Seminare der HGU: Mehr wissen – aktuell bleiben – Bearbeitungsqualität steigern

Wegen ihrer Komplexität gehört die Bearbeitung von Meldungen auf Verdacht einer Berufskrankheit und den daraus resultierenden Leistungsansprüchen zu den anspruchsvollsten Aufgaben in der gesetzlichen Unfallversicherung.

Für die Sachbearbeitung bei Berufskrankheiten sind nicht nur umfangreiche Kenntnisse des Berufskrankheitenrechts einschließlich der sich fortentwickelnden Rechtsprechung erforderlich, sondern auch der medizinischen Grundlagen sowie der betrieblichen Arbeitsweisen und relevanten Einwirkungen schädigender Noxen. Die Hochschule der DGUV (HGU) bietet zum Erwerb dieser Kenntnisse ein umfangreiches und differenziertes Seminarprogramm an. Grundsätzliches Ziel der Seminare ist die Förderung von Handlungskompetenz und Rechtssicherheit bei der Sachbearbeitung in Berufskrankheitenverfahren.

Fallbearbeitung

Die Prüfung und Feststellung der rechtlichen Voraussetzungen einer Berufskrankheit (BK) ist eine der wesentlichen Aufgaben der Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter bei den Unfallversicherungsträgern. Sie sind auch dafür verantwortlich, dass versicherte Personen zielführend beraten werden und die benötigten medizinischen, beruflichen und sozialen Leistungen bedarfsgerecht, zügig und umfassend erbracht werden. Liegt ein Versicherungsfall vor, werden die Voraussetzungen für medizinische und gegebenenfalls berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation sowie Lohnersatz- beziehungsweise monetäre Entschädigungsleistungen (Verletzten- und Übergangsgeld, Verletztenrente, Hinterbliebenenrente) geprüft und die jeweils im Einzelfall den versicherten Personen zustehenden Leistungen erbracht.

Die Komplexität in der Bearbeitung der gemeldeten Fälle und der Leistungserbringung ergibt sich hierbei insbesondere aus

  • den oftmals auch lange zurückliegenden schädigenden Einwirkungen während des Erwerbslebens, die zur Berufskrankheit geführt haben können,
  • der multifaktoriellen Verursachung zahlreicher Erkrankungen,
  • den Lebensumständen der erkrankten Person mit ihren daraus resultierenden Gesundheitsrisiken,
  • den jeweils aktuellen diagnostischen und therapeutischen Erfordernissen und Möglichkeiten,
  • dem vorliegenden Gesundheitsschaden und der daraus resultierenden Teilhabestörung,
  • den individuellen gesetzlichen Leistungsansprüchen.

Eine Berufskrankheit[1] ist eine Krankheit, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung in einer Berufskrankheitenliste (BK-Liste) als Berufskrankheit bezeichnet und die Versicherte infolge ihrer versicherten Tätigkeit erleiden. Derzeit umfasst die BK-Liste (zuletzt geändert durch die 5. BKV-ÄndV vom 29. Juni 2021) 82 BK-Tatbestände.[2][3]

Im Einzelfall kann die zu beurteilende Erkrankung auf vielfältige Einwirkungen, sowohl aus dem Bereich der betrieblichen Gefährdungen als auch aus der privaten Risikosphäre, die gegebenenfalls bereits Jahre oder Jahrzehnte zurückliegen, zurückzuführen sein. So ist zu ermitteln, ob die spezifischen Einwirkungen, insbesondere in Form von Stoffen, Gasen, Dämpfen, Stäuben, Strahlen oder physikalischen Einflussgrößen (zum Beispiel Kräfte, Vibrationen, repetitive Tätigkeiten, Lärm), eingewirkt haben und in welcher Konzentration oder Größenordnung.

Ein weiterer Bearbeitungsschritt richtet sich darauf, ob das spezifische, vom BK-Tatbestand erfasste Krankheitsbild vorliegt, um anschließend den Ursachenzusammenhang bewerten zu können. Dafür sind Grundkenntnisse zu den jeweiligen Krankheitsbildern sowie deren Diagnostik und möglichen Ursachen notwendig. Nach Anerkennung einer Erkrankung als Berufskrankheit können Leistungsansprüche entstehen, zu deren Prüfung ebenfalls medizinische Grundkenntnisse über relevante Therapien Einfluss auf die Qualität der Versorgung versicherter Personen haben.

Sofern gutachterliche Stellungnahmen zur Verursachung der Erkrankung beziehungsweise zu relevanten Gesundheitsstörungen und daraus resultierenden Funktionseinschränkungen vorliegen, prüfen BK-Sachbearbeiterinnen und BK-Sachbearbeiter diese auf Schlüssigkeit und Plausibilität und stellen abhängig vom Ausmaß der Gesundheitsstörungen Leistungen fest. Bei komplexen Fallgestaltungen erfolgt eine Betreuung im Rahmen des Reha-Managements bei Berufskrankheiten, sodass eine zielgerichtete und aktivierende Begleitung der medizinischen Rehabilitation initiiert werden kann und alle Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft auf der Grundlage einer individuellen Planung unter partnerschaftlicher Einbindung aller am Verfahren Beteiligten erbracht werden können.

