Die überarbeitete DGUV Vorschrift 2 – verständlicher, zielgerichteter, moderner
Ziel der Aktualisierung der DGUV Vorschrift 2 ist die Verbesserung der betrieblichen Betreuung. In diesem Beitrag werden die wesentlichen Anpassungen für eine verständlichere, zielgerichtetere und modernere Vorschrift vorgestellt. Diese Klarstellungen helfen bei der rechtssicheren Umsetzung der DGUV Vorschrift 2.
In der Evaluation der DGUV Vorschrift 2[1] bemängelten die Anwenderinnen und Anwender unter anderem die Unübersichtlichkeit und zum Teil Unverständlichkeit der Fassung von 2011. Bei einem Paragrafenteil mit vier Anlagen und fünf Anhängen war nicht transparent, welche Inhalte verpflichtend oder optional waren. Auf Basis der Evaluation wurden die Inhalte der DGUV Vorschrift 2 daher bei der Überarbeitung in einen verpflichtenden Vorschriften- und einen empfehlenden Regelteil aufgegliedert. Dieses Schema entspricht den Erwartungen der Anwenderinnen und Anwender und orientiert sich dabei an der Struktur anderer Unfallverhütungsvorschriften.
Historie der Überarbeitung
Eine Projektgruppe des Fachbereichs „Organisation von Sicherheit und Gesundheit“ (FB ORG) der DGUV erarbeitete zwischen 2017 und 2024 die neue Fassung der DGUV Vorschrift 2 und erstellte zusätzlich die zugehörige konkretisierende DGUV Regel 100-002. In der Projektgruppe arbeiteten Vertretungen der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen, der Sozialpartner, des Bundes und der Länder sowie relevanter Verbände zusammen. Zusätzliche Impulse steuerte eine Arbeitsgruppe der Selbstverwaltungen bei. Damit wurde eine fachpolitische Basis für eine zielorientierte Überarbeitung geschaffen. Die Überarbeitung basiert auf einer umfangreichen Evaluation sowie auf den Erfahrungen der Beteiligten bei der Umsetzung der Vorschrift. Insbesondere auf schwindende betriebsärztliche Ressourcen und veränderte Beratungsbedarfe der Betriebe war einzugehen.
Die DGUV Vorschrift 2 wird verständlicher
Um die Anwenderfreundlichkeit zu verbessern, wurden in der DGUV Regel 100-002[2] Erläuterungen hinzugefügt. Dadurch konnte der verpflichtende Teil in der DGUV Vorschrift nun erheblich kürzer gefasst werden. Gleichzeitig wurden Regelungen, die alle Betriebsgrößen betreffen und bisher in unterschiedlichen Anlagen geregelt waren, in einen übergreifenden Paragrafenteil („vor die Klammer“) gezogen. So wurde die Informationspflicht des Unternehmers und der Unternehmerin über die gewählte Betreuung aus den bisherigen Anlagen vor die Klammer gezogen (neuer § 2 Abs. 7). Damit wird verdeutlicht, dass die Informationspflicht für alle Betriebe besteht, ganz unabhängig vom gewählten Umsetzungsmodell. Die Formulierungen der Vorschrift wurden zudem juristisch und sprachlich geprüft und auch hinsichtlich geschlechtersensibler Sprache angepasst.
Trotz der geschilderten Überarbeitung der Struktur der Vorschrift wurde die grundsätzliche Aufteilung erhalten:
- in übergreifende Paragrafen, die für alle Betriebsgrößen Vorgaben enthalten und
- in einzelne Anlagen mit vier möglichen Betreuungsmodellen je nach Betriebsgröße
Es gibt weiterhin eine Regelbetreuung für Kleinstbetriebe (Anlage 1), eine Regelbetreuung für größere Betriebe (Anlage 2) sowie alternative Betreuungsmodelle für Kleinst- und Kleinbetriebe (Anlagen 3 und 4).
