Betriebsbesichtigung 4.0 – digitale Assistenten

Die Voraussetzungen und Bedingungen zur Entwicklung einer Risiko-Kennzahl sowie deren Einsatz in der Präventionsarbeit werden dargestellt. Weiterhin wird anhand eines Beispiels erläutert, auf welche Art und Weise digitale Assistenten Aufsichtspersonen bei ihrer täglichen Arbeit unterstützen können.

Vielschichtige Betriebsstrukturen

Die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) versichert Unternehmen der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie, des Hotel- und Gaststättengewerbes, des Bäcker- und Konditorenhandwerks, der Fleischwirtschaft, Brauereien und Mälzereien sowie Schausteller- und Zirkusbetriebe. Insgesamt sind in der BGN circa 230.000 Unternehmen versichert, die sich auf 390.000 Betriebsstätten mit rund 3,0 Millionen Versicherten verteilen.

Wie die Aufzählung der bei der BGN versicherten Branchen verdeutlicht, weisen die Mitgliedsbetriebe der BGN starke strukturelle Unterschiede auf. Damit steht gute und effektive Präventionsarbeit in den diversen Branchen vor zahlreichen Herausforderungen. Die mit 85 Prozent überwiegende Mehrheit der zu betreuenden Unternehmen stammt aus dem Bereich der Kleinstbetriebe. Das bedeutet, dort sind maximal zehn Vollarbeiter pro Unternehmen beschäftigt.[1] Die Unternehmerin oder der Unternehmer ist häufig selbst stark in das Tagesgeschäft eingebunden und Zeitdruck sowie eine dünne Personal- und Finanzdecke führen dazu, dass das Thema Arbeitsschutz oftmals hintangestellt wird. Hinzu kommt vor allem im Gastgewerbe eine hohe Fluktuation, die jahresdurchschnittlich bei etwa 35.000 liegt.

Demgegenüber stehen mittlere und große Betriebe, die vorwiegend im produzierenden Gewerbe angesiedelt sind. Hier liegt die zusätzliche Herausforderung an eine effektive Präventionsarbeit in der Vielzahl unterschiedlicher Arbeitsplätze, die zahlreiche tätigkeits- und/oder stoffspezifische Gefährdungen aufweisen können. Dazu gehören beispielsweise Belastungen durch Klima in Form von Kälte- oder Hitzearbeitsplätzen, Belastungen durch Lärm, der Umgang mit Gefahrstoffen, hautbelastende Tätigkeiten wie Feuchtarbeit oder Arbeit an Maschinen.

Zentrales Element der Präventionsarbeit stellt die Überwachung und Beratung von Mitgliedsbetrieben ausgehend vom gesetzlichen Präventionsauftrag im Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) dar. Dies geschieht in erster Linie durch Betriebsbesichtigungen, die von etwa 140 qualifizierten Personen im Aufsichtsdienst der BGN durchgeführt werden. Weitere Präventionsleistungen beinhalten beispielsweise die Ursachenermittlung von Unfällen und Berufskrankheiten (BK) oder Anreizsysteme wie Prämienverfahren oder Förderpreise. Die Betriebsbesichtigung gilt als das am besten geeignete Mittel zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren.

Risiko im Präventionskontext

In der Wissenschaft gibt es verschiedene Definitionen des Begriffs Risiko, die hier verwendete lautet: Als Risiko bezeichnet man die Wahrscheinlichkeit, dass durch Gefährdungsexposition ein Schaden entsteht.[2]

Warum ist es aus Präventionssicht wichtig, sich mit dem Thema Risikoabschätzung von Unternehmen auseinanderzusetzen? Hier steht an erster Stelle der Auftrag, mit allen geeigneten Mitteln menschliches Leid zu verhindern. Aufgrund begrenzter Personalressourcen im Aufsichtsdienst bedarf es hierzu einer hohen Effektivität und Effizienz. Stellt man sich die Frage, in welchen Unternehmen eine Intervention durch Aufsichtspersonal den erwartbar größten Erfolg haben wird, so ist davon auszugehen, dass Betriebe mit einem höheren Risiko deutlich mehr von einer Beratung beziehungsweise einer Betriebskontrolle profitieren als Betriebe, die im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz ohnehin bereits sehr gut aufgestellt sind.

