Kennziffern der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung 2022
Die Geschäfts- und Rechnungsergebnisse der neun gewerblichen Berufsgenossenschaften sowie der 24 Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand für das Jahr 2022 liegen vor. Der Beitrag enthält die Trends zu Unfällen, Berufskrankheiten, Rentenbestand und Leistungsaufwendungen. Organisation und Umfang der Versicherung sowie die Aufbringung der Mittel werden ebenfalls beschrieben.
Die Zahlen des Berichtsjahres 2022 stehen wie in den Vorjahren unter dem Einfluss der COVID-19-Pandemie. In nahezu allen der im Nachfolgenden dargestellten Bereiche sind die Auswirkungen dieser Sondersituation weiterhin deutlich zu erkennen. Während es beim Versicherungsumfang und den Finanzen insgesamt nur zu vergleichsweise geringen Veränderungen kommt, zeigen sich bei den Versicherungsfällen erhebliche Verwerfungen. Während die Unfallzahlen trotz Zunahmen weiterhin deutlich unter dem vorpandemischen Niveau bleiben, sind im Bereich der Berufskrankheiten erneut starke Fallzahlanstiege zu beobachten.
1.0 Organisation
Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sind Körperschaften öffentlichen Rechts. Sie setzen sich zusammen aus den gewerblichen Berufsgenossenschaften, den Unfallversicherungsträgern der öffentlichen Hand sowie der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG)[1]. Die neun gewerblichen Berufsgenossenschaften sind unter anderem für gewerbliche Unternehmen, freie Berufe und Einrichtungen in privater Trägerschaft zuständig. Sie sind nach Branchen gegliedert. Die Zahl der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand beträgt aktuell 24. Sie umfassen insgesamt 19 Unfallkassen und Unfallversicherungsverbände in den Ländern, vier Feuerwehrunfallkassen und die Unfallversicherung Bund und Bahn als bundesunmittelbaren Träger.
Die gewerblichen Berufsgenossenschaften und Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand sind in der DGUV organisiert. Sie führt die Daten der Unfallversicherungsträger zusammen und erstellt hieraus ein Gesamtergebnis. Dieses dient mit anderen Datenquellen auch als Grundlage für den Bericht zur Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (SuGA), den die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) jährlich für die Bundesregierung erstellt.
Die Zahl der Beschäftigten, die für die in der DGUV organisierten Unfallversicherungsträger tätig sind, liegt 0,4 Prozent unter dem Vorjahreswert bei 21.679. Davon gehörten 16.480 (-151) zum Verwaltungspersonal und 5.199 (+68) zum Personal der Prävention.
2.0 Unternehmen und Einrichtungen
Die Mitglieder der DGUV haben im Jahr 2022 insgesamt 3.763.863 versicherte Unternehmen beziehungsweise Einrichtungen verzeichnet. Davon entfielen 3.154.958 auf den Zuständigkeitsbereich der gewerblichen Berufsgenossenschaften. Die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand betreuten 608.905 Unternehmen und Einrichtungen.
In der gewerblichen Wirtschaft war im Jahr 2022 die Entwicklung der Zahl der Unternehmen in den verschiedenen Berufsgenossenschaften uneinheitlich: Den größten Anstieg meldete die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) mit 1,4 Prozent. Bei der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) ist der Rückgang der Mitgliedsunternehmen mit 2,1 Prozent am größten. Bei den übrigen Berufsgenossenschaften bewegen sich die Veränderungen zwischen +1,1 Prozent und -1,4 Prozent. Insgesamt ist die Unternehmenszahl im Vergleich zum Vorjahr um 18.256 gesunken (-0,6 Prozent).
Bei den Unfallversicherungsträgern der öffentlichen Hand zählen als zugehörige Unternehmen Bund, Länder, Gemeindeverbände, Kommunen, Hilfeleistungsunternehmen, Privathaushalte und selbstständige Unternehmen nach § 125 Abs. 3, § 128 Abs. 4 und § 129 Abs. 3 Sozialgesetzbuch (SGB) VII. Für das Berichtsjahr 2022 wurden 24.672 Unternehmen, 417.791 Privathaushalte, die Personen beschäftigen, und 22.261 Unternehmen, die Hilfe leisten, ermittelt. Gegenüber dem Vorjahr ist hier die Gesamtzahl der Unternehmen und Einrichtungen auf nun 464.724 (-4,5 Prozent) gesunken.
Außerdem sind die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand für die Einrichtungen in der Schülerunfallversicherung zuständig. Dazu gehören Einrichtungen der Tagesbetreuung (inklusive Tagespflege), allgemeinbildende und Berufsschulen sowie Hochschulen. Die Anzahl der Einrichtungen ist im Vergleich zum Vorjahr um 896 auf 144.181 gesunken (-0,6 Prozent).
In Abbildung 1 ist der langjährige Verlauf der Zahl der Mitgliedsunternehmen und Einrichtungen dargestellt. Trotz einiger Jahre mit zurückgehenden Zahlen ist der langfristige Trend zunehmend.