Neben der Überarbeitung der Struktur soll nun auch die einheitliche und eindeutige Verwendung von Begriffen für mehr Klarheit sorgen: So wurden Begrifflichkeiten vereinfacht: Der Begriff „Grundbetreuung“ wird nur noch in der Regelbetreuung nach Anlage 2 und der Begriff „anlassbezogene Betreuung“ in der Kleinbetriebsbetreuung (Anlagen 1, 3, 4) durchgehend verwendet. Die eher unverständliche Unterscheidung zwischen bedarfsgerechter und anlassbezogener Betreuung wurde aufgehoben.
Auch die Abgrenzung der Grundbetreuung und der betriebsspezifischen Betreuung in der Regelbetreuung (siehe unten) nach Anlage 2 der Vorschrift war laut Evaluation bisher missverständlich. In der Folge wurden Betreuungsinhalte nicht eindeutig zugeordnet und führten möglicherweise zu einer Unter- oder Überschätzung des tatsächlichen betrieblichen Bedarfs. Die Zuordnung der jeweiligen Betreuungsinhalte wird nun ausführlicher erläutert. Damit wird klarer, welche Inhalte Teil der verpflichtenden Einsatzzeiten sind und welche Aufgaben zusätzlich im Rahmen der betriebsspezifischen Betreuung erfolgen müssen.
Die Inhalte der Grundbetreuung beziehen sich dabei vorrangig auf die geeignete Organisation von Sicherheit und Gesundheit im Betrieb und auf die für den Betriebszweck typischen Tätigkeiten. Das jeweilige Gefährdungspotenzial ist über die Einsatzzeiten und den zugrunde liegenden Berechnungsschlüssel abgebildet. Darüber hinausgehende Betreuungsinhalte sind Gegenstand der betriebsspezifischen Betreuung.
Beratungen im Rahmen der betriebsspezifischen Betreuung beziehen sich somit unabhängig von ihrem Risiko auf Tätigkeiten und ihre spezifischen Gefährdungen und Belastungen, die für eine Betriebsart atypisch sind (zum Beispiel eine Betriebsgärtnerei auf einem Produktionsgelände). Oder: Die Tätigkeiten sind zwar typisch, aber es liegen Gefährdungspotenziale vor, die aufgrund betriebsspezifischer Gegebenheiten einen besonderen Betreuungsaufwand erfordern (zum Beispiel eine historische und baulich sehr schwierige Arbeitsstätte). Die DGUV Regel gibt den Betrieben nun Kriterien an die Hand, mithilfe derer festgestellt werden kann, ob diese Art der betriebsspezifischen Betreuung erforderlich ist. Weiterhin sind temporäre Anlässe Grund für die betriebsspezifische Betreuung. Hierzu können beispielsweise Bauvorhaben wie der Bau einer neuen Werkshalle oder die Einführung neuer Arbeits- oder Fertigungsverfahren gehören. Die Notwendigkeit prüft das Unternehmen anhand einer Checkliste.
Zu den betriebsspezifischen Anlässen gehört weiterhin die arbeitsmedizinische Vorsorge gemäß Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV)[3]. Diese persönliche Interaktion mit Beschäftigten ist – wie alle Anlässe der betriebsspezifischen Betreuung – zeitlich durch die Vorschrift nicht beschränkt und macht üblicherweise den größten Teil des Zeitkontingents der Betriebsärztinnen und Betriebsärzte in der Gesamtbetreuung aus.
Die Einsatzzeiten der Grundbetreuung, die primär der Beratung des Unternehmers, der Unternehmerin dienen, sind fest definiert und kommen zur zeitlich nicht begrenzten betriebsspezifischen Betreuung – und hier insbesondere zur arbeitsmedizinischen Vorsorge – hinzu.
