Arbeitsprogramm der Kommission für 2024 veröffentlicht

Es ist keine große Überraschung: Im Vergleich zur vorherigen Ausgabe mit 43 Initiativen und einem sehr ambitionierten Ton fällt das am 17. Oktober 2023 vorgestellte Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für das Jahr 2024 eher bescheiden aus.

Die anstehende Europawahl im Juni nächsten Jahres und das Auslaufen des Mandats des aktuellen Kommissionsteams machen deutlich, dass die EU-Kommission sich prioritär darauf konzentriert, die verbleibenden Dossiers zügig abzuarbeiten. Dazu zählt unter anderem auch der Abschluss der Gesetzesverfahren zur Absenkung der Expositionsgrenzwerte von Asbest und Blei und der erstmaligen Einführung von Grenzwerten für Diisocyanate. Diese Verfahren befinden sich derzeit in den interinstitutionellen Verhandlungen zwischen der EU-Kommission, dem EU-Parlament und dem Rat und sollen möglichst bis zum Ende des Jahres abgeschlossen werden. Um möglichst schnell das volle Potenzial von Daten für die Gesundheit zu nutzen, sollen auch die Verhandlungen zum Abschluss einer Verordnung zur Schaffung eines europäischen Raums für Gesundheitsdaten vorangebracht werden.

Es wurden aber auch schon fast 90 Prozent der von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu Beginn ihrer Amtszeit zugesagten europäischen Initiativen in den letzten vier Jahren umgesetzt. Die EU-Kommission hat deswegen auch nur ihren Planungshorizont bis zur Jahresmitte 2024 vorgelegt und konzentriert sich überwiegend darauf, ihre Zusage einzuhalten, die aus verschiedenen europäischen Gesetzen resultierenden Berichtspflichten für Unternehmen um 25 Prozent zu verringern. Durch den damit einhergehenden Bürokratieabbau sollen die Unternehmen entlastet werden.

REACH hat eine ungewisse Zukunft

Einige – und von zahlreichen Interessenvertretungen erwartete – zum Teil umstrittene Gesetzesvorschläge sind dabei auf der Strecke blieben. Vor allem die Reform der Chemikalienverordnung REACH scheint eine ungewisse Zukunft zu haben. Mit der Überarbeitung von REACH wollte die EU-Kommission das im Rahmen des Green Deals verfolgte Ziel umsetzen, zu verhindern, dass gefährliche Schadstoffe in die Umwelt gelangen. So waren grundlegende Änderungen in der Chemikalienregulierung geplant. Diskutiert wurde hier auch eine mögliche Abkehr vom risikobasierten Ansatz der Chemikalienregulierung. Dies wäre auch für den Arbeitsschutz von Relevanz. Die ursprünglich für 2022 erwartete Überarbeitung wurde zunächst auf Ende 2023 verschoben. Jetzt ist sie endgültig von der Vorhabenliste der aktuellen EU-Kommission gestrichen worden. Ob die Pläne von der nächsten EU-Kommission aufgegriffen werden, bleibt abzuwarten. Mit der neuen Zusammensetzung nach den Europawahlen können sich auch die Prioritäten verändern.

Die Europäische Kommission möchte sich während ihrer verbleibenden Amtszeit auch weiterhin für die Förderung von Arbeitsplätzen und Investitionen in Europa engagieren. Die beschleunigte Einführung erneuerbarer Energien bei gleichzeitiger Kontrolle der Energiepreise ist für die Europäische Kommission dabei von großer Bedeutung, um nicht nur die Versorgung mit wichtigen strategischen Rohstoffen wie zum Beispiel sauberem Wasserstoff zu gewährleisten, sondern auch um zukunftssichere Arbeitsplätze zu schaffen und die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stärken. Mit neuen zukunftssicheren Arbeitsplätzen gehen nicht nur neue Arbeitsbedingungen, sondern zum Teil auch neue Risiken einher, zum Beispiel durch die Arbeit mit Wasserstoff. Ob dies in Zukunft eine größere Diskussion auch auf europäischer Ebene auslösen wird, bleibt abzuwarten.

Die nach wie vor stockenden Beratungen hinsichtlich der Überarbeitung der europäischen Regelungen zur Koordinierung der sozialen Sicherheit möchte die Europäische Kommission nach wie vor voranbringen und den Rat und das Europäische Parlament dabei unterstützen, praktikable Lösungen zu finden, die die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen schützen und grenzüberschreitende Tätigkeiten im Binnenmarkt erleichtern.

Viele neue Gesetzesinitiativen wird es in den nächsten Wochen nicht mehr geben, zumal laufende Gesetzesverfahren bis spätestens März 2024 abgeschlossen sein müssen, um noch in der aktuellen Legislaturperiode zu Ende gebracht zu werden. Welche Prioritäten die nachfolgende Kommission setzen wird, hängt sicherlich auch von der Besetzung der Spitze der EU-Kommission ab. Gehandelt wird derzeit die noch amtierende Präsidentin, Ursula von der Leyen, auch wenn sie sich noch nicht öffentlich erklärt hat.