3.0 Versicherte und Vollarbeiter
Bei den Unfallversicherungsträgern der DGUV waren 2022 etwa 64,6 Millionen Menschen im Rahmen der allgemeinen Unfallversicherung und der Schülerunfallversicherung gegen die Folgen von Arbeits-, Wege-, Schul- und Schulwegunfällen sowie Berufskrankheiten versichert. Diese Personen standen in fast 120 Millionen Versicherungsverhältnissen zur Unfallversicherung. Hierbei handelt es sich zunächst um die Beschäftigten in der gewerblichen Wirtschaft und im öffentlichen Dienst. Daneben gibt es per Satzung oder freiwillig versicherte Unternehmer und Unternehmerinnen. Einen weiteren wesentlichen Teil der Versicherten machen Kinder in Tagesbetreuung (inklusive Tagespflege), Schülerinnen und Schüler sowie Studierende aus. Außerdem umfasst der Kreis der Versicherten bestimmte Sondergruppen, die per Gesetz ebenfalls unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Zu nennen sind hier insbesondere ehrenamtlich Tätige, Personen in Hilfeleistungsunternehmen, nicht gewerbsmäßige Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter, Blutspenderinnen und Blutspender, Pflegepersonen, Rehabilitandinnen und Rehabilitanden, Entwicklungshelferinnen und Entwicklungshelfer, Arbeitslose oder etwa Strafgefangene. Einige kurzfristig versicherte Personenkreise (zum Beispiel spontane Ersthelfende in Unglücks- oder Notfällen) bleiben mangels statistischer Quellen unberücksichtigt.
Informationen, aus denen sich der Umfang der Versicherung ableiten lässt, erhält die gesetzliche Unfallversicherung von den Unternehmen und Einrichtungen im Rahmen verschiedener Meldungen, insbesondere im Rahmen des Beitragsverfahrens in Form des digitalen Lohnnachweises. Die Daten sind im Regelfall für das jeweilige Unternehmen und die jeweilige Einrichtung aggregiert. Sie umfassen neben der Zahl der versicherten Personen die Lohnsumme, die Zahl der Arbeitsstunden sowie Angaben zu den jeweiligen Gefahrtarifklassen.
Für die Berechnung von relativen Arbeitsunfallquoten (vgl. Abschnitt 4.1) werden versicherte Teilzeitbeschäftigte statistisch in „Vollarbeiter“ (Vollzeitäquivalente) umgerechnet. Ein Vollarbeiter entspricht der durchschnittlich von einer vollbeschäftigten Person im produzierenden Gewerbe und Dienstleistungsbereich tatsächlich geleisteten – nicht der tariflichen – Arbeitsstundenzahl. Berücksichtigt werden dabei die kalendarischen Arbeitstage, die durchschnittlichen Urlaubs- und Krankheitstage sowie die bezahlten Wochenstunden.
Für 2022 beträgt die Zahl der Vollarbeiter bei den Mitgliedern der DGUV insgesamt 43.107.131 und ist damit gegenüber dem Vorjahr um 5,8 Prozent gestiegen. 34.161.048 der Vollarbeiter entfielen auf den Bereich der gewerblichen Wirtschaft, was gegenüber 2021 einen Anstieg um 5,1 Prozent darstellt. Von diesen wurden 50,9 Milliarden Arbeitsstunden geleistet; das sind 1,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Im öffentlichen Bereich ist die Vollarbeiterzahl um 8,7 Prozent auf 8.946.083 gestiegen. Die Bestimmung der Rechengröße Vollarbeiter wird für die Versicherten der Schülerunfallversicherung nicht vorgenommen. Stattdessen wird für die Berechnung von Unfallquoten auf den Bestand der Versicherungsverhältnisse zu einem Stichtag zurückgegriffen. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Anzahl der Versicherten in der Schülerunfallversicherung am Stichtag etwas gestiegen (+0,4 Prozent).
4.0 Arbeits- und Wegeunfälle
Vorbemerkung: Die Unfälle im Bereich der Schülerunfallversicherung werden in Abschnitt 5 beschrieben.
4.1 Begriffe und Unfallquoten
Als meldepflichtige Unfälle werden in den Geschäftsergebnissen die Unfallanzeigen nach § 193 SGB VII gezählt. Danach sind Unternehmerinnen und Unternehmer verpflichtet, binnen drei Tagen Unfälle von Versicherten in ihren Unternehmen anzuzeigen, die eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Kalendertagen – ohne den Unfalltag – oder den Tod zur Folge haben. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so werden auch Anzeigen von Verletzten, Durchgangsarztberichte sowie durch Krankenkassen angezeigte Fälle gezählt. Das Gleiche gilt für Wegeunfälle; das sind Unfälle auf dem Weg zum oder vom Ort einer versicherten Tätigkeit, die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII den Arbeitsunfällen gleichgestellt sind.