Betrachtet man nicht nur die Häufigkeit von Unfällen oder das Auftreten von Berufskrankheiten an sich, sondern bezieht zusätzlich auch deren Schwere mit ein, kann eine entsprechende Kennzahl ermittelt werden, die das Risiko in den jeweiligen Betrieben abbildet. Deren Berücksichtigung wiederum in der Aufsichtstätigkeit, etwa durch ein kürzeres Besichtigungsintervall, ist dazu geeignet, Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz gerade auch in schlecht aufgestellten Betrieben zu verbessern. Die Verfolgung der Vision Zero, die Vermeidung von schweren und tödlichen Unfällen sowie Berufskrankheiten, kann hierdurch wirkungsvoll unterstützt werden.

Anforderungen an eine Risiko-Kennzahl

Bevor eine Kennzahl entwickelt werden kann, die das Risiko von Betrieben abbildet, müssen zunächst die erforderlichen Informationen, die eine solche Kennzahl enthält, sowie Bedingungen, was genau diese Kennzahl leisten soll, bestimmt werden. Welche greifbaren Zahlen, die sich aus dem betrieblichen Kontext ergeben, sind durch die gesetzliche Unfallversicherung aus dem Betriebsgeschehen ermittelbar und liegen stets aktuell vor? Welche zusätzlichen Kriterien muss eine Risiko-Kennzahl erfüllen, damit sie effektiv in der Präventionsarbeit eingesetzt werden kann?

Hauptziel bei der Erstellung einer Kennzahl ist es, eine einfach zu ermittelnde und zu interpretierende Kennzahl zu generieren, die das Aufsichtspersonal der BGN bei dessen täglicher Präventionsarbeit unterstützen kann. Das berechnete Endergebnis sollte eine Zahl darstellen, die das Risiko eines Betriebs nicht nur ins Verhältnis zu den übrigen Betrieben setzt, sondern auch die Entwicklung eines Betriebs bezüglich seines Risikos im Laufe der Zeit abbilden kann: der Risiko-Index (RI).

In der BGN wurden insgesamt sechs Themenbereiche festgelegt, aus denen Informationen in den Risiko-Index einfließen sollen (siehe Abbildung 1). Diese Informationen mussten mithilfe verschiedener Berechnungsmodelle in sechs Teil-Kennzahlen umgewandelt werden, die in ihrer Gesamtheit das Risiko eines Betriebs ergeben. Bei der Berechnung sollte die eingangs beschriebene heterogene Betriebsstruktur berücksichtigt werden, sodass eine Kennzahl entsteht, die zwar größen- und branchenspezifische Besonderheiten berücksichtigt, in ihrem Ergebnis aber dennoch für alle Betriebsgrößen und Branchen gleichermaßen angewendet werden kann.

Durch das Einbeziehen von Daten aus dem tatsächlichen Betriebsgeschehen in die Berechnungsgrundlage sollten auch langfristige Veränderungen in Gegebenheiten und Strukturen berücksichtigt werden. Verändert sich beispielsweise durch neuartige Gefährdungen oder gesetzliche Änderungen das Unfall- oder BK-Geschehen, muss es möglich sein, die Berechnungsmodelle für den Risiko-Index entsprechend anzupassen.

Zusätzlich zu den aus dem Betriebsgeschehen ermittelten Informationen soll ein zweiter wichtiger Aspekt Eingang in die Berechnung des Risiko-Index finden: die Bewertung und Einschätzung der Expertinnen und Experten, sprich der Aufsichtspersonen. Denn Informationen über den realen Umsetzungsstand von Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in den Betrieben müssen vor Ort ermittelt werden. Sie lassen sich nicht ausschließlich aus Daten beispielsweise zum Unfallgeschehen ableiten.

