Produkthaftung für selbst hergestellte fehlerhafte Maschinen

In gewerblichen Produktionsbetrieben werden oft Ideen entwickelt, um Arbeitsschritte zu automatisieren und mithilfe von selbst konstruierten Maschinen zu beschleunigen. Dies ist legitim und im optimalen Fall sogar mit geringeren körperlichen Anstrengungen für die Mitarbeitenden verbunden. Allerdings dürfen dabei Arbeitssicherheitsbestimmungen nicht vernachlässigt werden.

§ LG Amberg, rechtskräftiges Urteil vom 11.06.2024 – AZ 11 O 882/21

Im konkreten Fall, der nach einem Arbeitsunfall dem Landgericht (LG) Amberg zur Entscheidung über einen Regressanspruch des gesetzlichen Unfallversicherungsträgers vorgelegt wurde, wurde eine Verschließmaschine hergestellt. Diese Maschine diente dazu, einen Satz Pkw-Fußmatten zu einem Set zusammenzufügen, wobei die Matten mit einem Bügel versehen werden, sodass das Set im Laden aufgehängt werden kann. Der Arbeitsablauf an dieser Maschine gestaltete sich wie folgt: Die Fußmatten wurden stapelweise dem Produktcontainer entnommen und zu einem Set konfektioniert. Der Aufhängebügel wurde in die Verschließmaschine eingelegt, über die Oberkante des Fußmatten-Sets wurde eine mit Logo bedruckte Vorsatzpappe gelegt. Das Matten-Set samt Vorsatzpappe wurde dann in der Verschließmaschine über dem Aufhängebügel platziert. Mit der rechten Hand wurde die Unterkante der Matten gehalten, mit der linken Hand wurde die Vorsatzpappe etwas angedrückt. Durch Betätigen eines Fußschalters wurde der Bügel in der Verschließmaschine durch einen Druckluftstempel mittig fixiert. Gleichzeitig wurden die Seitenteile des Bügels durch Umlegen geschlossen. Bei diesem Arbeitsvorgang quetschte sich die Arbeiterin einen Teil ihrer Hand in der Maschine.

Die Beklagte als Herstellerin der Maschine, die sie ihrem Schwesterunternehmen zum dortigen Einsatz verkauft hatte, hätte – so das LG Amberg, das der Ansicht des Unfallversicherungsträgers folgte – bereits bei der Konstruktion der Maschine dafür sorgen müssen, im Rahmen des ihr Zumutbaren alle Gefahren abzuwenden, die sich aus der Benutzung der Maschine ergeben können. Denn der Hersteller einer Maschine muss diejenigen Maßnahmen ergreifen, die im konkreten Fall zur Vermeidung von Gefahren erforderlich und zumutbar sind. Dabei ist für die Produktsicherheit in erster Linie die durchschnittliche Erwartung derjenigen Verbraucher und Verbraucherinnen maßgebend, für die das Produkt bestimmt ist, daneben aber auch das Sicherheitsniveau, das nach dem jeweiligen Erkenntnisstand von Wissenschaft und Technik möglich und zumutbar ist. Die anerkannten Regeln der Technik stellen als Untergrenze den Mindeststandard dieses Sicherheitsniveaus dar, bei dessen Nichteinhaltung im Allgemeinen von einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des Herstellers auszugehen ist.

Die konkrete Maschine hatte diese Voraussetzungen deswegen nicht erfüllt, weil sie das Risiko einer Quetschung der Finger überhaupt nicht bewertet – und demzufolge auch nicht verhindert oder jedenfalls verringert hatte. Ein bloßer Hinweis in der Betriebsanweisung auf mögliche Quetschungen durch die Maschine ist unzureichend, vielmehr hätten diverse technische Lösungen angewandt werden müssen, um die Bügelmaschine bereits konstruktiv abzusichern und damit Leib und Leben der an dieser Maschine Arbeitenden zu sichern.

Die Beklagte konnte sich auch nicht damit entlasten, dass sie die Maschine wegen des Verkaufs an ein Schwesterunternehmen überhaupt nicht in den Verkehr gebracht hatte. Für Letztgenanntes reicht es nämlich aus, dass der Hersteller sich willentlich der tatsächlichen Herrschaftsgewalt über das Produkt begibt. Das geschieht dadurch, dass er es ausliefert oder in den Vertrieb, die Verteilerkette oder in den Wirtschaftskreislauf gibt. Sobald die Maschine des Herstellers mithin an das Schwesterunternehmen ausgeliefert wurde, sind diese Voraussetzungen des Inverkehrbringens des Produkts erfüllt. Erfreulicherweise hat das Gericht nebenbei mitgeteilt, dass selbst das alleinige Bereitstellen einer Maschine für eigene Mitarbeitende ein In-den-Verkehr-Bringen in diesem Sinne darstellen würde. Das rechtliche Problem in letzterem – hier nicht vorliegenden – Fall besteht allerdings darin, dass sich dann der Arbeitgeber als eigener Hersteller auf das Haftungsprivileg gemäß § 104 Sozialgesetzbuch (SGB) VII gegenüber seinen Arbeitnehmenden, die an der selbst hergestellten Maschine arbeiten, berufen könnte.

Als Fazit bleibt damit festzuhalten, dass sich die Anforderungen an das Einhalten von Arbeitssicherheitsbestimmungen nicht dadurch verringern, dass man Maschinen oder technische Hilfsmittel selbst herstellt oder selbst baut, anstatt sie mit der entsprechenden CE-Kennzeichnung und Konformitätserklärung versehen einzukaufen. 

Die Inhalte dieser Rechtskolumne stellen allein die Einschätzungen des Autors/der Autorin dar.