Verläuft ein Arbeits- oder Wegeunfall tödlich oder hat er so schwere Folgen, dass es zu einer Entschädigung in Form einer Rente oder Abfindung kommt, so wird er in den Geschäftsergebnissen zusätzlich als „neue Unfallrente“ nachgewiesen. Voraussetzung für eine solche Entschädigung ist, dass der Unfall allein oder zusammen mit einem früheren Arbeitsunfall für einen gesetzlich festgelegten Mindestzeitraum zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 Prozent geführt hat.
Bei der statistischen Erfassung der tödlichen Unfälle werden diejenigen Fälle gezählt, bei denen der Unfall im Berichtsjahr gemeldet wurde und der Tod innerhalb von 30 Tagen nach dem Unfall eingetreten ist.
Zur Beurteilung des durchschnittlichen Arbeitsunfallrisikos werden die absoluten Arbeitsunfallzahlen einerseits zur Zahl der geleisteten Arbeitsstunden und andererseits zur Zahl der Vollarbeiter ins Verhältnis gesetzt. Bei letzterer wird die durchschnittliche Expositionszeit eines Vollbeschäftigten gegenüber der Gefahr, einen Arbeitsunfall zu erleiden, berücksichtigt und damit auch die konjunkturell und tariflich bedingte Schwankung der Jahresarbeitszeit.
Jede versicherte Tätigkeit, ob als Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigung oder als kurzfristige Aktivität wie das Blutspenden, bringt jedoch ein eigenes Wegeunfallrisiko mit sich. Darüber hinaus kann dieselbe versicherte Person in mehr als einem Versicherungsverhältnis stehen und entsprechend mehr versicherte Wege zurücklegen. Daher werden die Wegeunfälle auf die Zahl der Versicherungsverhältnisse bezogen. Diese Zahl wird bei denjenigen Gruppen, die eine deutlich geringere Zahl von versicherten Wegen zurücklegen als Unternehmer und Unternehmerinnen, abhängig Beschäftigte sowie Schüler und Schülerinnen, entsprechend dem tatsächlichen Risiko gewichtet. Für das Berichtsjahr ergeben sich insgesamt 52.696.190 gewichtete Versicherungsverhältnisse (ohne Schülerunfallversicherung).
4.2 Meldepflichtige Arbeitsunfälle
Im gewerblichen und öffentlichen Bereich waren im Berichtsjahr 787.412 meldepflichtige Arbeitsunfälle zu verzeichnen; dies sind 2,3 Prozent weniger als im Vorjahr. Da die Zahl der Vollarbeiter gleichzeitig stieg, ist das Risiko, einen Arbeitsunfall zu erleiden, je 1.000 Vollarbeiter von 19,78 im Vorjahr auf 18,27 im Jahr 2022 deutlich stärker als die absolute Anzahl um 7,7 Prozent gesunken.
Die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden ist im Vergleich zum Vorjahr weniger stark gestiegen als die der Vollarbeiter, wodurch die Häufigkeit der meldepflichtigen Arbeitsunfälle je eine Million geleistete Arbeitsstunden nur um 4,6 Prozent gesunken ist. Diese Unfallquote betrug im Berichtsjahr 12,26, während sie im Vorjahr noch bei 12,85 gelegen hatte.
Die Darstellung der Häufigkeitsquoten der meldepflichtigen Arbeitsunfälle getrennt nach den verschiedenen Bereichen der gesetzlichen Unfallversicherung für die vergangenen Jahre in den Tabellen 1 und 2 verdeutlicht die strukturell bedingten Unterschiede. In Tabelle 1 ist die Häufigkeit der meldepflichtigen Arbeitsunfälle je 1.000 Vollarbeiter dargestellt, in Tabelle 2 je eine Million geleistete Arbeitsstunden.
Die Quoten bezogen auf 1.000 Vollarbeiter sind bei allen Berufsgenossenschaften und auch im öffentlichen Bereich gegenüber dem Vorjahr gesunken. Die deutlichste Abnahme ist bei der Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation (BG Verkehr) zu verzeichnen. Am geringsten sind die Rückgänge bei den Unfallversicherungsträgern der öffentlichen Hand und der VBG.
4.3 Meldepflichtige Wegeunfälle
Bei den Wegeunfällen handelt es sich um alle Unfälle auf dem Weg zwischen Wohnung und Ort der versicherten Tätigkeit, nicht etwa nur um Straßenverkehrsunfälle. Die Straßenverkehrsunfälle werden in den Geschäftsergebnissen nicht gesondert ausgewiesen; sie stellen zwar den überwiegenden Teil der Wegeunfälle, finden sich aber auch zu einem geringen Anteil bei den Arbeitsunfällen (zum Beispiel bei Berufskraftfahrern und Berufskraftfahrerinnen).
Im Jahr 2022 ereigneten sich 173.288 meldepflichtige Wegeunfälle. Das entspricht gegenüber 2021 einer Zunahme um 1,4 Prozent. Bezogen auf 1.000 (gewichtete) Versicherungsverhältnisse (vgl. Abschnitt 4.1 „Unfallquoten“) gab es eine Abnahme von 3,37 im Vorjahr auf 3,29 im Berichtsjahr um 2,5 Prozent.