Ein weiterer Motivator für die Entwicklung einer Risiko-Kennzahl von Unternehmen ist der Kernprozess der aktuell gestarteten dritten Periode der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie von Bund, Ländern und Unfallversicherungsträgern (GDA-Periode 2021–2024). Von den zu besichtigenden Betrieben sollen 75 Prozent nach risikoorientierten Kriterien ausgewählt werden. Diese Auswahl soll mit einem Werkzeug zur Risiko-Abschätzung erleichtert und transparent gestaltet werden.

Berechnung des Risiko-Index

Zur Entwicklung eines Berechnungsmodells auf Grundlage der erwähnten sechs Faktoren wurden zunächst einige theoretische Vorüberlegungen durchgeführt. Wie eingangs erwähnt, wird das Risiko als die Wahrscheinlichkeit eines Betriebs für das Auftreten von Schäden, also von Unfällen sowie Berufskrankheiten, definiert. Daraus ergibt sich die Frage, welche zur Verfügung stehenden Daten das Risiko eines Betriebs beschreiben und wie diese Informationen in eine allgemeingültige Kennzahl umgewandelt werden können. Weiterhin ist es wichtig zu klären, wie die verschiedenen Informationen über das Risiko im Verhältnis zueinander stehen. Als Ergebnis dieser Vorüberlegungen sowie aus den Erfahrungen früherer Berechnungsmodelle ergeben sich folgende Faktoren, die in ihrer Zusammensetzung und ihrem Verhältnis zum Risiko-Index im Folgenden genauer beschrieben werden.

  1. Betriebsgröße: Je mehr Versicherte in einem Betrieb tätig sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass dort ein Unfall oder eine Berufskrankheit auftritt.
  2. Gewerbezweig: Analog zur Eingruppierung der Wirtschaftszweige in die Betreuungsgruppen aus Anlage 2 der DGUV Vorschrift 2 erfolgt eine Risiko-Zuordnung. Einige Branchen besitzen aufgrund tätigkeits- oder stoffspezifischer Gefährdungen ein erhöhtes Risiko gegenüber anderen Branchen.
  3. Unfallgeschehen: Betriebe mit einem erhöhten Arbeitsunfallgeschehen weisen analog ein erhöhtes Risiko auf. Dabei werden sowohl meldepflichtige als auch nicht meldepflichtige Arbeitsunfälle betrachtet. Auch die Unfallschwere kann ein Indikator für ein höheres Risiko sein. Diese fließt in Form der Unfallkosten in die Bewertung des Unfallgeschehens mit ein.
  4. Prämienverfahren: Die BGN bietet seit 2014 ein Anreizsystem für Betriebe, die Maßnahmen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes über das gesetzliche Mindestmaß hinaus betreiben. Erfolgreiche Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Prämienverfahrens weisen ein vermindertes Risiko auf, das es zu berücksichtigen gilt.
  5. Berufskrankheitengeschehen: Eine überdurchschnittliche Quote von angezeigten Berufskrankheiten kann ein Indiz dafür sein, dass in einem Unternehmen vermehrt Gefährdungen vorliegen, und dies wiederum erhöht laut Definition das Risiko des Betriebs.
  6. Arbeitsschutzorganisation: Bei Betrieben mit einer guten Arbeitsschutzorganisation lässt sich ein vermindertes Risiko feststellen.

Für jeden einzelnen dieser sechs Einflussfaktoren wird mithilfe von verschiedenen Berechnungsmodellen eine Umrechnung der vorliegenden Rohdaten in einen Faktor durchgeführt.

Alle Faktoren fließen gleichrangig in die Berechnung des Risiko-Index ein, deshalb werden sie aufsummiert. Der Risiko-Index kann dadurch einen Wert zwischen 0 (niedrigstes Risiko) und 10 (höchstes Risiko) annehmen. Eine Übersicht der Berechnungsgrundlagen findet sich in Abbildung 1.

