Arbeitsschutzmaßnahmen während der Pandemie
Das Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IPA) befragte im Rahmen einer Studie Fachkräfte für Arbeitssicherheit zur Umsetzung der SARS-CoV-2-Präventionsmaßnahmen in Betrieben und Einrichtungen verschiedener Branchen. Es zeigte sich, dass der Arbeits- und Infektionsschutz einen hohen Stellenwert hat.
Während der SARS-CoV-2-Pandemie gewannen in Unternehmen Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit noch weiter an Bedeutung. Mit den SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards und der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel [1] wurden konkrete Anforderungen an den Arbeitsschutz gestellt, die gemeinsam mit den branchenspezifischen Ergänzungen[2]der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) halfen, den Infektionsschutz in Unternehmen zu regeln und Beschäftigte wirksam vor dem Coronavirus zu schützen. Um einen Einblick in die umgesetzten SARS-CoV-2-bedingten Arbeitsschutzmaßnahmen in deutschen Unternehmen zu erhalten, hat das Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der DGUV, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), während der zweiten Welle der Pandemie eine Online-Befragung unter Fachkräften für Arbeitssicherheit und weiteren mit Arbeitsschutz betrauten Personen durchgeführt. Zwischen Dezember 2020 und Mai 2021 konnten mithilfe der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW), der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI), der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) und der Unfallkasse Hessen (UKH) sowie dem Verband für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz bei der Arbeit (VDSI) 436 Arbeitsschutzexpertinnen und -experten (darunter 344 Fachkräfte für Arbeitssicherheit) aus den Branchen Industrie, öffentlicher Dienst, Finanzsektor, Einzelhandel und öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) für die Befragung gewonnen werden. Die Befragung erfolgte in Kooperation mit dem Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV (IAG). Eine umfangreiche Darstellung der Studienergebnisse wurde bereits publiziert.[[3]]
Frühzeitige Reaktion der Betriebe auf die Pandemie
Ein Großteil der Betriebe (69 Prozent) reagierte bereits vor dem ersten Lockdown auf die SARS-CoV-2-Pandemie. Ein Pandemieplan lag in einem Drittel der Betriebe vor, im ÖPNV betrug der Anteil 64 Prozent und im Finanzsektor 52 Prozent. In der Regel wurden bestehende Pandemiepläne überarbeitet oder neu eingeführt, sodass in 87 Prozent der Betriebe zum Befragungszeitpunkt ein Pandemieplan existierte. Dieser Anteil ist vergleichbar mit den Zahlen, die aus einer Befragung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) Ende 2020 ermittelt wurden.[[4]] Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards und auch die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel waren nahezu allen Teilnehmenden bekannt. Die branchenspezifischen Ergänzungen kannten 78 Prozent der Teilnehmenden. Bevorzugte Informationsquellen waren unter anderem die DGUV sowie die zuständige Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse. Im Einzelhandel sowie im ÖPNV diente auch das Gesundheitsamt vermehrt als Informationsquelle. Die Aufsichtspersonen der Unfallversicherungsträger spielten als Informationsquelle eine eher untergeordnete Rolle. Gut die Hälfte der befragten Personen hatte seit Pandemiebeginn Kontakt zu der für sie zuständigen Aufsichtsperson. Dies unterschied sich in den untersuchten Branchen nicht.
SARS-CoV-2-bedingte Präventionsmaßnahmen
In über 90 Prozent der Betriebe wurden die Beschäftigten zu personenbezogenen Präventionsmaßnahmen wie Handhygiene, Abstandsgebot, Hust- und Niesetikette unterwiesen sowie in das richtige Tragen persönlicher Schutzausrichtung – insbesondere Masken – eingeführt. Die am häufigsten genannten organisatorischen Maßnahmen zur Kontaktreduktion waren Regelungen zum mobilen Arbeiten, die Einführung technischer Alternativen zu Präsenzveranstaltungen und das Anbringen von Trenn- und Spuckschutzscheiben (Tabelle 1). Im Einzelhandel konnten mobiles Arbeiten und der Ersatz von Präsenzveranstaltungen seltener realisiert werden. In der Industrie wurden hingegen häufiger versetzte Pausenzeiten, feste Personengruppen je Schicht und geänderte Schichtwechsel angewandt. Im Finanzsektor wurden Abteilungen getrennt. Eine Dominanz personenbezogener gegenüber organisatorischer Arbeitsschutzmaßnahmen konnte, im Gegensatz zu den Ergebnissen einer Befragung unter abhängig Beschäftigten [[5]], nicht beobachtet werden. Nichtsdestotrotz sollten Arbeitsschutzmaßnahmen nach Möglichkeit entsprechend der Rangfolge des TOP-Prinzips (technische, organisatorische und personenbezogene Maßnahmen) erfolgen.
Konsequenzen für betriebliche Präventionsmaßnahmen
Die erwarteten langfristigen Konsequenzen der SARS-CoV-2-Pandemie für die betrieblichen Präventionsmaßnahmen zeigt Abbildung 1. Im Großteil der Betriebe soll der Pandemieplan zukünftig regelmäßiger überprüft und persönliche Schutzausrichtungen bevorratet werden. Im Einzelhandel und im öffentlichen Dienst ist eine Vorratshaltung weniger häufig geplant. Eine dauerhafte Umrüstung der technischen Ausstattung, insbesondere für das mobile Arbeiten, wird am häufigsten im öffentlichen Dienst erwartet.
Schlussfolgerungen
Analog zu einer Betriebsbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) und der BAuA [[6], [7]] zeigt diese nicht repräsentative Umfrage unter Fachkräften für Arbeitssicherheit die große Bedeutung des Arbeits- und Infektionsschutzes in der SARS-CoV-2-Pandemie. Unterschiede innerhalb der Branchen bei den Maßnahmen zur Kontaktreduktion und bei der Vorratshaltung von Schutzausrüstung unterstreichen, dass es wichtig ist, Maßnahmen so anzupassen, wie es in den branchenspezifischen Ergänzungen nahegelegt wird. Auch wenn eine Stichprobenverzerrung nicht auszuschließen ist, scheinen durch diese Pandemie die Überprüfung von Gefährdungssituationen und die Aktualisierung von Pandemieplänen in vielen Betrieben an Aufmerksamkeit gewonnen zu haben.