4.4 Neue Arbeitsunfallrenten
Die Zahl der schweren Arbeitsunfälle, bei denen es erstmals zur Zahlung einer Rente oder eines Sterbegeldes gekommen ist, ist von 12.079 im Vorjahr um 9,5 Prozent auf 10.927 im Jahr 2022 zurückgegangen. Dabei hat ihre Häufigkeit je 1.000 Vollarbeiter von 0,296 auf 0,253 im Berichtsjahr um 14,5 Prozent abgenommen. Bezogen auf eine Million geleistete Arbeitsstunden ist ein Rückgang um 11,6 Prozent zu verzeichnen: von 0,192 im Jahr 2021 auf 0,170 im Berichtsjahr. Hierbei ist zu beachten, dass zwischen Unfallereignis und Feststellung einer Rente häufig ein längerer Zeitraum liegt. Daher verlaufen die Entwicklungen bei den neuen Renten und den meldepflichtigen Unfällen nicht immer parallel. Die Aufgliederung der beiden Unfallquoten nach den verschiedenen Bereichen der gesetzlichen Unfallversicherung für die vergangenen Jahre ist in den Tabellen 4 und 5 dargestellt.
4.5 Neue Wegeunfallrenten
Die Zahl der neuen Wegeunfallrenten ist von 4.132 im Jahr 2021 auf 3.587 im Berichtsjahr um 13,2 Prozent gesunken. Dabei ist das Unfallrisiko je 1.000 (gewichtete) Versicherungsverhältnisse um 16,6 Prozent von 0,082 auf 0,068 gesunken. Tabelle 6 zeigt die Veränderungen der Quote gegenüber dem Vorjahr in den verschiedenen Bereichen.
4.6 Verhältnis von Unfallrenten zu meldepflichtigen Unfällen
Im Jahr 2022 kamen auf 1.000 meldepflichtige Arbeitsunfälle 14 neue Arbeitsunfallrenten, auf 1.000 meldepflichtige Wegeunfälle hingegen 21 neue Wegeunfallrenten. Daraus ist zu ersehen, dass Wegeunfälle im Vergleich zu Arbeitsunfällen häufiger besonders schwere Folgen haben.
4.7 Tödliche Unfälle
Bei den tödlichen Arbeitsunfällen ist gegenüber dem Vorjahr eine Abnahme um 87 Fälle auf 423 Todesfälle zu verzeichnen. Wesentliche Gründe für den Rückgang sind weniger Todesfälle infolge von COVID-19 und auch aufgrund anderer Ursachen bei stationär behandelten Rehabilitanden und Rehabilitandinnen. Die Zahl der tödlichen Wegeunfälle nahm um 21 Fälle auf 248 zu.
Während auf 1.000 neue Arbeitsunfallrenten 39 tödliche Arbeitsunfälle kamen, entfielen auf 1.000 neue Wegeunfallrenten mit 69 tödlichen Wegeunfällen deutlich mehr Todesfälle. Dies verdeutlicht – ebenso wie die entsprechende Aussage in Abschnitt 4.6 – die überproportionale Schwere der Wegeunfälle gegenüber den Arbeitsunfällen.
5.0 Schul- und Schulwegunfälle
Im Berichtsjahr ereigneten sich 1.076.109 meldepflichtige Schülerunfälle (Schul- und Schulwegunfälle). Die Pflicht zur Unfallanzeige besteht in der Schülerunfallversicherung dann, wenn die versicherte Person getötet oder so verletzt wird, dass sie ärztliche Behandlung in Anspruch nehmen muss. Gegenüber dem Vorjahr ist die Zahl der Schülerunfälle durch die Rückkehr zum Regelbetrieb in Bildungseinrichtungen nach den pandemiebedingten Einschränkungen um 49,9 Prozent gestiegen. Der Anteil der 88.718 meldepflichtigen Schulwegunfälle liegt bei 8,2 Prozent. Das Schülerunfallrisiko ist im Berichtsjahr ebenfalls erheblich gestiegen (+49,3 Prozent). Die Rate liegt bei 60,5 Schülerunfällen je 1.000 versicherte Schülerinnen und Schüler.
Bei der Zahl der neuen Schülerunfallrenten ist eine Abnahme um 13,3 Prozent auf insgesamt 501 erstmalige Entschädigungen zu verzeichnen. Der Anteil der neuen Schulwegunfallrenten liegt bei 31,1 Prozent. Das Risiko einer schweren Verletzung ist demnach bei Schulwegunfällen um ein Vielfaches höher als bei Schulunfällen. Auch bei den neuen Schülerunfallrenten fand das zugrunde liegende Unfallereignis überwiegend in früheren Jahren statt.
Die Zahl der tödlichen Schülerunfälle stieg um zwei Fälle auf 25. Der überwiegende Teil der tödlichen Schülerunfälle ereignete sich auf dem Schulweg. Im Jahr 2022 lag deren Anteil bei 68 Prozent.