Rechnungen, die die Einsatzzeiten der Grundbetreuung durch die Zahl der Beschäftigten teilen („sechs Minuten pro Beschäftigten“) führen in die Irre: Die arbeitsmedizinische Vorsorge als die personenbezogene Form der betriebsärztlichen Betreuung ist immer betriebsspezifisch und zeitlich nicht begrenzt.
Die DGUV Vorschrift 2 wird zielgerichteter
In § 2 der alten wie auch der neuen Version der DGUV Vorschrift 2 erfolgt die Weichenstellung für die Wahl des Betreuungsmodells nach der jeweiligen Betriebsgröße.
Die sogenannte Regelbetreuung gemäß Anlage 2 macht konkrete Vorgaben zu Einsatzzeiten und Aufgaben, die von den Fachkräften für Arbeitssicherheit sowie Betriebsärztinnen und Betriebsärzten zu erbringen sind. Diese Anforderungen sind passgenau auf mittlere und große Betriebe zugeschnitten.
Wie bisher wird in der Regelbetreuung für diese Betriebe die betriebliche Betreuung in eine Grundbetreuung und eine betriebsspezifische Betreuung unterteilt (siehe oben). Der Umfang der Grundbetreuung folgt festgelegten Einsatzzeiten, die anhand der jeweiligen Betreuungsgruppe festgelegt werden. Diese Zuordnung ist Folge der grundlegenden Reform im Jahr 2011. Ein erklärtes Ziel der damaligen Überarbeitung war die Gleichbehandlung gleichartiger Betriebe bei der Berechnung von verpflichtenden Einsatzzeiten von Betriebsärztinnen und Betriebsärzten sowie Fachkräften für Arbeitssicherheit. Um dies zu gewährleisten, führte man damals die Klassifikation für Wirtschaftszweige (sogenannte WZ-Codes)[4] ein, die durch das Statistische Bundesamt (Destatis) definiert werden. Der Zuordnung der einzelnen Betriebsarten (gemäß deren WZ-Codes) zu den Betreuungsgruppen liegt ein bundesweiter Rechenschlüssel zugrunde. In ihn gehen die Tausend-Personen-Quoten (TPQ) für Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und Rentenfälle ebenso ein wie die Zahl der üblichen Gefährdungen und gesundheitlichen Belastungen. Diese Werte werden zu einem Punktwert verrechnet, der dann auf objektiver Basis über die Einstufung in eine der drei Gruppen entscheidet. Die 2011 verwendeten Basisdaten zur Zuordnung der Betriebe zu den drei Betreuungsgruppen I bis III stammten aus dem Jahr 2008 und waren somit veraltet. Im Zuge der Überarbeitung wurden sie komplett aktualisiert. Bei gleichartigen Betrieben mit dem gleichen WZ-Code, für die unterschiedliche Unfallversicherungsträger zuständig sind, erfolgte eine Abstimmung der Basiswerte. Es zeigte sich eine hohe Konstanz der Eingruppierungen: Nur in insgesamt etwa zehn Prozent aller Wirtschafts(unter)zweige ergaben sich Verschiebungen zwischen den Gruppen etwa durch Neuaufnahmen, Differenzierungen, neue Betriebe in bisher nicht belegten WZ-Codes, Zusammenfassungen sowie Streichungen von Codes, weil diese nicht mehr belegt waren.
Bei der Berechnung der Einsatzzeiten müssen Unternehmer und Unternehmerinnen weiterhin dafür Sorge tragen, dass sowohl Betriebsärztinnen und Betriebsärzte als auch Fachkräfte für Arbeitssicherheit mit einem Mindestanteil in der Grundbetreuung berücksichtigt werden. Bislang galt allerdings für die niedrigste Gefährdungsgruppe eine Sonderregelung. Beide Berufsgruppen mussten hier mit einem Mindestanteil von 40 Prozent und nicht 20 Prozent berücksichtigt werden. Diese Sonderregelung wurde aufgehoben. In allen Gefährdungsgruppen sind beide Professionen mit einem Mindestumfang von jeweils 20 Prozent zu berücksichtigen. Auch an dieser Stelle wird die DGUV Vorschrift 2 somit einfacher.