Abbildung 1: Übersicht über die Berechnungsgrundlagen des Risiko-Index | © Annegret Epple, Susan Kutschbach/BGN
Abbildung 1: Übersicht über die Berechnungsgrundlagen des Risiko-Index ©Annegret Epple, Susan Kutschbach/BGN

Alle Faktoren werden automatisiert aus vorliegenden Rohdaten berechnet, mit Ausnahme des Faktors für die Arbeitsschutzorganisation (ASO-Faktor). Dieser wird bei jeder Betriebsbesichtigung von der Aufsichtsperson ermittelt. Um eine objektive und vergleichbare Einschätzung der Arbeitsschutzorganisation im Betrieb zu gewährleisten, bewertet die Aufsichtsperson neun Kriterien nach festgelegten Maßstäben. Die zu bewertenden Aussagen stammen zum größten Teil aus der aktuellen GDA-Leitlinie und umfassen die Themen Gefährdungsbeurteilung, Unterweisung, arbeitsmedizinische Vorsorge, Erste Hilfe sowie Unfallauswertungen (vgl. Abbildung 3).

Abbildung 2: Verteilung des Risiko-Index in ausgewählten Branchen der BGN. Die Blasengröße gibt die relative Häufigkeit der Betriebe nach Risiko-Index pro Branche wieder.  | © Grafik: Annegret Epple, Susan Kutschbach/BGN
Abbildung 2: Verteilung des Risiko-Index in ausgewählten Branchen der BGN. Die Blasengröße gibt die relative Häufigkeit der Betriebe nach Risiko-Index pro Branche wieder. ©Grafik: Annegret Epple, Susan Kutschbach/BGN

Für den Risiko-Index werden bei jeder Betriebsbesichtigung Daten erhoben, die nicht nur eine Schnittmenge bei der Systembewertung im Zuge der aktuellen GDA-Periode beinhalten, sondern auch im Hinblick auf die im Arbeitsschutzkontrollgesetz festgelegte elektronische Datenübertragung zwischen Unfallversicherungsträgern und den zuständigen Arbeitsschutzbehörden der Länder ab 2023 eine Rolle spielen werden.

Die Verteilung der Betriebsstätten nach Risiko-Index und Branche zeigt, dass mit dem Risiko-Index eine Kennzahl entwickelt wurde, die branchenübergreifend gut interpretierbare Ergebnisse liefert (Abbildung 2). Man erkennt, dass der Risiko-Index über alle gezeigten Branchen hinweg eine breite Streuung aufweist. Das bedeutet, es werden sowohl Betriebe mit geringem als auch mit hohem Risiko identifiziert.

Abbildung 3: Erfassung des ASO-Faktors in PPMS. Im oberen Bereich werden die neun zu bewertenden Kriterien, im unteren Bereich die jeweiligen Beurteilungskriterien angezeigt.  | © Grafik: PPMS/BGN
Abbildung 3: Erfassung des ASO-Faktors in PPMS. Im oberen Bereich werden die neun zu bewertenden Kriterien, im unteren Bereich die jeweiligen Beurteilungskriterien angezeigt. ©Grafik: PPMS/BGN

Präventions-Informationssystem: PPMS

Nachdem die Grundlagen und Berechnungen zur Ermittlung einer Risiko-Kennzahl erläutert wurden, stellt sich die Frage, wie die Aufsichtspersonen in ihrer praktischen Arbeit mithilfe eines solchen Risiko-Index unterstützt werden können.

In der BGN werden hierzu in einem auf einer Oracle-Datenbank für die Prävention entwickelten Informationssystem (PPMS-Portal: Präventions-Prozess-Management-System) alle verfügbaren Informationen über die Betriebe gesammelt und in Abhängigkeit der Bedürfnisse der einzelnen Fachabteilungen gefiltert zur Verfügung gestellt. Es handelt sich dabei um eine Web-Anwendung, das bedeutet: Auf das System kann – sofern eine sichere Virtual-Private-Network-(VPN-)Internetverbindung vorhanden ist – von überall aus zugegriffen werden. Durch ein umfassendes Berechtigungs- und Sicherheitskonzept sind dabei sowohl Datenschutz als auch Datensicherheit vollumfänglich gewährleistet. Durch das responsive Design passt sich PPMS in seiner Darstellung an das jeweils verwendete Endgerät an und kann somit sowohl am Computer als auch am Smartphone oder Tablet verwendet werden. Dies ist besonders für Aufsichtspersonen wichtig, da sie je nach Einsatzort mit verschiedenen Endgeräten arbeiten.