6.0 Berufskrankheiten
6.1 Listen-Berufskrankheitensystem und Erweiterung
In Deutschland gilt ebenso wie in vielen anderen Ländern ein gemischtes Berufskrankheitensystem (Liste und Einzelfälle). Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 SGB VII diejenigen „Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheit bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden“. In diese Liste können ausschließlich Erkrankungen durch besondere gefährdende Einwirkungen aufgenommen werden, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Durch die Fünfte Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) vom 29. Juni 2021 (BGBl. I S. 2254) wurde die Liste mit Wirkung zum 1. August 2021 bisher letztmalig ergänzt. Darüber hinaus ist nach § 9 Abs. 2 SGB VII eine nicht in der Liste aufgeführte Krankheit anzuerkennen und zu entschädigen, wenn nach neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen die sonstigen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 SGB VII erfüllt sind.
Damit eine Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt werden kann, muss zwischen versicherter Tätigkeit und schädigender Einwirkung sowie zwischen dieser Einwirkung und der Erkrankung ein rechtlich wesentlicher ursächlicher Zusammenhang bestehen.
In der ehemaligen DDR galt ebenfalls ein gemischtes Berufskrankheitensystem. Auch wenn das Berufskrankheitenrecht der ehemaligen DDR seit dem 1. Januar 1992 nicht mehr gilt, werden Leistungen in vollem Umfang nach SGB VII und BKV auch weiterhin für solche Berufskrankheiten erbracht, die sich auf die Berufskrankheitenliste der ehemaligen DDR (DDR-BKVO-Liste) gründen. Sind diese jedoch nicht gleichzeitig Gegenstand der Berufskrankheitenliste der BKV, muss der Eintritt der Erkrankung vor dem 1. Januar 1992 gelegen haben und der zuständige Unfallversicherungsträger muss vor dem 1. Januar 1994 Kenntnis davon erlangt haben.
6.2 Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit
Für Ärztinnen und Ärzte besteht nach § 202 SGB VII eine Anzeigepflicht bei begründetem Verdacht auf Vorliegen einer Berufskrankheit. Für Unternehmerinnen und Unternehmer besteht eine Meldepflicht gemäß § 193 Abs. 2 SGB VII bereits bei Anhaltspunkten für das Vorliegen einer Berufskrankheit bei Versicherten in ihren Unternehmen. Bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte müssen auch Krankenkassen eine Anzeige erstatten. Es können jedoch auch Versicherte und andere Stellen den Verdacht auf Vorliegen einer Berufskrankheit melden. Der Unfallversicherungsträger prüft von Amts wegen durch das Feststellungsverfahren, ob tatsächlich eine Berufskrankheit im Sinne von § 9 Abs. 1 oder 2 SGB VII vorliegt. Naturgemäß ist die Zahl der Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit höher als die Zahl der Fälle, bei denen sich im Feststellungsverfahren dieser Verdacht bestätigt.
Im Jahr 2022 sind bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften und den Unfallversicherungsträgern der öffentlichen Hand 370.141 Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit eingegangen: Dies stellt gegenüber dem Vorjahr einen Anstieg um 142.411 Fälle beziehungsweise um 62,5 Prozent dar. In der Schülerunfallversicherung sind Berufskrankheiten erwartungsgemäß seltene Ereignisse. Im Berichtsjahr wurden 212 BK-Verdachtsanzeigen registriert. Bei der Mehrzahl dieser Fälle handelt es sich um Haut-, Infektions- und von Tieren übertragbare Krankheiten.
Die Aufschlüsselung der Verdachtsanzeigen der vergangenen Jahre nach Krankheitsgruppen in Tabelle 7 erlaubt eine differenzierte Betrachtung:
Abweichend von den vorpandemischen Jahren stellt die Gruppe mit den Infektionskrankheiten mit 295.312 Anzeigen den größten Anteil. Allein zur BK 3101, unter die auch Anzeigen im Zusammenhang mit COVID-19 fallen, wurden 294.860 Verdachtsanzeigen gemeldet. Die zweitgrößte Gruppe sind die Hautkrankheiten. Für die hohe Zahl bei diesen Anzeigen spielt es eine Rolle, dass auch Meldungen nach § 3 BKV und Hautarztberichte statistisch bei den Verdachtsanzeigen zu erfassen sind. Mit Meldungen nach § 3 BKV wird auf die Gefahr hingewiesen, dass eine Berufskrankheit entstehen, wieder aufleben oder sich verschlimmern kann. Die Verdachtsanzeigen aufgrund von mechanischen Einwirkungen liegen mit 15.784 Anzeigen an dritter Stelle. Die viertgrößte Gruppe bilden die 15.449 Anzeigen auf Verdacht einer Lärmschwerhörigkeit.