Die Vorgaben für Kleinst- und Kleinbetriebe gemäß den Anlagen 1, 3 und 4 sind so gestaltet, dass sie zu den Bedarfen dieser Betriebsgröße passen. Ziel ist eine leichte Umsetzbarkeit. Verbindliche Einsatzzeiten gibt es für Kleinstbetriebe nicht. Mit der Reform können zukünftig mehr Betriebe von den Regelungen für Kleinstbetriebe profitieren, denn das speziell auf diese Betriebe zugeschnittene Betreuungsmodell nach Anlage 1 ist nun auch für Betriebe zwischen elf und 20 Beschäftigten zugänglich. Die Betreuung von Kleinstbetrieben nach Anlage 1 dient vor allem dazu, Unternehmerinnen und Unternehmer bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung zu unterstützen. Zusätzlich sollen sie anhand eines aktualisierten Katalogs von Anlässen prüfen, ob weitere Betreuungsleistungen von Fachkraft für Arbeitssicherheit oder Betriebsärztin beziehungsweise Betriebsarzt erforderlich sind. Dieser aktualisierte Katalog wurde für alle Modelle der Kleinbetriebsbetreuung, also sowohl für die Regelbetreuung nach Anlage 1 als auch für die alternative Betreuung nach Anlage 3 („Unternehmermodell“) und Anlage 4 („Kompetenzzentrenmodell“) vereinheitlicht (siehe unten). Für spezifische Beratungen zu speziellen Fachthemen können auch Personen mit entsprechender Fachkompetenz herangezogen werden, die keine Betriebsärztin, kein Betriebsarzt oder Fachkraft für Arbeitssicherheit sind. In der DGUV Regel 100-002 werden in einer Tabelle Beispiele für Anlässe und geeignete Fachleute genannt. Damit kann sich der Betrieb möglichst passgenaue Unterstützung einholen.
Betriebe bis 50 Beschäftigte (Anlage 3) haben weiterhin die Möglichkeit, die Betreuung anhand eines alternativen Modells („Unternehmermodell“) umzusetzen. Nach Qualifizierung des Unternehmers, der Unternehmerin entscheidet er beziehungsweise sie selbst über Art und Umfang der Betreuung.
Die alternative Betreuung mit Kompetenzzentren nach Anlage 4 ist für die Betriebe möglich, deren zuständige Unfallversicherungsträger eine betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung bei besonderen Anlässen nach Qualifizierung des Unternehmers oder der Unternehmerin bereitstellen. Wie bei der Regelbetreuung wurde auch die alternative Betreuung mit Kompetenzzentren auf Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten ausgeweitet.
Die geschilderte alternative Betreuung ist ein Konzept aus den Berufsgenossenschaften. Hier gibt es gerade in kleinen Betrieben Unternehmerinnen und Unternehmer, die (etwa über ihre Meister-Qualifikation) fachlich die ausgeübten Tätigkeiten in der Praxis sehr gut kennen – einschließlich der dortigen Gefährdungen und Belastungen. Im öffentlichen Dienst ist dies etwas anders: Die Leiterinnen und Leiter von kleinen Behörden mit bis zu 50 Beschäftigten (zum Beispiel Bürgermeister und Bürgermeisterinnen kleinerer Kommunen) kennen die Gefährdungen und Belastungen für Sicherheit und Gesundheit vor Ort (zum Beispiel im Bauhof) deutlich weniger und waren in der Vergangenheit nur sehr selten bereit, Aufgaben der Fachkraft für Arbeitssicherheit selbst zu übernehmen. Daher wurde die bisherige Option einer alternativen Betreuung bei den Mitgliedern der Unfallkassen kaum angenommen. Diese mussten deshalb Kapazitäten für Qualifizierung und auch Prüfung bereithalten. Aus diesem Grund zeichnet sich ab, dass die meisten Unfallkassen die Anlagen 3 und 4 zur alternativen Betreuung nicht (mehr) erlassen werden.