Qualifizierung

Das Verwaltungshandeln und die Leistungsfeststellung müssen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig erfolgen. Die dafür grundlegende Frage, ob die Voraussetzungen für eine BK vorliegen, ist unter Einbeziehung medizinischer, naturwissenschaftlicher und technischer Sachkunde nach dem im Entscheidungszeitpunkt aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu beantworten.[4] Dafür benötigen die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter fundierte Fachkenntnisse, die ihre Grundlage in der Regel in einer verwaltungsrechtlichen Ausbildung und/oder einem juristisch ausgerichteten Studium haben.

Die HGU[5] ist die zentrale Bildungseinrichtung der gesetzlichen Unfallversicherung und bietet als staatlich anerkannte Hochschule das duale Bachelor-Studium „Sozialversicherung, Schwerpunkt Unfallversicherung“ an mit dem Ziel der Qualifizierung für Tätigkeiten im gehobenen Dienst der Unfallversicherungsträger und verantwortet die theoretische Qualifizierung im Rahmen der dualen Ausbildung zur/zum Sozialversicherungsfachangestellten mit dem Ziel der Eignung für mittelschwere Tätigkeiten.

Die Spezialisierung auf bestimmte Fallgestaltungen, aber auch der auf Studium oder Ausbildung folgende Ausbau sowie die Aktualisierung vorhandener Kenntnisse sind unerlässlich, weshalb die Unfallversicherungsträger der beruflichen Weiterbildung einen hohen Stellenwert beimessen und ein adäquates Weiterbildungsangebot wünschen.

Die HGU hat dafür in den vergangenen Jahren ein umfangreiches und differenziertes tätigkeitsbezogenes Seminarangebot entwickelt, das sowohl die Absolventen und Absolventinnen der HGU als auch „Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen“ anspricht. Grundsätzliches Ziel der Seminare ist die Förderung von Handlungskompetenz und Rechtssicherheit bei der Bearbeitung von Berufskrankheiten und daraus resultierenden Leistungsansprüchen.

Abbildung 1: Seminare | © Eigene Darstellung
Abbildung 1: Seminare ©Eigene Darstellung

BK-Seminare – ein Beitrag zur Qualitätssicherung

Die für die BK-Bearbeitung von der HGU entwickelten und etablierten Seminare umfassen aktuell 24 Seminartypen (Abbildung 1). Das Angebot wurde seit dem Jahr 2008 kontinuierlich bedarfsgerecht ausgebaut und beinhaltet derzeit neben Grundlagenseminaren auch Spezialseminare zu einzelnen BK-Nummern, zum Beispiel verschiedenen Muskel-Skelett-Erkrankungen, Hauterkrankungen oder Krebserkrankungen.

Zielgruppe der Seminare sind BK-Sachbearbeiterinnen und -Sachbearbeiter, BK-Reha-Manager und -Managerinnen sowie BK-Teamleitungen. Die Seminare zeichnen sich dadurch aus, dass jeweils BK-spezifische medizinische und rechtliche Kenntnisse sowie Informationen zu krankheitsspezifischen Einwirkungen praxisorientiert im Teamteaching vermittelt werden (Abbildung 2). Die Seminare werden von der HGU unter Einbindung von Expertinnen und Experten, die jeweils über detaillierte BK-relevante Fachkenntnisse und eine langjährige Erfahrung verfügen, konzipiert und durchgeführt.

Teilnehmende können dadurch ihr bestehendes Wissen ausbauen und aktualisieren und so ihre Handlungskompetenz erweitern und damit ihre Fähigkeit zur selbstständigen Bearbeitung steigern, die für die praktische Fallbearbeitung und die komplexe Kausalitätsbeurteilung erforderlich ist.

In der Regel findet jeder Seminartyp zweimal im Jahr statt mit jeweils bis zu 20 Teilnehmenden. Neben der Vermittlung notwendiger Fachinformationen liegt ein besonderer Schwerpunkt auf dem Praxisbezug sowie dem Erfahrungsaustausch der Teilnehmenden untereinander, aber auch mit den durchführenden Expertinnen und Experten.

Die Nachfrage und das Interesse an dem Angebot sind seit Jahren konstant hoch. Die Seminare werden sowohl von „erfahrenen“ Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern als auch von „neu“ mit der BK-Bearbeitung betrauten Mitarbeitenden besucht. Die regelmäßig erfolgenden Evaluationen bestätigen die große Zufriedenheit der Teilnehmenden, insbesondere mit dem fachlich sehr differenzierten Angebot, und spiegeln den hohen Stellenwert der Seminare für die Praxis der Unfallversicherungsträger.

Das Seminarangebot der HGU kann damit einen wesentlichen Beitrag zur Qualitätssicherung der BK-Verfahren leisten.

Abbildung 2: Typischer Seminarinhalt | © Eigene Darstellung
Abbildung 2: Typischer Seminarinhalt ©Eigene Darstellung

Ausblick

Sowohl der Qualifizierungsbedarf der Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter, die neu mit der BK-Fallbearbeitung betraut werden, als auch das deutliche Interesse an der Aktualisierung und Vertiefung des bestehenden Wissens müssen weiterhin adäquat abgedeckt werden.

Das BK-Geschehen ist nicht statisch. Regelmäßig wird die BK-Liste um neue Berufskrankheiten erweitert. Daneben entwickeln sich die Rechtsprechung sowie der der BK-Begutachtung zugrunde liegende aktuelle medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisstand kontinuierlich weiter. Deshalb ist zu erwarten, dass die Nachfrage nach BK-spezifischen Fachseminaren auch künftig hoch sein wird.