6.3 Entscheidungen
Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit lösen Feststellungsverfahren aus, die zu einer versicherungsrechtlichen Entscheidung führen. Sind alle Voraussetzungen für das Vorliegen einer Berufskrankheit – wie in Abschnitt 6.1 beschrieben – erfüllt, so wird diese anerkannt. Es muss hingegen eine Ablehnung erfolgen, wenn beispielsweise nicht nachgewiesen werden kann, dass die Erkrankten am Arbeitsplatz überhaupt einer entsprechenden Gefährdung ausgesetzt waren, oder wenn zwar der schädigende Einfluss am Arbeitsplatz festgestellt werden kann, nicht aber ein Zusammenhang zwischen dieser Einwirkung und der Erkrankung. Bei einem Teil der anerkannten Berufskrankheiten wird aufgrund des Vorliegens bestimmter Voraussetzungen – insbesondere einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 Prozent – im Geschäftsjahr Verletztenrente (beziehungsweise Gesamtvergütung) oder Sterbegeld (beziehungsweise Hinterbliebenenrente) erstmals durch Verwaltungsakt festgestellt (sogenannte „neue Berufskrankheitenrenten“). Bei den anerkannten Berufskrankheiten ohne Rentenzahlung werden vielfach Leistungen in anderer Form erbracht, zum Beispiel Heilbehandlung, Verletztengeld, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Übergangsgeld.
Mit dem Siebten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze wurde das Berufskrankheitenrecht mit Wirkung zum 1. Januar 2021 reformiert.[2] Bis dahin mussten bei bestimmten Berufskrankheiten für die Anerkennung des Falls besondere versicherungsrechtliche Voraussetzungen erfüllt sein; bei den BK-Nummern 1315, 2101, 2104, 2108 bis 2110, 4301, 4302 und 5101 war dies die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit. Waren nur diese nicht erfüllt, so wurde zwar die Berufskrankheit im juristischen Sinne nicht anerkannt, es wurden jedoch gegebenenfalls Leistungen zur Individualprävention beziehungsweise medizinische Leistungen erbracht.
Mit der Neufassung des § 9 Abs. 4 Satz 2 SGB VII hat der Gesetzgeber des Weiteren die Individualprävention gestärkt. Daher werden ab dem Jahr 2021 Fälle, in denen erstmalig eine Maßnahme nach § 3 BKV gewährt wurde, separat erfasst und ausgewiesen.
Tabelle 8 gibt einen zahlenmäßigen Überblick über Entscheidungen in den vergangenen zehn Jahren im Bereich der gewerblichen Berufsgenossenschaften und der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand. Auch hier sind die wenigen Fälle aus dem Bereich der Schülerunfallversicherung enthalten. In 199.542 Fällen wurden Berufskrankheiten anerkannt. Bei 4.893 Fällen wurde eine Rente, Abfindung oder Sterbegeld gezahlt (neue Berufskrankheitenrenten). 126.748 Fälle mussten abgelehnt werden. In 22.516 Fällen wurde erstmals eine Maßnahme nach § 3 BKV gewährt.
In Tabelle 9 sind die Entscheidungen des Berichtsjahres nicht nur nach Art der Entscheidung, sondern zusätzlich nach Krankheitsgruppen aufgegliedert.
6.4 Übergangsleistungen
Wenn eine versicherte Person eine gefährdende berufliche Tätigkeit wegen der Entstehung, des Wiederauflebens oder der Verschlimmerung einer Berufskrankheit aufgibt, so wird eine hierdurch verursachte Verdiensteinbuße oder ein anderer wirtschaftlicher Nachteil vom Träger der Unfallversicherung ausgeglichen. Diese Übergangsleistung nach § 3 Abs. 2 BKV kann als einmalige Zahlung bis zur Höhe der Jahresvollrente gewährt werden. Es können aber auch monatliche Zahlungen bis zur Höhe eines Zwölftels der Vollrente für längstens fünf Jahre erfolgen.
Im Jahr 2022 wurden von den Unfallversicherungsträgern insgesamt 1.981 Übergangsleistungen gewährt, davon 1.888 im Bereich der gewerblichen Wirtschaft. Ihre Verteilung nach Krankheitsgruppen und Unfallversicherungsträgern weist deutliche Schwerpunkte auf: Mit 809 Fällen sind 40,8 Prozent durch Hautkrankheiten begründet, die überwiegend bei den Berufsgenossenschaften Holz und Metall (BGHM), Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) sowie Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) zu finden sind. In weiteren 603 Fällen (30,4 Prozent) handelt es sich um obstruktive Atemwegserkrankungen, die zu 54,7 Prozent auf die BGN entfallen. Weitere 455 Übergangsleistungen (23,0 Prozent) wurden aufgrund von Erkrankungen durch mechanische Einwirkungen erbracht. Es verbleiben 114 Fälle (5,8 Prozent), die sich auf die übrigen Erkrankungen verteilen.
