Unfall- und Erkrankungsrisiken: Daten der DGUV und Betriebskrankenkassen im Vergleich

BKK Dachverband und die DGUV stellen Arbeitsunfälle und Arbeitsunfähigkeitsfälle in Relation zu Vollarbeitern und Beschäftigten gegenüber. Dies ermöglicht einen ganzheitlichen Blick auf die Risiken und Präventionspotenziale in den jeweiligen Branchen und Berufen.

Was sind die gefährlichsten Berufe und Branchen in Deutschland? Diese Frage wird dem Statistik-Referat der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) häufig gestellt. Nicht nur in der Presse bringt das Thema regelmäßig hohe Lese- und Klickzahlen – auch für die Prävention von Unfällen und Erkrankungen in der Arbeitswelt ist die Antwort auf diese Frage besonders relevant: Denn sie ermöglicht es, die Präventionsarbeit einfach nachvollziehbar und vor allem faktengesteuert zu fokussieren.

Die Gefahren bei beruflichen Tätigkeiten betreffen aber nicht allein die Unfallrisiken. Zu den arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren zählen sämtliche Einflüsse aus der versicherten Tätigkeit, die geeignet sind, die physische, geistige oder soziale Gesundheit der Beschäftigten zu beeinträchtigen oder zu schädigen. Neben Unfällen stehen also auch Erkrankungen im Fokus, die im Zusammenhang mit der Arbeit stehen.

In Zusammenarbeit mit dem BKK Dachverband e. V. (Dachverband der Betriebskrankenkassen) werden im Folgenden die beruflichen und branchenbezogenen Risiken gegenübergestellt. Diese ergeben sich aus den Unfallmeldungen der gesetzlichen Unfallversicherung einerseits und andererseits aus den Arbeitsunfähigkeitsdaten (AU-Daten) der beschäftigten BKK-Mitglieder im Berichtsjahr 2020. Diese Gegenüberstellung macht deutlich, wie aus bestehenden Datenquellen, dank sozialversicherungsträgerübergreifender Zusammenarbeit, ein Beitrag für die Aufdeckung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren geleistet werden kann. Die Besonderheiten des Pandemiejahres 2020 werden in einem Exkurs erläutert.

Eine solche Gesamtschau der Gefährdungen in einzelnen Berufen und Wirtschaftszweigen ist für die Präventionsarbeit der gesetzlichen Unfallversicherung und die tägliche Arbeit der Präventionsdienste in den Betrieben von großer Hilfe. Diese Betrachtung ermöglicht, berufs- und branchenspezifische Schwerpunkte nicht allein anhand der Unfallstatistik der gesetzlichen Unfallversicherung zu identifizieren, sondern auch andere Gesundheitsdaten einzubeziehen, um frühzeitig arbeitsbedingten Erkrankungen entgegenzuwirken. Schließlich erweitert dieser Datenvergleich ebenso für die Betriebskrankenkassen die Grundlage für die betriebliche Gesundheitsförderung beziehungsweise das betriebliche Gesundheitsmanagement.

Methodik

Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung stehen Daten zum Unfallaufkommen[1] sowohl für verschiedene Wirtschaftszweige als auch nach der ausgeübten beruflichen Tätigkeit[2] für die abhängig Beschäftigten zur Verfügung. Diese Angaben liefern die Unternehmen bei meldepflichtigen Arbeitsunfällen.

Die Zahl der meldepflichtigen Arbeitsunfälle muss für eine Risikobetrachtung ins Verhältnis zu einer Bezugsgröße gesetzt werden. Die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten wird von der Bundesagentur für Arbeit (BA)[3] nach der Klassifikation der Berufe (KldB 2010) erhoben. Die Unfallzahlen der DGUV werden nach dem internationalen ISCO-Schlüssel (ISCO-08) gemeldet. Die meisten Beschäftigten waren demnach Verkaufskräfte, gefolgt von allgemeinen Sekretariatskräften und Reinigungspersonal.

Da in den verschiedenen Berufen unterschiedliche Arbeitszeiten vorherrschen und diese maßgeblich für die betrachtete „Zeit unter Risiko“ (also das relative Risiko zu verunfallen in Bezug auf die Arbeitszeit) sind, wurde über die Beschäftigtenzahlen hinaus die gewöhnlich geleistete Wochenarbeitszeit aus der von Eurostat herausgegebenen Erwerbstätigenrechnung (Labour Force Survey [4]) herangezogen. Demnach betrug die durchschnittliche tatsächlich geleistete Wochenarbeitszeit 34,7 Stunden – wobei deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede vorliegen. Männer arbeiteten durchschnittlich 38,5 Stunden und Frauen 30,3 Stunden.