Als Grundlage wird PPMS aus dem BGN-Kernsystem (phoenics) mit Basisdaten gespeist, die anschließend mit Präventionsinformationen angereichert und stets aktuell gehalten werden. Diese präventionsspezifischen Informationen entstehen bei sämtlichen Kontakten der Prävention mit Unternehmen beziehungsweise Versicherten und können unter anderem folgende Themenbereiche betreffen:

  • Grundlegende Daten (zum Beispiel Adressdaten, zuständige Aufsichtsperson, Beiträge)
  • Unfall- und BK-Geschehen
  • Betreuungsart nach DGUV Vorschrift 2
  • Betriebskontakte (zum Beispiel Besichtigungen, Messungen, Gesundheitstage)
  • Dokumentationen (zum Beispiel Besichtigungsberichte, GDA-Besichtigungen, Bußgeldverfahren, Unfalluntersuchungen, Messberichte)
  • Schulungen
  • Teilnahme am Prämienverfahren
  • AMS-Begutachtungen

All diese Informationen werden verdichtet in der sogenannten Stammkarte abgebildet (siehe Abbildung 4). Hier sieht die Aufsichtsperson alle für sie relevanten Informationen in einer Übersicht und kann sich bei Bedarf ausführlicher über bestimmte Sachverhalte informieren. So können beispielsweise alle Dokumente, die über ein Unfallereignis vorliegen, wie Unfallanzeige oder Durchgangsarzt-Bericht (D-Arzt-Bericht), eingesehen werden. Da sämtliche Informationen historisiert werden, ist es außerdem auch möglich, ältere Informationen anzuzeigen, beispielsweise Besichtigungsberichte oder umgesetzte Maßnahmen in Prämienverfahren zurückliegender Jahre.

Abbildung 4: Auszug aus der Stammkarte eines Beispielbetriebs in PPMS. Vertiefende Informationen, beispielsweise zum Unfallgeschehen, können bei Bedarf per Mausklick abgerufen werden.  | © Grafik: PPMS/BGN
Abbildung 4: Auszug aus der Stammkarte eines Beispielbetriebs in PPMS. Vertiefende Informationen, beispielsweise zum Unfallgeschehen, können bei Bedarf per Mausklick abgerufen werden. ©Grafik: PPMS/BGN

Planung der Besichtigung

Jede Aufsichtsperson sieht in PPMS eine Übersicht über die von ihr zu betreuenden Betriebe in Tabellenform (Abbildung 5). Diese Übersicht beinhaltet Basisdaten über den Betrieb wie Adresse, Betreuungsart oder das Datum der letzten Besichtigung. Darüber hinaus werden sowohl der Risiko-Index als auch weitere Informationen zum Unfallgeschehen und der Arbeitsschutzorganisation angezeigt. Es besteht die Möglichkeit, sich diese Tabelle, das Kataster der jeweiligen Aufsichtsperson, nach dem Risiko-Index oder auch nach allen anderen enthaltenen Daten ab- oder aufsteigend zu sortieren. Mithilfe dieser Tabelle soll es den Aufsichtspersonen ermöglicht werden, einen Überblick über das jeweilige der Person zugeordnete und zu betreuende Kataster zu bekommen. Für weiterführende Informationen bezüglich eines spezifischen Betriebs kann mittels Anklickens des Betriebskennzeichens zur Stammkarte und damit zu detaillierteren Informationen über den jeweiligen Betrieb gelangt werden. Hier finden sich dann die genannten Detailinformationen zu Besichtigungsberichten, Unfallberichten und dergleichen mehr.