7.0 Rentenbestand
Im Jahr 1991 hatten die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung im Rahmen der Ausweitung ihrer Zuständigkeit auf die neuen Bundesländer den gesamten laufenden Rentenbestand aufgrund von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten von der Sozialversicherung der ehemaligen DDR übernommen. Damit war der Rentenbestand im Jahre 1991 um rund ein Drittel angestiegen. Ende 2022 belief er sich auf 712.549 Renten, was einem Rückgang gegenüber dem Vorjahr um 2,4 Prozent entspricht.
Der Rentenbestand kann in verschiedener Weise aufgegliedert werden. Die wichtigsten Aufteilungen ergeben folgendes Bild:
- 627.638 Renten (88 Prozent) stammen aus dem Bereich der gewerblichen Wirtschaft.
- 65.373 Renten (9 Prozent) stammen aus dem Bereich der öffentlichen Hand.
- 19.538 Renten (3 Prozent) stammen aus dem Bereich der Schülerunfallversicherung.
- 607.256 Renten (85 Prozent) laufen aufgrund von Unfällen.
- 105.293 Renten (15 Prozent) laufen aufgrund von Berufskrankheiten.
- 621.231 Renten (87 Prozent) werden an Verletzte und Erkrankte gezahlt.
- 91.318 Renten (13 Prozent) werden an Hinterbliebene gezahlt.
8.0 Entschädigungsleistungen
In diesem Abschnitt werden summarisch alle Entschädigungsleistungen einschließlich der Aufwendungen im Rahmen der Schülerunfallversicherung dargestellt, die Unfallversicherungsträger im Bereich der gewerblichen Wirtschaft und der öffentlichen Hand im Jahr 2022 für ihre Versicherten erbracht haben. Als Entschädigungsleistungen gelten Dienst-, Sach- und Barleistungen nach Eintritt des Versicherungsfalles an Verletzte und Erkrankte sowie an Hinterbliebene. Im Einzelnen handelt es sich dabei um eine Heilbehandlung inklusive Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft, Pflege- und Geldleistungen. Die Entschädigungsleistungen beliefen sich 2022 auf 11,41 Milliarden Euro. Das waren 220 Millionen Euro beziehungsweise 2,0 Prozent mehr als im Vorjahr. Darunter entfielen 5,151 Milliarden Euro auf Heilbehandlung, 141 Millionen Euro auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und 6,000 Milliarden Euro auf Renten, Abfindungen und Beihilfen.
8.1 Heilbehandlung
Im Jahr 2022 lagen die gesamten Aufwendungen für Heilbehandlung einschließlich medizinischer Rehabilitation, Geldleistungen, Pflege und ergänzender Leistungen in Höhe von 5,151 Milliarden Euro um 4,9 Prozent beziehungsweise um 240 Millionen Euro über denen des Vorjahres. Ihre detaillierte Aufgliederung in Tabelle 10 zeigt, dass es in allen Teilbereichen – ambulante und stationäre Behandlung, Verletztengeld und sonstige Heilbehandlungskosten – nennenswerte Kostensteigerungen gab.
8.2 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
Im Berichtsjahr betrugen diese Aufwendungen 141 Millionen Euro. Sie waren damit fast 18 Millionen Euro niedriger als im Vorjahr. In Tabelle 11 sind sie nach den verschiedenen Teilbereichen aufgeschlüsselt. Mit 73 Millionen Euro wurde weiterhin gut die Hälfte aller Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für Sachleistungen aufgewendet. Auf Übergangsgeld entfielen mit 32 Millionen Euro weitere 22,4 Prozent der Kosten.
8.3 Renten, Beihilfen und Abfindungen
Die gesamten Aufwendungen dieser Art in Höhe von fast genau 6 Milliarden Euro sind 2022 gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert; sie sind in Tabelle 12 näher aufgeschlüsselt. Mit 5,911 Milliarden Euro wurden 98,5 Prozent davon für Renten an Verletzte, Erkrankte und Hinterbliebene ausgegeben, wobei 4,424 Milliarden Euro auf Versichertenrenten entfielen und 1,427 Milliarden Euro auf Hinterbliebenenrenten. Weitaus kleinere Beträge wurden für Beihilfen an Hinterbliebene und für Abfindungen an Versicherte und Hinterbliebene aufgewendet.
9.0 Steuerungskosten für Prävention
Die Unfallversicherungsträger haben gemäß § 15 SGB VII den gesetzlichen Auftrag, Unfallverhütungsvorschriften zu erlassen, zu deren Einhaltung die Unternehmen beziehungsweise Einrichtungen in ihrem Zuständigkeitsbereich verpflichtet sind. Die Unfallversicherungsträger tragen die Steuerungskosten, die bei der Einleitung von Präventionsmaßnahmen anfallen. Dagegen werden die Durchführungskosten, deren Umfang statistisch nicht erfasst wird, die jedoch mit Sicherheit um ein Vielfaches höher liegen, von den Unternehmen und Einrichtungen getragen.