Für die Auswertungen des BKK Dachverbands werden AU-Daten herangezogen, die hauptsächlich auf den quartalsweisen Datenlieferungen der BKK bei der Erstellung der amtlichen Leistungsstatistiken (KG2 und KG5: Leistungsfälle und -tage; KG8: Krankheitsartenstatistik) basieren. Dabei werden in der Regel alle im jeweiligen Berichtsjahr abgeschlossenen Leistungsfälle in die Auswertung aufgenommen. Als Bezugsgröße werden die Arbeitsunfähigkeitsfälle und -tage mit den Versichertenjahren der beschäftigten BKK-Mitglieder ins Verhältnis gesetzt. Die dabei verwendeten Versichertenmerkmale stammen aus den ebenfalls von den Kassen quartalsweise bereitgestellten Versichertenstammdaten. Darin enthalten ist unter anderem die Codierung der beruflichen Tätigkeit gemäß der Klassifikation der Berufe, Ausgabe 2010 (KldB 2010). Um Vergleichbarkeit zu den DGUV-Ergebnissen herzustellen, wurde in den hier angefertigten Analysen eine Recodierung gemäß dem Umsteigeschlüssel der Bundesagentur für Arbeit vorgenommen (KldB-2010-5-Steller zu ISCO-08-4-Steller[5]). Aufgrund der verschiedenen Klassifikationsansätze der zugrunde liegenden Schlüssel sind hierbei nichtsdestotrotz  Genauigkeitsverluste durch den Umsteige­schlüssel zu berücksichtigen.[6] Die Auswertungen der AU-Daten basieren auf den Angaben von mehr als vier Millionen sozialversicherungspflichtig beschäftigten Mitgliedern der BKK, dargestellt wurden dabei nur Berufsgruppen mit mehr als 20.000 beschäftigten Mitgliedern.

Für den Bezug zum Wirtschaftszweig stehen der DGUV über ihre Mitglieder eigene Bezugszahlen aus der Präventionsleistungsdokumentation zur Verfügung. Jeder Unfallversicherungsträger meldet für seinen Versicherungsbereich die Anzahl der sogenannten Vollarbeiter nach Wirtschaftszweigen gemäß der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 (WZ 2008) [7]. Beim Vollarbeiter handelt es sich um eine statistische Kenngröße, die der durchschnittlich von einer vollbeschäftigten Person im produzierenden Gewerbe und Dienstleistungsbereich tatsächlich geleisteten Arbeitsstundenzahl pro Jahr entspricht. Alle im Folgenden dargestellten Auswertungen beziehen sich auf das Berichtsjahr 2020. Die Unfallquote wird als meldepflichtige Arbeitsunfälle je 1.000 Vollarbeiter angegeben. Die Statistiken der DGUV genauso wie die der BKK werden nachfolgend auf Ebene der Wirtschaftsabschnitte beziehungsweise auf den darunter gefassten Wirtschaftsabteilungen betrachtet.

Tabelle 1: Datenbasis und Methodik. Als Referenzzahlen stehen der DGUV von ihren Mitgliedern die Vollarbeiter nach dem Wirtschaftszweig zur Verfügung. Bei den Angaben handelt es sich jedoch um Jahressummen, während die Angaben für die sozialversicherungspflichtigen Be­schäftigten nach Berufen als Stichtagswert (30.06.2020) vorliegen. | © DGUV & BKK Dachverband
Tabelle 1: Datenbasis und Methodik. Als Referenzzahlen stehen der DGUV von ihren Mitgliedern die Vollarbeiter nach dem Wirtschaftszweig zur Verfügung. Bei den Angaben handelt es sich jedoch um Jahressummen, während die Angaben für die sozialversicherungspflichtigen Be­schäftigten nach Berufen als Stichtagswert (30.06.2020) vorliegen. ©DGUV & BKK Dachverband

Wie die Tabelle 1 verdeutlicht, sind die nachfolgend dargestellten Ergebnisse von DGUV und BKK Dachverband aufgrund unterschiedlicher Methodik nur eingeschränkt vergleichbar. Diese Unterschiede sind bei der Interpretation zu berücksichtigen.

