Kommunikation muss wirken

Die Mediennutzung hat sich grundlegend verändert. Die klassische Absender-Empfänger-Kommunikation ist obsolet geworden. Darauf stellt sich auch die BG BAU in ihrer Kommunikationsarbeit ein. Wie kann es gelingen, bei den Themen Arbeitsschutz und gesetzliche Unfallversicherung Gehör zu finden?

Würde man eine beliebige Person auf der Straße ansprechen und fragen, ob sie sichere und gesunde Arbeitsplätze gut findet, würde die Antwort vermutlich in fast allen Fällen eindeutig „Ja“ lauten. Warum ist das Thema Arbeitsschutz dann so unpopulär? Die Antwort: Der Arbeitsschutz hat ein Imageproblem. Er gilt oft als bürokratisch, als Kostentreiber, als Gängelei oder Hindernis.

Im Jahr 2021 wurden im Bereich der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) 97 tödliche Arbeitsunfälle sowie mehr als 112.000 Arbeitsunfälle gemeldet. Damit zählt der Bau zu den gefahrenträchtigsten Branchen in Deutschland. Obwohl im langjährigen Vergleich die Unfälle deutlich abgenommen haben, konnten zuletzt keine signifikanten Verbesserungen mehr erzielt werden, die Zahlen stagnieren seit einer Weile. Es stellt sich die Frage, was getan werden kann.

Der technische Arbeitsschutz befindet sich in Deutschland auf einem hohen Niveau, es stehen zahlreiche Instrumente zur Verfügung, mit denen eine Vielzahl von Unfällen und Berufskrankheiten verhindert werden könnte. Das Problem: Sie müssen genutzt werden. Und zwar von Unternehmerinnen und Unternehmern für die betrieblichen Abläufe, aber auch von den Beschäftigten, um sich selbst zu schützen.

Dazu sind Beratung und Kontrollen durch die Aufsichtspersonen notwendig – jedoch ebenfalls die umfassende Sensibilisierung und Überzeugung von Unternehmen und Versicherten.

Mit ihren Präventionsdiensten verfügt die BG BAU über ein wirksames Instrument zur Überwachung von Baustellen. Doch angesichts von etwa 580.000 Mitgliedsunternehmen, 58.000 privaten Bauvorhaben und rund drei Millionen Versicherten ist der Wirkungskreis selbst bei guter Personalausstattung begrenzt – die Aufsichtspersonen können nicht überall sein.

Ohne Kommunikation geht es nicht

Daher kommt der Kommunikation eine wichtige unterstützende Funktion bei den Bemühungen um Arbeitsschutz zu, aber auch bei der Darstellung der Leistungen und der Förderung des positiven Images der BG BAU. Denn mit den vielfältig zur Verfügung stehenden Kanälen können Präventionsbotschaften breit gestreut und die Protagonistinnen und Protagonisten sensibilisiert und motiviert werden. Ebenso kann der Nutzen unseres Handelns verdeutlicht werden.

In den vergangenen Jahren hat die Bedeutung der Öffentlichkeitsarbeit generell erheblich zugenommen. Dies lässt sich auch an einer deutlichen Professionalisierung der Kommunikationsarbeit im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung ablesen. Gut aufgestellte Abteilungen, in denen Profis alle wichtigen Kanäle abdecken, sind wesentlich für den kommunikativen Erfolg.

Um vor dem Hintergrund der Kommunikations- und Informationsflut gehört zu werden, erfordert es zudem eine entsprechende Strategie und ein stringentes Vorgehen. Dabei kommt der integrierten Kommunikation eine entscheidende Rolle zu. Die BG BAU setzt seit einigen Jahren in ihrem Kommunikationshandeln auf crossmediales und integriertes Kommunizieren ihrer zentralen Botschaften. Denn nur wenn Themen über verschiedene Kanäle einheitlich und zielgruppenspezifisch platziert werden, haben sie die entsprechende Durchschlagskraft.

Um die heterogenen Zielgruppen der BG BAU zu erreichen, setzen wir aktuell auf einen Mix aus Print- und digitalen Medien. Wir optimieren funktionierende bestehende Elemente, wie beispielsweise unsere Zeitschriften, und passen sie aktuellen Nutzungsgewohnheiten an. Unter anderem haben wir spezifische Ausgaben für unterschiedliche Gewerke und begleitende Webmagazine etabliert. Zugleich nehmen wir weitere Kanäle und Maßnahmen in den Blick und wollen neue Wege gehen. So konzentrieren wir uns aktuell auf die sehr stark wachsende Plattform TikTok, mit der wir insbesondere auch jüngere Zielgruppen mit Arbeitsschutzthemen ansprechen möchten. Darüber hinaus bearbeiten wir Trends wie Customer-Journey und User-Experience (UX), um uns genau auf unsere Zielgruppen, das heißt Mitglieder und Versicherte, einzustellen und die beste Leistung anzubieten. Optimierung und Innovation lauten hierbei die Stichworte.

