Verkehrssicherheit in Bildungseinrichtungen

Die Verkehrserziehung ist ein wichtiger Bestandteil der Prävention von Schulwegunfällen. Auch Aspekte wie Bewegungsförderung, soziales Miteinander, Risikokompetenz und der Aufbau eines Sicherheits- und Gesundheitsbewusstseins spielen dabei eine wichtige Rolle.

Bereits in den 1970er-Jahren wurde Mobilitäts- und Verkehrserziehung als bedeutender Aspekt für den Bildungsbereich identifiziert und als übergreifende Bildungs- und Erziehungsaufgabe der Schule politisch verankert.[1][1] Steigende Unfallzahlen, zunehmende Technologisierung und der sich ständig verändernde Lebens- und Verkehrsraum erforderten ein Umdenken und die Entwicklung neuer Konzepte zum Schutz der jüngsten und besonders gefährdeten Verkehrsteilnehmenden – der Kinder und Jugendlichen.

Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte wird auch die Verkehrserziehung im Bildungsbereich als Entwicklungs-, Erziehungs- und Bildungsprozess gesehen, in dem es nicht mehr nur um das Erlernen von sicherem Verhalten geht, sondern verschiedene Aspekte wie beispielsweise Bewegungsförderung, soziales Miteinander, Risikokompetenz und Aufbau eines Sicherheits- und Gesundheitsbewusstseins immer mehr an Bedeutung gewinnen. Bereits im Elementarbereich spielt der öffentliche Verkehrsraum eine zunehmend zentrale Rolle im Alltag der Kinder. Bei der Entwicklung und Umsetzung von Konzepten zur Mobilitäts- und Verkehrserziehung stehen die Entwicklungsstufen im Fokus und zeigen auf, wie wenig sicheres und adäquates Verhalten im Straßenverkehr als selbstverständlich vorausgesetzt werden kann.

Entwicklungsstufen in Bezug auf Mobilität

Kinder mit mangelnden Bewegungs- und Mobilitätsmöglichkeiten weisen häufig Defizite in ihrer körperlichen Entwicklung, Konzentrationsfähigkeit, ihrem Sozialverhalten und Selbstvertrauen auf. Mittlerweile belegen zahlreiche Studien, dass Kinder mit einer vielfältigen Bewegungserfahrung nicht nur gesünder sind, sondern auch weniger der genannten Defizite aufweisen.[2]

Kinder brauchen die Freiheit, angepasst an ihre Entwicklung, Fehler machen zu können, diese zu korrigieren und dann aus ihnen zu lernen (ohne überfordert zu werden). Das gilt auch für den Bereich der Verkehrserziehung. Durch ihre anfangs egozentrische Wahrnehmung sind sie nur eingeschränkt fähig, getrennte Wahrnehmungen zu einem komplexen Gesamtbild zusammenzufügen und Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden. So können beispielsweise Drei- bis Vierjährige durch einfaches Hinsehen ein stehendes Fahrzeug nicht von einem fahrenden unterscheiden. Die Koordination von Blick und Bewegung, die Zuordnung von Geräuschen, die Unterscheidung von unwesentlich und wesentlich, die Erweiterung des Sichtfeldes, die Ausprägung von räumlichem Vorstellungsvermögen entwickeln und verfestigen sich erst im Laufe der Grundschulzeit. Erst Sieben- bis Achtjährige können Geräusche eindeutig lokalisieren und bestimmten Gefahrenquellen zuordnen. Mit etwa neun Jahren ist das Gesichtsfeld immer noch circa 30 Prozent kleiner als das der Erwachsenen (sogenannter Tunnelblick). Die Ausbildung der Wahrnehmung zieht sich bis ins Jugendalter und erfolgt abgestuft, sodass sich auch die nötigen Fähigkeiten zur sicheren Verkehrsteilnahme erst nach und nach herausbilden. Erst mit zwölf Jahren unterscheidet sich das Abstraktionsvermögen von Jugendlichen kaum noch von dem der Erwachsenen – also zu einem Zeitpunkt, in dem sich der Mobilitätsradius bereits erheblich erweitert hat.[3]

Warum ist Verkehrssicherheitsarbeit wichtig?

Gleichzeitig bleibt die Mobilität von Kindern und Jugendlichen vielfach Nahmobilität im kommunalen Verkehrsraum. Eine sichere und gesunde Nahmobilität für alle Verkehrsteilnehmenden ist dabei besonders wichtig. Leider stellt der Schulweg im Zusammenhang mit dem Schulbesuch nach wie vor eines der Hauptrisiken im Schülerunfallgeschehen dar. Circa acht Prozent des Schülerunfallgeschehens sind Schulwegunfälle. Die Unfallhäufigkeit steigt mit zunehmendem Alter. Dabei stellen Fahrradunfälle die zahlenmäßig bedeutendste Gruppe der Straßenverkehrsunfälle in der Schülerunfallversicherung dar, gefolgt von Pkw-Unfällen.[4] Das Fahrrad hat in der Alltagsmobilität in den vergangenen Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Der Trend zum Fahrrad, auch speziell als Schulwegverkehrsmittel, korrespondiert mit einem höheren Unfallrisiko, das besonders auf das altersspezifische Risikoverhalten zurückzuführen ist. Ebenso stellen junge Verkehrsteilnehmende, insbesondere junge Fahrerinnen und Fahrer, seit Jahren eine der Hauptrisikogruppen im Straßenverkehr dar. Es wird deutlich, dass Verkehrssicherheit in Bildungseinrichtungen für die Schüler-Unfallversicherung ein übergreifendes Thema darstellt, das bereits im Elementarbereich beginnt und in allgemeinbildenden Schulen und Berufsschulen sowie in Hochschulen mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung fortgeführt wird.

Es geht nur gemeinsam

Für das Sachgebiet „Verkehrssicherheit in Bildungseinrichtungen“ der DGUV steht, auch mit Blick auf das Ziel der „Vision Zero“[5] die Prävention schwerer und tödlicher Wegeunfälle der Versicherten im Vordergrund. Für die Entwicklung und Begleitung wirksamer Präventionskonzepte und Maßnahmen ist eine Identifizierung von Risikogruppen und Unfallschwerpunkten Voraussetzung. Die Bündelung vorhandener Präventionsmaßnahmen verschiedener Akteurinnen und Akteure, das Bekanntmachen wirksamer Aktivitäten sowie das Finden von Antworten auf neue Mobilitätsrisiken spielen dabei eine zentrale Rolle.

Hierbei kommt auch der sachgebietsübergreifenden Arbeit ein besonderer Stellenwert zu. Denn viele Grundlagen für sicheres und gesundes Verhalten im Straßenverkehr werden durch Kompetenzentwicklung in anderen Bereichen gelegt, wie beispielsweise bei der Bewegungsförderung in Kindertageseinrichtungen und Schulen. Nicht alles ist mit dem Etikett der Mobilitäts- und Verkehrserziehung versehen und schafft dennoch wichtige Voraussetzungen. Verkehrsverhalten ist Sozialverhalten mit erschwerten Kommunikationsbedingungen.

Richtiges und sicheres Verhalten im Straßenverkehr will und muss gelernt sein.