Bewegungsförderung – mehr als ein Beitrag zur Unfallprävention in Kindertageseinrichtungen

Der Beitrag erläutert die Veränderung der Präventionsarbeit in Kindertageseinrichtungen am Beispiel der Bewegungsförderung und erklärt die erforderliche Haltung von Präventionsmitarbeitenden, wenn sie Kindertageseinrichtungen Angebote zum Thema Bewegungsförderung unterbreiten wollen.

Bewegung hat für die gesunde Entwicklung von Kindern seit jeher eine zentrale Bedeutung. Sie ist der wichtigste Entwicklungsreiz; über Bewegung lernen Kinder in den ersten Lebensjahren ihre Welt und sich selbst kennen. Gleichzeitig ereignen sich dabei viele Unfälle, auch in Kindertageseinrichtungen (Kitas). Unfallprävention in Kitas bedeutet deshalb, schwere Unfälle zu verhindern und gleichzeitig eine gesunde Entwicklung der Kinder zu fördern. Vielfältige Bewegungsförderung stellt aus diesem Grund schon seit Beginn der Schüler-Unfallversicherung einen wichtigen Präventionsansatz dar. Es geht um die Ausprägung von Bewegungs- und Risikokompetenzen – von Anfang an.

Um Kindertageseinrichtungen auf ihrem Weg zu einer guten, gesunden Kita zu unterstützen, bedarf es einer Weiterentwicklung des Präventionsverständnisses und damit auch der Präventionsarbeit. Dafür hat das Sachgebiet „Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege“ das Fachkonzept „Frühe Bildung mit Sicherheit und Gesundheit fördern“ entwickelt.[1] Es soll Impulse und gemeinsame Ausgangspunkte für die zukünftige Weiterentwicklung der Arbeit der Unfallversicherungsträger und der DGUV geben, um die Einrichtungen auf ihrem Weg zu einer guten, gesunden Kindertageseinrichtung zu unterstützen. Sicherheit und Gesundheit sollen dabei als integrale Bestandteile in den Einrichtungen verankert und in der pädagogischen Arbeit mitgedacht werden. Deshalb müssen die Veränderungen im Bereich der frühkindlichen Bildung und die Bildungsarbeit in den Einrichtungen selbst in den Blick genommen werden.

Rechtsanspruch auf Betreuung und Inklusion

Seit 1. August 2013 gibt es in Deutschland den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr. Seit diesem Zeitpunkt steigt die Anzahl der Betreuungsplätze kontinuierlich an. Immer mehr Kinder unter drei Jahren werden seitdem in Kindertageseinrichtungen, aber auch in der Kindertagespflege betreut. Damit müssen Bewegungsangebote nicht mehr nur für Kinder ab drei Jahren geeignet sein, sondern auch für die ganz Kleinen.

Die Bewegungsräume und Bewegungsangebote sowohl drinnen als auch draußen sind daher entsprechend alters- und entwicklungsgerecht zu gestalten und zu organisieren.

In diesem Kontext rückt auch das Thema Aufsicht insbesondere bei der Altersgruppe der unter Dreijährigen zunehmend in den Fokus, denn die Kinder in dieser Altersgruppe können Gefährdungen selbst kaum einschätzen und handeln meist sehr spontan.

Die DGUV Information „Die Jüngsten in Kindertageseinrichtungen sicher bilden und betreuen“[2] und auch die DGUV Regel „Branche Kindertageseinrichtungen“[3] greifen diese Themen auf.

Im Jahr 2008 trat die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Kraft und fordert die Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben. So sollen Kinder mit Behinderung und Kinder ohne Behinderung gemeinsam betreut werden. Bewegungsangebote in den Kindertageseinrichtungen sollten deshalb so gestaltet sein, dass auch Kinder mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen diese nutzen können.

Die Bedürfnisse aller zu betreuenden Kinder sind somit zu berücksichtigen. Kinder sollen zur Förderung ihrer Entwicklung herausgefordert werden und gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass sie sich nicht schwer verletzen.

Bewegungsförderung als Querschnittsthema in den Kindertageseinrichtungen

Damit die Präventionsangebote der Unfallversicherungsträger von den Kitas angenommen werden können, ist es wichtig zu wissen, welche Voraussetzungen die Einrichtungen mitbringen und wie intensiv sie sich schon mit dem Thema befasst haben. Nur dann können die Maßnahmen der Schüler-Unfallversicherung passgenau für die Einrichtung sein und in den Alltag integriert werden.