Doch unsere Zielgruppen zu erreichen, ist grundsätzlich nicht einfach: Sie sind mobil, nicht immer digital, häufig multikulturell und sie haben klare Positionen. Auf dem Bau und in den baunahen Dienstleistungen wird hart gearbeitet – für „softe“ Themen ist wenig Raum. Gleichzeitig bewegen Gesundheit und Sicherheit die Menschen grundsätzlich sehr stark. Es muss nur gelingen, hier anzuknüpfen und mit unseren Botschaften anzukommen.

In der Konsequenz heißt das für die Kommunikation der BG BAU, ihre Angebote genau auf ihre Zielgruppen abzustimmen und die Menschen in ihren Lebenswelten anzusprechen.

Auf TikTok spricht die BG BAU insbesondere ihre jüngeren Zielgruppen mit  Arbeitsschutzthemen an | © Quelle: BG BAU
Auf TikTok spricht die BG BAU insbesondere ihre jüngeren Zielgruppen mit Arbeitsschutzthemen an ©Quelle: BG BAU

Alles so social

Mit dem Siegeszug der sozialen Medien ist die Kommunikation direkter, unmittelbarer und interaktiver geworden. Inzwischen werden soziale Netzwerke von allen Altersgruppen genutzt, häufig sind sie die wichtigsten Informationskanäle.

Laut einer jüngst in der Wochenzeitung „Zeit“ veröffentlichten Umfrage[1] des Branchenverbandes Bitkom nutzen 54 Millionen Menschen in Deutschland soziale Netzwerke, junge Menschen zu 100 Prozent. Aus den Ergebnissen wird zudem deutlich, dass soziale Netzwerke eine wesentliche Rolle für die Meinungsbildung [2] – insbesondere unter jungen Menschen – spielen. Für 78 Prozent der unter 30-Jährigen in Deutschland sind Facebook, Instagram, TikTok und andere soziale Medien der schnellste Zugang zu aktuellen Informationen. Bei den Befragten über 30 Jahren sagten dies 59 Prozent. Fast die Hälfte (43 Prozent) der Befragten zwischen 16 und 29 Jahren gab außerdem an, dass soziale Netzwerke einen Einfluss auf ihre politische Meinung hätten. Dieser Aussage stimmten von den über 30-Jährigen immerhin 20 Prozent zu. Mehr als die Hälfte der unter 30-Jährigen (55 Prozent) wüsste zudem nach eigenen Angaben ohne soziale Netzwerke nicht, was in der Welt geschieht. Ein Drittel stimmte der Aussage zu, über die Plattformen das politische Geschehen beeinflussen zu können. 

Diese Ergebnisse zeigen zum einen die Bedeutung der sozialen Medien für die Meinungsbildung – aber auch für das Empfinden, selbst wirksam zu werden. Denn über die sozialen Netzwerke entstehen direkte Kontakte und es lässt sich Resonanz erzielen. Entsprechend gaben auch nur neun Prozent der Befragten an, soziale Medien lediglich passiv – also ausschließlich lesend – zu nutzen.

Auf diese Situation stellt sich auch die BG BAU mit ihrer Kommunikation ein. Mit einer Präsenz auf sämtlichen gängigen Plattformen sollen alle Zielgruppen in ihrer Kommunikationswelt angesprochen werden. Facebook und Instagram werden dabei zunehmend zu Instrumenten des Customer-Relationship-Managements – denn längst kommen viele Anfragen über diese Kanäle bei der BG BAU an, nicht mehr nur über die klassische Hotline. Daher widmen wir dem Thema Community-Management große Aufmerksamkeit – fachliche Fragen, Beschwerden oder Hinweise gehen täglich in großem Umfang ein und müssen schnell und kundenorientiert bearbeitet werden.

Zugleich dienen die Aktivitäten im Bereich der sozialen Medien auch der Mitarbeitergewinnung – denn Bewerberinnen und Bewerber schauen sich im Vorfeld sehr genau an, ob und wie der potenzielle Arbeitgeber hier vertreten ist.

Alles in Bewegung

Nicht zuletzt durch Kanäle wie Youtube oder TikTok spielt das Thema Bewegtbild eine immer wichtigere Rolle. Kaum jemand liest – sofern er nicht muss – noch lange Texte in Broschüren. Daher verfolgt die BG BAU sowohl die Strategie, Inhalte zunehmend mit Clips und Filmen zu transportieren, als auch ihre Publikationen nutzwertiger und zeitgemäßer zu gestalten. So bereiten wir Informationen kurz und prägnant auf und verweisen beispielsweise mit QR-Codes auf weiterführende Informationen im Netz. Checklisten oder Plakate sollen einfache Unterstützung bei der Umsetzung von Arbeitsschutzmaßnahmen bieten.