Höhe des Unfallaufkommens nach Berufen

Über den gesamten Versicherungsbereich der DGUV lag die Unfallquote für die hier betrachtete Versicherungsgruppe der abhängig Beschäftigten bei 19,1 meldepflichtigen Arbeitsunfällen je 1.000 Vollarbeiter. Die meisten Unfälle traten bei den Bau- und Ausbaufachkräften auf: 82,6 Unfälle je 1.000 Vollarbeiter. Das Unfallrisiko liegt hier also mehr als viermal so hoch wie im Durchschnitt. Es folgen die Berufe der Abfallentsorgung und die sonstigen Hilfsarbeitskräfte mit einer Quote von 61,7. Immer noch mehr als doppelt so hoch ist das Risiko, einen meldepflichtigen Arbeitsunfall zu erleiden, bei den Berufen der Metallarbeit und Mechanik (47,1) sowie bei den Berufen der Fahrzeugführung und der Bedienung mobiler Anlagen (42,9).

Ein ungefähr durchschnittliches Unfallrisiko findet sich bei Verkaufskräften (21,1) und den Berufen im Bereich personenbezogener Dienstleistungen wie Restaurantfachleuten, Schaffnerinnen, Schaffnern, Friseurinnen, Friseuren, Kosmetikerinnen und Kosmetikern (19,3).

Deutlich unterdurchschnittliche Unfallrisiken haben Bürokräfte, Juristinnen und Juristen, ingenieurtechnische Fachkräfte, Lehrkräfte, Führungskräfte und akademische Gesundheitsberufe.

Abbildung 2: Berufsgruppen nach Unfallquote (meldepflichtige Arbeitsunfälle je 1.000 Vollarbeiter) 2020 der abhängig Beschäftigten | © DGUV
Abbildung 2: Berufsgruppen nach Unfallquote (meldepflichtige Arbeitsunfälle je 1.000 Vollarbeiter) 2020 der abhängig Beschäftigten ©DGUV

Im Jahr 2020 gab es bei den beschäftigten BKK-Mitgliedern 1.168 Arbeitsunfähigkeitsfälle (AU-Fälle) je 1.000 Beschäftigte zu verzeichnen. Nur ein kleiner Teil davon – nämlich 27,5 AU-Fälle je 1.000 Beschäftigte, was einem Anteil von 2,4 Prozent entspricht – war in den BKK-Statistiken als Arbeitsunfall dokumentiert. Als Arbeitsunfälle werden hier alle AU-Fälle gezählt, die bei den BKKen über eine AU-Bescheinigung dokumentiert sind. Dabei ist entsprechend wie bei den Statistiken der DGUV bei den Bau- und Ausbaufachkräften mit 86,3 Arbeitsunfällen je 1.000 Beschäftigte die höchste Fallzahl zu verzeichnen, gleichzeitig bilden diese auch mit einem Anteil von 6,1 Prozent der AU-Fälle bei dieser Berufsgruppe die größte Quote. Weiter geht es mit 64,9 Arbeitsunfällen je 1.000 Beschäftigte bei den Führerinnen und Führern von Fahrzeugen sowie Bedienern und Bedienerinnen mobiler Anlagen (entspricht 5,0 Prozent aller AU-Fälle dieser Berufsgruppe), gefolgt von den Hilfsarbeitskräften im (Berg-)Bau, der Warenherstellung, im Transportwesen und in den metallverarbeitenden und Mechanikberufen. Wie die Abbildung 3 außerdem zeigt, weist die Anzahl an Arbeitsunfällen wie zu erwarten eine hohe Korrelation zu den Verletzungen/Vergiftungen auf. Auch Muskel-Skelett-Erkrankungen sind gerade in den Berufen mit hoher Arbeitsunfallzahl häufig Grund für Arbeitsunfähigkeit. Allerdings prägen andere Erkrankungen noch stärker das Bild im Arbeitsunfähigkeitsgeschehen, so geht mehr als jeder vierte AU-Fall (26,2 Prozent) auf eine Erkrankung des Atmungssystems zurück. Psychische Störungen sind zwar mit einem Anteil von 6,3 Prozent aller AU-Fälle nicht sehr häufig Grund für Arbeitsunfähigkeit, sie dauern aber mit im Schnitt 43,4 Tagen je Fall überdurchschnittlich lang (die durch­schnittliche Falldauer über alle Erkrankungsarten berechnet beläuft sich ins­gesamt auf 15,6 Tage). Für beide Erkrankungsarten weisen die Betreuungsberufe die höchsten Fallzahlen auf. Insgesamt sind die in diesen Berufen Tätigen deutlich überdurchschnittlich oft arbeitsunfähig gewesen, nur die Montageberufe weisen etwas mehr AU-Fälle insgesamt auf. Hieran wird erkennbar, dass über das reine Unfallrisiko hinausgehend Belastungsfaktoren, die sich aus der Tätigkeit heraus ergeben (zum Beispiel psychosozialer Stress, häufige und nahe Personenkontakte, die das Infektionsrisiko erhöhen), die Gesundheit der Beschäftigten beeinträchtigen können.