Das Thema Bewegungsförderung ist in allen Bildungsplänen der Länder enthalten und deshalb Teil der Bildungsangebote in den Einrichtungen. Wie es aber wirklich im Alltag gelebt wird, das ist sehr unterschiedlich und hängt von vielen Faktoren ab. Anzustreben ist, dass Kindertageseinrichtungen Konzepte zur Bewegungsförderung entwickeln und dabei die ganze Kita als Organisation in den Blick nehmen. Ausgangspunkt muss sein, sich im Kita-Team ein gemeinsames Verständnis zur Bedeutung von Bewegung für die kindliche Entwicklung zu erarbeiten und darauf aufbauend Ziele zu entwickeln, die diesem Stellenwert gerecht werden und Bewegung als Querschnittsthema in der Bildungsarbeit verankern.

Die vereinbarten Maßnahmen sollten dazu führen, geeignete Rahmenbedingungen (strukturell, personell, organisatorisch, materiell) zu schaffen, und damit Nachhaltigkeit zu erzielen. Dies kann nur in Zusammenarbeit mit dem Kita-Träger und der Bildung von Netzwerken erreicht werden, denn Kindertageseinrichtungen haben meist nur begrenzte Ressourcen. Damit beispielsweise die Gestaltung eines Bewegungsraumes oder die Qualifizierung von pädagogischen Fachkräften auf dem Gebiet der Psychomotorik gelingt, ist eine geeignete Unterstützung unabdingbar. Für eine kontinuierliche Verbesserung sollten Maßnahmen regelmäßig im Soll-Ist-Vergleich überprüft und daraufhin angepasst werden.

Passgenaue und nachhaltige Präventionsangebote für Kindertageseinrichtungen

Viele Präventionsangebote der Unfallversicherungsträger zum Thema Bewegungsförderung sind gut und sinnvoll. So stellen zum Beispiel eine bauliche Beratung zum Außengelände oder zum Bewegungsraum oder das Gespräch zum Thema Aufsicht bei der Nutzung einer Bewegungsbaustelle eine gute Unterstützung für die Einrichtung dar, um sich weiter auf den Weg zu machen. Auch der Hinweis auf eine Gefährdungsbeurteilung in Vorbereitung auf die Durchführung spezieller Bewegungsangebote gibt der Kita eine gute Orientierung und schafft mehr Sicherheit.

Die Beratung eines Präventionsmitarbeiters oder einer Präventionsmitarbeiterin zum Thema Bewegungsförderung sollte aber nicht allein auf die Umsetzung spezifischer Angebote in der Kita abzielen. Wichtig ist, sich als Beratende selbst die Bedeutung des Themas vor Augen zu führen und diese Haltung auch im Gespräch zu verdeutlichen. Im Mittelpunkt der Beratung sollten sowohl die Auseinandersetzung mit dem Konzept der Kita und ihrer Angebote stehen als auch ihre weiteren Planungs- und Entwicklungsschritte.

Die Kita sollte ermutigt werden, sich intensiver mit dem Prozess auseinanderzusetzen und mit dem Kita-Träger bei der Konzeptentwicklung zu kooperieren. Die Qualitätsdimensionen aus dem DGUV-Fachkonzept „Frühe Bildung mit Sicherheit und Gesundheit fördern“ können bei der Beratung durch die Unfallversicherungsträger als Orientierung dienen. Wie intensiv die Betreuung der Kita dann erfolgt, hängt von den Ressourcen des Unfallversicherungsträgers ab. So können Hinweise auf eine mögliche Zusammenarbeit etwa mit Krankenkassen und Vereinen die Kita unterstützen, ebenso der Verweis auf gute Projekte. Auch Materialien oder der Link zu einer Homepage mit weiterführenden Informationen können hilfreich sein. Ideal ist natürlich eine enge Prozessbegleitung, wobei dies auch im Rahmen von Projekten, durch Kooperationen oder externe Fachkräfte umgesetzt werden kann.

Wichtig ist, den notwendigen Prozess in der Einrichtung und damit die langfristige Verbesserung der Bewegungsangebote im Blick zu haben, denn nur dann kann auch unser Präventionsansatz der Bewegungsförderung nachhaltig umgesetzt werden.