Die DGUV Vorschrift 2 wird moderner
Auf Grundlage des neuen § 6 „Nutzung von digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien“ der überarbeiteten DGUV Vorschrift 2 darf nun digitale Informations- und Kommunikationstechnik für die Betreuung eingesetzt werden. Dadurch können entsprechende Wegzeiten gespart und die knappen Ressourcen bei Betriebsärztinnen, Betriebsärzten oder Fachkräften für Arbeitssicherheit effizienter eingesetzt werden. § 6 beschreibt auch die Bedingungen, die einer Telebetreuung zugrunde liegen müssen: Telebetreuung setzt in der Regel die Kenntnis des Betriebs voraus und darf einen bestimmten Prozentanteil nicht überschreiten. Grundsätzlich ist der Anteil der Telebetreuung in der Mustervorschrift auf ein Drittel der Einsatzzeit beschränkt, die Unfallversicherungsträger können diese Zahl in ihren trägerspezifischen Vorschriften auf bis zu 50 Prozent erhöhen, wenn besondere Bedingungen der Branche dies erfordern. In der anlassbezogenen Betreuung nach Anlage 3 oder 4 (alternative Betreuung) entscheidet der Unternehmer, die Unternehmerin auf Grundlage der durchgeführten Gefährdungsbeurteilung über Art und Umfang der Telebetreuung.
Außerdem wird zukünftig auch die Gruppe der Fachkräfte für Arbeitssicherheit um weitere Ausgangsqualifikationen ergänzt. Absolventinnen und Absolventen eines Studiums in Chemie, Physik, Biologie, Humanmedizin, Ergonomie, Arbeits- und Organisationspsychologie, Arbeitshygiene oder Arbeitswissenschaft können als Fachkraft für Arbeitssicherheit bestellt werden, wenn sie den entsprechenden Qualifizierungslehrgang absolviert haben und eine zweijährige Berufserfahrung in einem Beruf aufweisen, der ihrem Studiengang entspricht. Neben den bisher überwiegend technisch geprägten Ingenieurinnen und Ingenieuren, Meisterinnen und Meistern sowie Technikerinnen und Technikern werden also erstmals auch ausdrücklich weitere Professionen berücksichtigt. Damit spiegelt die überarbeitete DGUV Vorschrift 2 die Veränderungen und den Bedarf der Arbeitswelt in den vergangenen Jahren wider, die zum Beispiel verstärkt die Beratung von Unternehmern und Unternehmerinnen zu psychischen Gefährdungen am Arbeitsplatz betreffen. Die Gruppe der Fachkräfte für Arbeitssicherheit wird damit interdisziplinär und ermöglicht einen ganzheitlichen und bedarfsgerechten Blick auf die Betriebe. Insbesondere größere betriebliche und auch überbetriebliche sicherheitstechnische Dienste können nun ein auf die Belange und Risiken des Betriebs passgenau zugeschnittenes Beratungsangebot mit Personen unterschiedlicher Fachlichkeit machen.
Eine sich immer schneller wandelnde Arbeitswelt ist auch für Betriebsärztinnen und Betriebsärzte sowie Fachkräfte für Arbeitssicherheit eine Herausforderung. Eine fachkundige Beratung erfordert daher eine beständige Fortbildung. § 5 der DGUV Vorschrift 2 gibt deshalb nun vor, dass der jährliche Bericht, in dem der Betriebsarzt oder die Betriebsärztin sowie die Fachkraft für Arbeitssicherheit ihre Aktivitäten dokumentieren, nun auch Nachweise der Fortbildungen enthalten muss, die zur Erfüllung der Aufgaben der Fachleute erforderlich sind. Damit soll erreicht werden, dass das Fachwissen der beratenden Personen stets aktuell ist und sich an die Herausforderungen des Wandels der Arbeitswelt anpasst.