Abbildung 5: Kataster-Übersicht einer Aufsichtsperson mit der Möglichkeit, nach einzelnen Spalten, wie beispielsweise dem Risiko-Index, zu sortieren.  | © Grafik: PPMS/BGN
Abbildung 5: Kataster-Übersicht einer Aufsichtsperson mit der Möglichkeit, nach einzelnen Spalten, wie beispielsweise dem Risiko-Index, zu sortieren. ©Grafik: PPMS/BGN

Für eine zeitökonomische und ressourcenschonende Planung einer durchzuführenden Besichtigungstour steht den Aufsichtspersonen eine weitere digitale Unterstützung zur Verfügung, die sogenannte Karten- oder Umkreissuche. Dabei werden den Aufsichtspersonen auf einer Karte alle ihrem Zuständigkeitsbereich zugehörigen Betriebe angezeigt. Auch diese Anzeige lässt sich nach verschiedenen Kriterien filtern, um damit die Anzahl der angezeigten Betriebe einzugrenzen sowie über die im Vorfeld genannten angereicherten Daten zu spezifizieren.

Weiterhin kann der Nutzer oder die Nutzerin einstellen, welche Entfernung oder welche Zeit maximal bis zum Erreichen eines Betriebs investiert werden soll, woraufhin in Abhängigkeit der vorhandenen Verkehrsinfrastruktur alle innerhalb der gewünschten Zeit erreichbaren Betriebe in einem Polygon (Vieleck) dargestellt werden (Abbildung 6). Auch diese Auswahl an Betrieben kann nach weiteren Kriterien gefiltert werden, um die Besichtigungstour inhaltlich besser vorbereiten zu können. So kann beispielsweise nach Betrieben mit oder ohne Unfallgeschehen, Teilnahme am Prämienverfahren und auch hier selbstverständlich nach der Höhe des Risiko-Index gefiltert werden. Auch eine farbliche Kennzeichnung zum Beispiel bereits besuchter Betriebe ist möglich. In der Kartendarstellung werden zudem beim Anklicken eines angezeigten Betriebs Basisinformationen zu diesem Betrieb angezeigt, ohne dazu erst zurück in die zugehörige Stammkarte gehen zu müssen. Sollten diese Basisinformationen nicht ausreichen, kann die Aufsichtsperson durch einen weiteren Klick die digitale Stammkarte des Betriebs öffnen und hat dort alle weiteren Informationen vorliegen.

Abbildung 6: Umkreissuche im Betriebskataster einer Aufsichtsperson als Kartenansicht. Das Suchergebnis wird aufgrund des Filters „maximal 20 min Fahrtzeit“ abhängig von der Verkehrsinfrastruktur als Polygon dargestellt. Hinter jedem roten oder blauen Kästchen verbirgt sich ein Betrieb, über den per Mausklick weitere Informationen abgerufen werden können.  | © Grafik: PPMS/BGN
Abbildung 6: Umkreissuche im Betriebskataster einer Aufsichtsperson als Kartenansicht. Das Suchergebnis wird aufgrund des Filters „maximal 20 min Fahrtzeit“ abhängig von der Verkehrsinfrastruktur als Polygon dargestellt. Hinter jedem roten oder blauen Kästchen verbirgt sich ein Betrieb, über den per Mausklick weitere Informationen abgerufen werden können. ©Grafik: PPMS/BGN