Die Zeit der Coronapandemie hat uns gezeigt, dass dies der richtige Weg ist: Unternehmen wünschen sich sinnvolle, nutzwertige und im betrieblichen Alltag benötigte Produkte. Das Feedback, das wir in dieser Zeit – in der wir sehr schnell reagiert und die notwendigen Informationen verfügbar gemacht haben – von Unternehmen erhalten haben, war entsprechend positiv.

Ein weiterer Grund für diese Ausrichtung ist auch die Tatsache, dass Baustellen immer multikultureller werden, womit jedoch auch Sprachbarrieren einhergehen. Daher müssen Arbeitsschutzbotschaften einfach verständlich, am besten nonverbal sein. Mit Bildern, Grafiken und Bewegtbild versuchen wir dieser Entwicklung gerecht zu werden. Wo dies nicht funktioniert, übersetzen wir unser Angebot. Aktuell verfügen wir über verschiedene Medien in zwölf Sprachen[3].

Das verhaltensorientierte Präventionsprogramm „BAU AUF SICHERHEIT. BAU AUF  DICH“ richtet sich an Beschäftigte auf Baustellen und im Reinigungsgewerbe  | © Quelle: BG BAU
Das verhaltensorientierte Präventionsprogramm „BAU AUF SICHERHEIT. BAU AUF DICH“ richtet sich an Beschäftigte auf Baustellen und im Reinigungsgewerbe ©Quelle: BG BAU

Arbeitsschutz in die Köpfe

Gemeinsam mit den Partnern und Partnerinnen der Bauwirtschaft hat die BG BAU vor rund sechs Jahren das verhaltensorientierte Präventionsprogramm „BAU AUF SICHERHEIT. BAU AUF DICH[4] ins Leben gerufen, um sich emotionaler und plakativer an Beschäftigte auf Baustellen und im Reinigungsgewerbe zu richten. Insbesondere die Kampagne „1Leben“[5] hat hierbei große Aufmerksamkeit erzielt. Betroffene Personen berichteten dabei von ihren Schicksalen, zum Beispiel nach einem Arbeitsunfall.

Neben der Sensibilisierung durch Emotionen setzen wir mit dem Präventionsprogramm aber auch auf Humor und Überraschung. Zuletzt fand die Kooperation mit dem Youtuber „Varion“[6] breite Aufmerksamkeit. Viele Beschäftigte der Bauwirtschaft finden sich in den humorvoll von Varion nachgespielten „typischen“ Situationen wieder und erlangen so einen niedrigschwelligen Zugang zum Thema Arbeitsschutz.

„Es gibt so viel Wichtigeres …“

Viele Unternehmen in der Baubranche kämpfen tagtäglich mit existenziellen Problemen – Arbeitskräftemangel, steigende Kosten, hoher Druck, schwankendes Auftragswesen. Arbeitsschutz kann hier schnell ins Hintertreffen geraten. Umso wichtiger ist es, den Vorteil des Arbeitsschutzes im Unternehmen auch in der Kommunikation immer wieder deutlich zu machen. Denn die zahlreichen Vorteile von sicheren und gesunden Arbeitsplätzen werden oft nicht direkt gesehen, zum Beispiel bei der Arbeitskräftebindung und -gewinnung oder auch bei wirtschaftlichen Aspekten wie dem „Return on Prevention[7].

Dazu haben wir unter anderem im Rahmen eines strategischen Ansatzes zur Vorteilskommunikation zehn maßgebliche Vorteile herausgearbeitet, Icons und Texte entwickelt, die wir in unserer Kommunikation nach außen verwenden, um für den Arbeitsschutz und die BG BAU zu werben – und zu überzeugen.

Nicht einfach ein Produkt

Mit unserer Kommunikationsarbeit tragen wir in der BG BAU eine große Verantwortung. Wir verkaufen keine Konsumprodukte. Wir wollen dabei helfen zu verhindern, dass Menschen verunglücken oder erkranken. Wir wollen, dass alle gut versorgt sind, wenn doch etwas passiert. Deshalb ist unsere Kommunikation kein Selbstzweck – sie muss wirken und wirksam sein.

Aktuell etablieren wir professionelle umfassende Evaluationsprozesse, um die Wirksamkeit unserer Maßnahmen regelmäßig und kritisch zu prüfen und daraus zu lernen. Denn nur Kommunikation, die beim Empfänger beziehungsweise bei der Empfängerin ankommt, kann erfolgreich sein.