Fazit und Ausblick
Die betriebliche Betreuung wird durch die Anpassungen in der DGUV Vorschrift 2 deutlich verbessert. Die Anpassungen unterstützten einen zielgerichteten Einsatz von begrenzten Ressourcen, ohne die Standards der betrieblichen Betreuung zu reduzieren. Die neue Struktur unterscheidet klar zwischen einem verpflichtenden Vorschriften- und einem empfehlenden Regelteil. Die Zuordnung der Branchen zu den Betreuungsgruppen wurde aktualisiert, die Abgrenzung von Grundbetreuung und betriebsspezifischer Betreuung wurde verdeutlicht. Diese Klarstellungen helfen bei der rechtssicheren Umsetzung.
Ein großer Schritt hin zu einer zeitgemäßen Regelung ist die Ausweitung des Zugangs zur Ausbildung von Fachkräften für Arbeitssicherheit. Die bisherige Einengung auf vorwiegend technisch geprägte Berufsgruppen entspricht nicht mehr der Realität der Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts. Nun können auch Absolventinnen und Absolventen anderer geeigneter Professionen die sicherheitstechnische Fachkunde erwerben. Dies ist nicht nur im Hinblick auf die Beratung zu psychischen Belastungen und deren Einbeziehung in die Gefährdungsbeurteilung zu begrüßen. In größeren Betrieben und bei überbetrieblichen Diensten besteht nun die Chance, mit interdisziplinären Teams eine noch passgenauere Betreuung der Betriebe anbieten zu können.
Auch der Einsatz moderner Kommunikationstechnologien bei der betrieblichen Betreuung nimmt aktuelle Entwicklungen auf. Die (Arbeits-)Welt ist digitaler geworden, ganz wesentliche Änderungen der Arbeitskultur zeigten sich während und nach der SARS-CoV-2-Pandemie. Betriebliche Betreuung erfordert nicht immer eine Vor-Ort-Präsenz. Sind die betrieblichen Verhältnisse bekannt, kann eine Betreuung auch teilweise digital erfolgen. Damit kann der Bedarf schneller und unkompliziert gedeckt werden und Wegezeiten lassen sich einsparen. Durch die Begrenzung des Einsatzes der Verwendung von digitaler Informations- und Kommunikationstechnologie bleibt gleichzeitig gewährleistet, dass ein direkter Betriebs- beziehungsweise Beschäftigtenkontakt bestehen bleibt.
Dass Betriebsärztinnen, Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit im jährlichen Bericht auch Nachweise über Fortbildungen erbringen müssen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind, setzt zudem einen klaren Anreiz für lebenslanges Lernen und trägt dazu bei, die Betreuungsqualität zu verbessern.
Nach der Vorgenehmigung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im Oktober 2024 hat am 27. und 28. November 2024 die Mitgliederversammlung der DGUV den vorgenehmigten Mustertext der DGUV Vorschrift 2 sowie der dazugehörigen DGUV Regel 100-002 beschlossen. Nun beginnt das Inkraftsetzungsverfahren durch die Vertreterversammlungen der einzelnen Unfallversicherungsträger. Diese werden die trägerspezifischen Vorschriften für ihre Betriebe erlassen, die dann im Laufe des Jahres 2025 in Kraft treten können.
Mit der neuen DGUV Vorschrift 2 ist eine wesentliche Grundlage zur Verbesserung der betrieblichen Betreuung gelegt, die nun in den Betrieben „gelebt“ werden muss. Auch die Umsetzung dieser Überarbeitung wird nach einem geeigneten Zeitabstand überprüft und möglicherweise erneut angepasst werden. Damit bleibt die gesetzliche Unfallversicherung auch weiterhin zur Zukunft der betrieblichen Betreuung mit ihren Mitgliedsbetrieben im Gespräch.