Während der Besichtigung

Neben der Planung der durchzuführenden Aufsichtstätigkeit kann PPMS auch während der Besichtigung die Tätigkeit der Aufsichtsperson unterstützen, indem Informationen über Ansprechpersonen wie Unternehmer oder Unternehmerin, Sicherheitsfachkraft oder auch die Betreuungsart nach DGUV Vorschrift 2 jederzeit zur Verfügung stehen. Weiterhin ist in der digitalen Stammkarte des Betriebs auch ersichtlich, ob beispielsweise Beschäftigte an Schulungen teilgenommen haben oder ob es themenspezifische Beratungen und Maßnahmen im Betrieb gegeben hat, wie zum Beispiel einen Gesundheitstag oder eine Zertifizierung. Damit werden für die Aufsichtspersonen eine gezielte Beratung und auch eine passgenauere Empfehlung für weitere hilfreiche Präventionsangebote des BGN-Maßnahmenkatalogs möglich. Ein kalkulierter Nebeneffekt, der durch die Verwendung eines digitalen Betriebsstammblattes zustande kommt, ist die kontinuierliche Steigerung der Datenqualität von Präventionsdaten. Indem die Aufsichtspersonen vor Ort mit der Unternehmerin oder dem Unternehmer Eckdaten wie Unfallgeschehen, Inhalte des Prämienverfahrens oder Beschäftigtenzahlen abgleichen, können diese unmittelbar korrigiert werden.

Im Anschluss an die Besichtigung

Auch bei der Finalisierung der einzelnen Besichtigungsvorgänge kann PPMS die Aufsichtspersonen unterstützen und mittels Einheitsanordnungen in Form von Textbausteinen die Berichterstellung erleichtern. Diese standardisierten Textbausteine sind frei wählbar und können gegebenenfalls auch an spezifische Einzelfälle angepasst werden. Zusätzlich können dem Bericht Fotos hinzugefügt werden, die im betrieblichen Kontext entstanden sind. Das Versenden des erstellten Berichtes an den entsprechenden Betrieb über den automatisierten Postversand ist aus PPMS heraus möglich. Bei Bedarf kann das Hinzufügen weiterer Anlagen in Form von Broschüren oder Prospekten beauftragt werden, die lediglich per Mausklick aus einer Liste ausgewählt werden müssen.

Weitere digitale Hilfestellungen

Eine weitere Unterstützung bietet PPMS bei zusätzlichen Erhebungen im Betrieb, wie beispielsweise in der aktuellen GDA-Periode. Im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie von Bund, Ländern und Unfallversicherungsträgern ist eine eindeutige Bewertung zur Arbeitsschutzorganisation und zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung auf der Basis eines Grunddatenbogens durchzuführen. Dieser Grunddatenbogen sowie in Zukunft auch die vorgesehenen Fachdatenbögen sind in Form eines Web-Formulars in PPMS hinterlegt. Dort können sie zeit- und ortsunabhängig ausgefüllt, zwischengespeichert und nach Prüfung der Plausibilitäten an die entsprechende datenführende Stelle versendet werden (Abbildung 7).

Abbildung 7: Web-Formular zur Erfassung des Grunddatenbogens der aktuellen GDA-Periode  | © Grafik: PPMS/BGN
Abbildung 7: Web-Formular zur Erfassung des Grunddatenbogens der aktuellen GDA-Periode ©Grafik: PPMS/BGN

Fazit

Digitale Assistenten können die Präventionsarbeit hinsichtlich ihrer strategischen Ausrichtung und Umsetzung in der Betriebsbetreuung auf vielfältige Weise unterstützen. Dabei ist es wichtig, alle hierfür relevanten Daten so aufzubereiten, dass sie ein weitgehend einheitliches Vorgehen der Aufsichtspersonen ermöglichen und von diesen intuitiv in die tägliche Arbeit eingebunden werden können. Die Automatisierung von Verwaltungs-, Berichts- und Begleitprozessen leistet somit einen wichtigen Beitrag, um die Effektivität und Effizienz der Tätigkeit der Aufsichtspersonen in den Betrieben zu erhöhen. Der Risiko-Index ist keine rein statische Größe. Er unterliegt im Zeitablauf Anpassungen, die den Veränderungen in der Arbeits- und branchenspezifischen Betriebswelt Rechnung zu tragen haben. Es sind in einem hohen Maß die Aufsichtspersonen selbst, die durch ihre in den Betrieben gewonnenen Erkenntnisse Einfluss auf den Risiko-Index nehmen und damit ihr operatives Handeln entsprechend mitgestalten.