Abbildung 3: AU-Fälle der beschäftigten Mitglieder nach ausgewählten Berufsgruppen (ISCO-08) und ausgewählten Diagnosehauptgruppen | © BKK Dachverband
Abbildung 3: AU-Fälle der beschäftigten Mitglieder nach ausgewählten Berufsgruppen (ISCO-08) und ausgewählten Diagnosehauptgruppen ©BKK Dachverband

Unfallaufkommen nach Wirtschaftszweig

Die Gesamtquote liegt mit 21,6 meldepflichtigen Arbeitsunfällen je 1.000 Vollarbeiter aufgrund der unterschiedlichen Bezugszahlen leicht höher. Auch hier führt das Baugewerbe die Rangfolge an.

Abbildung 4: DGUV – meldepflichtige Arbeitsunfälle je 1.000 Vollarbeiter 2020 nach Wirtschaftsabschnitten (abhängig Beschäftigte sowie Unternehmerinnen und Unternehmer) | © DGUV
Abbildung 4: DGUV – meldepflichtige Arbeitsunfälle je 1.000 Vollarbeiter 2020 nach Wirtschaftsabschnitten (abhängig Beschäftigte sowie Unternehmerinnen und Unternehmer) ©DGUV

In Abbildung 5 sind die Wirtschaftsabschnitte mit den höchsten Unfallquoten noch einmal in einer tieferen Gliederung (Wirtschaftszweige) ausgegeben. Hoch- (83,3) und Tiefbau (79,5) finden sich neben den Post,- Kurier- und Expressdiensten im oberen Bereich. Auch die Herstellung von Holzwaren, Trainer und Trainerinnen, Berufssportler und Berufssportlerinnen sowie das Veterinärwesen gehören zu den unfallträchtigsten Wirtschaftszweigen.

Abbildung 5: DGUV – Wirtschaftszweige mit den höchsten Unfallquoten 2020 (abhängig Beschäftigte sowie Unternehmerinnen und Unternehmer) | © DGUV
Abbildung 5: DGUV – Wirtschaftszweige mit den höchsten Unfallquoten 2020 (abhängig Beschäftigte sowie Unternehmerinnen und Unternehmer) ©DGUV

Auch bei den in den BKK-Statistiken enthaltenen Arbeitsunfällen, die im Zusammenhang mit einer Arbeitsunfähigkeit stehen, ist es das Baugewerbe, das mit 73,5 Arbeitsunfällen je 1.000 Beschäftigte die höchste Fallzahl aufweist (siehe Abbildung 6). Die Arbeitsunfälle machen dabei 6,0 Prozent aller AU-Fälle für diesen Wirtschaftsabschnitt aus. Danach folgen die Wasserversorgung/Abwasser- und Abfallentsorgung sowie die Branchen Verkehr und Lagerei. Dabei zeigt sich außerdem, dass in der Wasserversorgung/Abwasser- und Abfallentsorgung nicht nur überdurchschnittlich viele Arbeitsunfälle vorkommen, sondern dass die meisten AU-Fälle aufgrund von Krankheiten des Muskel-Skelett- sowie des Verdauungssystems bei den dort Tätigen zu verzeichnen sind. Die Branchenbetrachtung zeigt ebenfalls, dass das Fehlzeitengeschehen auch von Faktoren beeinflusst wird, die sich nicht in hohen Unfallzahlen widerspiegeln, etwa bei der öffentlichen Verwaltung oder beim Gesundheits- und Sozialwesen.

Abbildung 6: AU-Fälle der beschäftigten BKK-Mitglieder nach ausgewählten Wirtschaftsabschnitten und ausgewählten Diagnosehauptgruppen | © BKK Dachverband
Abbildung 6: AU-Fälle der beschäftigten BKK-Mitglieder nach ausgewählten Wirtschaftsabschnitten und ausgewählten Diagnosehauptgruppen ©BKK Dachverband

