Allergenbelastung an Büroarbeitsplätzen
Wie stark ist die Allergenbelastung in Büros im Vergleich zum häuslichen Umfeld? Dazu gab es bisher kaum belastbare Daten. Eine Studie des IPA und der VBG geht dieser Frage nach und liefert aufschlussreiche Ergebnisse zu Milben-, Tierallergenen und Endotoxinen.
Allergien haben in den vergangenen Jahrzehnten weltweit zugenommen. Ungefähr 25 Prozent der deutschen Bevölkerung sind davon betroffen und etwa doppelt so viele weisen eine „Sensibilisierung“ auf. Das heißt, sie tragen Antikörper des Typs Immunglobulin E (IgE) gegen typische Umweltallergene in sich, die bei späterem Allergenkontakt zu allergischen Symptomen führen können. Neben den in der Außenluft vorhandenen Pollen verschiedener Pflanzen sind Innenraumallergene von Milben oder Haustieren die häufigsten Auslöser von allergischen Reaktionen.
Das Auftreten typischer Umweltallergene auch an Arbeitsplätzen stellt ein wachsendes Problem dar und kann möglicherweise zu Sensibilisierungen und Beschwerden führen. Sie sind oftmals dort zu finden, wo sie nicht direkt vermutet werden. Katzen- und Hundeallergene gibt es in Kindergärten, Schulen, öffentlichen Gebäuden und in verschiedenen öffentlichen Verkehrsmitteln – auch wenn sich diese Tiere dort nie aufgehalten haben.[1][2] Zum größten Teil werden die Allergene durch die Kleidung von Beschäftigten, Besucherinnen und Besuchern oder Kunden und Kundinnen in diese Bereiche getragen. Dort können sie sich in Teppichen, Polstermöbeln und Matratzen ansammeln und bei Staubaufwirbelung zu Allergenbelastungen führen.
Bereits vor einigen Jahren hat das IPA gemeinsam mit der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen (UK NRW) eine Studie zur Allergenbelastung in Kitas durchgeführt. Dabei wurde in 20 Kindertagesstätten untersucht, wie hoch die Belastung gegenüber Tier- und Milbenallergenen im Vergleich zum häuslichen Bereich ist. Es zeigte sich, dass die Kitas sowohl bei den Milben- als auch bei den Tierallergenen häufig höhere Konzentrationen aufwiesen als bei den Kindern oder dem Betreuungspersonal zu Hause.[3] Aus den Ergebnissen dieser Studie wurden konkrete Empfehlungen für Präventionsmaßnahmen in der Praxis entwickelt, die dazu beitragen, die Allergenbelastung in den Kitas zu reduzieren. Dazu gehörte unter anderem, bestimmte Renovierungsarbeiten vorzunehmen, die Räume häufiger zu reinigen beziehungsweise alternative, weniger Staub aufwirbelnde Reinigungsgeräte zu verwenden.
Sorge um saubere Innenraumluft
In den vergangenen Jahren ist die Sensibilität für die Qualität der Innenraumluft deutlich gestiegen – insbesondere in Bürogebäuden. Beschäftigte zeigen sich zunehmend besorgt, nicht nur in Bezug auf das Infektionsrisiko, sondern auch hinsichtlich anderer gesundheitlicher Auswirkungen. Bisher lagen jedoch kaum belastbare Daten darüber vor, ob die Allergenbelastung in Büros über das übliche Niveau in privaten Haushalten hinausgeht.
Vor diesem Hintergrund initiierte die VBG gemeinsam mit dem IPA eine Studie, um die Belastungen in Bürogebäuden zu untersuchen. Grundlage waren die Erfahrungen aus der früheren Kitastudie. Wichtig war dabei der direkte Vergleich der Lebensbereiche, in denen sich die Betroffenen überwiegend aufhalten. In dieser Studie waren dies der Arbeitsplatz und das häusliche Umfeld. So konnten fundierte Aussagen zur Belastungssituation getroffen und daraus effektive Präventionsmaßnahmen für den Arbeitsplatz abgeleitet werden.
An der Studie nahmen fünf Unternehmen mit Sitz in Hamburg und Berlin teil. Um jahreszeitliche Unterschiede abzubilden, wurden die Proben zu vier unterschiedlichen Zeitpunkten im Jahr sowohl am Arbeitsplatz als auch bei den Beschäftigten zu Hause genommen.
Aufwendige Probenahme
Fast 900 Proben wurden in einem Großraumbüro mit rund 450 Arbeitsplätzen, 29 Einzelbüros, 28 Büros mit zwei bis vier Plätzen sowie zehn Büros mit fünf bis 28 Arbeitsplätzen gesammelt. Wichtig war dabei, dass die Probenahme immer nach dem gleichen Muster erfolgte. Dazu wurde mit einer Schablone eine 0,4 Quadratmeter große Fläche auf dem Boden abgesaugt. In Räumen mit mehr als 150 Quadratmetern oder mehr als sechs Mitarbeitenden wurden mehrere Stellen abgesaugt. Zusätzlich wurden Passivsammler für einen Zeitraum von 14 Tagen ausgelegt. Auf den elektrostatischen Tüchern setzte sich der Staub ab, der später analysiert wurde.
Auch die Studienteilnehmenden erhielten Passivsammler, um diese zu Hause in verschiedenen Räumen – im Schlaf- und Wohnzimmer – auszulegen. Zusätzlich füllten sie Fragebögen aus, in denen unter anderem Angaben zu besonderen Merkmalen ihrer Wohnsituation, zur Reinigung sowie zu Haustieren erfasst wurden. Die Auswertung zeigte, dass in 30 der 145 Haushalte Katzen (20,4 Prozent) und in 14 Haushalten Hunde (9,5 Prozent) lebten.