Im Jahr 2022 haben die Unfallversicherungsträger 1,298 Milliarden Euro für Prävention, arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Dienste sowie Erste Hilfe ausgegeben. Diese Aufwendungen lagen um 5,9 Prozent über denen des Vorjahres. 57,2 Prozent der Ausgaben entfielen auf die Personal- und Sachkosten der Prävention. Für die Aus- und Fortbildung von Personen, die in den Unternehmen mit der Durchführung der Prävention betraut sind, wurde deutlich mehr als im Vorjahr aufgewendet, als viele Veranstaltungen pandemiebedingt nicht stattfinden konnten. Die nähere Aufgliederung der übrigen Kosten der Prävention ist in Tabelle 13 zu finden.
10.0 Aufbringung der Mittel
Die Aufwendungen der Unfallversicherungsträger im aktuellen Berichtsjahr sind in Abbildung 2 anteilig dargestellt.
Das Finanzierungsverfahren unterscheidet sich im Bereich der gewerblichen Berufsgenossenschaften strukturell von demjenigen im Bereich der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand. Aus diesem Grund ist beiden Bereichen hier ein eigener Abschnitt gewidmet. Dieser enthält jeweils auch eine Überblicksdarstellung der Aufwands- und Ertragsrechnung.
10.1 Aufbringung der Mittel und Beitragssatz der BGen
Das Umlagesoll für 2022 beläuft sich auf 13,323 Milliarden Euro und ist damit um 2,7 Milliarden Euro beziehungsweise 25,4 Prozent höher als der Vorjahreswert. Hier kam allerdings ein Sondereffekt zum Tragen: Die VBG hat auf eine Vorschusserhebung der Beiträge umgestellt. Um zu vermeiden, dass die Mitgliedsunternehmen doppelt belastet werden, wurde die Umlage für 2021 einmalig durch eine Betriebsmittelentnahme in Höhe von rund 1,8 Milliarden Euro entlastet.
Das beitragspflichtige Entgelt ist um 7,2 Prozent auf 1.188,5 Milliarden Euro gestiegen. Damit stieg der durchschnittliche Beitragssatz vor allem aufgrund des oben beschriebenen Sondereffekts auf 1,12 Prozent. Das ist dennoch der drittniedrigste Wert seit dem Beginn der Erhebung dieser Daten.
Anders als in den übrigen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung, in denen in den vergangenen Jahrzehnten zum Teil erhebliche Beitragsanstiege zu verzeichnen waren, weist der durchschnittliche Beitragssatz der gewerblichen Berufsgenossenschaften in der langjährigen Entwicklung eine sinkende Tendenz auf. Dementsprechend ist der Anteil dieses Beitragssatzes am Gesamtsozialversicherungs-Beitragssatz von mehr als 6 Prozent in den 1960er-Jahren auf 2,73 Prozent im Berichtsjahr 2022 gesunken.
Die Finanzmittel für die Durchführung der gesetzlichen Aufgaben der gewerblichen Berufsgenossenschaften werden von den Unternehmerinnen und Unternehmern in der gewerblichen Wirtschaft im Umlageverfahren aufgebracht. Die Berufsgenossenschaften erwirtschaften zudem Einnahmen, wie zum Beispiel Regresseinnahmen, die einen Teil der Aufwendungen decken, sodass nur noch die Differenz umgelegt werden muss. Die Aufwendungen sind daher höher als das Umlagesoll, das die Unternehmer und Unternehmerinnen in der gewerblichen Wirtschaft als Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung aufzubringen haben. Dies ist dargestellt in Tabelle 14, die als zusammenfassende Abschlussübersicht die gegliederte Darstellung aller umlagewirksamen Aufwendungen und Erträge sowie das daraus resultierende Umlagesoll enthält.
Der Anteil pro Unternehmer beziehungsweise Unternehmerin an diesem Umlagesoll richtet sich zunächst nach deren beitragspflichtigem Entgelt im Unternehmen. Darunter sind die Arbeitsentgelte der abhängig Beschäftigten sowie die Versicherungssummen der versicherten Unternehmerinnen und Unternehmer zu verstehen. Darüber hinaus erfolgt eine Einstufung des Unternehmens nach dem Gefahrtarif aufgrund der generellen Unfallgefahr in dem jeweiligen Gewerbezweig. Zusätzlich setzen die gewerblichen Berufsgenossenschaften Beitragszuschläge und -nachlässe fest, deren Höhe sich nach Zahl, Schwere und Kosten der Arbeitsunfälle (ohne Wegeunfälle) im einzelnen Unternehmen richtet. Diese Zuschläge und Nachlässe geben dem Unternehmen einen wirtschaftlichen Anreiz, möglichst effektiv Unfälle zu verhüten.
10.2 Aufbringung der Mittel der UVT der öffentlichen Hand
Die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand finanzieren sich in erster Linie aus Beiträgen der Kommunen, Landkreise, Länder und des Bundes. Die Beiträge werden dabei durch Haushaltsplanung errechnet. Die Höhe der Beiträge richtet sich nach der Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner, der versicherten Personen oder den Arbeitsentgelten. Die zusammenfassende Abschlussübersicht der Aufwendungen und Erträge ist in Tabelle 15 synoptisch dargestellt.