Pandemiejahr 2020

Das Jahr 2020 war in vielerlei Hinsicht ein besonderes Jahr. Die COVID-19-Pandemie hat auch in der Arbeitswelt zu tiefgreifenden Veränderungen geführt. Insgesamt hat die Unfallquote 2020 gegenüber dem Vorjahr abgenommen. Mögliche Gründe können in einer Zunahme der Arbeit im Homeoffice und verstärkter Kurzarbeit liegen. Die Unfallquoten nach Wirtschaftszweig sind in den Abschnitten Öffentliche Verwaltung (O), Information & Kommunikation (J) und Erbringung von Finanz- & Vermittlungsdienstleistungen (K) am stärksten zurückgegangen – obwohl deren Unfallquoten sich sowieso auf einem sehr geringen Niveau bewegten. Dieser Befund passt zur Zunahme von Tätigkeiten aus dem Homeoffice in Bereichen, die typischerweise mit Bürotätigkeiten in Verbindung gebracht werden. Auch in den Bereichen Erziehung und Unterricht sowie im Bereich Gastgewerbe gingen die Quoten deutlich zurück – diese Bereiche waren bekanntlich pandemiebedingt durch Schließungen besonders betroffen. Die geringsten Rückgänge sind im Bau- sowie im verarbeitenden Gewerbe verzeichnet. Im Bergbau sowie im Grundstücks- und Wohnungswesen stiegen die Quoten sogar an.

Auch im Arbeitsunfähigkeitsgeschehen der beschäftigten BKK-Mitglieder zeigt sich ein deutlicher Rückgang der Kennzahlen (- 15,4 Prozent AU-Fälle gegenüber 2019), insbesondere sind es deutlich weniger Kurzzeit-AU-Fälle, die gemeldet wurden. Die größte Differenz zum Vorjahr weisen die Atemwegserkrankungen auf. Im Vergleich zum Jahr 2019 sind in Bezug auf diese 22,1 Prozent weniger AU-Fälle aufgetreten (2019: 393 AU-Fälle je 1.000 Beschäftigte; 2020: 306 AU-Fälle je 1.000 Beschäftigte). Differenziert nach Wirtschaftsabschnitten (siehe Abbildung 7) zeigt sich gerade bei denjenigen Branchen mit ohnehin niedrigen Fallzahlen ein recht deutlicher Rückgang im Jahr 2020 relativ zum Vorjahr. So ist bei den Beschäftigten im Bereich Information und Kommunikation ein Rückgang um 27,2 Prozent zu verzeichnen, gefolgt von der Energieversorgung (- 21,9 Prozent). Der geringste Rückgang ist hingegen im Gesundheits- und Sozialwesen zu sehen. ( - 8,0 Prozent), gefolgt vom Baugewerbe (- 8,7 Prozent).

Abbildung 7: AU-Fälle nach Wirtschaftsabschnitten im Vergleich zum Vorjahr | © BKK Dachverband
Abbildung 7: AU-Fälle nach Wirtschaftsabschnitten im Vergleich zum Vorjahr ©BKK Dachverband

Ausblick

Die sozialversicherungsträgerübergreifende Betrachtung von Daten ist für eine schwerpunktbasierte branchen- und berufsspezifische Präventionsarbeit von großer Bedeutung. Dabei stellt die Problematik unterschiedlicher Verschlüsselungssysteme und der Auswahl einer Bezugsgröße für die Berechnung von Risiken eine besondere Herausforderung dar. Dennoch sind gerade diese Informationen anderer Sozialversicherungsträger für den Präventionsauftrag der gesetzlichen Unfallversicherung, mit allen geeigneten Mitteln Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten sowie arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten, unabdingbar. Dies ist insbesondere bei den Berufen ersichtlich, die in den beiden Statistiken sehr unterschiedliche Risiken aufweisen. Hier sind beispielsweise Betreuungsberufe (Rang 2 bei den AU-Fällen; Rang 19 bei den Arbeitsunfällen) und die Abfallentsorgung (Rang 14 bei den AU-Fällen; Rang 2 bei den Arbeitsunfällen) zu nennen. Eine singuläre Betrachtung in einer der Statistiken würde diese Berufe bei der Suche nach etwaigen Präventionsschwerpunkten nicht priorisieren. Die Gründe für derartige Unterschiede sind aus einer Betrachtung der hier vorliegenden Daten jedoch nicht ohne Weiteres zu ermitteln und können auch nicht Teil einer Übersichtsbetrachtung sein. Hierzu sind weitere Analysen notwendig.

Darüber hinaus liefern gemeinsame Datenauswertungen und -analysen Erkenntnisse für alle Beteiligten und stärken generell die Zusammenarbeit der Sozialversicherungsträger. In der Zukunft wäre die Beteiligung weiterer Krankenkassen sowie die Kooperation mit der Deutschen Rentenversicherung für weitergehende und regelmäßige Analysen des Unfall- und Erkrankungsgeschehens in den einzelnen Berufen und Branchen und daraus abgeleiteter Präventionsansätze ein großer Gewinn für die gemeinsame Präventionsarbeit. Als gelebtes Praxisbeispiel trägerübergreifender Zusammenarbeit sind hier die bereits vorhandenen länderspezifischen Gesundheitsberichte[8] zu nennen.