Verschiedene Parameter gemessen
In den gesammelten Staubproben wurden verschiedene Parameter gemessen: die Belastung durch Hausstaubmilben, die wichtigsten Katzen- und Hundeallergene, die bei Menschen allergische Reaktionen auslösen können, sowie Endotoxine – also Zerfallsprodukte bestimmter Bakterien. Grundsätzlich waren die Endotoxinwerte im Sommer höher als in den anderen Jahreszeiten, während die Werte für Milben- und Katzenallergene im Herbst und für Hundeallergene im Winter am höchsten waren. Die Konzentration der Endotoxine in den Privathaushalten war höher als in Büros und hing von der Anzahl der dort lebenden beziehungsweise arbeitenden Personen ab. Räume, die von mehreren Personen genutzt wurden, wiesen höhere Konzentrationen auf als solche mit wenigen Personen. Gleiches galt für die Belastung mit Hausstaubmilben, deren Konzentration in Schlafzimmern am höchsten war.
Wenig überraschend waren die Ergebnisse zu Katzen- und Hundeallergenen: Sie waren mit Abstand am höchsten in den Haushalten, in denen diese Haustiere gehalten werden. Aber auch in einigen Büros wurden diese Allergene nachgewiesen – insbesondere, wenn dort Beschäftigte arbeiteten, die zu Hause Haustiere hielten.
Einen Hinweis darauf, dass Haustierallergene von außen in die Büros getragen werden, liefern die Daten zu Büros mit Kundenkontakt: Auf den Fußböden dieser Büros fanden sich zwei- bis dreimal so hohe Konzentrationen an Hunde- beziehungsweise Katzenallergenen wie in Büros ohne Kundenkontakt.
Auch Reinigungshäufigkeit, Lüftung sowie Renovierungsarbeiten hatten ebenfalls Einfluss auf die gemessenen Belastungen in den Büros. Diese waren in einem Bürogebäude weitgehend einheitlich, was die Bewertung einzelner Parameter schwierig machte. Es scheint jedoch so, dass eine tägliche Reinigung der Büros – oder zumindest eine Reinigung alle ein bis zwei Tage – die Staubkonzentration und damit auch die Belastung durch Milben deutlich reduziert.
Vergleich zwischen Arbeitsplatz und Wohnung
Auch die eigentliche Ausgangsfrage der Studie – ob die Belastung durch Endotoxine sowie Milben-, Katzen- oder Hundeallergene im Büro höher ist als im häuslichen Bereich – lässt sich durch die Ergebnisse beantworten. Zwar gab es Überlappungsbereiche zwischen dem häuslichen und dem Bürobereich, grundsätzlich waren die Werte im häuslichen Bereich jedoch deutlich höher. So war die allergene Belastung durch Hausstaubmilben im Büro wesentlich geringer als in der häuslichen Umgebung.
Für Katzen- und Hundeallergene galt dies allerdings nicht uneingeschränkt: In Einzelfällen lagen die Werte über denen im häuslichen Bereich. Meist arbeiteten dort Kolleginnen und Kollegen ohne Haustiere mit Personen, die zu Hause Tiere hielten. Sind allergische Personen betroffen, kann beispielsweise ein Bürotausch Abhilfe schaffen.
Gegensätzliche Ergebnisse zur Kitastudie
In der vorangegangenen Kitastudie des IPA lagen die Belastungen in den Kindertagesstätten zum Teil über denen im häuslichen Bereich. Ursache hierfür ist die unterschiedliche Raumgestaltung, da die Umgebung und Einrichtung einer Wohnung deutlich stärker Kitaräumen ähneln als einem Büro. Die Erkenntnisse der Studie sind in die Präventionsarbeit der VBG eingeflossen. So werden Betriebe mit diesen Problemen entsprechend von der VBG beraten und bei der Umsetzung passender Maßnahmen unterstützt.
Erfassung von Innenraumallergenen
In dieser sowie in der vorausgegangenen Kitastudie hat sich gezeigt, dass die Abgrenzung zwischen der Allergenbelastung in privat und beruflich genutzten Innenräumen teilweise nur sehr schwer möglich ist. Mit der Studie „Haushaltsreferenzen“ will das IPA nun die einatembaren Allergenkonzentrationen im häuslichen Umfeld erfassen. Die so gewonnenen Daten sollen helfen, die Exposition gegenüber typischen Innenraumallergenen an Arbeitsplätzen besser zu beurteilen. Dazu wird eine Referenzdatenbasis erstellt.
Dafür werden luftgetragene Stäube aus privaten Haushalten von den Studienteilnehmenden während der Hausarbeit, wie etwa beim Aufräumen oder Putzen, gesammelt. Zur Erfassung der Raumbelastung werden stationäre Staubmessungen im Wohn- und Schlafzimmer mit unterschiedlichen Methoden vorgenommen. Die individuelle Belastung während der Hausarbeit wird mittels personengetragener Messmethoden bestimmt. Parallel dazu werden mithilfe eines Fragebogens verschiedene Daten zum Haushalt erhoben. Dazu gehören unter anderem die Wohnfläche, die Anzahl der Bewohnerinnen und Bewohner, das Halten von Haustieren sowie Angaben zu den ausgeübten Hausarbeitstätigkeiten. Zusätzlich erfolgt die vergleichende Validierung einer neuen Staubsammelmethode mit dem an Arbeitsplätzen typischerweise verwendeten Gesamtstaubprobenahme(GSP)-Verfahren, mit dem die einatembare Staubfraktion gesammelt wird.
Weitere Informationen zur Studie gibt es auf den Internetseiten des IPA: http://www.dguv.de/ipa/publik/ipa-studie/index.jsp oder per QR-Code.
