgaben unterstützt. Die Einhaltung der rechtlichen Randbedingungen tritt dabei oft hinter den offensichtlichen Vorteilen der Nutzung zurück.

Auch innerhalb von Gebäuden oder Kanälen dienen Drohnen dazu, detaillierte Zustandserfassungen durchzuführen. Die Ausstattung der Drohnen mit Infrarotsensoren macht es möglich, Gebäude einer thermischen Betrachtung zu unterziehen. So lassen sich Wärmebrücken in Fassaden genau lokalisieren und damit auch Planungs- und Ausführungsmängel feststellen.

Menschen aus Gefahrenbereichen fernhalten

Anwendungsbeispiele zeigen, dass mithilfe von Drohnen an Orte gelangt werden kann, die für Menschen sonst nur schwer zu erreichen sind. Bisher waren solche Tätigkeiten oft nur unter hohem wirtschaftlichen Ressourceneinsatz und verbunden mit hohen Risiken für Leben und Gesundheit durchführbar. Drohnen ermöglichen eine Entkopplung von Mensch und Gefahrenort – nicht nur bei Arbeitsplätzen in der Höhe, auch in engen und schwer zugänglichen Räumen, in Bereichen mit hoher Gefahrstoffkonzentration oder in einsturzgefährdeten Gebäuden. So stellt das Technische Hilfswerk (THW) aktuell bundesweit bis zu 66 Trupps für unbemannte Luftfahrtsysteme auf, um Schadensgebiete aus der Luft zu erkunden oder vermisste Personen aus der Luft zu orten. 

Dieser Gedanke wird zukünftig weiterverfolgt, denn Drohnen werden auch Arbeitsaufgaben übernehmen können. So berichtete der Westdeutsche Rundfunk von einer Entwicklung der FH Aachen.[3] Gemeinsam mit einem Unternehmen hat ein Forschungsteam dort eine Drohne entwickelt, die selbstständig Fenster putzen kann. Das Ziel:  eine Drohne, die ganze Fassaden vollautomatisch reinigen kann.

Hilfestellungen bei der Anwendung

Bei aller Begeisterung und Euphorie über die Möglichkeiten eines Drohneneinsatzes bleiben auch Fragen. Welche Gefährdungen entstehen durch Drohnen? Zum Beispiel der Absturz des Multikopters, Kontakt mit rotierenden Teilen, herabfallende Gegenstände, Brand des Akkus? Diese und weitere mögliche Gefährdungen sind über die Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln und zu beurteilen. Daraus sind die erforderlichen Schutzmaßnahmen auszuwählen und festzulegen. Als Hilfestellung dazu ist im Juli 2020 die DGUV Information 208-058 "Sicherer Umgang mit Multikoptern (Drohnen)" erschienen.[4] Damit steht erstmals ein umfangreiches Werk zur Verfügung, das rechtliche Fragen, Informationen zu Bauformen, Steuerung oder Ergonomie, der betrieblichen Organisation wie auch Instandhaltung und Prüfung beleuchtet.

Welche Gefährdungen entstehen durch Drohnen? Zum Beispiel der Absturz des Multikopters, Kontakt mit rotierenden Teilen, herabfallende Gegenstände, Brand des Akkus? Diese und weitere mögliche Gefährdungen sind über die Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln und zu beurteilen. Daraus sind die erforderlichen Schutzmaßnahmen auszuwählen und festzulegen.

Für die Betriebe der Baubranche hat die BG BAU in Anlehnung daran eine Ergänzung der Bausteine erstellt, die zeitnah zur Verfügung stehen wird. Die Bausteine sind eine Sammlung von über 250 kurzen, knapp gehaltenen Sicherheitshinweisen zu Gefährdungen und Schutzmaßnahmen in der Baubranche.[5] Die BG BAU beschäftigt sich intensiv mit Drohnen. Im Programm "Neue Wege der Prävention" will sie neue Technologien und Ansätze identifizieren und erproben, um die Prävention am Bau einen großen Schritt voranzubringen. Gemeinsam mit und im Sinne ihrer Kundinnen und Kunden will sie herausfinden, welche Ansätze und Ideen das Potenzial haben, die Präventionsarbeit nachhaltig zu verbessern. Auch ein Pilotprojekt befasst sich mit dem Einsatz von Drohnen. Hier wird untersucht, welche Technik eingesetzt werden kann, damit Drohnen weitere Arbeitsaufgaben übernehmen können, wie die BG BAU dazu beitragen kann, den sicheren Einsatz von Drohnen zu unterstützen und zu fördern und wie damit insgesamt ein Beitrag zur nachhaltigen Senkung von Unfallzahlen geleistet werden kann.